Protocol of the Session on November 28, 2019

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

und die Innenstadt wird gentrifiziert. Auch das ist das Ergebnis Ihrer Politik: eine gentrifizierte Innenstadt und sozial schwierige Lagen an den Stadträndern.

[Beifall bei der CDU]

Und was passiert eigentlich, wenn, was Sie billigend in Kauf nehmen, viele Berlinerinnen und Berliner und Neuberliner nach Brandenburg ziehen? – Ist ja ganz klar: Die Infrastruktur bricht zusammen, kein zusätzliches ÖPNVAngebot, und Park-and-ride-Parkplätze wollen Sie ja auch nicht bauen. Alles, was in Ihrem eigenen Koalitionsvertrag vereinbart wurde, wird mit diesem Gesetz obsolet. Ich zitiere aus dem gestern von Ihnen vorgelegten Wohnungsmarktbericht: Die Zahl von 20 000 Neubauwohnungen für 2021, die gemäß dem Zwischenbericht des StEP Wohnen 2030 zufolge pro Jahr nötig wären, um die Nachfrage zu decken, wird voraussichtlich nicht erreicht. Damit wird auch nach 2021 eine höhere Zahl von Fertigstellungen über 10 000 Wohneinheiten hinaus notwendig. Wir sind der Überzeugung, dass dieser StEP Wohnen schon beim Beschluss Makulatur gewesen ist. Sie brechen Ihren eigenen Koalitionsvertrag und die eigenen Ziele mit diesem Gesetz!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Und ich sage Ihnen auch – das können Sie ja nachlesen bei Marx –: Der Markt wird in Mangelgesellschaften immer einen Weg finden. Und er wird diejenigen belohnen, die höhere Mietpreise und höhere Kaufpreise bezahlen. Und die Schwächeren in der Stadt werden darunter leiden. Das ist die Wahrheit Ihres Gesetzes.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Und deswegen müssen wir das Angebot an Wohnungen in der Stadt massiv vergrößern. Und bitte gerne – Sie haben ja nicht mal nachgelesen, Frau Gottwald –: Wenn Sie im Masterplan der CDU nachgelesen hätten, wenn Sie den im Jahr 2018 beschlossen hätten, hätten Sie gelesen, dass wir beim Wucherparagrafen etwas machen wollen. Sie machen sich nicht einmal die Mühe, mit Bayern und anderen Bundesländern, die diesen Weg gehen, die Bundesratsinitiative zu starten und den Wucherparagrafen zu

verschärfen, weil es Ihnen nicht um die Mieterinnen und Mieter geht, sondern um puren Populismus.

[Beifall bei der CDU]

Und, Herr Regierender Bürgermeister, es ist völlig richtig, dass Sie heute dazu reden. In Ihrer Zeit als Fraktionsvorsitzender und der Zeit von Frau Lompscher im Senat, 10 Jahre Rot-Rot – was haben Sie dazu beigetragen? Während Bezirke schon angefangen haben, Wohnungsmarktentwicklungskonzepte zu entwickeln, alle sozialen Infrastrukturflächen zu sichern, wie Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf es beispielsweise zuerst getan haben, hat Frau Junge-Reyer beim Runden Tisch Tourismus legendär – das wird ja heute in der Stadtgesellschaft überall erzählt – 2016 noch gesagt: Auf gar keinen Fall wird Berlin wachsen. Wir brauchen keine neuen Wohnungen. – Das war Ihre Koalition, Rot-Rot, Sie, Herr Regierender Bürgermeister, Sie, Frau Lompscher. Sie sind mit an der Misere schuld, dass wir zu wenig Wohnungen haben in Berlin.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Hugh Bronson (AfD)]

Ein letztes Zitat aus Ihrem gestrigen Bericht: Ein funktionierender Wohnungsmarkt wird letztlich daran gemessen, ob dem aktuellen Bedarf der Nachfrageseite ein adäquates Angebot geboten werden kann. – Das stellen wir infrage. Das muss ein Eingangssatz bei der Klage vorm Bundesverfassungsgericht und vorm Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin sein. Die Berlinerinnen und Berliner leiden unter Ihrer ungerechten Politik, und genau deswegen werden wir dieses Gesetz, sofern es beschlossen werden sollte, beklagen. Wir lehnen es aus tiefster Überzeugung ab. Sie schaden den Mieterinnen und Mietern dieser Stadt.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Und ich ende mit jemandem, der Ihnen ja nicht fremd sein dürfte: Wenn der Zweck die Mittel heiligt, dann ist der Zweck unheilig.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Spranger das Wort.

Verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Sehr verehrte Herren! Herr Gräff ist gestartet mit einem Satz: „Eines muss ich Ihnen schon sagen.“ – Frau Spranger wird jetzt ebenfalls mit dem Satz beginnen: Herr Gräff, eines muss ich Ihnen schon sagen. Ist Ihnen eigentlich

bewusst, dass Sie völlig an der Mehrheit Ihrer eigenen Wähler vorbeireden? Ist Ihnen das eigentlich bewusst?

[Beifall bei der LINKEN und der SPD – Zuruf von der LINKEN: Richtig!]

Und die Rede zeigt einfach nur, wie weit Sie von Ihren eigenen Wählern entfernt sind. Und wenn es Ihnen nicht in den Kram passt, was die Wählermeinung ist, dann ist Ihnen auch der eigene Wähler völlig egal.

[Zuruf von der FDP: Das ist wie bei euch!]

Eine Sache war ja nun das Schärfste. Da sagt er doch glattweg: Zuzugsstopp. Na, wer hat denn hier bitte von Zuzugsstopp gesprochen?

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das kann man ja wohl im ZDF-„Heute-Journal“ als Abspann wunderbar nachvollziehen. Herr Gräff, das waren Sie! Sie haben nicht nur die CDU blamiert, Sie haben nicht nur die Stadt blamiert, Sie haben auch sich selbst blamiert.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Und dann stellen Sie sich hierher und sprechen so davon. Sie mussten zurückrudern, weil Ihre CDU gesagt hat: Um Himmels willen, Herr Gräff, was haben Sie denn jetzt gemacht?

Mit dem Mietendeckel setzen wir ein ganz klares Signal für über 3 Millionen Berlinerinnen und Berliner, die Mieterinnen und Mieter unserer Stadt sind.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Diesen Menschen müssen wir ihre Ängste nehmen. Es geht genau um die Polizistinnen, um den Polizisten, um die Pflegekräfte, um die Erzieherinnen und Erzieher und viele andere mehr, um all die, die den ganzen Tag schauen und dafür arbeiten, dass unsere Stadt, unser Berlin läuft. Wir haben einen Hebel gefunden, um die Mietbelastung in unserer Stadt zu begrenzen, und diesen Hebel werden wir auch nutzen, damit Berlin eine bezahlbare Stadt, eine Stadt für alle bleibt.

Frau Kollegin, ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Evers von der CDU zulassen.

Nein! Von der CDU ist schon mehr als genug gefragt worden. Das muss ich mir nicht anhören.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Der Mietendeckel wird die Menschen unserer Stadt entlasten. Das ist Kern unserer Politik. So verstehen wir unseren Auftrag, auch als Regierungspartei, als SPD, das Leben der Menschen in unserem Berlin sozial gerecht zu

(Christian Gräff)

gestalten. Das tun wir, indem wir einerseits dafür sorgen, dass die Kosten des täglichen Lebens nicht aus dem Ruder laufen. Der Mietendeckel wird dafür sorgen, dass nicht immer mehr vom Gehalt oder von der Rente für die Miete draufgeht. Auch die kostenlose Kita, das kostenlose Schülerticket und die Gebührenfreiheit an den Hochschulen tragen dazu bei, dass Berlin ein Zuhause für alle ist und bleiben wird – um nur einiges zu nennen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Frau Kollegin! Darf ich Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Luthe zulassen?

Nein! Die reden doch alle noch. – Auf der anderen Seite stärken wir die Haushaltseinkommen. In allen Landesunternehmen gibt es nur noch unbefristete Arbeitsverträge. Sehr, sehr wichtig!

[Holger Krestel (FDP): Stimmt! Im Sozialismus arbeiten ja alle beim Staat!]

Mit dem neuen Haushalt werden alle Angestellten bis E 13 eine Berlinzulage erhalten, auch das ist sehr wichtig. Das ist gelebte sozialdemokratische Politik, unsere Vision einer bezahlbaren Stadt, und die setzen wir konkret um als rot-rot-grüne Regierung.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD: Wo soll das Geld herkommen?]

Und deshalb haben wir als Berliner Sozialdemokraten als Erste diese Idee für diesen Mietendeckel als Landesgesetz in den politischen Raum eingebracht. Vor zehn Monaten wurde der Vorschlag erstmals von uns öffentlich gemacht. Im März dieses Jahres haben wir ein entsprechendes Gutachten als SPD-Fraktion veröffentlicht und damit die Basis für den Mietendeckel gelegt, der nun am Dienstag vom Senat beschlossen wurde. Für uns war von Anfang an klar – so steht es auch in unserem Fraktionsbeschluss –: Ein Mietendeckel ist die beste, preisgünstigste und konsequenteste Möglichkeit, leistungslose Vermietungsgewinne auf Kosten der Berlinerinnen und Berliner zu begrenzen. Ja, ich gebe zu: Wir betreten alle miteinander juristisches Neuland.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Ja, die Bundesländer schauen auf uns, wollen es gerne genauso nachbilden. Und ja, in einer Koalition ist es ein Gesetz, was natürlich auch auf Kompromiss gearbeitet ist – und das ist gut so.

Rot-Rot-Grün sendet eine klare politische Botschaft mit diesem Mietendeckel: In nicht einmal einem Jahr haben wir eine neue gesetzliche Regelung gefunden und setzen

diese gemeinsam um. Der Mietendeckel wird die steigenden Mieten aufhalten und eine echte Entlastung für alle Mieterinnen und Mieter dieser Stadt sein.

Aber der Mietendeckel ist kein Selbstzweck. Er ist unsere Reaktion auf eine Schieflage am Wohnungsmarkt. Wir alle wissen: Wir haben in der Stadt einen dramatischen Wohnungsmangel. Die Situation hinsichtlich der Wohnungsreserve hat sich innerhalb weniger Jahre verschlechtert. Wir haben einen Leerstand von nicht einmal mehr einem Prozent. Für uns ist klar – und ich gehe davon aus, darüber gibt es einen Konsens im gesamten Haus –, dass wir in Berlin zusätzlichen Wohnraum brauchen, um den Druck aus dem Wohnungsmarkt zu nehmen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Um es deutlich zu sagen:

[Frank-Christian Hansel (AfD): Bauen, bauen, bauen!]