Zweitens: Das Parlament kann eine Entscheidung treffen über die Frage, ob es sich verschulden oder nicht verschulden will; das ist ja alles möglich. – Zunächst einmal: Den linken Regierungen der letzten Jahre vorzuwerfen, sie hätten in den letzten Jahren eine Verschuldungspolitik
Drittens: Erkennen Sie den Unterschied zwischen einer Entscheidung, wie man öffentliche Aufgaben finanzieren will? – Die kann man einerseits bewerten, gut oder falsch finden, da können viele recht haben. Aber die Entscheidung in der Sache einerseits und die Frage, ob man solche Entscheidungen verbieten will oder nicht, ist die Frage, vor der wir grundsätzlich stehen. Sie wollen diese Entscheidung verbieten. Ich will die Freiheit für das Parlament, sich zu entscheiden und dann natürlich auch die Verantwortung dafür zu übernehmen und natürlich auch den Streit der demokratischen Argumente, das Abwägen von Für und Wider. Das halte ich für ein ausreichendes Korrektiv, da braucht man kein Verbot parlamentarischer Entscheidungen.
[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Ich bin ausnahmsweise mal voll der Meinung der Linken!]
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Schneider! Was ich mit dem Strauß-Kredit meinte, war nur die Tatsache, dass bei Ihnen möglicherweise im kollektiven Gedächtnis haften geblieben ist, dass Kredite Ihnen helfen,
über die Runden zu kommen. Wenn das in Ihrem kollektiven Gedächtnis eingebrannt ist und Sie deswegen Verschuldung und Kredite gut finden – dafür habe aufgrund Ihrer historischen Vita ein gewisses Verständnis.
Sehr gerne! Schön, dass Sie das aufgeklärt haben! – Ich wollte darüber hinaus auf Ihren zweiten Aspekt eingehen: Ja, natürlich ist das eine Frage von politischer Schwerpunktsetzung, und ich habe ja darauf hingewiesen, dass das Ganze eine europäische Dimension hat, dass wir international die Erfahrung gemacht haben, dass die Tatsache, dass wir in der Haushalts- und Finanzpolitik in Deutschland, Europa und international so etwas wie eine Schuldenbremse in den letzten Jahrzehnten nicht hatten, insgesamt dazu geführt hat, dass man sich eben zu sehr verschuldet, dass man eben damit Lasten für die folgenden Generationen aufbaut, die dann eben halt auch nur abzutragen sind.
[Steffen Zillich (LINKE): Wollte ich nur nachgefragt haben, hat nichts damit zu tun! - Udo Wolf (LINKE): Wie bei Monty Python!]
Wir haben momentan das Glück, dass wir in der Niedrigzinsphase entsprechend wieder Bodenfreiheit gewinnen. Ich meine, ohne jetzt einen politischen Vorwurf daraus zu machen: 2012 hatten wir ein Haushaltsvolumen von 23 Milliarden und haben 2,3 Milliarden Zinsen dafür pro Jahr gezahlt. Da waren 10 Prozent schon mal weg, da musste man sich über die Verwendung keine Gedanken machen.
Weil Politik an dieser Stelle immer sehr geneigt ist, lieber an das Heute als an das Morgen zu denken, ist es eine weise Entscheidung des Bundestags gewesen zu sagen: Hier ziehen wir mal eine Grenze ein! Außer in besonderen Notlagen muss man eben mit dem Geld auskommen, das man einnimmt! – Das hat für uns etwas mit solider Haushalts- und Finanzpolitik zu tun.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In 48 Tagen beginnt für Berlin und für die anderen 15 Bundesländer in der Haushalts- und Finanzpolitik eine neue Ära: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse tritt in Kraft. Der vorliegende Gesetzentwurf bewegt sich einerseits innerhalb der vorgegebenen begrenzenden Rahmenbedingungen, setzt andererseits aber eigene Akzente für das Land Berlin. Der Gesetzentwurf trägt folgenden Punkten Rechnung: die noch immer vor allem wegen der Altschulden begrenzte Finanzkraft Berlins, der grundgesetzliche Rahmen, die Überwachung der Schuldenbremse durch den Stabilitätsrat, die enormen Investitionsbedarfe unserer wachsenden Stadt. Gerade der letztgenannte Punkt ist der Koalition aus SPD, Linken und Grünen besonders wichtig.
Herr Goiny! Sie haben in Ihrer Rede die nächste Generation angesprochen. Ich glaube, die erwartet nicht permanent eine schwarze Null, sondern sie erwartet von uns, dass wir gerade die Probleme, die im Klimaschutzbereich liegen, die im internationalen Bereich liegen, aber auch, dass wir die Verkehrswende hinkriegen. Das ist die Erwartung, und es war ein schwerer Fehler Ihres Parteikollegen Schäuble vor zehn Jahren, so auf die schwarze Null zu bestehen, sonst wären wir auf diesen Feldern schon viel, viel weiter.
Wie heute bereits in der Aktuellen Stunde von den Kolleginnen und Kollegen dargelegt, nutzt die Koalition finanzielle Spielräume gezielt für Investitionen und für die Stärkung unserer Verwaltung im Land und in den Bezirken, für die Stärkung der Verwaltung, für die Verkehrswende, für den Klimaschutz, für die Versorgung mit Wohnraum und sozialer Infrastruktur. Der Zweiklang aus Konsolidieren und Investieren hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten bewährt und muss auch mit Inkrafttreten der Schuldenbremse fortgeführt werden.
An dieser Stelle möchte ich nicht vergessen zu betonen, dass dank unserer Finanzpolitik Berlin seit sieben Jahren ununterbrochen ohne neue Schulden auskommt und Altschulden in einer Größenordnung von 5 Milliarden Euro getilgt hat.
Mit der Umsetzung der Schuldenbremse in Landesrecht setzt diese Koalition den richtigen und angemessenen Rahmen, damit Berlin und seine landeseigenen Gesellschaften auch künftig finanziell handlungsfähig sind und solide wirtschaften können.
Der Gesetzentwurf ermöglicht für diese Politik folgende Akzente: den Aufbau einer hinreichend dotierten Konjunkturausgleichsrücklage, um nicht bei jeder konjunkturellen Schwäche gleich an den Kreditmarkt gehen zu müssen, eine grundsätzlich ausgewogene Regelung zum Umgang mit Überschüssen, die vernünftige Reduzierung der Altschulden sowie die weitere Dotierung des Sondervermögens Infrastruktur der wachsenden Stadt. Der Gesetzentwurf stellt damit insgesamt einen ausgewogenen Kompromiss zwischen einer in der Sache substanziellen Umsetzung der Schuldenbremse und der Wahrung erforderlicher Spielräume dar. Mit dem vorliegenden Gesetz legt die Koalition die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung und Anwendung der Schuldenbremse in Berlin.
Zum Schluss möchte ich als Haushaltspolitiker noch einmal betonen, dass die Schuldenbremse von uns allen künftig noch größere Anstrengungen erfordern wird, Disziplin zu wahren und in der Finanz- und Haushaltspolitik klare Prioritäten zu setzen. Die Koalition beweist seit drei Jahren, dass Konsolidierung einerseits und eine gezielte Ausweitung der Investitionen andererseits nicht zwingend ein Widerspruch sein müssen. Diesen Weg wollen SPD, Linke und Grüne auch künftig fortsetzen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor Kurzem haben wir im Hauptausschuss den vorliegenden Schuldenbremsenantrag debattiert. Die sich für uns bestätigende Erkenntnis aus der Debatte ist: Berlin braucht keinen Mietendeckel, sondern einen Schuldendeckel.
Die AfD hat sich seit ihrem Parlamentseinzug mit zwei eigenen Anträgen klar für eine differenzierte, wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit diesem strategischen Grundsatzthema Schuldenbremse ausgesprochen. Wir stellen mit der Schuldenbremse jetzt die Weichen für die zukünftige finanzielle Handlungsfähigkeit unserer Stadt.
Wenn man sich das vorliegende Gesetz anschaut, wird deutlich, wohin die Reise gehen soll. Der ursprünglich vorgelegte Senatsentwurf zur Schuldenbremse wurde mit dem aktuell vorliegenden Änderungsantrag weiter aufgeweicht. Das jetzt zur Abstimmung vorliegende Vertragswerk verdient kaum mehr seinen Namen. Warum? – Wir haben immer deutlich gemacht, wie wichtig uns eine Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung ist, denn sonst können Berliner Abgeordnete nicht von ihrem Klagerecht beim Verfassungsgericht auf Einhaltung der Schuldenbremse Gebrauch machen. Die schwammige Formulierung zur Justiziabilität in der Senatsvorlage belegt eben dieses Klagerecht nicht. Es ist zudem mehr als bedauerlich, dass heute über ein solches Gesetz abgestimmt wird, das letztlich in einer grundsätzlichen Frage erhebliche Unklarheiten lässt. Selbst die Präsidentin des Berliner Landesrechnungshofes – die ich an dieser Stelle begrüße, sie ist heute anwesend – hat dazu geraten, dies in einer Anhörung klären zu lassen, denn auch der Landesrechnungshof sieht in der jetzigen Form keine Justiziabilität gegeben.
Was heißt das eigentlich? – Die einfachgesetzlich verankerte Schuldenbremse – so, wie sie jetzt geplant ist – führt zu einfachen Mehrheitsentscheidungen und Abstimmungen.
in der Verfassung verankert, wie es die meisten Bundesländer getan haben, wäre bei Veränderungen eine Zwei
Den bräuchte es aus unserer Sicht bei so gravierenden finanziellen Entscheidungen auch, wie sie gerade mit Blick auf die aktuellen Debatten in Berlin geführt werden. Nachdem Berlin in den 1990er-Jahren in eine Banken- und Staatsschuldenkrise gerutscht ist, folgte fast zwei Jahrzehnte lang ein Finanznotstand – eine schmerzhafte Rosskur für die Stadt, die uns eine Warnung sein sollte. Berlin hat sich zwar in den vergangenen Jahren aus diesem Notstand herausarbeiten können, trotzdem hat allein der Kernhaushalt Berlins immer noch einen Schuldenberg von sage und schreibe 57 Milliarden Euro, was 39 Prozent des BIP entspricht. Zählt man die impliziten Schulden dazu, liegen wir bei weit über 100 Milliarden Euro. Käme es, wie jetzt von der SPD beschlossen, noch zu einer Verbeamtung der Lehrer in Berlin, können wir locker noch 30 Milliarden Euro drauflegen.
Der Finanzsenat gibt selbst zu, dass ein tragfähiges Schuldenniveau bei rd. 29 Prozent des BIP liegt. Wir haben aktuell 39 Prozent. Es müssten also noch mindestens 15 Milliarden Euro Schulden getilgt werden, um dieses Niveau zu erreichen. Von Rückstellungsbildungen für Pensionsverpflichtungen ganz zu schweigen.
Entlastung durch inflationäres Gelddrucken der Zentralbanken oder direkte oder indirekte Enteignungen sind für uns keine Lösungen. All diese Problemumgehungsversuche sind in der Geschichte immer wieder gescheitert. Schauen Sie sich die Euro-Südstaaten in den Zweitausenderjahren an, die sich mit Einführung des Euro plötzlich zu extrem niedrigen Zinsen refinanzieren konnten! Wozu wurde das Geld genutzt? – Eben nicht dazu, wettbewerbsfähige Unternehmen und Industrien aufzubauen, sondern zum Konsum. Eine Geldschwemme hat bisher immer zur Zombiefizierung der Wirtschaft geführt. Mit der Krise der einst stolzen Deutschen Bank und den Massenentlassungen bei der deutschen Automobilindustrie zeichnen sich die ersten Menetekel bereits am Horizont ab.
Die AfD hingegen strebt nachhaltige, langfristig tragfähige Staatsfinanzen und Wirtschaftsstrukturen an.
Damit einher geht der Wunsch nach stabilem Geld, leistungsgerechter Besteuerung, Fokussierung des Staates auf seine Kernaufgaben und Mehrung des Wohlstands der Berliner bzw. der Deutschen insgesamt und über die Grenzen der eigenen Nation hinaus. Um staatlicherseits die richtigen Rahmen zu setzen, sollte man staatspolitisch verantwortliche Ziele abstecken und den gesamten Erhaltungs- und Erweiterungsinvestitionsbedarf Berlins ermitteln sowie eine Generationen- bzw. Nachhaltigkeitsbilanz aufstellen. Dazu ist allerdings die adäquate Erfassung der
staatlichen Ressourcenverbräuche notwendig. All dies leistet der Senat nicht, nicht der jetzige und auch nicht der vorherige.