Wie steht es um Schulden? – Schulden sind zunächst einmal keineswegs per se ökonomisch falsch, sie sind auch nicht per se ökonomisch ungefährlich oder wünschenswert, es kommt eben darauf an.
Für dieses Es-kommt-darauf-an ist die Schuldenbremse weitgehend blind. Das finden wir nicht sinnvoll. Deswegen lehnen wir, kurz gesagt, die Schuldenbremse ab.
Angst vor demokratischen, politischen Entscheidungen sollte nicht das Leitmotiv einer solchen durchaus grundsätzlichen Debatte sein. Politische Entscheidungen bestehen aus Abwägungen von politischen Interessen, von Risiken, von Chancen, von Werten, von Erkenntnissen. Diese Entscheidungen zu treffen, dafür sind Parlamente durch Wahlen legitimiert, darüber müssen sie Rechenschaft ablegen, dafür Verantwortung übernehmen. Die Schuldenbremse beschneidet diese Abwägung zugunsten
einer Ideenhierarchie mit der Folge eines Tabus. Die politische Reaktionsfähigkeit im ökonomischen Krisenfall soll begrenzt werden durch eine bestimmte fiskalische Idee. Das Prinzip, keine Schulden aufzunehmen, ist wichtiger als die Möglichkeit von verantwortlichen politischen Entscheidungen im Krisenfall, mit der Konsequenz, dass dem Grunde nach zugunsten einer bestimmten ökonomischen Betrachtungsweise politische Entscheidungen auf der Ebene des Königsrechts der Parlaments, dem Budgetrecht, tabu sind. Das ist eine Selbstverzwergung des Parlaments.
Der Gedanke der Volkssouveränität impliziert die Idee, dass in einer repräsentativen Demokratie das Parlament im Grunde in der Lage ist, alle Entscheidungen zu treffen, deshalb Souverän. Diesem Prinzip, das natürlich Grenzen hat – Grenzen in Grundrechten, in Verfahrensgarantien, in Gewaltenteilung, auch in der unterschiedlichen Kompetenz der Ebenen, aber eben nicht in ökonomischen Ideen –, widerspricht die Erwägung, Sachverhalte von parlamentarischen Entscheidungen abzuschirmen, zum Beispiel durch die Schuldenbremse.
Ein weiteres exemplarisches Argument: Die Schuldenbremse hat eine investitionshemmende Wirkung und sie verhindert ökonomisch sinnvolles Verhalten. Die berühmte schwäbische Hausfrau käme im Leben nicht auf die Idee, ihr Häuschen aus den laufenden Einnahmen und auf einmal zu bezahlen. Sie wird diese finanzielle Belastung über Jahre verteilen, denn sie nutzt dieses Häuschen auch über Jahre und hat einen dauerhaften Wert erworben. An einem solchen sinnvollen ökonomischen Verhalten wird die öffentliche Hand durch die Schuldenbremse dem Grunde nach gehindert. Das halten wir nicht für sinnvoll, zumal in Zeiten niedriger Zinsen und eines großen investiven Bedarfs.
Ich will einmal sagen, gerade die Klimakrise ist vor allen Dingen eine Frage von Infrastruktur und Investitionsnotwendigkeiten. Gerade in einer solchen Situation auf der Schuldenbremse zu beharren, das zeigen die bundesweiten Debatten, muss mehr und mehr infrage gestellt werden.
Gleichwohl ist klar: Wir müssen eine landesgesetzliche Umsetzung machen. Die liegt hier vor. Wir haben uns von dem Ziel leiten lassen, die Investitionsfähigkeit wie auch die Flexibilität und Reaktionsfähigkeit im Krisenfall so wenig wie möglich einzuschränken. Deswegen, soweit wir es einschätzen können, die Wahl für dieses konjunkturelle Ausgleichsverfahren. Das hier zu vertiefen, sprengt sicherlich den Rahmen. Deswegen die Entscheidung: Ja, wir wollen bei Landesunternehmen – wie bisher auch, das ist keine Neuigkeit, die wir einführen – die Möglichkeit erhalten, dass sie Kredite für Investitionen aufnehmen können. Das wollen wir nicht durch die
Schuldenbremse einschränken, weil wir grundgesetzlich dazu nicht verpflichtet sind, dies zu tun. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass es in jedem Fall sinnvoll ist, dass Landesunternehmen Kredite aufnehmen. Natürlich nicht. Deswegen muss die Ermächtigung im Einzelfall erteilt werden, sollten wir im Einzelfall zu der Einsicht gelangen, dass wir das für richtig halten. Auch hier gilt wieder: keine Angst vor der demokratischen Entscheidung, sondern Verantwortung für die demokratische Entscheidung.
Wir haben im parlamentarischen Verfahren noch einen weiteren Aspekt ergänzt, nämlich die Bewertung von öffentlich-privaten Partnerschaften. Das verweist zunächst darauf, dass die grundgesetzliche Schuldenbremse die Verlagerung finanzieller Lasten in die Zukunft genau nicht gleichmäßig bestraft, sondern eben nur soweit sie Kreditaufnahmen sind, und sie bei Sonderfinanzierungen im Gegenteil sogar befördert. Diese Logik wollen wir mit der Regelung, die wir hier in der landesgesetzlichen Umsetzung haben, umkehren. Das bedeutet nicht, dass wir solche Konstruktionen in der Zukunft vorhaben. Dabei betonen wir, wenn wir von öffentlich-privaten Partnerschaften reden, auf die Eigentumsverhältnisse abzustellen und nicht zuvörderst auf die Rechtsform.
Es ist angemerkt worden – nicht in dieser, aber in der Ausschussdebatte –, dass es eine späte Regelung sei. Ich glaube, bei der landesrechtlichen Umsetzung der Schuldenbremse ist es nicht sinnvoll, einen Wettbewerb um die schnellste Regelung zu machen. Ich glaube, es hat im Gegenteil der Regelung nicht schlecht getan, dass wir in der Lage waren, uns nicht nur andere Regelungen anzuschauen, sondern auch die sich entwickelnde Debatte aus anderen Bundesländern und dem Bund aufzunehmen.
Zum Thema Verankerung der landesgesetzlichen Schuldenbremse in der Verfassung: Es ist nicht mangelnder Mut, sie nicht in der Verfassung zu verankern, sondern eine bewusste Entscheidung. Weil wir uns bewusst sind, dass die Voraussetzungen, die für eine solche Regelung formuliert werden, durchaus vage sind und dass die Wirkungen nicht in vollem Maße voraussehbar sind, weshalb es sich ein Parlament gestatten sollte, Erfahrungen zu sammeln und gegebenenfalls Konsequenzen daraus zu ziehen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schuldenbremse gilt in Deutschland, weil sie im Deutschen Bundestag für die gesamte Bundesrepublik Deutschland beschlossen wurde. Deswegen ist es auch richtig, dass das Land Berlin hier eine entsprechende Regelung findet.
Sehr gut, danke schön! – Wir haben uns auf einer sehr interessanten Veranstaltung der Senatsfinanzverwaltung fraktionsübergreifend mit der Frage der Schuldenbremse und ihrer Ausgestaltung beschäftigt, und diese, wie ich fand, doch sehr hochkarätige Veranstaltung kam zu dem Ergebnis: Richtig wäre es, eine Schuldenbremse zu machen und sie in der Landesverfassung zu verankern. – Wir kritisieren ausdrücklich, dass dieser Senat bzw. dieses Parlament unter der Mehrheit von Rot-Rot-Grün dieser Empfehlung nicht folgt.
Sie haben sich immerhin dazu bekannt, lieber Kollege Zillich, dass sie die möglichst schwammig ausgestalten und sie nicht haben wollen. Allerdings gehen Sie da, glaube ich, von einigen falschen Prämissen aus, die möglicherweise auch in Ihrem wirtschafts- und finanzpolitischen Verständnis ihre Ursache haben. Vielleicht trägt dazu noch ein bisschen die positive Erfahrung bei, die Ihre Partei noch zu DDR-Zeiten hatte, als Franz-Josef Strauß ihr mit einem Milliardenkredit ausgeholfen und damit quasi auch gezeigt hat, wie sinnvoll Kredite sind, wenn man um das politische Überleben kämpft.
Aber zur haushalts- und finanzpolitischen Seriosität gehört natürlich auch, dass wir die Erfahrung der letzten Jahrzehnte in Europa, in der europäischen, internationalen und deutschen – –
Ich lasse jetzt keine Zwischenfragen zu; wir können uns im Rahmen einer Kurzintervention noch mal austauschen, Herr Kollege! – Wir haben die Erfahrung gemacht, dass in unseren – –
[Steffen Zillich (LINKE): Sie meinen aber nicht, dass die Verschuldung der DDR eine demokratische Entscheidung war? ]
Es war aber Ihre Partei, die das damals mit verursacht hat; das wollen wir doch mal festhalten an der Stelle! Wie Sie das intern bewerten, bleibt ja Ihre Sache. – Wir haben jedenfalls in der europäischen Haushalts- und Finanzpolitik gesehen, dass eine Regelung ohne entsprechende
Begrenzung der Neuverschuldung eine Politik zulasten der nächsten und der jungen Generation ist, und das lehnt die CDU-Fraktion ab. Wir glauben, dass wir mit einer Haushalts- und Finanzpolitik am Ende besser leben, die wir so ausgestalten, dass wir nur so viel ausgeben, wie wir einnehmen. Dass konjunkturelle und andere Notlagen berücksichtigt sind, das steht außer Frage, das ist auch Teil dieser Schuldenbremse. Ihr bemerkenswertes Beispiel mit der schwäbischen Hausfrau – die würde gar nicht so wirtschaften wie Sie. Deswegen käme die gar nicht in Verlegenheit, eine Notlage aushalten zu müssen.
In Wahrheit ist es doch so, dass die Tatsache, dass man sich hier in Verschuldung retten will, auch Feigheit vor politischer Verantwortung ist. Denn wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Zeiten leerer Kassen und in Zeiten voller Kassen wirtschaften müssen. Das mit leeren Kassen ist immer schwieriger, das haben wir in diesem Landesparlament und in diesem Bundesland zu Genüge erlebt, und das haben auch viele hier mittragen müssen.
Aber wir sehen jetzt auch, wie es halt ist, mit vollen Kassen richtig Politik zu gestalten, und auch da wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Sie müssen sich am Ende entscheiden, wofür Sie politische Schwerpunkte setzen.
Die Flucht in die Verschuldung ist immer auch die Flucht vor politischer Verantwortung, weil vernünftige Haushalts- und Finanzpolitik heißt, Schwerpunkte zu setzen, und da kann man nur das finanzieren, was man am Ende auch bezahlen kann.
Das ist ein Grundproblem eher linker Landesregierungen oder linker Mehrheiten in Parlamenten: dass sie sich vor dieser politischen Schwerpunktsetzung drücken. Das sehen wir auch in diesem Landeshaushalt: Sie setzen halt gerne ideologische Schwerpunkte; Sie setzen gerne Schwerpunkte, die nicht der wirtschaftlichen Kraft dieses Bundeslandes dienen,
und damit haben Sie natürlich auch ein Problem, das die Einnahmen und die Ausgaben betrifft, lieber Herr Kollege Schneider. Damit brauchen Sie natürlich eine Neuverschuldung und die Möglichkeit, Schulden zu machen.
[Torsten Schneider (SPD): Fängt mit „L“ an und hört mit „andowsky“ auf! Wir sehen auch an dem vorliegenden Doppelhaushalts- entwurf bereits, welche Probleme Sie damit haben, den ausgeglichen zu finanzieren, und welche unsinnigen Dinge Sie hier im Haushalt veranschlagen, die uns alle viel Geld kosten, aber weder die großen Probleme dieser Stadt lösen noch für mehr Bildung, für mehr Wohnungen, für bessere Verkehrsleistungen oder für bessere innere Sicherheit sorgen. Deswegen muss man einfach sagen, werden Sie hier mit dieser Debatte über eine Aufwei- chung der Schuldenbremse Ihrer haushalts- und finanzpo- litischen Verantwortung nicht gerecht, die Sie eigentlich in diesem Land haben. [Beifall bei der CDU]
Nein, ich gestatte keine Zwischenfragen, Frau Präsidentin, weil es ja auch mal Sinn macht, dass man sich gegenseitig zuhört! Und die Diskussion haben wir ja auch im entsprechenden Fachausschuss geführt. – Ich will hier abschließend nur sagen: Wir finden es richtig, dass wir eine Ausgestaltung der Schuldenbremse in der Berliner Landesverfassung hätten haben sollen, weil natürlich auch die Landesverfassung sonst in einem Teil nicht mehr stimmt. Das ist verfassungsrechtlich auch ein Problem, das wir schlecht finden. Wir begrüßen auch eine gesetzliche Ausgestaltung. Wir begrüßen allerdings nicht die Aufweichung, die Sie hier mit Ihrer Gesetzesänderung noch mal gegenüber dem Senatsentwurf vorgenommen haben. Deswegen können wir Ihrer Änderung nicht zustimmen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist immer schwierig, die Ebenen bei den Bezügen zu halten, die man macht. Also wenn Sie sich auf den Strauß-Kredit beziehen und den in den Zusammenhang mit der Schuldenbremse bringen wollen, dann müssten Sie ja unterstellen, dass es so etwas wie eine demokratisch-parlamentarische Entscheidung in der DDR gegeben hätte, diesen Kredit aufzunehmen. – Das wird doch wohl nicht ernsthaft das sein, was Sie behaupten wollen, oder? – Erstens.
Zweitens: Das Parlament kann eine Entscheidung treffen über die Frage, ob es sich verschulden oder nicht verschulden will; das ist ja alles möglich. – Zunächst einmal: Den linken Regierungen der letzten Jahre vorzuwerfen, sie hätten in den letzten Jahren eine Verschuldungspolitik