Auch wenn hier bereits das rote Licht leuchtet – gönnen Sie mir bitte noch einen kleinen Moment! – Was wir nicht brauchen – das haben wir im Wahlkampf in Thüringen oder in Brandenburg gesehen –, ist, dass Leute auf Plakate schreiben: Wir machen jetzt die Wende 2.0. – Wer sich zwei Mal um 180 Grad dreht, der ist wieder am Ausgangspunkt, und der will möglicherweise zurück in die Diktatur. Das wollen wir nicht!
das ist unsere Verfassung von Berlin, das ist das Grundgesetz und das sind unsere Gerichte. Wenn man aus einem Land kommt, in dem es keine ordentlichen Gerichte gab, die dem Bürger Recht verschaffen konnten, dann weiß man das noch viel höher zu schätzen. Insofern haben wir dem Verfassungsgericht heute nicht unbedingt geholfen mit dem Vorgang, dass eine Kollegin nicht gewählt wurde.
Wir sind aufgerufen, das wiedergutzumachen und unser Verfassungsgericht in einen arbeitsfähigen Zustand zu versetzen.
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Georg Pazderski (AfD): Werden Sie Ihr Trauma endlich los!]
Letzter Satz: Wir haben einen Alternativantrag der CDU auf dem Tisch. Der Kollege Juhnke hat heute über unseren Antrag von vier Fraktionen gesagt, das sei nicht alles falsch. Auch in Ihrem Antrag ist nicht alles falsch. Wenn man diese beiden Anträge nebeneinander legt, unterscheidet sie: Der Entwurf des von vier Fraktionen eingereichten Antrags ist ein Ost-Entwurf, und der Entwurf von der CDU ist ein West-Entwurf. Ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass wir Ost und West auch in diesem Parlament zusammenbekommen und beim nächsten Mal wieder einen gemeinsamen Antrag stellen. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute eine teilweise sehr emotionale Debatte erlebt, eine aufgewühlte Debatte, in der auch verschiedene Dinge durcheinandergeworfen wurden. Nun bin ich versucht, in fünf Minuten auf einige Dinge einzugehen, als letzter Redner kann und sollte man das auch tun, aber ich werde bei Weitem nicht alle Dinge aufgreifen können.
Ehe ich aber zu den Vorrednern komme, möchte ich zu Anfang gern noch sagen: 30 Jahre sind vergangen, seitdem die mutigen Menschen im Ostteil des Landes für
Demokratie eingetreten sind, für Freiheit, für Rechtsstaat, für Veränderungen. Das waren großartige, es waren bewegte Zeiten, nicht nur in Berlin. Man denke an den 7. Oktober 1989 in Plauen – das war eine der ersten Großdemonstrationen in der DDR – und an den 9. Oktober in Leipzig! Das ist damals ein Zeichen gewesen, dass viele Menschen Veränderungen wollten. Vor diesem Hintergrund ist auch beinahe die Diskussion der letzten Wochen müßig: Wie viele Bürgerrechtler steckten in den Demonstrationen? Natürlich waren es Leute wie der Kollege Otto, Bürgerrechtler, die recht früh den Mut besessen haben, auf Probleme hinzuweisen, zu Demonstrationen zu gehen, im Untergrund Aktivitäten zu organisieren und vor allen Dingen auch anderen den Mut zu geben, mitzumachen, zu demonstrieren, sich einzubringen, für Veränderung zu sorgen. Deswegen waren es in Summe die Ostdeutschen, die mitgemacht haben – und dafür unseren herzlichen Dank!
[Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Hanno Bachmann (AfD)]
Wir werden diese Debatte sicherlich beim 30. Jubiläum der deutschen Einheit noch einmal führen, da bin ich mir sicher. Dann wird es die nächste Resolution geben, hoffentlich dann wieder gemeinsam mit der CDU, denn die Herausforderungen der Wiedervereinigung sind das eine, die Erinnerung an die Ereignisse vom Herbst 1989 das andere. Dazu gehört auch, dass man die historischen Fakten klar benennt und dass man sich durchaus auch zur Verantwortung bekennt. Sich zur Verantwortung zu bekennen, heißt auch, einerseits ganz klar zu benennen, dass die SED-Diktatur das war, wofür der Name steht, und dass die SED damals eben die größte Partei in der Nationalen Front war, aber zur Wahrheit gehört auch, dass in der Nationalen Front noch andere Parteien waren, für die eben FDP und CDU als Nachfolgeparteien Verantwortung tragen – wir für die LDPD und NDPD, die CDU für die Bauernpartei und für die Ost-CDU. Deswegen, Kollege Juhnke, wäre es doch wünschenswert gewesen, ohne in irgendeiner Form die Hauptverantwortung der SED zu relativieren, wenn man wenigstens mit einem Halbsatz auf die Blockparteien eingegangen wäre, denn das war ja keine Koalition, wie wir sie heute kennen, mit Meinungsverschiedenheiten, mit Koalitionsausschuss, mit öffentlichem Streit – nein, die haben alle gemeinsam mitgemacht und unterstützt, was die SED gemacht hat. Ich habe die Protokolle der gefälschten Wahlen im Ostteil der Stadt vom Mai 1989 eingesehen. Die Vorsitzenden der Blockparteien, auch der Ost-CDU, haben dort alle mit unterschrieben, und sie haben gewusst, dass das nicht stimmt. Insofern hat auch die CDU eine historische Verantwortung. Werden Sie dieser gerecht!
mitgemacht, ist das vor dem Hintergrund, dass die SDP damals im Pfarrhaus in Schwante am 7. Oktober 1989 von Leuten aus dem theologischen Bereich gegründet wurde – jedenfalls von Leuten, die im Wesentlichen etwas verändern wollten, vorher war die SPD oder eben die SDP keine zugelassene Partei in der DDR –, geradezu Geschichtsklitterung. Die SPD hatte im Ostteil des Landes keine Verantwortung, um das ganz klar zu sagen. Von Leuten, die hier erzählen, die SPD hätte den Reichstag angezündet, erwarte ich aber nichts anderes.
Kollege Juhnke! Wir sind uns ja weitgehend einig, zum Beispiel in der Ablehnung von Mietendeckel und Enteignungen, aber das hat mit der heutigen Debatte nichts zu tun.
Man kann sich über verschiedene Positionen streiten, aber hierfür hätte es nicht zweierlei Anträge bedurft. Kollege Otto hatte ausdrücklich FDP und CDU angeboten, mitzuzeichnen und eigene Vorschläge einzubringen. Was Sie hier als Detail herausgearbeitet haben – jedenfalls zur Sache –, hätte man in den Antrag integrieren können, dafür hätte es dieses kleinlichen Streits nicht bedurft. Wir können Tagespolitik nicht mit historischer Erinnerung vermischen. Wir hätten keine verschiedenen Anträge gebraucht.
Gestatten Sie mir schließlich noch zwei Bemerkungen, Frau Präsidentin, auch wenn bei mir auch schon das rote Licht leuchtet! Ich hoffe auf die gleiche Großzügigkeit wie bei dem Kollegen Otto. – Kollege Juhnke! Weil Sie gerade die Frage ansprachen: Für Sie ist nicht vorstellbar gewesen, dass zum Beispiel Stasi-belastete Staatssekretäre ernannt worden sind – für uns auch nicht. Wir haben das auch kritisiert. Auch da gehört aber wiederum zur Wahrheit: Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass im Ergebnis der freien Wahlen vom 18. März 1990 mit Lothar de Maizière, alias IM Czerni, von der CDU ein Stasi-belasteter Ministerpräsident vorgeschlagen wird, der geleugnet hat, Stasi-belastet zu sein, weil er gedacht hat, seine Akten wären vernichtet. Stefan Aust hat das einmal wunderbar in einem Artikel der WELT aufbereitet. So viel Scheinheiligkeit war selten. Ich kann das kritisieren, ich hasse solche Leute, und die haben in politischen Ämtern nichts zu suchen. Dann ist mir egal, ob sie bei der Linken waren oder bei der CDU – entweder ganz oder gar nicht, aber nicht mit zweierlei Maß messen!
Letzte Bemerkung, zum Kollegen Trefzer, weil er mich auch persönlich angegriffen hat und zur Frage, wie man
mit SED-Unrecht umgeht, gesagt hat, dass ich das relativieren würde: Sie als Bezirksvorsitzender der Linken in Treptow-Köpenick –
der AfD in Treptow-Köpenick! So weit würden nicht einmal die Linken gehen, Herrn Trefzer aufzunehmen. Das ist mir klar.
Sie haben zur Kenntnis nehmen können, dass bei der Stasi-Überprüfung der BVV Treptow-Köpenick in dieser Wahlperiode zwei Bezirksverordnete der AfD auffällig wurden, die sich im Übrigen geweigert haben, vor der Bezirksverordnetenversammlung zu ihrer Stasi-Verstrickung Stellung zu nehmen, wobei der Fraktionsvorsitzende der AfD in der BVV Treptow-Köpenick noch sagte, das könne man nach 30 Jahren doch irgendwann einmal abhaken und unter den Tisch kehren. Sie stellen sich hin und fordern Glaubwürdigkeit? Gerade Ihre Glaubwürdigkeit zeigt sich an solchen Stellen. Wir brauchen die AfD nicht, um SED-Unrecht aufzuarbeiten. – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, den LINKEN und den GRÜNEN – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Zugabe! – Torsten Schneider (SPD): Na, Sie von der AfD! Jetzt klärt das mal auf!]
Zu den Anträgen wurde jeweils die sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der FDP auf Drucksache 18/2275 – 30 Jahre Friedliche Revolution – zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und die FDP-Fraktion. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die AfD-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die CDU-Fraktion. Damit ist dieser Antrag angenommen.
Ich komme zu dem Antrag der Fraktion der CDU. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 18/2273 – Einigkeit und Recht und Freiheit: 30 Jahre Friedliche Revolution – zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CDU. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die FDP-Fraktion, die AfD-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete. Damit ist diese Entschließung nicht angenommen.
Dann lasse ich über den Antrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 18/2277 – 30 Jahre Friedliche Revolution:
Nie wieder Sozialismus! – abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die AfD-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete. Wer stimmt gegen diese Entschließung? – Das ist die FDP-Fraktion, das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die CDUFraktion.