Da muss man auch mal dem Umstand Respekt zollen, dass die Herrschaften – teils in sehr hohem Alter – mehr Vertrauen und Weitblick in die Zukunft beweisen als temporär gewählte Abgeordnete.
Ich komme noch mal zurück auf den Entwurf. Der Abstand zur Matthäus-Kirche soll durch den Tiefbau erkauft werden. Ohne Frage ist der offene, bis in die Tiefe gestaltete Raum eine Augenweide. Er lässt aber wenig Platz für
Ausstellungsfläche. Das ist der eigentliche Grund für die gewaltige Kubatur dieses Schlichtbaus. Nur so werden 9 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche möglich. War es nicht so, dass alle tiefbauenden Entwürfe aus dem Wettbewerb herausgefallen sind wegen der bekannten Probleme mit dem Untergrund? –, während vom Sieger jetzt der Gang in die Tiefe nachgereicht wird. Mit welchen Problemen wir beim Tiefbau in der Stadt zu kämpfen haben, wurde uns zuletzt bei der Sanierung der Staatsoper bewusst, die uns 450 Millionen Euro gekostet hat. Ich übersetze das noch mal in Wohnungen: Das sind so rund 2 500. Der Berliner Untergrund ist instabil und bedarf besonderer Maßnahmen.
Wir dürfen uns vom Geld des Bundes, das das Geld der Bürger ist, nicht korrumpieren lassen. Hinter vorgehaltener Hand gab es Kritik aus allen Fraktionen. Trotzdem haben Sie den Bebauungsplan genehmigt, frei nach dem Motto: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Aber dieser Gaul ist nicht geschenkt, sondern er wird von den Bürgern – und das kann man gar nicht oft genug sagen – bezahlt.
Wir alle orientieren uns in kulturell hochstehenden Städten, in Großstädten dieser Welt an berühmten Plätzen. Von dort richten wir uns aus, beginnen die Umgebung zu erforschen und finden so Orientierung. Ein derart wichtiger Stadtraum darf nicht als Stückwerk geplant werden. Er muss als Ganzes gedacht werden. Der Leerraum vor der Staatsbibliothek muss also einbezogen und geplant werden. Verehrte Abgeordnete, bedenken Sie Ihre Verantwortung für künftige Generationen! Fordern Sie den Senat auf, dieses Projekt neu zu verhandeln! – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurios und chaotisch wie gewohnt legt die AfD mal wieder einen Antrag vor, in dem sie auch diesmal verschiedene Aspekte miteinander vermischt. Ich nehme das zum Anlass, hier mal ein wenig aufzuräumen. Der mit heißer Nadel gestrickte Antrag wendet sich gegen den geplanten Bau des Museums der Moderne auf dem Kulturforum. Dieses werde a) zu teuer, b) zu hässlich, c) zu tiefgeschossig und d) zu singulär geplant. Das ist, grob gesprochen, der Vorwurf.
Hier werden also finanzpolitische und architektonische bzw. stadtentwicklungspolitische Aspekte miteinander vermengt. Zum kulturellen Aspekt, den ein Museum nun zweifelsohne hat, verliert der Antrag hingegen kein Wort.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Wir wollen einen vernünftigen Bau! – Georg Pazderski (AfD): Keine Kaufhalle!]
Für mich als kulturpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion ist aber gerade dieser Aspekt vorrangig. Was ist denn der Zweck des Museums der Moderne? – Es soll adäquaten Raum schaffen für bedeutende Kunstwerke der Moderne in Berlin als Kunst- und Kulturmetropole des 20. Jahrhunderts – auf dem Kulturforum, das selbst ein Kind des 20. Jahrhunderts ist. Die Nationalgalerie als Institution widmet sich der Kunst der Moderne, die seit dem 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart in Berlin entstanden ist bzw. hier gesammelt wurde. In der Alten Nationalgalerie wird die Kunst bis hin zum Impressionismus und dem Beginn des Expressionismus umfangreich präsentiert. Für die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und dem beginnenden 21. Jahrhundert entstandene Kunst ist hingegen zu wenig Raum vorhanden.
Der Hamburger Bahnhof ist sicherlich ein herausragender Ort der Präsentation zeitgenössischer Kunst.
Doch sind dort die räumlichen Möglichkeiten sehr begrenzt, zumal nun auch die Rieck-Hallen zur Disposition gestellt werden. Der Neubau eines Museums der modernen Kunst ist daher kein Luxus, sondern eine zwingende Notwendigkeit,
Glücklicherweise gibt es von privater Seite großzügige Angebote, Berlin hochkarätige Kunstsammlungen zur Verfügung zu stellen, die im geplanten Museum gezeigt werden sollen. Die Kunstsammler und Mäzene Marx, Marzona und Pietzsch sind hierzu allerdings nur bereit, wenn ihre Sammlungen angemessen präsentiert werden können. Der bedeutende zeitgenössische Künstler
Gerhard Richter hat zudem angekündigt, Berlin ein Konvolut seiner wichtigsten Werke zur Verfügung zu stellen – natürlich ebenfalls unter der Bedingung einer adäquaten Präsentation.
Und wo anders als in einem geeigneten Neubau könnte dieser Raum entstehen? – Aus diesem Grund darf sich Berlin freuen, dass der Bund und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz vor einigen Jahren die Realisierung dieses für Berlin wichtigsten Museumsbaus in die Wege geleitet haben.
Es ist darüber hinaus zu begrüßen, wenn der Museumsbau am Kulturforum entstehen soll, wo in unmittelbarer Nähe die Neue Nationalgalerie, das Kunstgewerbemuseum und die Gemäldegalerie Alte Meister ihren Ort gefunden haben. Dieses zweite Zentrum kultureller Einrichtungen neben der Museumsinsel, das seine Entstehung der Teilung Berlins verdankt, verfügt über herausragende Architektur u. a. von Hans Scharoun und Mies van der Rohe, blieb aber als Stadtraum bislang unvollendet.
Eine jahrzehntelange Diskussion um die Errichtung eines von Scharoun geplanten Gästehauses oder eines anderen zentralen Gebäudes hatte letztendlich zu keinem Ergebnis geführt. Von daher bietet der Bau des Museums der Moderne funktional wie stadträumlich die Möglichkeit einer Vollendung.
Inwieweit der siegreiche Entwurf des Schweizer Büros Herzog & de Meuron diese ideale Ergänzung darstellt, mag unterschiedlich beurteilt werden. Jedoch hat ein transparenter Wettbewerb stattgefunden und ein erstes Ergebnis hervorgebracht, was nun bereits wieder drei Jahre zurückliegt. Der Entwurf hat seither im Inneren wie im Äußeren Überarbeitungen erfahren, und der Bebauungsplan ist erstellt. Das Ansinnen der AfD, alles wieder auf null zu stellen, würde zu einer unvertretbaren weiteren Verzögerung des Baus führen und im Übrigen durchaus keine Kosten einsparen. Außerdem sind Geschmacksfragen kein hinreichender Grund für einen Projektstopp und eine Neukonzeption, die ebenso wenig Chancen hätte, es allen recht zu machen.
Der Architektur ist natürlich auch ein künstlerischer und kultureller Werte eigen. Dennoch ist nicht die äußere Gestaltung eines Museums dafür entscheidend, dass ein Ort Anziehungskraft entwickelt, sondern vielmehr das, was es beherbergt. Es geht hier darum, einen angemessenen Raum für bedeutende Kunstwerke des 20. und 21. Jahrhunderts zu schaffen. Und im Übrigen wäre es schön, wenn der Künstler Gerhard Richter und die Mäzene noch erleben dürften, dass Berlin adäquaten Raum für ihre Werke schaffen kann. Auch deshalb sollte der Bau nicht noch Jahre auf sich warten lassen.
In ihrer Begründung hebt die AfD vor allem auf den Kostenaspekt ab und stellt das Projekt in eine Reihe mit dem Flughafenbau oder der Hamburger Elbphilharmonie. Das führt meines Erachtens in die Irre. Zwar ist die Elbphilharmonie tatsächlich auch ein Kulturbau, und sie wurde ebenfalls von Herzog und de Meuron entworfen, aber es würde lohnen, meine Herren von der AfD, sich mit den Ursachen der Kostensteigerung dort in Hamburg auseinanderzusetzen. Ich war gerade in der vergangenen Woche dort, habe mit der Geschäftsleitung der Elbphilharmonie gesprochen und durfte einen Eindruck von diesem gelungenen Kulturgebäude gewinnen. Ich bin überzeugt, dass die Kompetenz der Schweizer Architekten in Berlin für einen funktional hervorragenden Museumsbau sorgen wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Sie wollen das aber nicht vergleichen mit der Elbphilharmonie!]
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Laatsch! Zunächst einmal sind Sie ja erst seit dieser Legislaturperiode im Haus und haben vielleicht manchen Vorlauf verpasst. Die Auseinandersetzung um die Frage, wie sich das Kulturforum weiterentwickelt, existiert in Berlin ja nicht erst seit gestern, und auch die Diskussionen über das Museum der Moderne führen wir nicht erst seit gestern. Das Museum der Moderne – Sie haben es als geschenkten Gaul bezeichnet – ist zunächst einmal tatsächlich das, nämlich ein gewaltiges Geschenk an Stadt und Land Berlin und an die Menschen, die nach Berlin kommen, um eine der bedeutendsten Sammlungen der Welt, der klassischen Moderne, zu sehen.
Dass es den Standort für ein solches Museum braucht, das wissen wir nicht erst seit gestern, sondern das wissen wir auch seit Jahrzehnten schon. Die bestehende Sammlung der Neuen Nationalgalerie ist viel zu groß, um in der klassischen Nationalgalerie ausgestellt werden zu können – in ihrer Vollständigkeit, oder sei es auch nur in ihren Höhepunkten.
Wir sind in der glücklichen Situation, dass gleich mehrere Mäzene bereit sind, diese ohnehin schon weltweit gerühmte Sammlung um milliardenschwere Schenkungen zu erweitern. Wenn Sie sich an die Berichterstattung der letzten Wochen erinnern an den Besuch von Monika
Grütters bei Gerhard Richter in Köln, dann wissen Sie, dass auch hier noch Weiteres an Schenkungen hinzukommen wird. All das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern es ist deswegen zugesagt, weil wir einen würdigen Rahmen und den Ort des Kulturforums versprochen haben. Dass es an diesem Ort keine Leichtigkeit sein kann, eine angemessene Antwort auf Hans Scharoun und Mies van der Rohe zu entwickeln, das weiß auch jeder.
Wir sind, glaube ich, auch alle miteinander nur halb glücklich gewesen, als wir die erste Fassung des Architekturentwurfes gesehen haben und als wir miteinander zur Kenntnis nehmen mussten, dass die Ungeduld der Mäzene – und da widerspreche ich Ihnen, Herr Laatsch, ich habe nämlich mit denen gesprochen – so weit reicht, dass sie gerne erleben würden, wie ihre Sammlungen ausgestellt werden. Die finden sich inzwischen damit ab, dass es länger dauert. Also die Originalzitate lauten: In Berlin muss man wohl damit rechnen, dass man es nicht mehr erlebt, dass das Museum fertiggestellt wird. – Das heißt aber nicht, dass das Weitsicht ist, sondern das ist Verzweiflung. Ich möchte schon auch, dass diejenigen, die dem Land Berlin und den Menschen dieses großzügige Geschenk machen, eine Chance haben, das Gebäude fertiggestellt zu erleben.
Wir haben damals miteinander über den Architekturentwurf diskutiert und haben miteinander Kritik geübt. Wir haben Kritik daran geübt, dass die Dimension des oberirdischen Gebäudes zu groß ist. Das war auch Ihre Kritik. Sie haben sich an der Nähe zur Matthäus-Kirche gestört. Sie haben sich mit uns auch daran gestört, dass die Architektur nicht die Transparenz hat, die dem Standort angemessen wäre, dass die Beziehung zwischen Philharmonie und Neuer Nationalgalerie dadurch gestört werden könnte. Das Lustige ist: Sie hätten genau wie wir wissen können, dass nur eines folgen kann, wenn all diese Kritik einfließt in eine Überarbeitung des Architekturentwurfs: Es muss in die Tiefe gebaut werden, denn die Sammlungen werden nicht kleiner. Dass in die Tiefe zu bauen das Bauen in der Regel nicht günstiger macht, wissen Sie auch.
Ich kann nachvollziehen, dass Sie sagen, es wäre zu teuer. Die Summe, die im Raum steht, ist ja nicht gerade klein, und machen wir uns nichts vor: Die Summen wachsen in der Regel auch über die Risikopuffer hinaus noch weiter an. Insofern verstehe ich jeden Haushälter des Bundes, der sagt: Ich möchte das noch einmal kritisch überprüfen! – In der Tat: Haushälter des Bundes tun das gerade. Das ist nicht unsere Aufgabe, sondern Aufgabe des Haushaltsausschusses des Bundestags, den jetzt vorliegenden, überarbeiteten Entwurf auf seine Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen und daraufhin, ob er angemessen ist für das, was dort an Sammlungen gezeigt wird.