Protocol of the Session on September 26, 2019

Ich kann nachvollziehen, dass Sie sagen, es wäre zu teuer. Die Summe, die im Raum steht, ist ja nicht gerade klein, und machen wir uns nichts vor: Die Summen wachsen in der Regel auch über die Risikopuffer hinaus noch weiter an. Insofern verstehe ich jeden Haushälter des Bundes, der sagt: Ich möchte das noch einmal kritisch überprüfen! – In der Tat: Haushälter des Bundes tun das gerade. Das ist nicht unsere Aufgabe, sondern Aufgabe des Haushaltsausschusses des Bundestags, den jetzt vorliegenden, überarbeiteten Entwurf auf seine Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen und daraufhin, ob er angemessen ist für das, was dort an Sammlungen gezeigt wird.

(Frank Jahnke)

Das ist nicht unsere Aufgabe, und insofern glaube ich, tun wir gut daran, das Ergebnis dieser politischen Debatte abzuwarten und als Land Berlin weiterhin an unserem Interesse an diesem Museum der Moderne und daran festzuhalten, dass diese unglaublich großzügigen Schenkungen an das Land Berlin und die Menschheit ausgestellt werden können. Diese Aussicht zu stören, ist nicht Aufgabe des Abgeordnetenhauses von Berlin, sondern die, alles dafür zu tun, dass ein Museum der Moderne auf dem Kulturforum verwirklicht werden kann, und möglichst noch zu Lebzeiten der Mäzene.

[Beifall bei der CDU]

Einen letzten Punkt will ich noch angemerkt haben: Das ist ja gewissermaßen aus aktuellem Anlass ein Versuch, durch die Hintertür den Antrag, den Sie schon einmal zum Thema städtebaulicher Masterplan gestellt haben, wieder einzusteuern. In der Kritik haben wir Ihnen damals in der Sache schon recht gegeben mit dem, was wir von Anfang an zum B-Plan-Verfahren angemerkt haben: Schön wäre es gewesen, wenn man es in eine Gesamtplanung für die Weiterentwicklung des Kulturforums eingebettet hätte. Ich erinnere mich noch sehr gut, dass unser Vorstoß, den wir gemacht hatten, diese Debatte jetzt wenigstens in die Stadt zu tragen und einen Ort zu schaffen, an dem sie während der Bauzeit des Museums der Moderne und während der Umgestaltung des Freiraums stattfinden kann – dazu gibt es eine Zusage der Koalition.

Deren Wert reicht normalerweise von der Wand bis zur Tapete. Aber noch ist die Koalition gar nicht in die Chance zur Umsetzung gekommen, und deswegen hoffen wir doch sehr, dass sie am heutigen Tag ihr Wort noch einmal bekräftigt und deutlich machen wird, dass diese Chance für eine Debatte über die Zukunft des Forums insgesamt am Ort genutzt wird und wir dort all das nachholen können, was wir, glaube ich, an Potenzial noch haben, städtebauliche Entwicklungen auf dem Kulturforum zu vollenden. Denn das ist in der Tat mit diesem Museumsbau allein noch nicht gelungen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Kollegin Kittler jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der AfD entbehrt bezüglich des Adressaten und des Inhalts jeder sachlichen Grundlage. Man kann gar nichts anderes tun, als ihn rundweg abzulehnen, und das werden wir auch tun.

Erstens trägt der Bund allein die Baukosten für den Museumsneubau – Sie haben Ihren Antrag also schlicht an die falsche Adresse geschickt, und da kann ich nur rufen:

zurück an Absender! – Zweitens wird das Museum der Moderne entgegen der Aussage im Antrag selbstverständlich städtebaulich in das Umfeld eingeordnet; das kann ich auch Richtung CDU noch einmal bekräftigen: Der Museumsneubau ist eingebettet in eine Gesamtplanung, den Masterplan zur Weiterentwicklung des Kulturforums aus dem Jahr 2006, noch mal überarbeitet im Jahr 2011, und seit dem letzten Jahr finden ja auch noch etliche Debatten dazu statt.

Es gibt auch seit Langem eine Freiraumplanung – es stimmt also auch nicht, was Sie da sagen. Diese ist mit der Museumsplanung weitgehend kompatibel und wird bereits umgesetzt. Das Umfeld der Philharmonie soll demnächst fertiggestellt sein. Auf dieser planerischen Grundlage wurden die Ende 2015 und Mitte 2016 durchgeführten Wettbewerbe für das Museum des 20. Jahrhunderts ausgelobt und mit der Auswahl entschieden. Zukünftig wird das Kulturforum ein Netz von öffentlichen Innen- und Außenräumen mit dem Ziel erhalten, das Forum zu einem wirklichen Forum für Kunst und Begegnung zu machen.

Dass da noch eine Menge zu tun ist, wurde bereits in unserer Anhörung im Kulturausschuss im vorigen Jahr deutlich. Dass der Bundestag gut beraten wäre, das Budget zu überwachen und zu begrenzen, ist so. Letzteres erwarte ich auch vom Deutschen Bundestag.

Während die AfD hier wieder populistische Luftnummern zum Besten gibt und einzig nachweist, dass sie oberflächlich Zeitung lesen kann, beschäftigen sich Expertinnen und Experten ernsthaft mit diesem zentralen Ort in der Mitte von Berlin, und zwar sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene. Da gäbe es ganz andere Sachen zu bedenken, seien es die Straßenbahnverlängerung und die Sanierung der Staatsbibliothek und ihre bessere Verknüpfung mit dem Potsdamer Platz, seien es die Zugänglichkeit und Durchwegung. Geklärt scheint ja aber bei Letzterem immerhin, dass bis zum Abend die Durchwegung ohne Bezahlung möglich sein wird.

Auch die Riegelwirkung der Staatsbibliothek wird diskutiert. Gewünscht ist hier ein Weg durch das Gebäude hindurch. Allerdings ist die Frage, wie lange die Staatsbibliothek öffentlich zugänglich sein kann. Konsens scheint zu sein, dass zumindest während der Öffnungszeiten der Bibliothek das Gebäude durchquert werden kann. Das war den Anwohnerinnen und Anwohnern bzw. den künftigen Nutzerinnen und Nutzern ganz wichtig. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten und der Außenraumgestaltung werden wir dieses Thema sicherlich noch vertiefen müssen.

Die Senatsverwaltung für Kultur veranstaltet seit gut einem Jahr gemeinsam mit den Anrainerinnen und Anrainern des Kulturforums regelmäßige Jours fixes. Teilnehmer sind die Philharmonie, die Stiftung Preußischer

(Stefan Evers)

Kulturbesitz, die Kirche St. Matthäus, die zuständigen Verwaltungen und das BKM. Hier geht es nicht nur um den Informationsaustausch zu den baulichen Planungen, hier geht es auch um die Entwicklung inhaltlicher Ideen für die Bespielung des Orts und der Vernetzung der Anrainerinnen und Anrainer.

Ja, wir haben hier auch einige das Land betreffende Probleme, die Sie hier gar nicht nennen – womöglich kennen Sie die auch gar nicht: Das ist zum einen natürlich die Lage des Neubaus in großer Nähe zur Matthäus-Kirche. Wir wollen da keine Wiederholung des Desasters der Friedrichwerderschen Kirche. Gebraucht werden also von Beginn an ein Beweissicherungsverfahren und Bauwohnmonitoring optimalerweise als Bestandteil der Bauleitplanung.

Da ist zum anderen der geplante Verbindungstunnel und die genau dort verlaufende Starkstromtrasse. Das könnte teuer werden; soll erst 2027 verwirklicht werden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch völlig offen, wer diese Kosten zahlt, der Bund oder das Land Berlin. Ich glaube, damit müssen wir uns dann gemeinsam beschäftigen.

Hier einen inhaltlich völlig fehlgeleiteten Antrag mit Dringlichkeit vorzulegen, zeigt einmal mehr, dass es Ihrer Fraktion, meine Damen und Herren von der AfD, nicht um politische Verantwortung geht, sondern einfach nur um Populismus.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Kluckert das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich ist das geplante Museum der Moderne eine großartige Einrichtung für Berlin und auch ein weiterer kultureller Höhepunkt, der hier in Berlin möglich sein könnte. Was in dieses Museum hinein soll, das werde ich jetzt nicht noch einmal ausführen; darüber hat Herr Jahnke einen ausführlichen Vortrag gehalten. Jedenfalls brauchen wir dieses Museum, und deswegen ist ein Neubau des Museums auch absolut richtig. Selbstverständlich begrüßen auch wir Liberale, dass es einen Neubau des Museums der Moderne gibt.

[Beifall bei der FDP]

Aber wenn man sich ansieht, wie die Planung gelaufen und was dort alles schiefgelaufen ist, dann muss man sich schon ein paar Fragen stellen: Bei dem Siegerentwurf wurde sofort die Kritik laut, dass Städteplanerisches überhaupt nicht in dieses Ensemble zwischen der Philharmonie und der Nationalgalerie hineinpasst, und auch

die dichte Bebauung an die Kirche – Frau Kittler, Sie sagten es richtig – ist sehr fraglich und auch, dass es gar keinen Platz zum Flanieren gibt.

Herr Evers sagt, es komme nur darauf an, wie ein Museum von innen ist. Das sehe ich anders. Ich bin der Meinung, dass ein Museum auch von außen und das ganze Drumherum so sein muss, dass es die Menschen zum Flanieren und Verweilen einlädt. Deswegen kommt es nicht nur auf den Inhalt an.

[Beifall bei der FDP]

Jetzt wurde nachgebessert und geflickschustert. Man hat es ein bisschen kleiner gebaut, um mehr Platz bis zur Kirche zu schaffen, und man hat es nach unten gebaut, damit man dieses verkleinerte Bauen wieder ausgleichen kann. Aber es wurde halbherzig verbessert; die Kosten wurden jedoch voll in die Höhe getrieben,

[Dr. Hugh Bronson (AfD): Wie bei der Diätenerhöhung!]

nämlich von 200 Millionen auf 400 Millionen Euro. Auch wir Liberale stellen bei einem solchen Kostenanstieg zu einem Zeitpunkt, an dem noch nicht einmal der erste Spatenstich erfolgt ist, die Frage, inwieweit man da weiter vorgeht, und ob es dann nötig ist, so weiterzubauen. Denn wenn es nachher so teuer wird wie das Humboldt-Forum, dürfen wir nie vergessen: Es sind Steuergelder. Da muss man schon mit Augenmaß gucken, was dort gemacht werden soll. Dann sollte man sich auch einmal zurücklehnen und es hinterfragen, ohne Druck zu erzeugen, indem man sagt: Diejenigen, die uns die Sammlungen gestiftet haben, sollen es ja noch erleben. – Das wollen wir auch. Aber dennoch sollte man jetzt die Zeit nutzen, um durchzuatmen, sich die gesamte städtebauliche Veränderung, die dort möglich ist, angucken und einfach noch einmal – vielleicht – neu überdenken oder so weiterbauen und zusehen, ob es nicht doch noch ein bisschen preiswerter werden könnte. Aber dass man dort jetzt erst einmal einen kleinen Schlussstrich zieht und es neu überdenkt, finden wir auch vollkommen richtig.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Dann hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Wesener das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Was dürfen Kunst und Kultur in einem demokratischen Gemeinwesen kosten? – Präziser gefragt: Wie viel öffentliche Mittel darf die Bundesregierung im Jahr 2019 für den Neubau eines Museums für die bildende Kunst der Moderne am Berliner Kulturforum in die Hand nehmen? – Die Antwort der AfD lautet: 200 Millionen Euro, und keinen Cent mehr. – Warum 200 Millionen Euro? Und ist das eigentlich viel oder

(Regina Kittler)

wenig Geld? – Die Meinungen darüber gehen nicht nur auseinander, sondern sind, wie so häufig, eine Frage des Blickwinkels. Gemessen an manchen Erträgen im internationalen Kunsthandel, in dem zum Beispiel das Leonardo da Vinci zugeschriebene Gemälde „Salvator Mundi“ für 450 Millionen US-Dollar über den Auktionstisch ging, handelt es sich bei den projektierten Kosten für den Museumsneubau in Berlins Mitte um einen Schnäppchenpreis.

[Lachen von Paul Fresdorf (FDP)]

Ganz anders dürften etwa die meisten Künstlerinnen und Künstler sowie freie Gruppen in der Stadt empfinden, deren Lebensunterhalt und künstlerische Existenz oftmals von einer öffentlichen Förderung über wenige Tausend Euro im Jahr abhängen. Insofern ist die eingangs gestellte Frage natürlich absurd – genauso wie der vorliegende Antrag der AfD.

Ich erspare Ihnen und mir an dieser Stelle den Exkurs über formale Zuständigkeiten und Finanzierungsmodalitäten und belasse es stattdessen bei dem Hinweis in Richtung AfD-Fraktion: Mit Ihrem Antragstext hätten Sie sich zwar auch im Deutschen Bundestag lächerlich gemacht, aber Sie würden damit zumindest nicht unserer Lebens- und parlamentarische Arbeitszeit verbrauchen, sondern Ihr Anliegen dort zur Sprache und Abstimmung bringen, wo es verantwortet und entschieden wird. – Aber vermutlich geht es Ihnen auch in diesem Fall nicht um die Sache.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Aus der Perspektive der Berliner Landespolitik und meiner Fraktion sei zu dem Thema deshalb nur so viel gesagt – erstens: Kunst und Kultur sind selten kostenfrei, aber immer unbezahlbar, zumal sie sich den üblichen Verwertungslogiken regelmäßig entziehen. Wer die finanziellen Kosten der öffentlichen Kulturförderung diskreditiert, wie es die AfD gerne bei ihnen missliebigen Kulturinstitutionen und Kunstschaffenden tut, verkennt oder leugnet bewusst ihre Relevanz für die kulturelle Grundversorgung und gesellschaftliche Teilhabe. Nicht umsonst hat sich unsere pluralistische Demokratie einen Kulturauftrag gegeben.

Zweitens: In einer solchen Demokratie ist der Einsatz öffentlicher Mittel und Steuereinnahmen immer Gegenstand öffentlich-politischer Debatten und bedarf einer entsprechenden Begründung und Legitimation. Das gilt selbstredend auch für die Kulturförderung. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass der Anteil der Kulturausgaben am jeweiligen Gesamthaushalt von Bund und Ländern nur in den seltensten Fällen die ZweiProzent-Marke übersteigt.

Drittens: Es gibt viele gute Gründe, die Entscheidung für den Bau eines Museums der Moderne in Berlin zu begrüßen. Dazu zählt nicht allein die Tatsache, dass die Finanzierung nicht aus Landesmitteln erfolgt. Die Aussicht auf

die überfällige Erweiterung der Ausstellungsflächen für die Bestände der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, auf die Sicherung namhafter Privatsammlungen in Form von Schenkungen zugunsten der Kulturmetropole Berlin, ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, ihrer Besucherinnen und Besucher, sowie auf eine städtebauliche Komplettierung und Qualifizierung des Kulturforums – das sind Chancen, die niemand in politischer Verantwortung leichtfertig ausschlagen sollte.

Viertens: Deshalb mutet es auch umso tragischer an, dass die Verantwortlichen auf der Bundesebene und im Kanzleramt bis dato so ziemlich alles falsch gemacht haben, was man bei einem Projekt wie diesem falsch machen kann. Die Wahl des Baugrundstücks bzw. die Positionierung des geplanten Baukörpers entlang der Potsdamer Straße erscheint ebenso willkürlich wie städtebaulich kontraproduktiv. Die Gewinner des Architekturwettbewerbs und diejenigen, die denselben ausgelobt haben, müssen sich heute einmal mehr fragen lassen, ob ihr Vorgehen ein Ausdruck von Dilettantismus und Überforderung ist, oder ob sie die Öffentlichkeit von vornherein bei der Überarbeitung der Überarbeitung ihres Siegerentwurfs hinters Licht geführt haben. Gleiches gilt für die Repräsentantinnen und Repräsentanten einer Bundeskulturpolitik, die zudem nicht von ungefähr dem Verdacht ausgesetzt sind, dass sie sich bei ihren Absprachen mit ein paar wenigen vermögenden Privatsammlern auf Kosten der öffentlichen Hand verzockt und politisch erpressbar gemacht haben.

Fünftens und letztens: All das schadet der Glaubwürdigkeit der Politik im Allgemeinen und der Kulturpolitik im Besonderen. Die politisch gesetzte Zahl von 200 Millionen Euro an Baukosten und ihre jetzige Korrektur um 125 Prozent nach oben nährt wieder einmal den Vorwurf bzw. das Klischee, dass der Staat Großprojekte dieser Art einfach nicht bewerkstelligen kann,

[Zuruf von der AfD: So ist es!]

und dass die verantwortliche Politik nicht die Souveränität hat, fehlerhafte Entscheidungen zu überdenken und sich gegebenenfalls selbst zu korrigieren. Aber am allerbittersten ist die Tatsache, dass all diejenigen, die in den vergangenen Jahren immer wieder substanzielle Kritik an der Planung für das Museum der Moderne vorgebracht haben, sich nunmehr von politischen Trittbrettfahrern und erklärten Feinden der Kunstfreiheit wie der AfD gestalkt sehen. Das hat nun wirklich niemand verdient, und auch aus diesem Grund lehnen wir den Antrag ab. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Dann hat zu einer Zwischenbemerkung der Abgeordnete Hansel das Wort.