Nein, nicht Sie, Frau Klein, Frau Becker. Verzeihung! Da haben Sie recht. Für das Protokoll: Frau Becker hat das gesagt. – Das war auch nur eine launige Bemerkung am Anfang.
Im Grundsatz will ich erst mal etwas Positives sagen: Das Vorhaben, die Tarifsteigerung des öffentlichen Dienstes auch auf die Beamtenbesoldung zu übertragen, ist zu begrüßen, natürlich auch geboten und – ich würde hinzufügen – auch höchste Eisenbahn. Insofern ist das, was Sie tun, richtig und auch, dass Sie die Zulagen angleichen, angehoben haben, ist richtig. Das möchte ich mal als Konsens auch für uns festhalten.
Es bleiben zwei Aspekte, die uns Bauchschmerzen bereiten und die wir schon mehrfach in diesem Haus angesprochen haben, auch in den Ausschüssen. Ein wesentlicher Mangel, das ist der Anpassungstermin, wurde schon vom Kollegen Goiny angesprochen. Es wäre geboten, den Anpassungstermin für dieses und auch für das nächste Jahr auf den 1. Januar festzusetzen, so wie es auch die Gewerkschaften unisono fordern. Diese verschobenen Erhöhungstermine waren historisch begründet. Sie haben ansonsten keine – auch in der Gesetzesbegründung findet sich keine – wirklich nachvollziehbare Begründung, warum Sie das versetzt machen, auf den 1. April bzw. den 1. Februar. Das finden wir zaghaft und inkonsequent.
Weil mehrfach das Wort „Wertschätzung“ gefallen ist: Zur Wertschätzung gehört eben auch, den Betroffenen, den Beamten, zu erklären, wenn man etwas nicht macht. Ich habe hier keine nachvollziehbare konsistente Begründung gefunden, warum man den Anpassungstermin nicht auf den 1. Januar festgelegt. Das finde ich dann schon ein bisschen schoflig. Man könnte es fiskalisch begründen.
Haben Sie wenigstens diesen Mut! Wenn man es fiskalisch begründet – im Hauptausschuss reden wir über das Geld –, würde ich schlichtweg sagen: Dann geht es wieder um die Prioritätensetzung und, um es mal etwas verkürzt zu sagen, mir wäre es lieber, Sie würden auf dieses abenteuerliche und überflüssige Projekt „Solidarisches Grundeinkommen“ verzichten und hierfür den Erhöhungstermin korrekt festsetzen. Damit wäre den Beschäftigten, die Sie in diesem Land haben, allemal mehr geholfen.
Der weitere Aspekt, der hier schon angesprochen wurde, ist die Frage, ob die 1,1 Zusatzprozentpunkte zur Angleichung an den Bundesdurchschnitt ausreichen. Wir haben nicht nur die Konkurrenz der anderen Bundesländer. Deswegen ist der Bundesdurchschnitt der unterste Schnitt. Wir befinden uns in der Tat, auch das wurde mehrfach angesprochen, in der Konkurrenz zu den Bundesbeamten. Das muss man natürlich im Blick behalten, und deswegen kann man sich mit dem 1,3-ProzentAbstand 2021, der dann noch festzustellen sein wird, nicht zufriedengeben. Wir müssen auch den Bund im Blick behalten, und so einfach ist es dann eben nicht, wie Herr Lux gesagt hat, dass uns dann der Bund egal sein kann. Er ist uns dann nicht egal, wenn qualifizierte Beamte und Ingenieure nicht nach Berlin kommen. Wir müssen das im Blick behalten. Das ist dann die wahre Aufgabe, und deswegen wird die Nagelprobe sein, wenn diese Evaluation durchgeführt wird, die im Gesetz angekündigt ist: Reicht das? – Ich wage jetzt schon die Voraussage: Das wird kaum reichen.
Insofern werden wir in Anbetracht verengter fiskalischer Spielräume wirklich die Herkulesaufgabe angehen müssen, wie wir weiter den öffentlichen Dienst und auch die Beamtenbesoldung in Berlin attraktiv halten können, denn eines ist klar, und das sollten wir nicht vergessen: Das Kernanliegen muss sein, motiviertes und qualifiziertes Personal für die Berliner Verwaltung zu gewinnen und zu halten, um überhaupt die Aufgaben hinzubekommen, die wir angehen müssen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Empfohlen wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Regelungen für Anwärterinnen und Anwärter sowie für begrenzt Dienstfähige
Ich eröffne die erste Lesung der Gesetzesvorlage. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Empfohlen wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Hauptausschuss. – Widerspruch hierzu höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Ich eröffne die erste Lesung der Gesetzesvorlage. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Empfohlen wird die Überweisung der Gesetzesvorlage federführend an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung und mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. – Widerspruch dazu höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Versorgung der Beamtinnen und Beamten sowie der Richterinnen und Richter des Landes Berlin (Landesbeamtenversorgungsgesetz – LBeamtVG)
Ich eröffne die erste Lesung zum Gesetzesantrag. In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU. Herr Abgeordneter Dregger, Sie haben das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion legt eine Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes vor. Damit wollen wir in dem Fall, in dem Beamte erkranken, weil der Dienstherr Schutzvorschriften wie Arbeitsschutzvorschriften nicht einhält, die Anerkennung als Dienstunfall erleichtern. Hintergrund ist die Ihnen allen bekannte Schießstandaffäre. Dort war es so, dass Berliner Polizeibeamte über Jahre hinweg auf Schießständen ihr Training absolviert haben, die aufgrund der technischen Gegebenheiten nicht geeig
net waren, ihre Gesundheit zu schützen. Die Be- und Entlüftungsanlagen waren defekt, die erforderlichen Wartungsarbeiten wurden über Jahre nicht durchgeführt, und Arbeitsschutzvorschriften wurden daher auch über Jahre missachtet. Wir wissen, dass eine ganze Reihe von Polizeibeamten hier in Berlin körperlich erheblich verletzt worden sind. Es gab auch Todesfälle zu beklagen.
Nach der bisherigen Rechtslage ist es so, dass sie die Anerkennung als Dienstunfall nur bekommen können, wenn sie nicht nur ihre Verletzung beweisen können und wenn sie nicht nur die Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften oder ähnlichen Schutzvorschriften beweisen können, sondern wenn sie auch die wissenschaftliche Kausalität zwischen Verletzung der Arbeitsschutzvorschriften und ihrer eigenen körperlichen Beeinträchtigung nachweisen können. Im Fall der schießstandgeschädigten Polizeibeamten war dieser Beweis, jedenfalls nach bisherigem Stand, von Wissenschaft und Forschung, nicht zu führen. Eine eingeholte Studie der Charité hat letztlich die entscheidende Frage nicht beantwortet.
Das empfinden wir von der CDU-Fraktion als unbefriedigend, weil es letztlich darum geht, dass der Dienstherr aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet ist, seine Beamten zu schützen und daher auch die zu seinen Gunsten bestehenden Arbeitsschutzbestimmungen einzuhalten. Wenn sehr viel dafür spricht, dass die Verletzung der Arbeitsschutzvorschriften zu einer körperlichen Verletzung geführt haben, der Beweis aber letzten Endes nicht wissenschaftlich geführt werden kann, dann sind wir der Auffassung, dass sich die Beweislast umkehren muss und dass dann zunächst ein Prima-facie-Beweis dafür besteht, dass es hier eine Kausalität gibt, und dann hat der Dienstherr die Möglichkeit, gegebenenfalls den Gegenbeweis anzutreten. Das würde im Falle der schießstandgeschädigten Polizeibeamten bedeuten, die überwiegend auch heute noch auf die Bearbeitung und Entscheidung ihrer Dienstunfallanzeigen und -anträge warten, dass Sie eine gute Chance haben, dass ihre körperlichen Verletzungen als Dienstunfälle anerkannt werden. Wir halten das für ein Gebot der Fairness und wir halten das auch für eine Notwendigkeit in Ausübung der Fürsorgepflicht des Dienstherren für seine ihm anvertrauten Dienstkräfte. Deswegen würden wir gern in den Ausschüssen mit Ihnen darüber beraten und es gern gemeinsam auf den Weg bringen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Unbestritten hat über sehr, sehr viele Jahre
fehlerhafte Ausstattung und fehlerhaftes Material in den Schießständen dazu geführt, dass erhebliche Leiden und erhebliche Erkrankungen entstanden sind, die wir seit Längerem hier diskutieren. Wir sind uns einig, Herr Kollege Dregger, dass diese Zustände verändert werden müssen. Es ist seit langem begonnen worden, sie zu verändern. Wir richten neue Schießbahnen ein, wir reagieren auf diese Missstände. Dass wir das verändern müssen zum Schutz der Bediensteten, ist selbstverständlich. Wir haben die Initiative dazu ergriffen.
Was auch wichtig ist, ist, dass wir bestimmte schädliche und schlimme Folgen für die einzelnen Betroffenen tatsächlich entschädigen. Wir haben den Fonds eingerichtet. Der Innensenator hat von Beginn an darauf gedrängt, dass wir dies institutionalisieren. Wir haben eine Reihe von Leistungen bereits ausgekehrt. Da sind Entscheidungen durch eine Bewertungskommission gefallen. Es wird entschädigt. Das ist eine wesentliche Maßnahme, auch wenn es nichts wieder wirklich gutmachen kann, aber es ist eine Entschädigung für diese erlittenen Leiden, die sehr wichtig ist.
Nun schlagen Sie vor, dass wir auch eine gesetzliche Änderung vornehmen, dass immer dann, wenn es medizinisch nicht nachweisbar ist, dass durch eine Pflichtwidrigkeit oder ein Ereignis ein tatsächlicher körperlicher Schaden entstanden ist, regelmäßig die Kausalität vermutet werden soll. Das ist eine sehr weitreichende Veränderung im Schadensrecht und im Schadensersatzrecht des Landes. Das will wirklich sehr sorgfältig – da werden Sie mir zustimmen – geprüft sein. Das, was Sie hier nicht angesprochen haben, was Sie aber in Ihrer Begründung im Antrag als Beispiele für eine solche Beweislastumkehr anführen, sind beides Beispiele – es tut mir leid, es sagen zu müssen –, die hier nicht taugen und die hier nicht herangezogen werden können. Sie sagen in Ihrer Begründung: § 477 BGB sei so eine Beweislastumkehr, man könne das genauso machen. § 477 BGB ist die Beweislastumkehr nach Gefahrübergang bei einem Verbrauchsgüterkauf. Das ist eine Beweiserleichterung im Kaufrecht und nicht geeignet als Muster für unsere Entschädigung zu dienen. Das ist ungeeignet.
Dann sagen Sie, § 620h BGB sei ein solches Beispiel, eine Beweislastumkehr, und die könne als Muster dienen. Da geht es um das Arzthaftungsrecht. Ich lese Ihnen den einmal ganz kurz vor – Frau Präsidentin, wenn Sie erlauben –, da heißt es nämlich:
Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.
Durch diese Vorschrift wird die nicht bewiesene Kausalität nicht ersetzt hergestellt, sondern die Kausalität ist geradezu Voraussetzung dafür, dass hier diese Norm
greift. Die Kausalität muss erst gegeben sein, dann tritt die Rechtsfolge dieser Norm ein. Also auch dieser Paragraf taugt nicht dafür zu sagen, wir ersetzen die nicht nachweisbare Kausalität, in den Fällen, in denen es nicht nachweisbar ist, der Verletzungshandlung für den Schaden. Kurz gesagt: Das, was Sie hier vorschlagen, ist wohl auf den ersten Blick nicht überzeugend und zweitens noch nicht ganz ausgegoren. Das werden wir uns sehr genau angucken.
Was weiterhilft, ist etwas anderes, dass wir nämlich den Fonds, der existiert, nicht jetzt, nachdem einige Fälle entschieden sind, beenden, sondern dass die Chance besteht, dass der weitergeführt wird, wenn weitere Anträge kommen, dass die auch vernünftig bearbeitet werden können, dass die Geschäftsstelle wohl weiter in Betrieb bleiben muss und dass wir auch künftig dafür sorgen müssen, dass so etwas wie eine Bewertungskommission agieren kann. Darüber werden wir mit dem Senator en détail sprechen, dass jetzt nicht alle Griffel fallengelassen werden, sondern dass künftige Anträge genauso vernünftig behandelt werden können, wie sie bisher behandelt worden sind in Bezug auf den Fonds. Dafür werden wir sorgen müssen. Dann werden wir, glaube ich, eine gute Regelung finden. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Zu später Stunde noch ein sehr wichtiges und gerade für uns notwendig zu behandelndes Thema. Ich glaube, es dürfte hier im Haus unstrittig sein, dass der Dienstherr gegenüber seinen Beamten eine besondere Fürsorgepflicht hat. Es betrifft alle Maßnahmen, die Leib und Leben theoretisch oder praktisch gefährden könnten. Er hat auch dafür Sorge zu tragen, dass im Rahmen des Arbeitsschutzes alles so weit funktioniert, dass möglicherweise keine Erkrankung oder Ähnliches vollzogen wird.
Der Kollege Dregger ist darauf eingegangen, und auch in seiner Begründung nimmt er eindringlich Bezug auf die Schießstättenaffäre. Ich will das auch noch einmal aufnehmen: Wir hatten über Jahre – über Jahre! – eine toxikologische Vergiftungssituation durch defekte Schießstände und durch toxische Munition, das kommt noch dazu, das wird immer gern vergessen. Wir hatten über Jahre eine Denunzierung der Beamten, die diese Missstände aufklären wollten. Wir haben Hunderte von zum Teil schwersterkrankten Beamten, und – auch das wurde
schon angesprochen –, wir haben leider Gottes mittlerweile viel zu viele, die aufgrund ihrer Erkrankung verstorben sind. Es dauerte bis zum Jahr 2018, bis man sich überlegt hat, wie man möglichst unbürokratisch helfen kann. Da bin ich ganz ehrlich, es wurde dieser Entschädigungsfonds eingerichtet, das hat mich überrascht, weil ich selber die beamtenrechtlichen Bestimmungen kenne. Ich weiß, wie langwierig solch ein Schadensersatzprozess ist. Hier wurde versucht zu helfen, aber wie so häufig ist das Gegenteil von gut, gut gemeint. Es gab im Nachgang zig Beschwerden im Rahmen der Bewertungskommission. Es wurden Beamte, die zwei-, dreimal im Jahr auf der Schießbahn waren, genauso behandelt wie Vielschießer vom SEK, die jede Woche Tausende von Schuss dort verschossen haben. Ein Missverhältnis, das auch für die Beamten ein Stück weit nicht nachvollziehbar ist.
Herr Kollege Zimmermann, Sie sagten, Sie wollen gern diesen Schießstandfonds und die Bewertungskommission fortsetzen. Können Sie mir aus dem Kopf sagen, wie weit ein Fonds für den nächsten Haushalt im Einzelplan 05 etatisiert ist? – Er ist nicht etatisiert. Aber das ist ein guter Punkt. Wir bringen jetzt gerade die Berichtsanträge ein, der Änderungsantrag kommt von uns, und dann nehme ich Sie beim Wort, Herr Kollege Zimmermann!