Frau Präsidentin! Herr Trapp! Sie haben recht. Es sind nicht 1 000 Stellen, sondern es sind 1 060 Stellen, die unbesetzt sind.
Genau deshalb sind – das können Sie in einer ganz aktuellen Vorlage nachlesen – 60 Millionen Euro an Personalkosten übrig. Sonst würde auch diese Zahl keinen Sinn ergeben. Ich finde, Sie sollten sich wirklich dazu bekennen, was Sie nicht hinbekommen haben. Wenn Sie jetzt offenbaren, dass Sie das noch nicht einmal wussten, dass diese Stellen unbesetzt sind, kann man vielleicht auch verstehen, dass Sie nichts dagegen getan haben.
Es ist ein objektiver Sachverhalt. Der hat etwas mit der Sicherheit und mit dem Sicherheitsgefühl der Berlinerinnen und Berliner zu tun. Er hat etwas damit zu tun, welcher Belastungssituation Sie Polizistinnen und Polizisten ausgesetzt haben. Das als Ausschussvorsitzender des Innenausschusses zu äußern, finde ich bemerkenswert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Bluhm! Ich fand, dass Ihre Rede so richtig die Dynamik dieser Koalition unterstrichen hat. Ganz großartig!
[Carola Bluhm (LINKE): Sie können also nicht mehr in den Spiegel schauen! – Udo Wolf (LINKE): Metaphern sind Glückssache! – Weitere Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) und Canan Bayram (GRÜNE)]
dann kann man wohl festhalten, dass mittlerweile anscheinend sogar Funktionslose oder Fraktionslose, besser
gesagt, Fraktionsvorsitzende hier vorne Erklärungen zur Erwiderung der Regierungserklärung machen. Also, wir waren ja fünf Jahre weg, meine Damen und Herren, da kann sich einiges in der Geschäftsordnung ändern, aber dass Herr Saleh nicht einmal das Wort „Müller“ in den Mund nimmt, nicht einmal vom Regierenden Bürgermeister spricht, ist Ausdruck dessen, wie kaputt diese Koalition wirklich ist.
Und dann erklärt sich natürlich auch, wieso der Regierende Bürgermeister unmittelbar in seiner Erklärung davon spricht, dass es in dieser Stadt wieder Luft zum Atmen geben muss. Mir ist das klar: Dieser Mann hat keine Luft mehr zum Atmen bei dieser Regierung und bei diesem Fraktionsvorsitzenden und seinen Freunden in den eigenen Reihen.
Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie hier in diesem Haus, in Ihrer Regierung, zwischen Koalition und Senat die Selbst- und Fremdwahrnehmung auseinanderklaffen. Herr Müller! Sie haben den Wählerinnen und Wählern eine neue, eine andere, eine bessere Politik versprochen, aber das, was Sie in den ersten 35 Tagen Ihrer neuen Amtszeit abgeliefert haben, ist nach unserem Empfinden eine noch schlechtere als die, die Sie zuvor schon gemacht haben. Und es macht eins deutlich: Ihre rot-rotgrüne Koalition ist ein Zukunftsrisiko für unsere Stadt.
Ihre Regierung – auch das wurde heute angesprochen – beherrscht aktuell die Schlagzeilen mit Unisextoiletten, mit den Untersuchungen im Fall Böhning, wo die Staatsanwaltschaft fast einen Untermietvertrag im Roten Rathaus hat,
und mit den Personalentscheidungen Holm. Da hilft es auch nichts, wenn Sie sich hier von Ihrem Redeskript lösen und Herrn Holm verteidigen, dass er die richtige Wahl ist, dass er die richtige Besetzung ist, weil er möglicherweise gerade einmal eingekleidet war, als er sich dazu bekannt hat. Herr Holm ist mit seiner ganzen Vita antidemokratisch geschult. Diesem Staatssekretär ist der Hausbesetzer näher als der Investor, und deshalb hat er nichts in einer Regierung zu suchen, Herr Müller!
Die Probleme in der Stadt türmen sich an allen Ecken und Enden. Beschäftigen Sie sich endlich mit der funktionierenden Stadt, anstatt immer von der wachsenden Stadt zu reden! Das wäre die Maxime der Stunde, das wäre das
Wichtige, was notwendig wäre. Wir haben uns als Freie Demokraten hier in diesem Haus vorgenommen, Ihnen dabei unter die Arme zu greifen, Herr Müller. Deshalb möchte ich Ihnen heute eine kleine To-do-Liste an die Hand geben, damit Sie sich in dem Klein-Klein, in dem Detail, in dem man sich geradezu in Ihrem Koalitionsvertrag verlieren kann, ein bisschen orientieren können. Ich kann verstehen, dass das schwer ist, weil er von Baustellen voll ist, und da reichen wir Ihnen gern die Hand, damit die Stadt vorankommt.
Beginnen Sie doch einfach mit der Haushaltspolitik, nachdem Ihnen unerwartet 1,25 Milliarden Euro in den Schoß gefallen sind! Seien Sie doch einfach mal mutig und nutzen Sie die Gelegenheit! Bauen Sie Schulden in einem Ausmaß ab, wie es das in den letzten Jahren nicht gegeben hat! Im November hat Ihr Finanzsenator Kollatz-Ahnen mit einem Haushaltsüberschuss von nur 500 Millionen Euro gerechnet. Damit haben wir 750 Millionen Euro Mehreinnahmen. Investieren Sie diese in die Zukunft und tilgen Sie zum Beispiel mit 300 Millionen Euro den Schuldenberg des Landes! Das wäre ein nachhaltiger Beitrag zum Abbau der 60 Milliarden Schulden unserer Stadt. Die kommenden Generationen würden es Ihnen und uns allen danken.
Darüber hinaus wäre es das richtige und vor allen Dingen das deutliche Signal an Bund und Länder, dass Berlin willens und vor allen Dingen auch in der Lage ist, seinen Haushalt in Ordnung zu bringen, denn ohne den Topf von Bund und Ländern in einer Größenordnung von 9,5 Milliarden Euro jährlich würden in Berlin aus unserer Sicht die Lichter ausgehen. Senden Sie also ein klares Signal an all jene, die Ihre fürchterlichen Wahlversprechen in Deutschland finanzieren, Herr Müller!
Trotz dieses Schuldenabbaus blieben noch genügend Spielräume und Gelder für Investitionen zur Verfügung. Auch das wäre möglich, aber daran hat das Sondervermögen Infrastruktur der wachsenden Stadt im Übrigen nichts geändert, was Sie hier wie eine Monstranz vor sich hertragen, denn die Zuführungen an das SIWA waren bisher Scheininvestitionen. Solange das Geld nicht tatsächlich verbaut wird, sind diese Investitionen einzig und allein auf dem Papier getätigt worden. Und wenn Ihr Finanzsenator jetzt über 1 Milliarde Euro in SIWA plus Nachhaltigkeitsfonds investiert und fließen lässt, dann ist damit noch keine Schule, noch keine Schultoilette, noch keine Kita saniert, noch keine Straße instand gesetzt, keine neue Wohnung gebaut, kein Bürgeramt auf Vordermann gebracht, keine Polizei, keine Feuerwehrwache modernisiert und personell aufgestockt und auch keine einzige Digitalisierung in dieser Stadt vorangetrieben oder gar bewerkstelligt.
Und von Steuerentlastungen, die durchaus auch sinnvoll wären, ist in diesem Projekt Ihres Finanzhaushalts überhaupt gar keine Rede. Ganz im Gegenteil, als linke Regierung wollen Sie Volkseigentum, aber wir wollen ein Volk von Eigentümern.
Schaffen Sie doch einen Freibetrag – auch das ist bei der Grunderwerbssteuer für Privatpersonen angesprochen worden, beim Erwerb der ersten selbstgenutzten Immobilie –, und schützen Sie die Menschen vor steigenden Mieten im Alltag – das wäre sozialdemokratische Politik –, um sie frühzeitig aus der Abhängigkeit zu befreien und die Berlinerinnen und Berliner endlich groß werden zu lassen, auch wenn sie dann nicht mehr abhängig sind, die Gefahr zu riskieren, dass sie nicht mehr SPD wählen. Das wäre etwas Mutiges, Herr Müller. Also, tun Sie das mit Ihrer Regierung!
Um sich eine Immobilie in dieser Stadt leisten zu können, muss man natürlich die von Rot-Rot-Grün doch auch immer wieder gern gepflegte Neidkultur in Berlin erst einmal überleben. Das macht man am besten auch, indem man eine gute Bildung in den Mittelpunkt seines politischen Handelns rückt und damit den Grundstein legt. Dass Sie das nicht wollen, das ist klar, denn Bildung ist die Rendite von morgen. Unserer Auffassung nach ist Bildung sogar noch der Superreturn von übermorgen, und deshalb muss da investiert werden. Dass Sie diesen Superreturn nicht wollen, das haben Sie mit Ihrer Personalentscheidung hier im Haus bewiesen. Sie haben sich für eine Bildungssenatorin Scheeres ausgesprochen und haben ihr erneut die Senatsverwaltung anvertraut. Aber die Hoffnung, dass endlich die Versäumnisse von über 20 Jahren SPD-verantworteter Bildungspolitik kompensiert werden, war doch spätestens mit dieser Personalentscheidung zunichte gemacht. Also, ich habe den Eindruck, dass Sie und Ihre Partei für die Bildung in dieser Stadt ein Verständnis haben wie eine Eintagsfliege für die Ewigkeit, Herr Müller. Da geht mehr.
Oder glauben Sie wirklich, dass es bei den Berlinerinnen und Berlinern gut ankommt, dass Sie die wundersame Staatssekretärsvermehrung bewirkt haben, während seit Jahren Schulgebäude und Abiturniveau um die Wette vor sich hinbröckeln, dass Sie sich mal eben so – wenn Sie sich umschauen – Ihre eigene Fraktion gebaut haben, also im Grunde die zweitgrößte Fraktion in diesem Haus auf der Regierungsbank sitzt, nur weil Sie in Ihrer eigenen Fraktion, in der 38 ehrenwerte Kollegen der Sozialdemokratie sitzen, keinen Rückhalt mehr haben? Glauben Sie, dass das das richtige Signal ist in Zeiten, wo es um Investitionen in diese Stadt geht?
Wir glauben, dass das das falsche Signal ist. Und deshalb: Denken Sie darüber nach, zukünftig bessere Entscheidungen in Personal- und Haushaltsdingen zu treffen! Unserer Auffassung nach hätten es auch weniger Staatssekretäre getan, denn dann hätten wir den einen oder anderen Klassenraum mehr sanieren können oder den einen oder anderen Lehrer mehr in dieser Stadt einstellen können. Aber damit ist auch eins klar: Sie haben damit dem Begriff „Schuldistanz“ eine ganz neue Bedeutung gegeben. Auch das ist ein Merkmal Ihrer 35 Tage bis zum heutigen Tag.
Gleichzeitig fordern andere Bundesländer im Übrigen bereits, dass das Abitur aus Berlin nicht mehr anzuerkennen ist. Im Grunde können Sie dem Berliner Schüler, der hier in der 2. Klasse ist, wenn er nach Bayern umzieht, heute gleich die Schultüte wieder mit ins Gepäck packen, damit er von der Bildungsteilhabe in Bayern überhaupt profitieren kann. Das kann doch nicht der Zustand sein! Wir sind auf dem Tiefpunkt der Bildungspolitik in dieser Stadt.
Das ist ein Alarmschrei. Und an dieser Stelle braucht es Freie Demokraten, die eine ordentliche Bildungspolitik in diesem Hause mit vorantreiben, damit die Zukunft von Berlin nicht verspielt wird.
Auch hier greifen wir Ihnen gerne mit konstruktiven Vorschlägen unter die Arme und sagen Ihnen: „Fünfmal mehr“ ist die Devise – mehr Basics, mehr Praxis, mehr Freiheit, mehr digital und mehr Leistung! – Mehr Basics in den Grundschulen heißt für uns: Es geht darum, in den Grundschulen wieder ordentlich Rechnen, Schreiben und Lesen zu erklären, dass Rechnen, Schreiben und Lesen besser gelehrt und gelernt wird.
Wenn sogar Hochschullehrer – und auch das ist der Zustand der Stadt, Herr Zillich! – heute über die sprachliche Verwahrlosung ihrer Studierenden klagen und Handwerksmeister ihren Auszubildenden erst mal die Grundrechenarten beibringen müssen, läuft aus unserer Sicht etwas grandios schief. Das sind die Realitäten, die können Sie nicht einfach ausblenden.
Sie müssen deshalb auch in mehr Praxis investieren. Die duale Ausbildung Deutschlands ist Vorbild für die ganze Welt, aber die Praxis muss heute viel früher in die Schulen kommen, um Schüler zu motivieren und ihnen zu zeigen, wofür sie lernen und was man alles damit werden kann.