[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Uns nicht!]
Das ist doch ein klares Bekenntnis! – Aber auch andere Zeichen sind wichtig: die Anhebung des Mindestlohns im Vergabegesetz oder die weitgehende Absage an prekäre Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst. Auch im Kulturbereich wollen wir gute Arbeitsbedingungen und faire Einkommen, denn hier sind Prekarisierung und Selbstausbeutung weit verbreitet.
und zu denen gehört zweifellos die Frage nach bezahlbarem Wohnraum für alle. Gerade für Menschen mit geringem, aber auch mit durchschnittlichem Einkommen ist das zu einer existenziellen Frage geworden. Wer heute aus irgendeinem Grund umziehen muss, muss sich nicht nur auf ein kostspieliges und zeitaufwendiges Abenteuer einlassen, sondern oft auch den gewohnten Kiez, Nach
barn und Bekannte verlassen. Klar gibt es überall in der Stadt Wohnungen, man muss sie sich nur leisten können, aber Mieten von 8 Euro netto kalt aufwärts sind eben für viele Menschen nicht zu leisten. Hier werden wir ansetzen.
Diese Koalition hat verstanden – und das ist das Neue –, dass wir nicht einfach nur mehr Wohnungen brauchen, sondern dass wir vor allem mehr Wohnungen brauchen, die sich die Mehrzahl der Menschen in der Stadt auch leisten kann. Deshalb wollen wir den Mietanstieg der kommunalen Wohnungen bremsen. Deshalb gibt es als Sofortmaßnahme im sozialen Wohnungsbau das Aussetzen der Mieterhöhung zum 1. April 2017. Deshalb wollen wir die AV Wohnen den Realitäten des Berliner Mietenmarktes anpassen. Und wir werden auch private Immobilieneigentümer künftig für eine bessere soziale Wohnraumversorgung in die Pflicht nehmen, sei es durch die Einführung der sozialen Richtsatzmiete oder durch die Verpflichtung, bei neu geplanten Projekten einen größeren Anteil an Wohnungen als bisher zu günstigeren Mietkonditionen zur Verfügung zu stellen.
Was wir aber nicht machen werden, ist, im großen Stil mit öffentlichen Mitteln private Renditen zu finanzieren. Wir werden öffentliches Geld vor allem in öffentliche Unternehmen stecken und den Wohnungsbestand der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften durch Neubau und Ankauf erweitern. Aber wir wollen nicht nur mehr und günstiger bauen, wir wollen auch anders bauen und planen. Oft wird behauptet, vor allem wenn es darum geht, profitträchtige Bauprojekte vor Bürgerprotesten zu verteidigen, die Bürgerinnen und Bürger seien gegen alles und versuchten nur, ihren eigenen Hinterhof frei zu halten. Aber wer bitte hat es überhaupt schon einmal ernsthaft versucht, die Berlinerinnen und Berliner zu beteiligen und Partizipation wirklich zu Ende zu denken und zu ermöglichen? Was spricht angesichts der Wohnungsnot und der steigenden Mieten gegen die Idee, die Vorschläge und Ideen eben derer einzubeziehen, die davon betroffen sind? Welche Lösungen kann es geben, wenn die Menschen in ihren Kiezen und in bezahlbaren Wohnungen leben wollen? Wie können wir die zahlreichen Nachverdichtungsprojekte für einen solchen Dialog nutzen?
Wenn wir mit den Bürgerinnen und Bürgern reden, werden Ideen auf den Tisch kommen, die wir jetzt noch gar nicht auf dem Schirm haben. Ob Mieterinitiativen, Flüchtlingshelfer und Fahrradaktivisten, viele Akteure aus der Stadt finden sich mit ihren Vorstellungen so konkret im Koalitionsvertrag wieder, wie es das in Berlin noch nicht gab. Sie alle eint das Verständnis dafür, dass die Stadt dringend Veränderungen braucht. Der Vertrag enthält schon viel von dem neuen, dem besseren Regieren, weil er ohne diese Qualität der Partizipation gar nicht hätte so konkret werden können. Damit haben wir natürlich eine Erwartungshaltung erzeugt, die Druck macht. Die engagierten Stimmen aus der Stadt werden mit Recht auf die Umsetzung ihrer Erwartungen pochen, und sie tun es auch schon. Darauf freue ich mich. Das kann unsere Politik und die Stadt voranbringen. Da bin ich mir ganz sicher.
Im Gegenzug erwarten wir aber von den Berlinerinnen und Berlinern, dass sie sich einbringen, dass sie Kompromisse aushandeln und auch mit Verantwortung übernehmen. Wir brauchen diese, wenn man es so nennen will, außerparlamentarische Opposition, denn wenn ich mir die Opposition hier anschaue, hat sie ein komplett anderes Rollenverständnis.
Allein die Tatsache, dass Sie als Opposition mir hier gegenübersitzen mit einem Männeranteil von 86 Prozent,
zeigt schon, dass Sie nicht einmal im Ansatz in der Lage sind, die Pluralität der Gesellschaft irgendwie abzubilden. Das möchte ich nur am Rand erwähnen.
Der neue Senat zählt übrigens mehr Frauen als Männer, und das ist nicht per se ein Qualitätssiegel. Ich bin mir aber sicher, dass es sich in der Qualität des Handelns und der Entscheidungen positiv niederschlagen wird.
Um Partizipation dauerhaft zu gewährleisten, braucht es natürlich auch verlässliche Strukturen. Deshalb wollen wir direkte die Demokratie und die Bürgerbeteiligung stärken.
[Paul Fresdorf (FDP): Das sieht man jetzt schon! – Frank-Christian Hansel (AfD): Unser Thema! – Georg Pazderski (AfD): Habt ihr auch wieder abgeschrieben! ]
Die Ernennung von Andrej Holm als Staatssekretär für Wohnen war ein Zeichen dafür, dass wir unseren Anspruch ernst nehmen.
Als Stadtsoziologe und ausgewiesener Experte im Bereich Wohnungspolitik kommt er zudem mitten aus der Mieterbewegung, die ein Recht auf Stadt für alle einfordert.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Carsten Ubbelohde (AfD): Stacheldraht und Mauerblümchen!]
Die Debatte hat sich über die fünfmonatige Tätigkeit bei der Stasi entzündet. Ich halte sie nach wie vor für richtig, zeigt sich doch, dass schnelle Urteile oft nicht weiterführen, dass man eine Biografie mitsamt ihren Brüchen – das gilt auch für einige Herren im Haus – und Widersprüchen in den Blick nehmen muss.
Andrej Holm ist seit Jahren offen mit seiner Zeit bei der Stasi umgegangen, hat nach der Wende mit Bürgerrechtlern aus der DDR zusammengearbeitet und sich 2007 öffentlich in der „taz“ zu seinem geplanten Werdegang geäußert. Er hat aus seiner Vergangenheit den Schluss gezogen, eine freiheitlich-demokratische Ordnung allen anderen vorzuziehen.
Ich möchte in einer Stadt leben, in der so etwas wertgeschätzt wird, wenn jemand den Mut hat, offen mit seiner eigenen Lebensgeschichte umzugehen, in der man nicht Angst haben muss, einen Fehler einzugestehen, sondern aus Fehlern lernen kann.
[Beifall bei der LINKEN – Carsten Ubbelohde (AfD): Heuchler! – Georg Pazderski (AfD): Hat er ja nicht gemacht!]
Unser Koalitionsvertrag war ein hartes Stück Arbeit, die sich gelohnt hat. Er dokumentiert, dass wir einen Aufbruch wagen,
zusammen mit vielen, möglichst allen Menschen in der Stadt. Zwei der drei Koalitionsparteien kommen aus fünf Jahren engagierter und inhaltlich fundierter Oppositionspolitik.
Niemand hat behauptet, dass das einfach wird. Gelingen wird es nur dann, wenn wir es schaffen, offen mit all den Dingen umzugehen, die nicht perfekt oder die schlecht sind, wenn es uns gelingt, das Nichtperfekte auszuhalten, vor allem aber offen zu kommunizieren, dass es nicht perfekt ist. Wir können und wir werden viel von unseren Bürgerinnen und Bürgern lernen, die uns immer gezeigt haben, dass es möglich ist, unterschiedliche Interessen, Haltungen und Lebensansichten produktiv zu machen, die
uns bewiesen haben, dass der Dialog, auch wenn er mehr Zeit und Kraft benötigt als die einsame Entscheidung, immer die besseren Ergebnisse zeitigt. Allen, die verdrossen sind von der Politik oder glauben, dass es keine Möglichkeiten gibt, wirklich etwas zu ändern und sagen: „Es macht doch ohnehin keinen Unterschied aus, wer regiert.“, denen rufen wir zu: Doch, es macht einen Unterschied. Rot-Rot-Grün macht den Unterschied, und zwar machen wir den Unterschied für euch, für die geflüchteten Familien, die seit Monaten in Turnhallen ausharren, für die, die Hartz IV beziehen und trotz des Schimmels an der Wand nicht umziehen konnten, weil sie keine andere Wohnung mehr finden, die das Jobcenter übernimmt, für die Normalverdiener, die Vollzeit arbeiten und trotzdem mit ihren Familien aus dem angestammten Kiez weg müssen, weil die Miete wieder erhöht wurde, für die alleinerziehenden, berufstätigen Mütter und Väter, die verzweifeln, weil die Kita schon wieder wegen Personalmangel geschlossen hat, für die Schülerinnen und Schüler in den maroden Schulgebäuden und für alle, die drei Monate warten mussten, um einen neuen Personalausweis beim Bürgeramt zu beantragen.
Für euch alle wollen wir Berlin verändern, die Stadt sanieren und stärken, was für alle gut ist, gute Arbeit und mehr soziale Gerechtigkeit schaffen, eine Integrationspolitik machen, die den Menschen Perspektiven gibt, neue Räume auch der Debatte und Beteiligung eröffnen, denn die Stadt hat es bitter nötig.
Vielen Dank, Frau Bluhm! – Die CDU-Fraktion hat eine Kurzintervention angemeldet. – Herr Trapp, Sie haben das Wort!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist hier von Frau Bluhm behauptet worden, dass es 1 000 freie Stellen gab, die nicht besetzt waren. Ich möchte gern, wenn die SPD schon nicht den Mut hat, dagegen anzugehen, Ihnen mit meiner Schriftlichen Anfrage vom März dieses Jahres, Drucksache 17/18236 mitteilen, dass 21 963 Mitarbeit in Berlin bei der Berliner Polizei beschäftigt waren. Wenn man den Vollzug betrachtet, betrug die Zahl der Stellen bei dem Berliner Vollzug 16 416. Es gab 16 518 Vollzeitäquivalente. Wenn man sich das anschaut – ich hatte zwar keinen MathematikLeistungskurs –, sind es bei der Vollzugspolizei 100 Stellen mehr, als hier von Ihnen mit 1 000 freien Stellen behauptet wurde. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass Sie die Stellen von im Mutterschutz, in Eltern