Protocol of the Session on March 21, 2019

Herr Oberst, Sie dürfen den Mund halten. Das haben Sie bei der Bundeswehr gelernt. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Und auch Sie dahinten mit ihrem roten Köpfchen dürfen Ihren Mund halten, wenn ich hier vorne rede. Auch Ihnen herzlichen Dank dafür! – Keiner zwingt Sie zum Genderstern und keiner zwingt Sie, ein Binnen-I zu verwenden. Aber Sie wollen uns Abgeordneten und dem Senat vorschreiben, wie wir zu schreiben haben, und Sie wollen uns eine bestimmte Schreibweise verbieten.

[Georg Pazderski (AfD): George Orwell!]

Das gab es schon einmal in unserem Land. Es gab die Sprachpolizei.

[Georg Pazderski (AfD): Jahresendflügelfigur!]

Das wollen Sie nicht hören. – Den Menschen wurde nicht nur Sprache vorgeschrieben, sondern auch, welche Kunst zulässig ist, und den Menschen wurde vorgeschrieben, welche Gemälde artgerecht sind. Ihre geistigen Vorbilder haben in Deutschland die Sprache, die Kunst und die Kultur zerstört und nicht der Genderstern.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Sie reden Unsinn! Glauben Sie, was Sie da reden?]

Und nun zu Ihrem Argument, die gendergerechte Sprache sei so kompliziert: Für wen ist es denn kompliziert? – Für Sie, weil Sie es möglicherweise nicht verstehen. Sprache kann diskriminieren, und Sie bringen mit Sprache zum Ausdruck, dass es offenbar nur ein Geschlecht geben soll, nämlich das, was da gerade so hässlich lacht – das männliche. Sie sagen, es geht grammatikalisch gar nicht. Doch, es geht grammatikalisch. Sprache hat sich immer geändert, und nur wer Angst vor Veränderung hat, wehrt sich dagegen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Das ist Unsinn! Sprache ist ge- schlechtsneutral! Dummschwätzer!]

Und Sie fragen: Warum beschäftigt ihr euch eigentlich mit diesem Gendergedöns? Es gibt viele Themen, die in dieser Stadt wichtig sind, und dazu zählt auch die Benachteiligung von Frauen. Deshalb war es dieser Koalition wichtig, dass wir den Frauentag als Feiertag eingeführt haben, damit Sie wenigstens einmal im Jahr darüber nachdenken müssen, ob Frauen strukturell benachteiligt

sind. Sie zeigen mit dem Antrag, dass Sie keine Empathie haben. Sie zeigen, dass Sie andere Bedürfnisse nicht verstehen, und Sie zeigen auch, dass Sie nicht reflektieren können. Sie führen eine Geschlechterkampf alter weißer Männer.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wovor haben Sie denn Angst? Haben Sie Angst, dass der Genderstern um die Ecke kommt, mit seiner Burka aus dem Ausland,

[Lachen von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

und Ihnen Ihr kleines Hirn wegfrisst oder er möglicherweise auf der Tastatur nicht mehr vorhanden ist? Sie müssen ihn ja nicht verwenden. Fakt ist: Sie haben Angst vor einem kleinen Stern.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Das ist jetzt unterste Kiste!]

Mein letzter Satz:

[Beifall von Harald Laatsch (AfD)]

Ich freue mich tatsächlich, dass gleich die Kollegin Ines Schmidt hier reden und Ihnen sagen wird, wer von Ihnen nicht unter Strom steht und dass Sie nicht die Hellsten im Parlament sind. – Herzlichen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Aber Sie!]

Für die Fraktion der CDU hat das Wort Herr Abgeordneter Rissmann. – Bitte schön!

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem wir gerade den linken Blick auf die Dinge gehört haben und zuvor den rechten Blick auf die Dinge, spricht nun die Mitte.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Quasi das Zentrum! Die Zentrumspartei!]

Und das Wesen der Mitte ist, einen Ausgleich zwischen den Interessen herzustellen, im Dienste der Gemeinschaft, unseres Landes. Dennoch muss man sicher eingangs zugestehen und auch zugespitzt formulieren, dass wir seit einiger Zeit schon eine Art linken Bildersturm auf unsere deutsche Sprache erleben. Das kann nicht geleugnet werden.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Ich darf Ihnen ein zutiefst befremdliches Beispiel aus meinem Heimatbezirk Mitte nennen. Dort gab es eine

(Sven Kohlmeier)

Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung aus dem linken politischen Spektrum, die wollte tatsächlich die BVV verpflichten, dass Anträge, die nicht gegendert sind, gar nicht mehr behandelt werden dürfen – die sollten als nicht eingebracht gelten – und damit jedem demokratischen Diskurs entzogen werden. Da frage ich mich: Warum diese Radikalität? Warum auch diese Radikalität in Wortbeiträgen, die ich gerade gehört habe?

Es soll angeblich darum gehen – so habe ich meinen geschätzten Kollegen Kohlmeier verstanden –, dass man Diskriminierung abbauen will.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Woldeit?

Ich will diesen Gedanken kurz Ende führen. – Es soll angeblich darum gehen, Diskriminierung abzubauen. Da müssen wir uns erst einmal fragen: Was ist eigentlich Diskriminierung? – Ich habe den Eindruck, das ist so ein Zauberwort der Linken,

[Zuruf von Carsten Schatz (LINKE)]

ein Zauberwort der Linken, um nicht mehrheitsfähige oder teilweise sogar verfassungsfeindliche Ideologien durch die Hintertür zum nicht kritisierbaren Standard zu erheben, wobei allein ein paar selbst ernannte Antidiskriminierer darüber entscheiden, was Diskriminierung eigentlich ist und was nicht.

[Beifall bei der CDU und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Ich will versuchen, mich dem Thema insofern objektiv zu nähern: Objektiv gibt es gar keine nennenswerte Diskriminierung in unserer Sprache. Ich darf Bezug nehmen auf einen Artikel aus der „FAZ“ vom 27. Februar, der ist noch nicht alt. Da ist in der „FAZ“ vollkommen zutreffend festgehalten und auf den Punkt gebracht worden – Und jetzt hört mal bitte zu, Kollegen von der Linken!

[Carsten Schatz (LINKE): Die Kolleginnen nicht?]

Liebe Kolleginnen und Kollegen – wenn es Ihnen damit besser geht! – Es ist festgehalten worden, dass das grammatische Geschlecht, das Genus, mit dem natürlichen Geschlecht, dem Sexus, nämlich gar nichts zu tun hat. Durch unsere traditionelle Rechtschreibung gibt es also gar keine Diskriminierung von Geschlechtern. Es gibt allenfalls eine Diskriminierung für die, die eine solche aus politischen Gründen herbeireden wollen

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos), Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

oder die sie gar zur Rechtfertigung ihres politischen Tuns a priori brauchen, als Existenzberechtigung mit anderen Worten: Sie sind die Bilderstürmer unserer Tage. – Und da machen wir nicht mit!

Unsere Sprache muss verständlich sein und verbinden, anstatt zu trennen.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos), Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Sprache ist Heimat und Kulturtradition, und sie ist deshalb zu schützen und zu bewahren. Unsere Sprache wird in einem großen Sprachraum gesprochen, der weit über unser Land hinausgeht und von dem wir uns auch nicht abkoppeln dürfen und können. Von daher werden wir uns dafür einsetzen, unsere traditionelle Sprache, auch unsere Schriftsprache, zu schützen und zu bewahren.

Die AfD-Anträge sind indes aus formalen Gründen nicht zustimmungsfähig. Schauen Sie sich zum Beispiel Ihre Umsetzungsfrist an. Das ist tatsächlich nicht mehr realisierbar. Auch ist es so, dass versucht werden sollte, geschäftsordnungsändernde Anträge auf eine breite parlamentarische Mehrheit zu stellen. Wir werden versuchen, in der Ausschussberatung eine fraktionsübergreifenden Lösung zu erreichen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Ines Schmidt. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Gäste sind nicht mehr da. – 1982 verabschiedet der Deutsche Frauenrat eine Resolution gegen die Diskriminierung von Frauen in der Gesetzessprache. Am 17. Januar 1990 ist die Arbeitsgruppe Rechtssprache des Deutschen Bundestages schon zu dem Ergebnis gekommen, dass die männliche Rechtssprache überkommene gesellschaftliche Strukturen verfestigt und weitere gesellschaftliche Veränderungen behindert bzw. überhaupt nicht zulässt. 2001 bringen alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck, im Übrigen verankert im Bundesgleichstellungsgesetz. 2002 wurde die gendergerechte Sprache in Verdis Veröffentlichungen fest verankert. 2007 haben unsere landeseigenen Unternehmen Dienst- und Betriebsvereinbarungen zur Anwendung der gendersensiblen Sprache abgeschlossen.

Seit nunmehr 40 Jahren wird in ganz Deutschland dafür gesorgt, dass die Geschlechtergerechtigkeit auch in Form der Sprache sichtbar wird, denn wie Sie alle wissen,

(Sven Rissmann)

bildet die Sprache nicht nur gesellschaftliche Strukturen ab, sondern sie prägt auch unsere Wahrnehmung.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Antifaschistischer Schutzwall!]