Protocol of the Session on March 7, 2019

(Benedikt Lux)

19 Uhr hinaus. – Widerspruch dazu höre ich nicht; dann verfahren wir so.

Wir kommen damit zu

lfd. Nr. 21:

Förderung von Genossenschaften

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1499

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Es hat das Wort Herr Abgeordnete Laatsch. – Bitte schön!

Danke, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über die Förderung von Genossenschaften. Genossenschaften stellen ungefähr 10 Prozent des verfügbaren Wohnraums in Berlin, also ungefähr 200 000 Wohnungen, und sie bieten mit 5,28 Euro mit Abstand den günstigsten Durchschnittspreis. Das ist weit entfernt von überteuerten Mieten. Die 5,28 Euro bieten sie im Bestandangebot, bei Neuangeboten liegen sie im Moment bei 7,05 Euro – der durchschnittliche Marktpreis liegt bei über 10 Euro.

Sie können daran erkennen: Die Genossenschaften sind das ideale Angebot. Sie bieten auch die ideale Umfeldpflege, weil ihre Mitglieder an den Entscheidungen innerhalb der Genossenschaften beteiligt sind; sie sind Teil der Genossenschaften, somit auch mitbestimmungsfähig und können mitentscheiden, wie ihr Umfeld aussieht. Entsprechend bieten Genossenschaften den besten und gleichzeitig preiswertesten Wohnraum.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Frank-Christian Hansel (AfD): Da können die Genossen ruhig mal mitklatschen!]

Danke, Herr Kollege Hansel! Ja, es ist schon sehr verwunderlich, dass sich die Genossen so wenig für die Genossenschaften interessieren. Man sieht hier das allgemeine Desinteresse derzeit im Saal. Genossen und Genossenschaften, das scheinen irgendwie zwei verschiedene Dinge zu sein. Die Genossen in diesem Saal interessieren sich ausschließlich für die landeseigenen Gesellschaften.

[Daniel Buchholz (SPD): Das ist ja totaler Unsinn, was Sie hier reden!]

Das hat auch einen Grund: Nur bei den landeseigenen Gesellschaften können sie selbst entscheiden, wie sie belegen. Und mit wem sie belegen, dass wissen wir alle hier im Saal.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Wie ist jetzt den Genossenschaften zu helfen? – Sie sind zu unterstützen bei der Vergabe kommunaler Flächen – also nicht so, wie es der Senat letztlich gemacht hat, ein paar Brotkrumen an untauglichen Grundstücken von seinem Tisch und den Genossenschaften vor die Füße zu fegen, womit diese natürlich nichts anfangen konnten. Sie sind bei der Grunderwerbssteuer zu unterstützen – die Grunderwerbssteuer ist ihnen zu erlassen, denn das Land ist der Verkäufer; das Geld fließt dem Land zu, und das ist eine direkte Förderung der Genossenschaften. Und der Verkaufspreis ist am Bodenrichtwert zu orientieren.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Des Weiteren plädieren wir dafür, die Genossenschaften von der kooperativen Baulandentwicklung freizustellen. Ich weiß, dass das hier sicherlich nicht allzu viele Freunde findet. Das hat aber einen ganz einfachen Grund. Sie haben gerade die Daten gehört: Genossenschaften vermieten für 5,28 Euro. Das ist das kooperative Baulandmodell schlechthin. Daran gibt es eigentlich nichts mehr zu verbessern. Und es widerspricht natürlich dem Genossenschaftsmodell, Wohnungen für 6,50 Euro als Neubauwohnungen zu vermieten und anderen Genossen dann höhere Preise zu verordnen. Das sind eben keine Genossenschaftsmodelle mehr, sondern das ist die Abweichung von der Genossenschaft.

Wir sehen auch bei der Vergabe von Grundstücken im Konzeptverfahren die Genossenschaften als zu bevorteilen an. Der Grund ist für mich einfach: Die Genossenschaft ist das Konzeptverfahren schlechthin; wir kennen kein besseres. Gründe genug haben wir am heutigen Abend bereits gehört. Insofern sind sie von dem Konzeptverfahren freizustellen und an den anderen Bewerbern vorbeizuführen, weil sie bereits ein hervorragendes Konzept darstellen können.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Bei Nichtkauf sind 99 Jahre Erbbaurecht vorzusehen, nicht wie jetzt in Berlin regelmäßig diskutiert 60 Jahre. Man kann eine Genossenschaft nicht mit einem Erbbaurecht von 60 Jahren versehen. Es ist unwahrscheinlich, dass Genossenschaften wiederverkaufen. Und wir sehen es auch so, dass sie einen besonderen Erbbauzins bekommen sollten und ihnen ein Verzicht auf die Belegungsrechte eingeräumt werden sollte, für den Fall, dass ihre Wohnungen im dauerhaften Bestand bleiben.

Also, keine Vernachlässigung wichtiger Akteure am Wohnungsmarkt! Wir haben Genossenschaften zu fördern, wenn wir es mit dem Wohnungsbau und den preiswerten Mieten ernst meinen, die Sie sehr oft einfordern. Insofern war ich von Anfang an, als wir in das Abgeordnetenhaus einzogen, wirklich sehr erstaunt, dass sich Genossen so wenig für Genossenschaften interessieren und dass das hier in diesem Haus so ein Randthema ist. Wir müssen jetzt wirklich dafür sorgen, dass Genossenschaften besser zum Zuge kommen, denn sie sind die

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

jenigen Akteure am Markt, die den besten Wohnraum zur Verfügung stellen. Deswegen brauche wir eine Wende in der Vergabepolitik bei Grundstücken. Berlin braucht die Genossenschaften, nicht die Genossenschaften brauchen Berlin. – Danke schön!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Daniel Buchholz. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen! Meine Herren! Sehr geehrte Damen und Herren der AfD-Fraktion! Sie können eines glauben: Wir brauchen von Ihnen keine Nachhilfe, was die Förderung von Genossenschaften in Berlin angeht. Da können Sie schon mal ganz sicher sein!

[Beifall bei der SPD – Frank-Christian Hansel (AfD): Doch! – Georg Pazderski (AfD): Das beweisen Sie doch gerade!]

Ich glaube, Herr Pazderski und Herr Laatsch, Sie haben da einiges ein bisschen durcheinandergeschmissen. Zunächst einmal: Diese Koalition – SPD, Linke, Grüne – hat schon vor einem Dreivierteljahr die Anhörung im Bauausschuss mit den Genossenschaften beantragt und auch durchgeführt. Ihre Fraktion hat das nicht getan, Herr Pazderski! Sie hätten da Ihren Baupolitiken ein bisschen auf die Füße treten können. Das kam nicht von Ihnen; das kam von uns. Wir haben uns genau angehört: Was sind die Bedarfe? Was sind die großen Vorteile – und mit Verlaub, die sehen wir? Was sind die Probleme für die Genossenschaften?

Wir haben einen ganz klaren Grundsatz: Die Genossenschaften mit ihren rund 200 000 Wohnungen sind ein absolut wertvoller Bestandteil des Berliner Angebotes am Wohnungsmarkt – überhaupt keine Frage. Wir wären sehr arm dran, wenn wir sie nicht hätten – und das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Wir werden alles tun, um sie zu unterstützen. Das machen wir auch ganz konkret – ich will Ihnen das auch belegen.

[Christian Gräff (CDU): Das glaubt Ihnen doch kein Mensch!]

In der letzten Woche hat die Bausenatorin einen Genossenschaftsbeauftragten für das Land Berlin, der sich speziell um diese Belange kümmern wird, ernannt. Es ist natürlich Teil des Wohnungsbaubestandprogramms des Regierenden Bürgermeisters, dass auch die Genossenschaften gefördert werden sollen. Wir haben vereinbart, dass den Genossenschaften in Berlin in einer ersten Tran

che 20 Grundstücke angeboten werden. Es wird weitere geben, ganz klar. Mal ganz unter uns: Das sind nicht alles die schönsten und größten Grundstücke. Wir arbeiten daran, dass noch mehr wichtige, große, wertvolle dazukommen, und ich kann Ihnen versichern: Bei den großen Stadtentwicklungsgebieten im Land Berlin werden den Genossenschaften mindestens 20 Prozent der Flächen angeboten, um sie mit Genossenschaftsbauten zu versehen. Das wird eine ganz tolle, nämlich vielfältige, oftmals auch kleinteiligere Bebauung, als sie unsere städtischen Wohnungsbaugesellschaften durchführen können.

Wir werden auch bei den Erbbaurechten und der Durchführung des Berliner Modells, das grundsätzlich völlig richtig ist, darauf achten, dass die Genossenschaften adäquate Konditionen bekommen. Das ist natürlich eine Frage: Eine Genossenschaft finanziert sich anders. Es ist problematisch, dort einen Erbbaupachtvertrag zu bekommen – aber es ist möglich.

Erlauben Sie mir ganz zum Schluss noch einen Hinweis: Es wundert mich sehr, Herr Laatsch, dass Sie sich so für Genossenschaften engagieren und sagen, da soll das Land Berlin mal plötzlich städtische Flächen abgeben. Haben Sie denn erst einmal festgestellt, wo denn eigentlich das Problem liegt? – Wir haben hier ein absolutes Marktversagen, was die Marktpreise für Grund und Boden im Land Berlin angeht. Sie haben sich in den letzten zehn Jahren nämlich in den meisten Bereichen von Berlin fast verzehnfacht. Dazu von Ihnen kein Wort.

[Zuruf von Roman Simon (CDU)]

Es ist für viele Private, es ist für Genossenschaften schlichtweg nicht möglich, auf dem privaten Markt, den Sie sonst immer so hochhalten zusammen mit den Kollegen von der FDP, dass der doch alles richtet. – Der richtet hier überhaupt nichts.

[Zurufe von der AfD]

Wir haben spekulativ überhöhte Preise für Grundstücke hier im Land Berlin, und dagegen müssen wir zusammen etwas tun. Dann fördern wir auch die Genossenschaften. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Wort Herr Abgeordneter Gräff. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass Sie, Herr Buchholz, nicht nur in Teilen am Thema vorbeigeredet haben, sondern auch deutlich gezeigt haben,

(Harald Laatsch)

dass Sie vom Thema Förderung von Genossenschaften nichts verstehen.

[Beifall bei der CDU, der FDP und der AfD]

Das nimmt Ihnen doch wirklich keiner mehr ab, dass Sie Genossenschaften fördern wollen. Wir sind wöchentlich, egal ob mit den kleineren oder den größeren Genossenschaften im Gespräch, und da muss ich, ehrlich gesagt, ein ganz klein wenig sogar die Nichtbausenatorin Frau Lompscher in Schutz nehmen: Es liegt nämlich am Ende des Tages nicht nur an ihr. Auch die Finanzverwaltung, auch der Finanzsenator tut sein Übriges dazu, dass kein einziges Grundstück den Weg zu den Genossenschaften findet. Das gehört zur Wahrheit dazu. Hören Sie damit auf, Herr Buchholz, das glauben Ihnen die ganze Stadt und Ihre eigenen Genossenschaften nicht mehr!

[Beifall bei der CDU, der FDP und der AfD]

Zur Anhörung, zu der Sie die Genossenschaften eingeladen haben, haben die ganz klipp und klar gesagt: Wir werden hier belogen und betrogen; kein Grundstück wird uns gegeben! – Und Sie wollen das eigentlich auch gar nicht; ich glaube Ihnen auch gar nicht mehr, dass Sie das überhaupt wollen.

Nun zum Antrag: Die Grundintention ist gut und richtig. Wir sind aber bei einigen Punkten ganz grundsätzlich anderer Auffassung. Ich glaube erstens nicht, dass es an der Grunderwerbsteuer liegt, Herr Kollege Laatsch. Ich glaube, die Genossenschaften würden bauen, und sie bekommen ja im Moment auch die Zinskonditionen dazu. – Das ist etwas, wo wir anderer Auffassung wären.

Wir haben ein anderes Modell zu Ihrem zweiten Punkt, der kooperativen Baulandentwicklung: Wir glauben nicht, dass sie ausgenommen werden sollten. Sie sollten aber an anderer Stelle unterstützt werden, weil auch sie in der Tat im Moment unter 12, 13 Euro Herstellungskosten keinen Neubau betreiben könnten. Da bin ich nicht Ihrer Auffassung. Ich kenne auch keine Genossenschaft, die im Moment für 7 oder 8 Euro Nettokaltmiete für den Quadratmeter bauen könnte. Das wird nicht funktionieren, und deswegen wollen wir als CDU mit dem Berliner Mietergeld die Mieterinnen und Mieter, die sich beispielsweise bei einer Genossenschaft einmieten wollen, unterstützen.

[Beifall bei der CDU]

Zu einigen anderen Punkten noch in Ihrem Konzept: Wir wollen auch nicht, dass sie sich an Konzeptverfahren beteiligen müssen. Wir wollen – und das geht; das zeigen nicht nur Beispiele in Hamburg –, dass sie im Direktvergabeverfahren die Grundstücke bekommen. Deswegen ist es gut gemeint, nicht ganz so gut gemacht, und wir können leider diesem Antrag nicht zustimmen. Ich gehe aber davon aus: Es gibt einzelne Punkte, die wir in den nächsten Wochen und Monaten beraten werden, wo wir einer Auffassung sind, wo wir möglicherweise auch unterschiedlicher Auffassung sind in den Instrumenten. Wir