Protocol of the Session on November 15, 2018

Ebenso hatte die AfD-Fraktion den Antrag gestellt, endlich tatsächlich die Pensionsverpflichtungen des Landes Berlin festzustellen.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Das diskutieren wir im Hauptausschuss, Herr Schneider, ob wir für oder gegen etwas sind! – Obwohl unser Antrag abgelehnt wurde, hat der Finanzsenat angekündigt, bis Ende des Jahres ein Zahlenwerk vorzulegen. Warum sage ich das? – Der Senat hat – man höre und staune – einen neuen Paragrafen in das vorliegende Nachtragshaushaltsgesetz eingefügt. Ich zitiere nur das Wichtigste:

Die Senatsverwaltung für Finanzen wird ermächtigt, mit vorheriger Zustimmung des Hauptausschusses dem Sondervermögen Berliner Versorgungsrücklage zusätzliche Haushaltsmittel zuzuführen.

Der Senat wird wissen, warum, auch wenn uns das geforderte Zahlenwerk noch nicht vorliegt. Wir freuen uns auf jeden Fall sehr, dass unsere Vorschläge offensichtlich Berücksichtigung finden.

[Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): Da müssen Sie ja selber la- chen!]

Ja, Herr Schneider, da staunen Sie! Bei der Analyse des vorliegenden Punkts fällt ein Punkt ins Auge: Nach der Vorlage sollen viele zusätzliche Stellen für Wohnungsbau und Stadtquartiere bei vier verschiedenen Senatsverwaltungen geschaffen werden – bei der Kulturverwaltung, der für Umwelt und Verkehr, der für Justiz und logischerweise bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen.

Mit Verlaub: Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass rund um Bausenatorin Lompscher ein arbeitsfähiges Gerüst gebaut werden muss, damit sie endlich den dringenden Wohnungsbau hinbekommt. Aber das schauen wir uns dann noch mal genauer an.

[Beifall bei der AfD]

Zusammenfassend lässt sich konstatieren: Ja, der Regierende Bürgermeister hat das jetzt schön für Investitionen verkündet, allerdings ohne die wahren Schuldenstände und die genauen Investitionsbedarfe zu kennen. Wir entscheiden leider nach wie vor ohne Priorisierung bei gleichzeitig explodierenden Kosten an allen Ecken und Enden – Stichwort HOWOGE, Schulsanierung, Vivantes. Es ist unstrittig, dass das Krankenhaus Neukölln saniert werden muss. Aber es kann nicht sein, dass im öffentlichen Sektor zu Beginn alles kleingerechnet wird und auf der Endabrechnung hundertprozentige Kostenüberschreitungen stehen!

Die konjunkturellen Überschüsse, die jetzt noch zur Verfügung stehen, sollten behutsam verwendet werden. Wir brauchen keinen Zweiklang, sondern einen Dreiklang von angemessen konsolidieren, effektiv investieren und nachhaltig vorsorgen. Daher sei nochmals mahnend an die Worte des Ökonomen Ludwig von Mises erinnert: Nur mithilfe der Wirtschaftsrechnung lassen sich die Mittel in ökonomischer Weise in den Dienst der Zwecke stellen. – Über die Zwecke lässt sich streiten. Über die Grundarithmetik der Wirtschaft, auch der öffentlichen, aber nicht. – Vielen Dank!

[Bravo! von und Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Grüne hat die Kollegin Schillhaneck jetzt das Wort.

(Dr. Kristin Brinker)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich fand das eben wieder ein wunderbares Beispiel dafür, wie man gleichzeitig für und gegen Schulsanierung sein kann, für und gegen Stärkung der Versorgungsrücklage.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich frage mich manchmal, in welchem Paralleluniversum Sie eigentlich zuhause sind und wann es sich von unserem getrennt hat – wahrscheinlich ungefähr zu der Zeit des gerade von Ihnen zitierten Herrn von Mises.

[Stefan Förster (FDP): Da gab es die Grünen noch gar nicht!]

Vor einem Jahr befanden wir uns hier im Parlament in der, sage ich mal, heißen Phase der Beratung des Doppelhaushalts 2018/2019.

Jetzt liegt der Entwurf eines Nachtragshaushalts für genau diesen Zeitraum vor Ihnen. Es stellt sich die erste Frage: Müssen wir den machen? Nein! Wir müssen überhaupt nicht, denn wir sind in der wunderbaren Lage, eben nicht einen Nachtragshaushalt beschließen zu müssen, weil Leistungen eingeschränkt, Gehälter gekürzt oder Stellen abgebaut werden müssen, in unvorhergesehener Art und Weise. Nein, wir sind in der Lage, einen Nachtragshaushalt zu machen, weil wir es können, weil wir uns in Berlin in den letzten Jahren endlich den Spielraum erarbeitet haben, den wir brauchen. Diesmal werden wir ihn auch als Haushaltsgesetzgeber nutzen. Deswegen gehen wir den Weg des Nachtragshaushalts.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Dr. Brinker?

Nein! Bitte keine Zwischenfragen! – Diese Koalition nutzt also diese positiven Spielräume, die uns die gute Wirtschaftslage bietet, und zwar im Sinne einer finanzpolitischen Nachhaltigkeit. Berlin hat jahrelang für die finanzpolitische Unvernunft und, seien wir ehrlich, auch für das eine oder andere Hasardeurstück vergangener Koalitionen bitter büßen müssen, von Fehlspekulationen epischen Ausmaßes bis zur Privatisierung von Unternehmen der Grund- und Daseinsvorsorge. Wir alle wissen das. Wir alle, ganz Berlin, arbeitet seit vielen Jahren gemeinsam daran, die dabei aufgehäuften Schulden abzubezahlen. Dass wir mittlerweile deutlich unter der Grenze von 60 Milliarden Euro Schulden gegenüber dem Kernhaushalt sind, ist ein Verdienst aller Berlinerinnen und Berliner und darf hier nicht unerwähnt bleiben.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Wir sind auf einem guten Weg. Auch deswegen wollen wir weitermachen und bekennen uns auch weiter zu dem Ziel einer angemessenen Tilgung dieser Schulden, gemeinsam. Allen ist klar, nach den fetten Jahren, nach den Faktoren, von denen wir mit unserem Landeshaushalt profitieren, kommen auch wieder die mageren. Niemand, wirklich absolut niemand, wir nicht, Sie nicht, niemand in dieser Stadt will in zehn oder 15 Jahren wieder an dem Punkt sein, dass wir darüber reden müssen, Gehälter einzufrieren, Einstellungen zu stoppen oder die Investitionen zu vernachlässigen. Das will niemand. Deswegen gelten Nachhaltigkeit und finanzpolitische Vernunft als Leitlinien. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Für etwas anderes würden wir auch nicht zur Verfügung stehen. Genau deswegen bilden wir jetzt das Sondervermögen, mit dem, das wurde schon angesprochen, künftig ein eigener kommunaler Fuhrpark für die S-Bahn Berlin gebildet wird. Dieser soll letztendlich bis auf 600 Millionen Euro aufgestockt werden. Mit diesem Nachtragshaushalt schaffen wir die Hälfte, weil wir es können und weil es das Richtige ist. Genau deswegen machen wir diesen Nachtragshaushalt, weil es das Richtige ist.

Genauso wichtig, aber vielleicht weniger spektakulär anmutend – und Frau Dr. Brinker, Sie haben es offensichtlich nicht verstanden, warum –, ist die personelle Verstärkung in allen Bereichen, die grundsätzlich mit der Beschleunigung auch des Wohnungsbaus zu tun haben. Wenn Sie jetzt auf diese angemeldeten Stellen schauen und sich fragen, was zum Beispiel mit der Justizverwaltung ist, sage ich Ihnen: Es ist doch ganz einfach. Es geht darum, in der gesamten Kette, das betrifft zum Beispiel auch Grundbuchämter und andere Stellen, bis zur Bauüberwachung, alles zu tun, damit wir schneller werden, damit wir vorankommen. Es gibt viele Gründe, warum der Wohnungsbau in Berlin stockt. Das ist heute Morgen in der Aktuellen Stunde auch durchaus ausreichend thematisiert worden. Längst nicht alle haben etwas mit der Verwaltung oder dem Land Berlin zu tun, wahrlich nicht. Auch das ist ausgeführt worden.

Aber ich sage Ihnen eines: Wir werden uns nicht nachsagen lassen, dass wir naiv und blauäugig mögliche Verzögerungen durch Verwaltungen ignoriert hätten. Wir nutzen diese Gelegenheit, in den Hauptverwaltungen und in den Bezirken da personell zu verstärken, wo es vielleicht noch den Bedarf gibt, damit insbesondere der Wohnungsbau, aber auch der Schulbau und anderes in der notwendigen Geschwindigkeit vorankommen kann, damit wir hier endlich ein Stück weiter vorankommen. Deswegen machen wir das.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Kritisch angesprochen worden sind die sogenannten VEs, die Verpflichtungsermächtigungen. In der Tat, das ist ein gewaltiger Vorgriff auf weitere Haushalte. Ob das jetzt Projekte im Bereich des Naturkundemuseums betrifft oder andere, das ist so. Das muss wohlüberlegt sein.

Genau deswegen werden wir im Hauptausschuss jede einzelne vorgeschlagene VE genau anschauen. Wie der Kollege Schneider ausgeführt hat, werden wir genau schauen, an welchem Planungsstand das ist, ob das sein muss und ob wir das außerdem bereits so festlegen können, wann wir welches Geld wie brauchen.

Ich möchte dabei aber auf eine Sache hinweisen, wo sich zeigt, dass sie nicht von irgendwoher kommt. Es geht um das Bahnprojekt Berlin-Stettin. Seit vielen Jahren sagen wir, dass es ein ganz wichtiges Projekt für ein Zusammenwachsen ist. Wir brauchen diese VE, damit die Senatsverwaltung den Berliner Anteil auch tatsächlich sicherstellen kann. Ich sage mal, schon Michael Cramer hat von diesem Redepult aus über dieses Thema gesprochen, das uns wichtig ist. Jetzt kommen wir hier endlich voran. Die VEs sind auch nicht vom Himmel gefallen, sondern haben etwas mit Konzept und politischer Kontinuität im Diskurs zu tun. So zu tun, als wäre das ein Ausweis von mangelnder strategischer Überlegung ist jetzt dann doch ein bisschen zu einfach zurechtgebogen.

Einen letzten Punkt möchte ich aufgreifen. Das ist in der Tat die Versorgungsrücklage. Es mag sein, dass Sie in Ihrem Paralleluniversum denken, Sie wären die einzigen. Aber ganz ehrlich, das ist doch genau das, was wir brauchen, die gesetzliche Regelung, um zu sagen, Haushaltsmehreinnahmen, Haushaltsüberschüsse können dem zugeführt werden, denn nach den fetten Jahren kommen die mageren. Wir machen einen Nachtragshaushalt der Transparenz und der finanzpolitischen Nachhaltigkeit. Genau deswegen werden wir die einzelnen Punkte diskutieren. Aber was Sie an der Stelle zu kritisieren haben – ich habe keine Ahnung –, das ist wirklich nur in Ihrem Paralleluniversum irgendwie logisch.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Dr. Kristin Brinker (AfD): Das fällt Ihnen spät ein!]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Meister das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Schillhaneck! Ich glaube, jetzt sortieren wir uns noch einmal ein bisschen. Dass Sie einen Nachtragshaushalt machen, weil Sie es irgendwie besonders gut mit uns meinen, entspricht nicht so ganz den Tatsachen. Ich verstehe die Landeshaushaltsordnung und die §§ 37 und 38 so, dass es dort eine ziemlich genaue Regelung gibt unter Hinweis auf die außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigungen und auch die Überschreitung bestimmter Höhen, die ungefähr bei 15 Millionen Euro liegt. Das heißt, Sie müssen einen vorlegen.

Trotzdem ist es auch richtig, einen vorzulegen, weil sowohl die Steuereinnahmen als auch die nicht abgeflossenen Ausgaben – da müssen wir uns schon beide Seiten anschauen – sehr hoch sind. Es ist zu begrüßen, dass wir so hohe Steuereinnahmen haben. Hier gilt der Dank erst einmal allen Berlinerinnen und Berlinern.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Die Leistung von Torsten Schneider dabei ist nur ein kleiner Anteil.

Wir haben, das ist auffällig, extrem viele Ausgaben, die nicht abfließen, wie die Senatsverwaltung für Finanzen selbst in ihrer eigenen Presseerklärung dazu ausführt. „Dass es traditionell bei Investitionen immer einen Anteil an Vorhaben gibt, die sich in der Umsetzung verzögern,“ sollte nicht Maßstab unseres Handelns sein, sondern sollte in Zukunft anders werden.

Trotzdem teilen wir den Ansatz einer Schuldentilgung von 50 Prozent der Überschüsse, auch die Investitionen in weitere Infrastrukturmaßnahmen gerade bei dem Thema Schulneubau, Krankenhäuser und auch in die wirklich für die Zukunft extrem wichtige Digitalisierung.

Natürlich hätte man das alles auch schon in einem normalen Haushalt darstellen können. Dass unsere Schulen neu gebaut, saniert werden müssen, ist jetzt kein so ganz großes Geheimnis. Dass Digitalisierung noch Investitionen braucht, ist auch keine so ganz neue Erkenntnis, die einem erst der Herbst dieses Jahres bringt. Auch die Unterstützung der HOWOGE würden wir als richtig ansehen. Ich muss allerdings gestehen, ich sehe deutlich in dem Haushalt, der zumindest uns vorliegt, dass dort von Gesellschafterdarlehen die Rede ist und nicht von Eigenkapitalerhöhung.

Insofern gibt es viele Punkte, die wir in den bevorstehenden Haushaltsberatungen beraten und ansprechen werden. Ich hatte mich ein wenig gefragt, warum wir nicht auch noch einmal über die Risiken, die sich in diesem Haushalt immer BER nennen, reden oder ob Sie wirklich glauben, dass dort alles gut geht. Ein Satz zum Schluss: Die Unterstützung des Naturkundemuseums ist begrüßenswert. Ich glaube, dass sich an diesem Standort enorm viel entwickeln kann. Auch da wären wir an Ihrer Seite.

[Beifall bei der FDP]

Was Sie allerdings grundsätzlich in jedem Ihrer Haushalte vergessen, der immer nur zwei Pole hat, Schuldentilgung und Infrastruktur, ist, daraus ein Dreieck zu machen, bei dem man auch einmal an die Berlinerinnen und Berliner denkt und vielleicht einmal überlegt, ob wir nicht auch einen Teil des Geldes zurückgeben können.

[Beifall bei der FDP]

Könnten wir nicht unsere Mülltarife, unsere Wassertarife senken? Könnten wir die Grunderwerbssteuer senken?

(Anja Schillhaneck)

Vielleicht könnte man auch den Hebesatz der Grundsteuer senken und damit endlich wirklich auf dem schnellsten Weg Mieterinnen und Mieter entlasten? Insofern freuen wir uns auf die Haushaltsberatungen jetzt mit dem neuen Staatssekretär Herrn Verrycken. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit und bedanke mich natürlich auch im Namen meiner Fraktion für die sehr nette, langjährige, konstruktive Zusammenarbeit mit Herrn Feiler. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Herr Senator, Sie haben das Wort, selbstverständlich!