Protocol of the Session on September 13, 2018

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich komme zum Schluss – meine Redezeit ist leider schon abgelaufen. Ich hätte noch einiges zu sagen; das können Sie mir glauben. Es geht darum: Akzeptieren wir hier, dass massiver Betrug stattfindet, nicht nur Schummel-Software – das ist auch so ein verharmlosender Begriff; da wurde mit Vorsatz betrogen und belogen, Leute, die sich was von ihrem Geld gekauft haben? Ich kann nur sagen: Dieser Antrag, den wir heute eingereicht haben, ist dafür ein wichtiger Schritt, dass das Land Berlin auch auf der Bundesebene klarmachen muss: Das schauen wir uns nicht tatenlos an! Wir brauchen die Blaue Plakette, genauso, wie mein Kollege Moritz gesagt hat. Und dafür werden wir kämpfen, zur Not auch gegen die Berliner CDU-Fraktion. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Als Nächstes hat der Abgeordnete Scholtysek für die AfD-Fraktion das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! – Herr Buchholz! Ich habe Ihren Standardspruch vermisst: Wir müssen uns doch mal ehrlich machen! – Dieser Antrag, den Sie hier einbringen, ist an Scheinheiligkeit überhaupt nicht mehr zu überbieten. Schauen wir doch mal rein in Ihre Wundertüte.

[Daniel Buchholz (SPD): Ja, bitte!]

Schon der erste Absatz, den Sie reinschreiben,

Das Abgeordnetenhaus begrüßt die Initiative des Senats zur technischen Nachrüstung von Dieselfahrzeugen …

ist schlichtweg falsch. Ich begrüße die Initiative des Senats nicht. Unsere Fraktion begrüßt sie auch nicht, und es wäre mir neu, dass wir uns jemals zu diesem Thema ausgetauscht hätten. Aus Ihrer Begründung geht hervor, dass Sie mit „technischer Nachrüstung“ die HardwareNachrüstung von Dieselfahrzeugen meinen.

Diese Variante lehnen wir strikt ab, und zwar aus einem einfachen Grund: Die Hardware-Nachrüstung ist bedingt durch die Bauart der Fahrzeuge nur bei rund einem Drittel der betroffenen Fahrzeuge überhaupt möglich. Es fehlt schlicht und ergreifend der Platz im Motorraum für diese Lösung. Denn die selektive katalytische Reduktion, auch allgemein bekannt als Harnstoff-Einspritzung oder AdBlue-Technologie, funktioniert nur bei ganz bestimmten Abgastemperaturen; die wiederum kollidieren mit der Technik und den Verbrennungstemperaturen ältere Motoren. Diese werden dadurch zu heiß, benötigen Kühlung und so weiter und so weiter. Zu Deutsch ist es technisch nicht mal eben so machbar, wie Sie es darstellen wollen, um nicht zu sagen unmöglich, diese Fahrzeuge damit nachträglich auszurüsten.

[Harald Moritz (GRÜNE): Die müssen aus dem Verkehr gezogen werden!]

Und Sie können mir nicht erzählen, dass Ihnen das nicht bewusst ist. So dumm schätze ich Sie nicht ein. Sie nutzen diesen Antrag lediglich als Alibi, um später, wenn Sie in Berlin Fahrverbote verhängen, sagen zu können: Wir wollten das doch alles nicht!

[Beifall bei der AfD]

Zwischenfazit an dieser Stelle: Es ist ein Schaufensterantrag, Populismus durch und durch, Bauernfängerei geradezu!

[Beifall bei der AfD]

Wir sprechen uns hier wie auch im Bundestag klar für ein Software-Update der Dieselfahrzeuge aus, die die von der EU willkürlich festgesetzten NOx-Höchstwerte überschreiten. Dieses Verfahren ist wesentlich leichter umsetzbar und vor allem bei allen betroffenen Fahrzeugen machbar, nicht nur bei einem Teil.

(Daniel Buchholz)

[Torsten Schneider (SPD): Schafft doch einfach die EU ab! Dann habt ihr kein Problem mehr!]

Punkt zwei Ihres Antrags: Das Kraftfahrtbundesamt soll verpflichtet werden, Bußgelder für das Inverkehrbringen von nicht EU-zugelassenen Dieselfahrzeugen zu erheben oder diese Fahrzeuge stillzulegen. Schön, das Problem ist nur: Diese Fahrzeuge haben ja die Zulassung. Sie haben eine Betriebserlaubnis. Sie sind zugelassen, und sie erfüllen die gesetzlichen Voraussetzungen. Von daher dürfte es höchst fraglich sein, von wem Sie hier überhaupt Bußgelder einziehen wollen. Auch hier muss ich Ihnen bescheinigen, dass Sie bewusst die Bürger in die Irre führen wollen.

Und dann schreiben Sie, die Abgasuntersuchung soll so weiterentwickelt werden, dass defekte, unwirksame oder manipulierte Abgasreinigungssysteme sicher identifiziert werden können und deren Austausch veranlasst werden kann. Offenbar ist Ihnen entgangen, dass wir in Deutschland bereits seit 25 Jahren eine verpflichtende Abgasuntersuchung haben und seit Anfang 2018 sogar wieder für alle Neufahrzeuge. Und diese Abgasuntersuchung ist schon immer in der Lage, defekte und unwirksame Abgasreinigungssysteme zu erkennen. Manipulierte Systeme können auch erkannt werden.

[Daniel Buchholz (SPD): Das ist nicht richtig!]

Da Sie nicht näher spezifizieren, was sie mit dem Begriff „manipulierte Abgasreinigungssysteme“ überhaupt meinen, ist dieser Absatz zudem in alle nur erdenkliche Richtungen zu interpretieren.

Fazit: Bauernfängerei und zudem handwerklich schlecht gemacht!

[Beifall bei der AfD]

Und beim Punkt Abgasuntersuchung vermute ich zudem, dass Sie nicht einmal wissen, wovon Sie überhaupt reden. Ich stelle fest: Ihr Antrag ist ein schnell zu durchschauender Schaufensterantrag, inhaltlich bewusst manipulativ und zudem fachlich vollkommen falsch. Dieser Antrag muss dementsprechend vollumfänglich abgelehnt werden!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat der Abgeordnete Ronneburg das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst einmal möchte ich mich bedanken, auch bei der CDU und der AfD, für diese offenen Worte heute im Plenum. Da wissen doch die Fahrzeughalterinnen und -halter endlich, woran sie sind.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN]

Sie haben bei CDU und AfD keine Lobby. Die einzige Lobby, für die sich CDU und AfD hergeben, ist die Autoindustrie. Da hilft es auch nicht, wenn Sie hier irgendwelche Zahlen von der Autoindustrie kolportieren – die Bürgerinnen und Bürger wissen besser Bescheid und auch Rot-Rot-Grün weiß besser Bescheid, was möglich ist und was nicht.

Beim Dieselskandal haben wir es mit einem kolossalen Betrug der Autoindustrie zu tun und mit einem gleichermaßen kolossalen Versagen der Bundesregierung. Statt endlich politisch Verantwortung für die Dieselkäuferinnen und -käufer zu übernehmen, die betrogen wurden, und eine klare Sprache der Automobilindustrie gegenüber an den Tag zu legen, kuscht die Bundesregierung. Sie guckt weiter zu und lässt sich von der EU verklagen, statt die Hersteller endlich zur notwendigen Hardwarenachrüstung zu verpflichten.

Da helfen auch keine hektischen Manöver wie in Hessen – die Frau Kapek erwähnt hat –, wo die CDU vor der Landtagswahl angesichts möglicher Fahrverbote in Frankfurt am Main doch noch einmal über die Hardwarenachrüstung sprechen will. Aber man sieht ja, wie die CDU sich hier positioniert: Es ist einfach nicht glaubwürdig. Das ist durchschaubar, und da kann man ihr eigentlich auch keinen Erfolg in Hessen bei der Frage der Hardwarenachrüstung wünschen, weil es, wie gesagt, wirklich unglaubwürdig ist, was dort von der CDU kolportiert wird.

Angesichts dieser Lage ist es wirklich wichtig, dass der rot-rot-grüne Senat bereits vor Monaten eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht hat. Der Bundesrat muss sich gegenüber der Bundesregierung klar positionieren und für eine Nachrüstung auf Kosten der Hersteller sorgen. Doch die Bundesratsinitiative des Senats beinhaltete lediglich die Forderung, dass die Bundesregierung die Hersteller zu einer Hardwarenachrüstung von Euro-5Dieselfahrzeugen verpflichten soll.

Wir als Koalition sehen da noch Nachbesserungsbedarf. Unserer Meinung nach müssen Bußgelder für das Inverkehrbringen von nicht zugelassenen Diesel-Pkw und leichten Nutzfahrzeugen verhängt werden. Es wäre auch nach EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung möglich, dass das Kraftfahrtbundesamt von der Regierung dazu verpflichtet wird.

Diese Bußgelder sollten dann auch ganz gezielt eingesetzt werden – einerseits, um die Halter der Fahrtzeuge, die nicht von der Nachrüstpflicht durch die Hersteller erfasst werden, finanziell bei der Nachrüstung ihrer Abgasreinigungsanlagen zu unterstützen, und andererseits, um auch die Kommunen zu unterstützen, die das Versagen der Bundesregierung vor Ort ausbaden müssen.

(Frank Scholtysek)

Damit es endlich sauberer auf unseren Straßen zugeht – aber eben nicht um den Preis, dass die Bürgerinnen und Bürger die Zeche dafür zahlen sollen –, sollen es diejenigen zahlen, die die Bürgerinnen belogen und betrogen haben. Denn bereits vor neun Jahren hat beispielsweise die Verbraucherzentrale die Werbung von Opel und VW, die immer mit den Etiketten „umweltfreundlich“ und „klimafreundlich“ für sich warben, erfolgreich abgemahnt. Schon damals war die Kluft zwischen den Versprechen und der Realität sehr deutlich.

Doch es ging einfach so weiter, ohne irgendwelche Konsequenzen. Der Verbraucherschutz spielte bei den vergangenen Bundesregierungen keine Rolle. Es muss endlich Schluss sein mit dieser Kumpanei und den schlechten Deals zwischen Bundesregierung und Autoindustrie! Jahrelang hat es die Bundesregierung einfach verpennt, ihre Hausaufgaben zu machen. Sie haben auf die Versprechen der Autoindustrie gesetzt, dass sie weniger Schadstoffe ausstoßen, dass sie die Grenzwerte einhalten. Nun sind die Probleme seit Jahren bekannt, und man muss feststellen, dass eine wirkliche Aufarbeitung dieses Skandals bisher nicht stattgefunden hat.

Die Hersteller machen Software-Updates, aber die Software-Updates mindern die Emissionen nur um 20 bis 30 Prozent – das ist nicht ausreichend. Eine Hardwarenachrüstung würde die Emissionen – das wurde auch schon erwähnt – innerorts um mindestens 70 Prozent mindern können, und dadurch könnten auch Fahrverbote vermieden werden. Nur mit Software-Updates werden die geltenden Grenzwerte eben nicht eingehalten werden können.

Die Leidtragenden sind die Bürgerinnen und Bürger. Ihre Gesundheit wird aufs Spiel gesetzt. Das Umweltbundesamt hat aufgezeigt, dass Stickoxide in Deutschland zu mindestens 6 000 frühzeitigen Todesfällen aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, und diese Abgase – das muss man hier einfach so feststellen – sind schlichtweg eine Gefahr für die Umwelt und die Gesundheit. Da hat das Kraftfahrtbundesamt mit der europäischen Fahrzeuggenehmigungsverordnung auch eine Grundlage, die sie dazu ermächtigt, die Hersteller zu Nachrüstungen zu verpflichten.

Abschließend möchte ich noch einmal sagen: Es sollte doch wohl unstrittig sein, dass die Verursacher von Gefahren dafür auch zur Rechenschaft gezogen und dazu angehalten werden, diese Gefahren zu beseitigen. Daran müssen sich die Autokonzerne messen lassen. Das ist auch eine moralische Verpflichtung. Wenn sie nicht dazu bereit sind, müssen sie eben dazu verpflichtet werden. Die Fahrzeughalter brauchen endlich echte politische Unterstützung, und die finden sie nicht bei der CDU und auch nicht bei der AfD. Der Wertverlust der Fahrzeuge und die drohenden Fahrverbote wiegen schwer. Man könnte hier auch von – Achtung! – Enteignung sprechen.

Die Bundesregierung verhöhnt die betroffenen Bürgerinnen und Bürger.

Es wird immer eingewandt, dass eine Beteiligung der Autoindustrie ihr Ruin wäre. Wenn man die Gewinne der Autoindustrie nach Steuern einmal zusammenzählt, dann hatten die im letzten Jahr über 30 Milliarden Euro Gewinn. Für die Nachrüstungen werden etwa 1 500 bis 3 000 Euro angegeben. Wenn alle Fahrzeuge eines Fahrzeugtyps nachgerüstet werden müssten, dann ergäbe das nach sogenannten Skaleneffekten etwa 15 Milliarden. Das ist zweifellos viel Geld, aber bei weitem nicht der Ruin. Das sollte es der Autoindustrie auch wert sein, um das Vertrauen zurückzugewinnen. – In diesem Sinne werbe ich für diese Initiative von Rot-Rot-Grün und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Schmidt jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde den Antrag etwas skurril, erst über eine Bundesratsinitiative zu reden, die nicht genauer benannt ist, die man sich heraussuchen muss, und dann, dass die eigene Koalition ihrem Senat einiges mitgibt und sagt, ihr reicht diese Bundesratsinitiative eigentlich nicht aus, sondern wir müssten noch zusätzliche Forderungen stellen. – Also richtig trauen Sie Ihrem Senat offensichtlich nicht zu, das Thema voranzubringen, habe ich den Eindruck.

[Beifall bei der FDP]

Inhaltlich ist es aber aus Sicht der Freien Demokraten völlig klar: Fahrzeuge, bei denen Manipulationssoftware installiert wurde, müssen auf Kosten der Hersteller nachgerüstet werden.

[Beifall bei der FDP und der SPD]

Nach all dem, was man weiß, geht das eben meistens nur über eine Hardwarenachrüstung, meistens reicht ein Software-Update nicht aus. Diese Forderung der Hardwarenachrüstung auf Kosten der Hersteller ist deshalb ein ganz normales Prinzip des Verbraucherschutzes, das auch hier einzuhalten ist. Ein Produkt, das in seinen Leistungen nicht den Herstellerangaben entspricht, muss eben nachgebessert werden, und wenn das nicht geht, muss es umgetauscht werden. Das gilt für Autos wie für jede Kaffeemaschine.

[Beifall bei der FDP und der SPD]