Herr Schultze-Berndt! Ich denke, dass der Unternehmerinnentag unheimlich wichtig ist. Es kann doch nicht sein, dass das gesamtes Parlament Diskussionen über Frauen lediglich am 8. März führt und Frauen nur da eine Chance haben, gehört zu werden oder irgendwo so einen beschissenen Artikel in irgendeiner Zeitung zu bekommen, wo wir über 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Das sehe ich da drüben auf den Bänken allerdings nicht.
Deswegen ist es mir unheimlich wichtig, dass dieser Unternehmerinnentag auch zwischendurch eine Chance hat.
Frau Schmidt! Ich meine das ganz ernst: Wir stellen ja gemeinsam fest, dass Schülerinnen die Schulen mit einem besseren Schulabschluss verlassen. Wir stellen fest, dass Studentinnen die Universität regelmäßig mit einem besseren Abschluss verlassen. Wir stellen fest, dass die Frauen einen tollen Einstieg ins Berufsleben haben. Wir stellen dann fest, dass der weitere Karrierefortschritt, so wie von Ihnen dargestellt, irgendwann zum Erliegen kommt. Wenn wir das gemeinsam feststellen, und wenn wir genau diese talentierten Personen für die Stadtgesellschaft, für die Stadt als Gewinn begreifen wollen, dann müssen wir sie in die Lage versetzen, auch genau das zu machen, was sie wollen. Zu dieser Selbstverwirklichung gehört ein umfassendes Betreuungssystem für die Kinder und die Familie. Moderne Frauen haben moderne Männer an der Seite, die genau wissen, wie mit den Angeboten der Bundesregierung über Elternteilzeit oder der von Ihnen zitierten Herdprämie eine Betreuung sichergestellt werden kann. Dann müssen wir aber dafür Sorge tragen, dass diesen Menschen eine Infrastruktur an die Seite gestellt wird, dass diesen Unternehmerinnen und Unternehmern, wenn sie denn eine Firma gegründet haben, auch qualifiziertes Personal zur Verfügung gestellt wird, dass wir den Kindern, aus den Schulen kommend, ausreichende Qualifikationen an die Hand gegeben haben, damit sie für diese Unternehmen als Fachkräfte tätig sein können.
10 Prozent der Kinder ohne Schulabschluss – das ist ein Versagen der Politik. Und jetzt bin ich Oppositionspolitiker und sage: Ich weiß auch, wer 20 Jahre lang Schulpolitik macht.
Aber ich sage: Die Politik versagt. 10 Prozent der Schüler ohne Schulabschluss, das ist ein Versagen. 30 Prozent der Kinder beenden ihre Ausbildung ohne einen Ausbildungsabschluss, 30 Prozent der Studenten verlassen ihr Universitätsstudium ohne einen Abschluss. Das ist ein Versagen. Da müssen wir was ändern.
Es gibt eine weitere Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Kofbinger. – Das ist das Problem, wenn Sie immer von anderen Plätzen drücken. – Bitte, Frau Bangert!
Vielen Dank! – Herr Schultze-Berndt! Können Sie mir sagen, welche Förderinstrumente speziell für Unternehmerinnen, also für Existenzgründerinnen und Unternehmerinnen, es in Berlin gibt?
Nein, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß, dass wir eine dicke Förderfibel haben. Ich würde auch nicht in der Lage sein, sozusagen eine Kurvendiskussion der aktuellen Abiturprüfung darzurechnen, weil ich bestimmte Sachen nicht auf dem Laufenden habe. Aber ich weiß das eine: Wir haben ein Förderinstrumentarium, und dieses müssen wir permanent hinterfragen, und wir müssen permanent gucken, was wir besser machen können. Deswegen finde ich ja den Antrag auch gut. Aber uns nun allen Ernstes damit zu beschäftigen zu sagen, wir wollen etwas anders machen, wir wollen was besser machen, dieses alles nicht in den Antrag reinzuschreiben, auch nicht in die Begründung, sondern einfach nur sagen, wir wollen es anders und besser machen, ist vielleicht ein bisschen dünn und meine Kritik nach wie vor. Wir sind eine Millionenmetropole. Wir haben eine Fülle von Aufgaben. Wir haben viele Menschen, die gucken auf uns und hoffen, dass wir sie wahrnehmen und aufnehmen.
Jetzt komme ich zu meinen drei Punkten, die würde ich jetzt gerne noch abschließen. Deswegen unterstützen wir diesen Antrag mit der Forderung: Viertens: Wir brauchen eine Digitalisierung der Administration, damit die Unternehmerinnen, von wo auch immer sie sind, diese Administrationsaufgaben machen können. Wir brauchen einen Ausbau des Breitbandnetzes für die Ermöglichung der Arbeit 4.0 auch mit Homeoffice. Wir brauchen eine Ausweitung der Pendlerkapazitäten nach Brandenburg, damit die Fachkräfte, die die Unternehmerinnen benötigen, auch aus dem Umland, hier ihren Beruf in Berlin ausüben können. Und wir brauchen siebtens die Sicherung von Gewerbe- und Industrieflächen in der Innenstadt, gerade auch für diejenigen, die sich hier neu ansiedeln wollen. Das, was wir brauchen, ist ein Regierungswechsel für eine Politik, die Arbeitsplätze schafft und die Unternehmerinnen unterstützt. – Vielen herzlichen Dank!
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Den haben Sie doch gerade gehabt, den Regierungswechsel!]
Ich hatte versehentlich drei Fragen zugelassen. Bitte, es sind nur zwei Fragen zulässig, deswegen lasse ich auch jetzt die vierte Frage nicht zu. – Jetzt hat für die SPDFraktion das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Czyborra. – Bitte schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr verehrte Damen und Herren! Ja, wir wollen den Unternehmerinnentag und Unternehmerinnenpreis stärken. Und wir finden das wichtig. Und ich muss schon sagen, Herr SchultzeBerndt, ich meine, auch dass Sie den Antrag im Prinzip unterstützen – Sie haben es jetzt die ganze Zeit nicht geschafft, mal zum Thema zu reden, außer vielleicht in anderthalb Sätzen.
Man hat so ein bisschen den Eindruck, Sie hatten keine Lust, sich mit der Materie ernsthaft auseinanderzusetzen. Es geht hier um die Chancen von 50 Prozent der Bevölkerung dieser Stadt, das zu tun, was sie tun wollen, und ihre Kompetenz so einzubringen, wie das den anderen 50 Prozent in dieser Stadt auch möglich ist. Nach meiner Auffassung sind Frauen genauso klug, genauso kreativ, mindestens so fleißig und heute – Sie haben es gesagt – besser ausgebildet als Männer.
Was also führt dazu, dass sie deutlich seltener Unternehmen gründen und seltener ihre Ideen, ihre Kreativität zum Nutzen für sich selbst, für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die Lösung all der Probleme dieser Stadt, die Sie aufgezählt haben, mit einbringen? Denn darum geht es ja. Es geht ja um Ideen, es geht um Innovation. Es geht um Innovation für Technologie, es geht um Innovation auch in sozialen Bereichen, soziale Innovation. Es geht um Lösungen in den Bereichen Sicherheit, Verkehr, Bildung usw. Und da brauchen wir die Kreativität. Und da verzichten wir auf die Kreativität von ganz vielen Menschen in dieser Stadt, von Frauen, auch anderen Bevölkerungsgruppen, Migrantinnen und Migranten usw., weil wir ihnen Steine in den Weg legen, weil wir es ihnen nicht ermöglichen, diese Potenziale auszuschöpfen. Darum geht es.
Und da brauchen wir Vorbilder, da brauchen wir auch mal eine Inszenierung. Da brauchen wir auch mal eine Party, wo wir zeigen: Mädels, so geht das! Das könnt ihr machen. Dahin könnt ihr kommen. – Da brauchen wir ein Diskussionsforum, wo wir die Frauen zusammenbringen, die aus den klassischen Branchen, die Chefin des Handwerksunternehmens und die Frau aus dem Start-up, aus den Digitalisierungsbereichen, die sich mal zusammensetzen und sagen: Mensch, ich habe ein Problem, du hast eine Lösung, wie können wir das zusammenbringen, und wie entsteht Innovation? Da brauchen wir auch eine politischere Debatte darüber: Was hindert denn Frauen, warum haben sie nicht den Zugang zu Kapital, warum kriegen sie nicht die Unterstützung? Warum haben wir viel weniger Ausgründungen von Frauen an den Universitä
ten? Werden sie da vielleicht nicht ausreichend unterstützt? Woran liegt das alles? – Darüber müssen wir stärker reden. Und, wie gesagt, wir verzichten auf all diese Beiträge unserer Stadt. Aber dazu sollten wir vielleicht mal hier reden, und wie gesagt, alles andere ist auch wichtig.
Frau Dr. Czyborra! Könnte es eventuell daran liegen, dass Frauen Kinder kriegen, dass sie weniger Unternehmen gründen?
Also, es geht um Vernetzung für gemeinsame Lösungen. Wir haben einige, z. B. die Frauen aus den Start-ups, die bisher nicht teilnehmen, wie gesagt, das finden wir ganz wichtig. Wir finden es auch wichtig, dass wir die Frauen, die unternehmerisch aktiv sind, die sich engagieren im Verband deutscher Unternehmerinnen, in den ganzen Netzwerken, in den Verbänden, dass wir die vorher mal fragen: Wie stellt ihr euch denn so einen Tag vor? Was wollt ihr denn? Was braucht ihr, was nützt euch bei eurer Geschäftsentwicklung? Wie können wir diese Strahlkraft entwickeln? Und, wie gesagt, ich möchte auch ein bisschen mehr Glamour bei der Verleihung dieses Unternehmerinnenpreises, damit er vielleicht nicht nur auf Seite 750 der IHK-Website und in einer Fußzeile in der Presse erscheint, sondern auch mal mit einem Foto und einem entsprechenden Beitrag.
Der andere, der Bruder! – Wir hatten ja eine etwas schräge Debatte im Bildungsausschuss. Da ging es um Schulbau, und das glitt dann so etwas ab in die Fragen von Vergabe, Bauhandwerk in dieser Stadt usw. Und da wurde mir ja vorgeworfen, ich sei wohl in der Wirklichkeit angekommen. Ich bin seit 15 Jahren unternehmerisch tätig in dieser Stadt, und ich weiß eine Menge darüber, was die Schwierigkeiten sind. Ich weiß auch, dass es schwierig ist mit der öffentlichen Vergabe. Ich weiß, dass das alles für kleine Unternehmen durchaus Hürden bedeutet. Aber wozu ich nicht bereit bin, ist zu sagen, weil etwas schwierig ist, geben wir unsere Ansprüche auf an Ökologie insbesondere, aber auch im Bereich Frauenförderung. Dann lassen wir es. Dann versuchen wir überhaupt gar nicht erst, uns mit den Unternehmen dieser Stadt auf den Weg zu machen, damit Mädchen und Frauen in dieser Stadt bessere Berufschancen haben. Nee, ist kompliziert, macht Arbeit! – Wir müssen uns überlegen, wie wir die Verfahren so hinkriegen, dass sie für die Unternehmen bewältigbar sind und dass wir unsere gesellschaftlichen Ziele damit trotzdem erreichen und dass wir jede Menge kompetente Unternehmen in dieser Stadt dazu befähigen, auch an öffentlichen Vergaben teilzunehmen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Frau Kollegin! Teilen Sie denn die Auffassung, dass auch für Frauen, gerade für selbstständige Unternehmerinnen, das Berliner Vergabegesetz eine Hürde darstellt, gerade weil dort so viele vergabefremde Kriterien drin sind, die es auch Unternehmerinnen schwierig machen, an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen?