Protocol of the Session on June 14, 2018

Ich hatte im Ausschuss – insofern kann man dem Senat an der Stelle nicht nur Untätigkeit vorwerfen – auf ein Beispiel verwiesen, da wurde Staatssekretär Krach lobend erwähnt, nämlich in der Zeitschrift der Fachgemeinschaft Bau, die wir auch bekommen. Da ist über ein Gespräch berichtet worden, wo Qualitätsstandards und Kooperationen verabredet worden sind, dabei wurde aber auch deutlich, dass es z. B. im Baubereich durchaus Sinn macht, in einigen Berufen qualitätsvolle Ausbildung mit einem begleitenden Studium zu verbinden, nämlich bei höherwertigen Tätigkeiten. Aber das Baugewerbe hat gerade ganz andere handfeste Probleme, nämlich dass Leute fehlen, die anpacken und arbeiten. Man braucht nicht unbedingt für jede Tätigkeit ein Hochschulstudium oder einen studienbegleitenden Abschluss. Manchmal hilft auch einfach, Fachkräfte zu haben, die arbeiten wollen, und daran mangelt es eben im Bau. Da werden wir mit einem dualen Studium nichts lösen können. An der Stelle müssen andere Maßnahmen greifen.

[Beifall bei der FDP]

Und schließlich sollten wir – darauf hat Kollege Schulze schon hingewiesen – den Gremien, die dafür vorgesehen sind, den Raum geben, ihre Arbeit zu machen, die nämlich genau diese Standards festlegen und definieren sollen. Wir können uns dann kritisch mit denselben befassen, wenn sie uns nicht gefallen, und können zumindest unsere Anmerkungen machen. Inwieweit das dann umgesetzt werden kann, werden wir sehen. Ich glaube aber, alles in allem ist das ein Thema, wo wir unaufgeregt in die Zukunft gucken können, das wir weiter begleiten sollten, aber die Probleme, gerade auf dem Arbeitsmarkt, werden nicht durch das duale Studium gelöst, auch nicht durch alle genannten Anbieter – da gibt es schwarze und weiße Schafe, Sie haben es gerade erwähnt –, sondern insgesamt durch ausreichend Arbeitsplätze, die in den einzelnen Bereichen zur Verfügung stehen. Der Fachkräftemangel ist ein Thema, das gesondert betrachtet werden muss. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Tobias Schulze (LINKE)]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Frau Schillhaneck das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ein duales Studium ist etwas anderes als ein berufsbegleitendes oder berufsintegrierendes Studium. Das ist die erste Feststellung, die man, glaube ich, treffen muss und die, wenn man sich mal so mit einer oberflächlichen Suche auf den Weg macht und guckt, was es für Informationen und auch Begriffswirrwarr in dem Bereich gibt, gar nicht immer sofort klar ist.

In der Tat – einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner haben das bereits herausgearbeitet –, das Besondere ist eigentlich, dass der Arbeitgeber einen nicht einfach von der Tätigkeit am Arbeitsplatz freistellt, sondern beide Teile aufeinander abgestimmt sind. Offensichtlich – das kritisiert der Wissenschaftsrat, das kritisiert auch die CDU ganz zu Recht – gibt es da mittlerweile manchmal, ich sage mal, interessante Vorstellungen davon, was das eigentlich sein könnte, so eine Abstimmung. Und in der Tat, die Kritik mehrt sich.

Aber wenn man ganz genau hinguckt, wer denn da kritisiert wird und wie da kritisiert wird, muss man, glaube ich, zwei Dinge feststellen: Erstens, die Studienplätze der dualen Studiengänge werden insbesondere vom Land Berlin und seinen Bezirken vermehrt nachgefragt. Wir nutzen das in unserer Personalpolitik für den öffentlichen Dienst ganz bewusst zur Gewinnung von interessierten Nachwuchskräften, denen wir das künftig vermehrt anbieten wollen, übrigens auch für die Jugendämter u. Ä. in Partnerschaft mit der ASH, aber auch weiterhin im Baubereich, im allgemeinen Verwaltungsbereich mit der HWR u. Ä. Das ist duales Studium. Wir haben einen Arbeits- und Ausbildungsvertrag mit dem Land Berlin bzw. mit den Bezirken und einen entsprechenden Teil mit der Hochschule. Das ist nicht das, was in die Kritik geraten ist.

Was in die Kritik geraten ist, ist insbesondere ein Wildwuchs im Rahmen von Ausbildungsangeboten, die oft nur duales Studium heißen, aber gar nicht sind, die von Hochschulen, die auch gar nicht öffentlich finanziert werden, sondern oft sogar kommerziell orientiert, nicht mal privat gemeinnützig, sondern privat gewinnorientiert aufgestellt sind, sich gerne auch in Berlin in der Vergangenheit haben registrieren lassen, weil das nämlich durchaus ein Anker ist zu sagen: Wir sind eigentlich mit unserem Sitz in Berlin. – Und da wird in der Tat – da gebe ich Ihnen völlig recht – manchmal erheblich Schindluder mit dem Begriff duales Studium getrieben.

Die Frage ist: Was kann man dagegen tun? – Da kann man leider all das, was Sie von der CDU gerade vorgeschlagen und gefordert haben, überhaupt nicht tun. Es hilft da nicht. Erstens: Eine markenrechtliche Eintragung, Ihnen ist es schon dargelegt worden. Ich persönlich habe auch erhebliche Zweifel daran, ob nicht tatsächlich ein absolutes Schutzhindernis nach § 8 Absatz 2 Punkt 3 des

(Stefan Förster)

Markengesetzes vorliegt, denn es geht bei der Begrifflichkeit duales Studium lediglich um die Beschreibung des zu Schützenden, der Art dessen, was es ist. Das können Sie aber nicht als Marke eintragen lassen.

Zweitens: Wer sollte denn der Markeneigentümer sein, das Land Berlin, die Hochschule xy?

[Zuruf: Ich!]

Da ruft jemand „ich“ herein. – Bestimmt ein interessantes Geschäftsmodell mit Lizenzgebühren! Das geht doch gar nicht. Allein daran scheitert das doch schon, selbst wenn Sie eine juristische Person künstlich dafür schaffen oder die KMK beauftragen.

Drittens: Selbst wenn wir das, was der Wissenschaftsrat fordert, eins zu eins im Berliner Hochschulgesetz umsetzen, brauchen wir immer noch einen zweiten Schritt, nämlich, wir müssen endlich dazu kommen, dass diese Punkte dann auch von den Akkreditierungsagenturen, die auf der anderen Seite auch für die nicht öffentlichen Hochschulen einen ganz wichtigen Punkt im Rahmen des Durchsetzens von Qualitätssicherungsmechanismen übernommen haben – – Das war nicht unsere Idee. Das war primär Ihre Idee, auch im Rahmen der Liberalisierung des sogenannten Bildungsmarktes, dass man das mit der Qualitätssicherung so machen muss. Aber das ist jetzt die Situation im Jahr 20 nach Bologna. Das ist ein ganz wichtiger Partner in dem Gleichgewichtsding. Den haben Sie leider völlig außen vor gelassen.

Deswegen muss ich auch sagen: Auch vor dem Hintergrund halten wir diesen Antrag für gut gemeint, aber leider komplett untauglich, um das eigentliche Problem zu adressieren. Ich weiß, Sie lachen da jetzt ganz herzhaft, aber wirklich, was Sie da fordern, hört sich irgendwie ganz gut an, aber scheitert schon an den ganz banalen Fragen wie: Wer sollte eigentlich Markeneigentümer sein? Übrigens ganz nebenbei: Das Konstrukt kriteriengestützte Marke gibt es im Markengesetz nicht. Wenn Sie danach mit einer x-beliebigen Suchmaschine suchen, findet man genau eine Sache ziemlich schnell, auf der ersten Seite, nämlich Mehrfachverweise auf Ihren Antrag und sonst nichts. Ich glaube, das müssen wir leider lassen mit dem Ansatz. Aber es freut mich, dass Sie zumindest bekunden, mit uns gemeinsam dagegen anzutreten wollen, wo Schindluder getrieben wird und ein erarbeiteter guter Ruf, nämlich, dass ein duales Studium etwas Positives ist, auch missbraucht wird und damit auch der gute Name des Standortes Berlin missbraucht wird. Das finde ich gut und darauf kommen wir gerne zurück. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0985 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen CDU und AfD bei Enthaltung der FDP – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die CDU. Das ist die AfD. Das sind die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer ist gegen diesen Antrag? – Das sind die drei Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die FDP. Damit ist der Antrag angelehnt.

Bevor ich zum Tagesordnungspunkt 13 komme, darf ich darauf hinweisen, dass sich die Fraktionen gemäß § 56 Absatz 3 der Geschäftsordnung darauf verständigt haben, alle offenen Tagesordnungspunkte noch zu behandeln, auch über 19 Uhr hinweg. Nach dem folgenden Tagesordnungspunkt soll jedoch keine Beratung mehr erfolgen. Widerspruch dazu höre ich nicht. – Dann verfahren wir so.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 13:

Hohe Qualitätsstandards bei der Unterbringung von Geflüchteten sicherstellen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Integration, Arbeit und Soziales vom 24. Mai 2018 Drucksache 18/1087

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0632

In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD, und hier hat Frau Dr. Böcker-Giannini das Wort. – Frau Abgeordnete, bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat von Voltaire, der gesagt hat:

Human ist der Mensch, für den der Anblick fremden Unglücks unerträglich ist und der sich sozusagen gezwungen sieht, dem Unglücklichen zu helfen.

Die Bilder von Menschen, die nach schrecklichen Kriegserlebnissen zu uns geflüchtet sind, sind vielen hier noch im Gedächtnis, die Bilder aus den Unterkünften sicherlich auch. Ich habe bei Besuchen selbst gesehen, unter welchen Bedingungen Menschen in Turnhallen leben mussten. Mittlerweile konnten viele Geflüchtete in andere Unterkünfte umziehen. Jetzt ist es an der Zeit, die Qualität in den Blick zu nehmen und weiter zu verbessern. Deshalb fordern wir den Senat in dem Antrag auf, ein Konzept zur Einführung eines standardisierten Verfahrens zur regelmäßigen Überprüfung der Unter

(Anja Schillhaneck)

bringungsbedingungen in allen Berliner Gemeinschafts- und Notunterkünften für Geflüchtete vorzulegen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Dass es sich lohnt hinzuschauen, zeigen die Ergebnisse des sogenannten Heim-TÜVs in Sachsen. Hier konnten verbesserungswürdige Zustände festgestellt und gute Beispiele identifiziert werden. Deshalb ist es richtig, dass wir auch in Berlin hohe Qualitätsstandards bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen sicherstellen wollen. Denn nur dort, wo Menschen von qualifiziertem Personal unterstützt werden, ihre Sicherheit gewährleistet ist, Bildung gefördert wird, Partizipation gelebt wird, die Ausstattung gut ist und die Einbettung in das soziale Umfeld unterstützt wird, kann Integration gelingen.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Bettina Jarasch (GRÜNE)]

Nur dann ist sichergestellt, dass wir Menschen nicht nur unterbringen, sondern schon in den Unterkünften gute Grundlagen für ihr Leben in der Gesellschaft legen, denn Integration beginnt bei der menschenwürdigen Unterbringung.

Um hohe Qualitätsstandards sicherzustellen, hat sich die zuständige Senatsverwaltung bereits auf den Weg gemacht. So wurde ein Pilotprojekt „Unabhängiges Beschwerdemanagement in Flüchtlingsunterkünften“ initiiert. Ziel ist es, ein sogenanntes Unterbringungs-TÜVModell zu entwickeln. Eine ganztägige Inklusionswerkstatt hat bereits stattgefunden. Es ist außerdem geplant, dass bei einem monatlichen Experten-Talk verschiedene Akteurinnen und Akteure und Geflüchtete an der Erarbeitung eines TÜV-Modells mitwirken. Außerdem startet in vier Bezirken und fünf Flüchtlingsunterkünften ein erstes Modellprojekt zur Überprüfung der Unterbringungsqualität.

Wie human unsere Gesellschaft ist, zeigt sich daran, wie wir mit den Schwächsten, die bei uns leben, umgehen.

[Zuruf von der AfD]

Um die Lebensbedingungen geflüchteter Menschen nachhaltig zu verbessern, benötigen wir den sogenannten Unterbringungs-TÜV zur regelmäßigen Überprüfung aller Berliner Gemeinschafts- und Notunterkünfte. Mit diesem Antrag schlägt die Koalition deswegen ein Verfahren vor, bei dem Land, Bezirke, Organisationen und die Betroffenen selbst beteiligt werden. Die Verbesserungen in den Unterbringungen werden allen Menschen zugutekommen, die dort leben und arbeiten. Ich bitte Sie deshalb, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU spricht jetzt die Abgeordnete Frau Seibeld. – Bitte, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist so ein Antrag, bei dem man sich die Frage stellt, warum wir dazu um kurz vor 19 Uhr reden. Wir haben im November schon darüber gesprochen. Ich hatte kurz in Betracht gezogen, meine Rede aus dem November zu Protokoll zu geben. Das ist so ein Antrag, bei dem man im Plenum das erste Mal darüber redet. Dann redet man im Ausschuss das zweite Mal. Dann stellen alle fest, dass es Defizite gibt, und dann kommt der Antrag in der gleichen Fassung – wortgleich, unverändert, nur mit geändertem Berichtsdatum – wieder ins Plenum.

Ich sage jetzt im Kern noch einmal das, was ich im November auch schon gesagt habe: Das Ansinnen, hohe Qualitätsstandards zu schaffen, ist natürlich richtig; allein der Antrag taugt nicht, um das umzusetzen. Warum Sie in der Ziffer 2 Standards schaffen wollen, die Sie weder bei Obdachlosenunterkünften noch bei Kinder- oder Jugendeinrichtungen zum Maßstab machen, sondern die nur in psychiatrischen Einrichtungen, wo die Einschränkungen deutlich höher sind, gelten, ist nach wie vor nicht beantwortet. Das Gleiche gilt für Ziffer 3, in der Maßnahmen stehen, die Sie den Betreibern auferlegen wollen, auf die diese jedoch beim besten Willen keinen Einfluss haben, wie beispielsweise die Anbindung an die städtische Infrastruktur.

[Lachen von Georg Pazderski (AfD)]

Welche Möglichkeit könnte der Betreiber einer Flüchtlingsunterkunft haben, dafür zu sorgen, dass ein Bus vor seiner Unterkunft entlangfährt? Und welche Möglichkeit könnte der Betreiber einer Unterkunft haben sicherzustellen, dass die Kinder der Flüchtlinge Zugang zu Kindertagesstätten haben? – Meine Damen und Herren von RotRot-Grün! Sie schaffen es doch nicht mal sicherzustellen, dass die Berliner grundsätzlich Zugang zu Kindertagesstätten haben, geschweige denn Menschen aus Flüchtlingsunterkünften!

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Ich habe es beim letzten Mal schon gefragt: Was, um Himmels willen, wollen Sie damit erreichen, dass die Ergebnisse der Qualitätskontrollen im Internet veröffentlicht werden? Soll es einen Wettbewerb zwischen den Flüchtlingen geben, die sich künftig aussuchen können, in welcher Unterkunft es schöner ist oder in welcher Unterkunft die Standards besser sind?

[Lachen bei der AfD]

Was tatsächlich sinnvoll gewesen wäre, die Frage der Hygiene, des Ungezieferbefalls und andere Fragen, die sich aus der Anhörung im Ausschuss ergeben haben, aufzunehmen. Das ist bei Ihnen einfach unter den Tisch

(Dr. Nicola Böcker-Giannini)

gefallen. Gut gemeint ist halt nicht immer gut gemacht. – Vielen Dank!