Protocol of the Session on May 31, 2018

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Gräff. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Überschrift des Antrags lautet: „Einführung einer Wohnkostenfolgeschätzung im Land Berlin“, und dieses Anliegen unterstützen wir ausdrücklich. Ich möchte noch einen kleinen Schritt zurückgehen, denn Sie, Frau Spranger, haben dafür die Vorlage geliefert. Wir hatten in Berlin eine Normenkontrollkommission, aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Kräften zusammengesetzt – aus Teilen des Parlaments, aus Teilen der Exekutive –, die eine sehr gute Arbeit geleistet hat. In der letzten Legislaturperiode der rot-roten Koalition ist diese Normenkontrollkommission aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung zusammengesetzt worden, die Vorschläge dazu machen sollten, wie man bestimmte Vorschriften abbaut und Verwaltungshandeln einfacher macht – und das anhand von Gesetzen. Das ist ein sehr schönes Beispiel dafür, dass es so nicht geht und dass das Kernanliegen der FDP richtig ist.

Offen gesagt, ich wundere mich schon – natürlich, das ist klar, das ist das Spiel „Opposition – Regierung“ –, wie man seitens der Regierungsfraktionen bei so einem Antrag reagiert. Frau Spranger, da bin ich nah bei Ihnen: Ob das TÜV oder wie auch immer heißen sollte, sei dahingestellt. Aber wir sollten uns gemeinsam dazu Gedanken machen, wie wir die Kosten des Bauens reduzieren und wie wir insbesondere für die Genossenschaften, für die der Senat bisher ja noch gar nichts gemacht hat, für die freien, für die Wohnungsbaugesellschaften und damit für die Mieterinnen und Mieter etwas tun können. Deswegen würde ich mir wünschen, dass wir im Fachausschuss noch mal in uns gehen, und zwar insbesondere die Koalitionsfraktionen. Da kann man dann ja eine gemeinsame Überschrift wählen – oder wie auch immer – und sicherlich auch im Text und in der Begründung etwas verändern. Aber diese Initiative ist richtig und gut.

Wir sollten auch noch darüber hinausgehen. Wir sollten uns gemeinsam auf Bundesebene dafür einsetzen, dass man darüber nachdenkt, was man beispielsweise an der EnEV ändern kann. Es gehören nicht nur im Land Berlin, sondern auch im Bund viele bundesgesetzliche Regelungen dazu, die das Bauen in Deutschland im Moment teurer machen.

Zur Ehrlichkeit gehört auch noch etwas, was wir in diesem Haus in dieser Legislaturperiode noch nicht so breit diskutiert haben. Im Deutschen Bundestag bilden sich die gesamte Bundesrepublik und alle Bundesländer ab, und selbstverständlich haben wir im ländlichen Raum eine völlig andere Situation als in den großen Ballungsräumen, in den Metropolen. Das ist etwas, was in vielen Diskussionen hier bei uns eine Rolle spielt. Natürlich wird da auch anders gebaut und auch in anderer Weise – darüber werden wir heute noch sprechen – Fläche in Anspruch genommen. Insofern sollten wir im Bundesrat und im Deutschen Bundestag dafür zu werben, dass man darüber nachdenkt, wo wir Gesetze und Verordnungen entschlacken und wegnehmen können, um günstiger und schneller zu bauen, weil das für Metropolen und insbesondere auch für Berlin eine fundamentale Bedeutung hat.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Auf einen Punkt möchte ich noch aufmerksam machen, lieber Herr Kollege Czaja, wo ich ein bisschen vorsichtig bin, aber das können wir sehr gern auch noch im Ausschuss diskutieren: Das ist dann die 589. Bundesratsinitiative, die das Land Berlin bzw. dieser Senat startet. Ich würde sagen: Machen wir doch erst mal die Arbeit bei uns in Berlin! – Das halte ich für die vordringliche Aufgabe. Das ist auch etwas, was wir direkt lösen können und hoffentlich gemeinsam miteinander lösen wollen. Es gab auch mal – um noch einen Schritt darüber hinauszugehen – Anfang der Neunzigerjahre die sogenannte Scholz-Kommission, die sich darüber Gedanken gemacht hat, was wir insgesamt an Vorschriften – nicht nur im Bauwesen, sondern auch bei vielen anderen Dingen –

(Iris Spranger)

nicht mehr brauchen, entschlacken und wegnehmen können und was von der Zeit überholt worden ist. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir parteiübergreifend dazu kommen, das insbesondere für das Thema Bauen, aber auch für andere Themen zu machen. Aus diesem Grund ist das eine richtige Initiative. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Nelken. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich den Antrag zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich: Was ist denn jetzt mit der FDP los? Die FDP wird jetzt zur Partei der Mieter und bläst ein riesiges Bürokratiemonster auf, und das von der Partei der Deregulierung. – Wohnkostenfolgeschätzung! Das Thema Wohnkosten ist ein sehr weites Feld, dachte ich und fragte mich: Was will die FDP da jetzt alles abgearbeitet haben? – Dann habe ich aber festgestellt, dass es gar nicht um die Wohnkosten, sondern nur – so sage ich mal – um die Mieten geht. Das hat mich dann etwas beruhigt. Allerdings kam dann in Ihrem Antrag noch die Aussage, man möge alle Gesetze – also nicht nur die Gesetze, die wir demnächst machen, sondern auch alle, die es schon gibt – auf die Wohnkostenfolgen hin untersuchen.

[Paul Fresdorf (FDP): Das ist der Trick!]

Das ist natürlich eine riesige Aufgabe. Ich lasse diesen Anspruch einfach mal beiseite und gehe nur auf die Frage ein, was es bedeutet, wenn wir es mit den kommenden Gesetzen machen. Dazu sage ich: Kostenfolgeabschätzungen sind in Deutschland dem Gesetzgeber vorgegeben. Eigentlich müssten wir das schon immer gemacht haben und immer machen,

[Christian Gräff (CDU): Ja, auf dem Papier!]

und wenn wir mal in eine Gesetzesvorlage schauen – wir haben heute eine auf der Tagesordnung: das Gesetz zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für Berliner Beamtinnen und Beamte, das wir als Beispiel nehmen können –, so finden wir den Punkt E mit der Überschrift „Kostenauswirkungen auf Privathaushalte und/oder Wirtschaftsunternehmen“. Da ist die Feststellung zu lesen: Mit dem Gesetzentwurf sind keine unmittelbaren Auswirkungen auf Privathaushalte und Wirtschaftsunternehmen verbunden.

Eigentlich müsste in jedem Gesetzentwurf eine entsprechende Aussage enthalten sein, wenn aus einem Gesetz Folgekosten für die Mieten entständen. Vermutlich gehen Sie davon aus, dass wir als Gesetzgeber – denn wir machen die Gesetze – die GGO des Bundes und der Länder bei der Gesetzgebung nicht ernst nehmen. Aber sei es

drum! Ich glaube, Ihr Antrag ist eine typische FDPNebelkerze, um anderes zu verdecken.

[Holger Krestel (FDP): Wo gibt es die zu kaufen? Die kennen wir gar nicht!]

Ja, da sehen Sie mal! Sie produzieren solche Nebelkerzen aus dem Effeff, ohne dass Sie sich darüber Gedanken machen müssen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Sven Kohlmeier (SPD): Nebelkerzengenerator!]

Worum geht es Ihnen denn eigentlich? – Sie verbreiten die Botschaft, die Mieten steigen so rasant, weil der Gesetzgeber das Bauen teurer macht.

[Christian Gräff (CDU): Auch! Ja, auch!]

Das ist allerdings falsch.

[Christian Gräff (CDU): Aha! – Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Herr Czaja! Vergleichen Sie bitte mal die Baukosten, die Löhne für Bauarbeiter, die Preise für Materialien und die Baunebenkosten für Architekten und Gutachten! Da streiten sich übrigens die Fachexperten, ob sie in den letzten Jahren um 5, um 8 oder um 12 Prozent gestiegen sind. Das lassen wir mal beiseite. Das ist egal.

[Sebastian Czaja (FDP): Es ist nicht egal!]

Es gab bei den Baukosten eine absolute Realverteuerung, und zwar über der allgemeinen Teuerungsrate. Die gab es.

[Henner Schmidt (FDP): Durch die Bürokratie, die Sie gar nicht erwähnt haben!]

Nun gucken Sie sich mal an, wo die Quelle für diese Verteuerung der Baukosten ist! Gucken Sie sich mal an, wie die Mieten und die Kaufpreise gestiegen sind – im Vergleich zu dem, wie die Baukosten gestiegen sind! Da reden wir allerdings über Steigerungen von 300 bis 400 Prozent der Kaufpreise von Wohnungen. Die haben mit der Baukostensteigerung überhaupt nichts zu tun. Wir haben 100 bis 200 Prozent Mietpreissteigerungen – in den gleichen Zeiten, wo wir über 5, über 8 oder 12 Prozent Kostensteigerungen bei den Baukosten reden.

Anfang dieser Woche wurde in einer bestimmten Anzeige eine Wohnung angeboten – Herr Gräff, Sie müssten sich damit vielleicht mal auseinandersetzen –, eine unsanierte Altbauwohnung in guter Lage, wo keine Baukosten angefallen waren. Da wurde extra gesagt: Da wurde keine einzige Sanierung vorgenommen. Die kostet 6 000 Euro pro Quadratmeter. Das alles hat mit Baukosten nichts zu tun.

[Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Was Sie hier vorgelegt haben, ist eine typische Luftnummer von der FDP.

(Christian Gräff)

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Aber, Herr Czaja, wir sollen ja positiv denken – Herr Czaja! Herr Gräff! Sie denken natürlich positiv! –, insofern denken wir jetzt mal: Die FDP wird jetzt zur Mieterpartei, und Gesetzesfolgeabschätzung für Mieter spielt jetzt eine große Rolle. Das können wir gleich zusammen üben, wenn es nämlich um die Reform der Grundsteuer geht. Ich habe vernommen, dass die FDP der Meinung ist, dass die Grundsteuer nicht nur auf die Mieten umgelegt wird. Da werden wir also gemeinsam eine Gesetzesinitiative für den Bund starten,

[Christian Gräff (CDU): Gähn!]

dass die Umlagefähigkeit aus dem Mietrecht herausgenommen wird. Da sind wir dann alle beieinander und senken Folgekosten von Gesetzgebungen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt der Abgeordnete Herr Laatsch das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Nelken! Ich frage mich, wie die Kommunisten es immer hinkriegen, die Welt auf den Kopf zu stellen. Das ist wirklich bemerkenswert.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Lachen von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Es ist nicht die Luftnummer der FDP, sondern Ihre Rede war die Luftnummer des Sozialismus, wie wir sie uns übrigens regelmäßig von Ihnen anhören müssen. Es ist wirklich erschreckend. Aber es ist auch schön, dass Sie solche Reden halten, denn wir erkennen daran, wovon dieser Senat geleitet wird, warum es mit dem Wohnungsbau nicht vorangeht. Man braucht nur Ihrer Logik zu folgen und weiß sofort, wo das Chaos in dieser Stadt steckt.

[Beifall bei der AfD – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Sagen Sie doch mal, wo steckt es denn?]

Dieser Antrag der FDP ist gut und richtig. Liebe Frau Spranger! Sie haben gesagt: Darüber haben wir schon mal gesprochen. – Da frage ich mich: Warum haben Sie es nicht gemacht? Es ist auch nicht so, dass Wohnungsmangel damit beseitigt wird, sondern es geht um Mietsteigerung. Das ist doch für Sie sowieso ein besonders wichtiges Thema. Sie müssten doch daran interessiert sein, dass Mietsteigerungen nicht vorankommen.

Dieser Antrag dient auch dazu, das Orwellsche Doppeldenk der linken Parteien im Abgeordnetenhaus aufzude

cken. Wir sehen hier, dass einerseits Mieten von 6,50 Euro im Neubaubereich gefordert werden, andererseits werden Auflagen fabriziert, die das Bauen in astronomische Höhen treibt.

[Beifall bei der AfD]

Ob unausgereifte Flausen wie im BEK 2030, wie Wärmerückgewinnung aus Abwasser – wobei die Sozialisten nicht mal wissen, wo sie mit der Wärme dann hinwollen – oder Dachbegrünung, Regenwassermanagement in einer Stadt, die unter drückendem Grundwasser leidet – das Wunschdenken und vor allen Dingen die Forderung an diejenigen, die Wohnraum zur Verfügung stellen, insbesondere an die Landeseigenen und die Privaten, sind einfach ausufernd. Man muss nur den überteuerten Fassadendämmwahn mit umweltbelastenden Baustoffen betrachten, um zu erkennen, wie doppelzüngig die Politik der Sozialmieten fordernden Parteien ist.

Dabei ist völlig ungeklärt, wovon bei diesen Gestehungskosten und einer Miete von 6,50 Euro die Handwerker – die Maurer, die Elektriker, die Installateure, die Fliesenleger, die Fensterbauer, die Zimmerleute, die Verputzer, die Maler, die Dachdecker, um nur einige zu nennen, und da waren Ihre Flausen noch gar nicht enthalten – eigentlich leben sollen. Die Sozialisten schaffen damit ein Perpetuum Mobile der Armut und der Geringverdiener. Die Bauhandwerker sollen mit geringsten Löhnen zufriedengestellt werden, um den künftigen Bewohnern günstige Mieten zu verschaffen. Am Ende sind sie dann ob niedriger Löhne und hoher Abgaben selbst gezwungen, Sozialwohnungen zu beziehen – die es leider nicht gibt – und Beihilfen zu beantragen.