Protocol of the Session on May 17, 2018

Sie tun mir in gewisser Weise leid: Sie müssen immer etwas begründen, was Sie vielleicht gut finden – und ich merke das auch; Sie tun sich damit auch schwer. Denn es ist in der Tat so: Die Koalitionsvereinbarung wie auch die Reden der anderen Koalitionsredner sind ein belegtes Beispiel dafür: Sie haben eine zentrierte verkehrspolitische Einstellung auf die Innenstadt Berlins, auf den S-Bahnring. Darum kümmern Sie sich. Dort verkleinern Sie Verkehrsflächen. Dort wollen Sie Straßenbahnen bauen, möglichst, um den individualen, den motorisierten Verkehr zu behindern, und Sie verhindern U-Bahnen, Sie vergrößern Fahrradverkehrsflächen. Das ist Ihre Richtung. Den Außenraum haben Sie völlig aufgegeben. Dazu sagen Sie in keiner Weise etwas.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Es gibt keine Antragsinitiative dazu. Es gibt nichts hier im Parlament, mit dem Sie sich darum kümmern. Und

das ist nicht gut für eine zusammenwachsende Stadt, für eine wachsende Stadt. Und die Erschließung unserer Stadt, die Leistungsfähigkeit von Verkehrswegen und der Ausbau von Verkehrswegen ist eben nicht nur Fahrradverkehr, ist nicht nur öffentlicher Nahverkehr. Es ist auch Straßenverkehr. Die ganze Lieferung nach Berlin findet zu 80 Prozent über den Straßenverkehr statt. Das müssen Sie ausbauen. Diese Realität müssen Sie erkennen. Ein bisschen an der B-2-Stellschraube arbeiten, dort eine Verbreiterung – das reicht nicht.

Sie verweigern sich als Sozialdemokraten seit Jahren einem Zukunftsprojekt, nämlich einem weiteren Autobahnanschluss in Buch. Sie wollen nicht, dass das MaxDelbrück-Centrum einen eigenen Anschluss kriegt. Ich kann mich da an sehr, sehr viele Koalitionsausschusssitzungen erinnern, wo Sie das immer verhindert haben. Allein an diesem Projekt ist zu sehen: Sie wollen das nicht, Sie wollen viele andere Straßenverkehrsprojekte auch nicht. Sie sind in Ihrer Regierungszeit Rot-Rot-Grün fest gefesselt in der Innenstadt Berlins und verpflichtet Ihren Wählern, die Sie dort wählen; und für diese machen Sie Politik, nicht für die Außenbezirke

[Frank Zimmermann (SPD): Für die Allgemeinheit!]

und auch nicht für die Pendler. Daran werden wir Sie messen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Deswegen ist es genau richtig, dass die Opposition diese Anträge stellt, und ich gebe jetzt schon kund, dass die Unionsfraktion selbstverständlich diesen FDP-Antrag unterstützen wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat der Abgeordnete Ronneburg jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn eine Einlassung in Reaktion auf Herrn Friederici, dass Sie immer wieder mit den gleichen ollen Kamellen kommen,

[Heiko Melzer (CDU): Sie haben es immer noch nicht verstanden!]

wir würden nur Innenbezirke beachten und die Außenbezirke außen vor lassen: Gucken Sie doch einfach mal in das Mobilitätsgesetz! Schauen Sie sich an, was wir da aufgeschrieben haben! Mobilität für alle – das steht da ausdrücklich!

[Holger Krestel (FDP): Das ist doch ein Lippenbekenntnis!]

Nehmen Sie das auch mal zur Kenntnis und führen Sie nicht immer solche merkwürdigen Debatten! Spalten Sie nicht ständig unserer Stadt! Es ist wirklich unerträglich. Und da machen Sie sich bitte auch mal ehrlich, was Sie in Ihrer Zeit der Koalition hier eigentlich abgeliefert haben.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

An die FDP gerichtet: Es muss zweifellos im Nordosten unserer Stadt in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden. Die Auswirkungen des jahrelangen Auf-VerschleißFahrens haben ihre Spuren hinterlassen, und diese Koalition ist angetreten, diesen Sanierungsstau endlich abzubauen und ordentlich zu investieren.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Die Bürgerinnen und Bürger merken es auch; es stößt ihnen auch auf. Jahrelang wurde die Infrastruktur vernachlässigt, und es passieren gerade viele Dinge gleichzeitig, die ihre Auswirkungen auf den Verkehr haben. Die Staubproblematik ist bekannt. Das führt auch zu Unmut, und das ist auch völlig menschlich und verständlich. Was in der Vergangenheit im Nordosten an Koordination gelaufen ist, ist wahrlich kein Ruhmesblatt. Das sage ich auch mal ganz deutlich als Kritik. Der Schienenersatzverkehr durch die umfangreichen Arbeiten und die Sperrung der S-Bahn wirft jetzt schon seine Schatten voraus.

Gleichzeitig gibt es aber auch ein großes Verständnis dafür – bei allen Schwierigkeiten, die wir in der Stadt haben –, dass die Infrastruktur ausgebaut werden muss. Ich war beim Lesen des Antrags etwas verwundert, dass die FDP ausgerechnet diesen Antrag zu ihrer Priorität erklärt hat, denn er enthält im Wesentlichen keine wirklich neuen Punkte und ist eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit.

[Oliver Friederici (CDU): Dann können Sie ihn ja unterstützen!]

Da hätte ich eher gedacht, dass Sie den Antrag zum Thema Parken für Hebammen und Pflegekräfte diskutieren wollen; den fand ich sehr interessant. Falls wir nicht mehr zur Rederunde kommen sollten, sage ich schon mal, dass das wirklich ein interessanter Aufschlag der FDP-Fraktion ist. Über die Debatte freue ich mich sehr.

Aber nun zum vorliegenden Antrag: Mit Selbstverständlichkeiten, um es noch mal klarzumachen, meine ich nicht die konkreten Maßnahmen für den Straßenverkehr, die Sie hier alle benennen, denn zur Umsetzung dieser Maßnahmen gehören planerische Abwägungsprozesse. Aber im Grund ist dieser Antrag ohnehin nur ein großer Prüfauftrag; wirklich festlegen wollen Sie sich auch nicht. Aber Sie fordern den Senat dazu auf, die Straßenverkehrsplanung im Nordosten weiterzuentwickeln. Da verweisen Sie natürlich auf den Stadtentwicklungsplan Verkehr, denn genau da passiert das auch. Im Rahmen der Fortschreibung des StEP Verkehr werden diese Fragen, die Sie hier aufwerfen, auch gestellt und die ver

kehrsplanerischen Antworten darauf aktualisiert, abgewogen und priorisiert. Schauen Sie sich mal an, was gerade aktuell in der Überarbeitung passiert. Da gibt es einen eigenen Themenschwerpunkt in der Bearbeitung des StEP 2030, der heißt: Bevölkerungszuwachs und Alterung sowie daraus entstehende verkehrliche Handlungsfelder am Beispiel des Nordostens. – Interessant, da wird also richtig viel Gehirnschmalz für diese Fragen verbraten.

Um es vorwegzunehmen: Gerade die Außengebiete im Nordosten, die Sie hier ansprechen, werden vermutlich tatsächlich auch neue Straßenverbindungen brauchen. Natürlich muss die Verkehrslösung Heinersdorf Bestandteil eines solchen Gesamtkonzepts sein. Eine Entscheidung über die Tangentialverbindung Nord wird ebenfalls im Rahmen eines Gesamtkonzepts erfolgen. Wir werden nicht alles durch den ÖPNV in diesen Gebieten auffangen können, aber es verwundert schon sehr, dass Sie hier einen Antrag aufschreiben, der sich allein auf die Straße konzentriert.

Im Antrag verlieren Sie auch kein Wort über die Stadtumlandverkehre und über die Menschen, die mit dem Auto von dort kommen oder durchrollen. Lediglich in Ihrer Begründung sagen Sie, dass der Ausbau des ÖPNV notwendig ist. Ich finde das ziemlich schwach, denn vor allem in dieser Region, die stark wächst und weiter wachsen wird, wird es eine enorme Nachfrage nach Mobilitätsangeboten geben, die vor allem leistungsfähig sein müssen. In Ihrem Antrag schreiben Sie beispielsweise, dass der Ortsteil Buch besser an die Autobahn angebunden werden soll. Kein Wort verlieren Sie über die Entwicklung dieses Ortsteils und seine verkehrliche Erschließung mit den Öffentlichen. Wichtig wäre, Zubringerverkehre mit dem Bus zum S-Bahnhof weiter auszubauen, sodass zu jeder S-Bahnrichtung Richtung Innenstadt ein Anschluss besteht, mehr Haltestellen eingerichtet werden, der Takt verdichtet wird. Wir brauchen auch gute Radwege zum Ortskern und zum Bahnhof, ausreichende Fahrradabstellplätze, und auch die Straßenbahn sollten wir nicht vergessen.

Oder nehmen wir den Blankenburger Süden. Das Entwicklungsgebiet liegt weit entfernt vom S-Bahnhof Blankenburg, von Heinersdorf noch weiter. Das mit dem Neubaugebiet erheblich ansteigende Verkehrsaufkommen wird mit den vorhandenen Buslinien nicht zu bewältigen sein, und wenn wir auch über 10-Minutentakte reden, wird es wahrscheinlich auch nichts werden. Also, für dieses Gebiet und auch für die anderen großen Entwicklungsgebiete brauchen wir – und das sage ich noch mal in aller Deutlichkeit – vorher tragfähige Verkehrskonzepte und konkrete Umsetzungspläne, bevor wir dort Wohnungen in Größenordnungen bauen. Da erinnere ich gerne an unseren Koalitionsantrag zur zügigen Entwicklung der neuen Stadtquartiere. Da sind die Kriterien festgelegt, und da haben wir ganz klar gesagt: Wir brauchen diese

leistungsfähigen ÖPNV-Anbindungen. Für den Blankenburger Süden wird auch nur eine Straßenbahn-Lösung möglich sein. Dazu verweise ich gern noch einmal auf unseren Koalitionsantrag. Herr Friederici hat darauf aufmerksam gemacht: Wir haben schon einiges getan, zum Beispiel mit dem Antrag „Berliner ÖPNV-Netz zielgerichtet ausbauen und an den Wohnungsneubau anschließen“. Verbreiten Sie also nicht solche merkwürdigen Gerüchte! – Tatsächlich ist auch festzustellen, dass ebenfalls Straßenprojekte notwendig sein werden. Welche das sind, ist im Rahmen eines Gesamtkonzepts zu entscheiden, und das passiert im StEP Verkehr.

Lassen Sie mich zuletzt – weil die Redezeit für mich abläuft – als Marzahn-Hellersdorfer Abgeordneter ein Wort zu Ihrer Aussage im Antrag treffen, dass die bestehenden Planungen für die Ortsumfahrung Ahrensfelde in das Gesamtkonzept einzubeziehen sind! Das klingt erst einmal verkehrsplanerisch logisch, aber ich als Abgeordneter aus diesem Wahlkreis und diesem Bezirk hoffe nicht, dass die bestehenden Planungen für diese Ortsumfahrung so umgesetzt werden, denn das wäre eine Zerschneidung des Stadtteils Marzahn-Nord/Ahrensfelde, die abzulehnen ist.

[Beifall von Stefan Ziller (GRÜNE)]

Die Planungen sollten dringend überarbeitet werden. Jetzt ist der Knoten zwischen Berlin und Brandenburg gelöst, und es werden Abstimmungen mit dem Bundesverkehrsministerium getroffen. Die TVO wurde auch noch einmal erwähnt. Verzögerung der TVO? Worüber reden wir hier eigentlich? Hierzu hatten wir ein tolles Beteiligungsverfahren mit dem Planungsbeirat, und wir sind am Ende zu einem super Ergebnis gekommen. Wir – also einige der hier Anwesenden – waren bei der Bürgerveranstaltung. Wir haben eine gute Lösung gefunden.

[Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Jetzt werden die letzten Gespräche geführt werden. Das hat nichts mit Verzögerung zu tun,

[Sebastian Czaja (FDP): Doch!]

sondern das war ein richtig toller Planungsprozess, in dem wir ernsthaft mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert haben, die ernst genommen wurden. Genau solche Planungsprozesse brauchen wir. Dem hat sich die Koalition verschrieben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Dann hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Scholtysek das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bezirk Pankow, das ist kein Geheimnis, hat mit seinen rund 400 000 Einwohnern ein erhebliches Verkehrsaufkommen. Pankow ist zudem der Bezirk, der in Zukunft voraussichtlich am stärksten wachsen wird. Das sind alles keine Neuigkeiten, aber im Zuge dieser Gesamtentwicklung müssen der Bezirk und das Land Berlin entsprechende Infrastrukturen schaffen, Kitas, Schulen, aber natürlich auch Verkehrswege – um dieses Thema geht es hier. Das stellt den Bezirk vor ganz erhebliche Aufgaben.

Ein ganz wesentliches Problem im Nordostraum haben wir allein aufgrund der Tatsache, dass die in Richtung Stadtgrenze verlaufende Netzdichte des ÖPNV immer geringer wird. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf. Es bedarf einer klaren, umfassenden Generalplanung für den gesamten Nordostraum statt mehrerer Insellösungen, wie das bislang offensichtlich immer passiert ist. Denkanstöße sind hier eine neue ÖPNV-Achse entlang der großen Entwicklungsgebiete Pankow von Südwest nach Nordost und eine integrierte bedarfsgerechte, auch für die Zukunft ausgerichtete Netzplanung für den Straßenverkehr, natürlich – das wurde gerade schon genannt – der Weiterbau der A100, Bau der TVN und der TVO.

Herr Schopf! Sie haben gerade gesagt, das ist alles schon im StEP Verkehr berücksichtigt und besprochen worden. Da haben Sie recht. Sie haben allerdings nicht erwähnt, dass sich auch die Mitarbeiter der Senatsverwaltung, die im StEP Verkehr mit anwesend sind, sehr wohl für den Ausbau des Straßenverkehrs ausgesprochen und diese Notwendigkeit erkannt haben. Ich erinnere mich nämlich noch, wie Ihnen und Herrn Moritz regelrecht die Farbe aus dem Gesicht gefallen ist.

[Tino Schopf (SPD): Sie waren doch gar nicht anwesend!]

Natürlich war ich da.

[Tino Schopf (SPD): Wann denn?]

Wir können das im Protokoll nachlesen, dann werden wir es sehen. – Wir brauchen also wesentlich mehr Straßen, auf jeden Fall. Das hatte Herr Friederici auch schon gesagt.

Für die gesamte verkehrliche Entwicklung des Berliner Nordostens ist in Zukunft eine großräumige Verkehrsnetzdiskussion notwendig. Diese muss alle städtebaulichen Entwicklungen im Blick haben und selbstverständlich auch auf aktuellen Zahlen basieren. Hierin sehe ich derzeit das größte Problem, weil sich die Zahlen derzeit noch auf die letzte Verkehrserhebung aus dem Jahr 2014 beziehen. Neuere Zahlen gibt es offenbar nicht – sind zwar vorgesehen, das ist wohl in Arbeit. Sie sind aber noch nicht da.

(Kristian Ronneburg)

Weiterer unerlässlicher Aspekt ist, zukünftig auch die Erschließungs- und Vernetzungserfordernis über die Stadtgrenzen hinaus zu bedenken – das wurde gerade auch schon angesprochen –, zum Beispiel die Verkehrserschließung von und nach Eberswalde. Speziell für den Standort Buch, den Gesundheits-Campus Buch mit seinen über 3 000 Mitarbeitern und immerhin 200 000 Patienten pro Jahr müssen wesentlich bessere Verkehrsanbindungen geschaffen werden. Hier will ich insbesondere den Vollanschluss von Buch an die A114 oder alternativ an die A10 nennen. Die anstehenden Baustellen aufgrund von Instandhaltung und Sanierung von Schiene und Straßen müssen präzise koordiniert werden – das wurde auch schon von der FDP genannt –, um unnötige Verkehrsprobleme im Nordosten Berlins zu vermeiden. All diese Maßnahmen müssen auf jeden Fall gut koordiniert und angegangen werden.

Alles in allem sehen wir große Übereinstimmung unserer Vorstellungen für die weitere verkehrliche Erschließung des Berliner Nordostraums mit den Vorstellungen der FDP. Wir werden daher den Antrag vollumfänglich unterstützen.

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Moritz das Wort.