Protocol of the Session on May 17, 2018

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Die Koalitionsfraktionen beantragen die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung. Wir müssen darüber nicht mehr abstimmen, weil es den Antrag der AfD auf sofortige namentliche Abstimmung nicht mehr gibt. Wir stellen hier nur noch fest, dass wir den Antrag an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung überweisen. Wer möchte dem zustimmen? – Das sind alle Fraktionen und ein fraktionsloser Abgeordneter. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Gibt es dementsprechend nicht, sodass der Antrag entsprechend überwiesen worden ist.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.2:

Priorität der Fraktion der FDP

Tagesordnungspunkt 31

Weiterentwicklung des Straßenverkehrskonzepts für den Nordostraum Berlins

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/1030

(Benedikt Lux)

In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP und hier der Kollege Henner Schmidt. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Berlin wächst, das wissen wir, und der Verkehr in Berlin wächst auch in ganz erheblichem Maß. Dieses gewaltige Wachstum unserer Stadt verlangt eine Erweiterung und einen Ausbau der Verkehrsnetze. Genau deshalb müssen wir in Berlin auch über den Ausbau des Straßennetzes reden und nicht nur allein über ÖPNV-Trassen und Fahrradwege.

[Beifall bei der FDP]

Das betrifft zum einen die beiden Dauerbrenner, die ich hier noch einmal wiederholen möchte. Das eine ist die A 100, bei der für uns Freie Demokraten der 17. Bauabschnitt weiterhin absolut unabdingbar ist. Das Zweite ist die TVO, die unerträglich lange verzögert worden ist.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Oliver Friederici (CDU) – Oliver Friederici (CDU): Jawohl!]

Straßenbau betrifft aber auch noch andere Stellen in der Stadt, an denen wirklich neue Straßen gebaut werden müssen. Auch wenn wir uns alle dafür ausgesprochen haben, ÖPNV, S-Bahn und Regionalverkehre auszubauen, gilt: Ohne weitere Straßen wird es trotzdem nicht gehen.

[Oliver Friederici (CDU): So ist es!]

Auch wenn wir wissen, dass ein erheblicher Teil des Verkehrszuwachses nicht über das Auto gehen kann: Ohne weitere Straßen wird es nicht gehen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Oliver Friederici (CDU) und Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU)]

Ganz besonders deutlich wird das im Nordosten unserer Stadt. Dazu drei Punkte: Durch die dortigen Neubaugebiete Blankenburger Süden, Pankower Tor und hoffentlich auch Elisabeth-Aue werden dort zusätzlich Zehntausende Menschen wohnen. Die können nicht alle mit dem ÖPNV und dem Fahrrad kommen und müssen auch durch Lieferverkehr versorgt werden können.

[Beifall bei der FDP]

Es entstehen – zweitens – neue Bedarfe und Verkehrsströme. Die Leute fahren nicht alle von außen nach innen in die Stadt, sondern es fahren inzwischen auch viele tangential zur Innenstadt. Und so, wie man für diese Tangentialverkehre die TVO im Osten braucht, braucht man unbedingt auch Lösungen im Norden im Verkehr zwischen Reinickendorf, Pankow und Hohenschönhausen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Oliver Friederici (CDU)]

Drittens: Im Nordosten verstopfen derzeit schon der Pendler- und der Güterverkehr die Ortsdurchfahrten und belästigen die Anwohner, weshalb zu Recht einzelne Ortsumfahrten geplant worden sind. Das reicht aber nicht. Wir haben im Nordosten derzeit ein Flickwerk von Einzelprojekten bestehend aus Ortsumfahrungen, älteren Planungen, die im Raum stehen, wie der TV Nord, und ganz alten Vorstellungen, wie dem Nordring, der Weiterführung der Stadtautobahn. Diese Ansätze müssen nun im Licht der neu entstehenden Bedingungen und Anforderungen kritisch überprüft, angepasst und endlich zu einem stimmigen Gesamtkonzept zusammengeführt werden.

[Beifall bei der FDP]

Dieses Konzept muss – erstens – Pendler- und Güterverkehre vernünftig führen, solange sie nicht ganz aus der Stadt herausgehalten werden können. Es muss – zweitens – die großen Neubaugebiete im Norden erschließen, zusätzlich zu den ÖPNV-Anbindungen, die dort nötig sind, und – drittens – die völlig unterschätzten Querverbindungen, also die tangentialen Verkehre führen. Hier besteht ganz erheblicher Bedarf zwischen Reinickendorf und Pankow. Das wissen wir alle. Die Bedingungen im Nordostraum haben sich inzwischen gegenüber den alten Planungen deutlich verändert. Ein reines Aufwärmen alter Lösungen, wie es die AfD letztens mit dem Nordring getan hat, bringt gar nichts. Die Verkehrsströme laufen heute völlig anders.

[Beifall bei der FDP]

Dass der Verkehr im Nordosten wirklich am Anschlag ist, hat man letztes Jahr gesehen. Als die S-Bahn wegen Bauarbeiten am Karower Kreuz gesperrt war, brach im Nordosten der Straßenverkehr – auch der Ersatzbusverkehr – zusammen. Es gibt dort keine Reservekapazitäten mehr in den Straßen. Das Gleiche wird jetzt wieder für über 50 Tage geschehen, wenn nach Blankenburg, Karow und Birkenwerder keine S-Bahnen mehr fahren. Wenn eine SBahnsperrung zum sofortigen Verkehrschaos führt, sind wir im Nordosten wirklich am Anschlag dessen, was die Straßen bewältigen können.

[Beifall bei der FDP]

Die eklatanten Schwachstellen des Straßennetzes im Nordosten müssen deshalb jetzt ohne Verzögerung dringend angegangen werden. Die wichtigsten davon haben wir in unserem Antrag aufgelistet. Wichtig ist uns vor allem, diese vielen Anforderungen und Ansätze zu einem Gesamtkonzept zusammenzuführen und dann die Infrastruktur rechtzeitig bereitzustellen. Die Infrastruktur muss dann fertig sein, wenn die Menschen in die Neubaugebiete ziehen. Eine Verzögerung können wir uns nicht weiter leisten. Deshalb bitte ich Sie, diesen Antrag zu unterstützen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Schopf das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollegen Schmidt! Sie greifen mit Ihrem Antrag ein sehr wichtiges und zentrales Verkehrsthema auf. Es ist aber auch richtig: Das Thema der verkehrlichen Entwicklung im Nordosten beschäftigt uns nicht erst seit gestern.

Allein acht Jahre haben wir um eine Einigung für das Pankower Tor gerungen. Der S-Bahnhof Pankow ist ein Nadelöhr. Das ist bekannt, und daher sollen nun am Pankower Tor unter anderem eine Tramverbindung von Pankow entlang der Granitzstraße über Heinersdorf nach Weißensee und ein Fahrradparkhaus für ca. 1 000 Räder in U-Bahnnähe für Entlastung sorgen. Der Kfz-Verkehr aus dem Brandenburger Umland kann über die A 114 direkt auf das Grundstück münden, sodass der Durchgangsverkehr durch die bestehenden Wohnquartiere vermieden wird.

Wir alle wissen um die zunehmenden Herausforderungen der verkehrlichen Infrastruktur im Norden. Der Straßenverkehrsraum umfasst dabei verschiedene Entwicklungsgebiete mit künftig unterschiedlichen Bedarfen. Einige haben Sie, Herr Schmidt, hier zu Recht genannt. Einkaufszentren, neue Wohnkomplexe, Schulen innerhalb dieser neuen Entwicklungsgebiete machen eine Anpassung bzw. Neuerarbeitung der Straßeninfrastruktur unerlässlich. Die derzeitige und künftige Einwohnerentwicklung sowie die zunehmenden Verkehrsströme erfordern bedarfsgerechte Lösungen und eine neue Prüfung der Straßenverkehrsplanung. Das ist alles richtig beobachtet.

Nur leider lassen Sie unerwähnt, dass die bestehenden Defizite schon längst erkannt wurden und angegangen werden. Der Senat hat bereits Ende 2016 eine verkehrliche Untersuchung zum Straßennetz im Nordostraum Berlins infolge der neuen städtebaulichen Entwicklung ausgeschrieben. An die von Ihnen geforderte Gesamtuntersuchung wurde also gedacht. Kern der Untersuchung war gerade die strategische Entwicklung und Gestaltung des zukünftigen übergeordneten Straßennetzes. Dabei wurden die Pendlerströme des Berliner Umlands und Bezirksverflechtungen innerhalb der Stadt berücksichtigt. Auch die Anbindung des Ortsteils Buch an die A 10, 11 sowie 114 wurde bereits untersucht. Gegenstand war die verkehrliche Untersuchung für den Stadtraum Karow/ Buch und die Frage der Auswirkungen einer Anschlussstelle an den nördlichen Berliner Ring. Drei potenzielle Standorte mit unterschiedlichen Varianten eines Autobahnanschlusses an der A 10 auf Berliner Gebiet wurden untersucht. Auch die bessere Anbindung an das übergeordnete Straßennetz ist im Stadtentwicklungsplan Ver

kehr mitgedacht. Als ergänzender Straßenneubau ist unter anderem die B-2-Verbindungstraße im Ortsteil Karow vorgesehen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein! – Diese Querverbindung verbessert die verkehrliche Anbindung der Ortsteile Karow und Buch und schafft eine Feinverteilung der Quell- und Zielverkehre. Der Baubeginn für die Verbindungsstraße ist für 2019 zu erwarten. Für uns ist zudem der Ausbau der jetzigen Halbanschlussstelle Bucher Straße an der A 114 zu einem Vollanschluss zentral. Schaut man sich die bestehenden Planungen für die von Ihnen benannten Ortsumfahrungen an, so sind diese nicht nur Bestandteil der 16 Planfälle der Netzuntersuchung, sondern bereits in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen. Insbesondere in der Umsetzung der Netzelemente im Rahmen der Verkehrslösung Heinersdorf liegt ein Entlastungspotenzial.

Noch ein Satz zur Tangentialverbindung Nord bzw. deren Planung: Die Querverbindung vom Märkischen Viertel bis Hohenschönhausen in der Form der Tangentialverbindung Nord lehnen wir ausdrücklich ab.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Wir setzen weiterhin auf die Stärkung des ÖPNV und wollen die Straßen von Verkehr entschlacken und nicht das Gegenteil erreichen. Auch den Lückenschluss der Stadtautobahn befürworten wir nicht. Ihnen müsste auch bekannt sein, dass die Anpassung des Berliner Straßennetzes über den StEP Verkehr erfolgt und selbstverständlich einem ständigen Fortschreibungs- und Aktualisierungsprozess unterliegt.

Abschließend: Es ist richtig, dass eine umfassende Verkehrsanalyse und Verkehrszählung insbesondere der Lieferverkehre für die Verkehrsräume Pankow-Nord und Reinickendorfer Ortsteile sinnvoll sind. Denkbar für uns wäre in diesem Zusammenhang z. B. die Einrichtung eines Runden Tisches Wirtschaftsverkehr unter Vorsitz und Federführung der Senatsverwaltung. Also, lassen Sie uns die fehlenden Aspekte in Ihrem Antrag gerne im Ausschuss konkretisieren! – Herzlichen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Friederici das Wort.

Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es ist in der Tat so: Reinickendorf und vor allem Pankow gehören zu den Wachstumsbezirken unserer Stadt. Gerade Pankow hat seit der Wende mindestens ein Viertel an Anwohnern zugelegt. Vor allen Dingen ist dort auch die Beschäftigungsquote deutlich gestiegen. Wir haben in den letzten Jahren – und das gehört auch zum verantwortungsvollen politischen Handeln, es zu erkennen – den Nordostraum unserer Stadt ein wenig vernachlässigt. Dazu gehört auch beim Bahnverkehr, dass wir immer noch keine leistungsfähige Kremmener Bahn wie auch die Heidekrautbahn haben und dass bedauerlicherweise noch immer nicht die S 25 zweigleisig von Berlin nach Brandenburg fährt.

Wenn wir aber im Bereich der Straßenverkehrsanbindung die Situation dort sehen, erkennen wir heute schon, dass die B 96 überlastet ist, dass die zuführenden Autobahnzubringer in der Tat überlastet sind. Es ist völlig richtig, dass man nicht nur die Zuleitung aus Brandenburg nach Berlin, sondern auch die Tangentialverkehre im Blick haben muss, da sie wachsen. Menschen, die von außen nach Berlin reinfahren, fahren auch innerhalb der Stadt, auch quer durch Berlin. Um Brandenburger Ziele zu erreichen, findet Verkehr statt.

Herr Schopf! Wenn Sie sagen: Sie untersuchen, sie untersuchen, sie untersuchen. – Das ist immer so: Sie sagen immer das Gleiche. Sie finden solche Anträge immer gut, wenn sie von der Opposition, von der CDU, von der FDP, kommen, aber dann kommt immer das Wort „Untersuchung“, dann kommt die Ausschussberatung und am Schluss – das kann ich Ihnen garantiert sagen – kommt nicht einmal ein Änderungsantrag. Sie werden diesen Antrag ablehnen. Das ist Verweigerung, und das ist nicht gut.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Sebastian Czaja (FDP): Das ist realitätsfern!]

Sie tun mir in gewisser Weise leid: Sie müssen immer etwas begründen, was Sie vielleicht gut finden – und ich merke das auch; Sie tun sich damit auch schwer. Denn es ist in der Tat so: Die Koalitionsvereinbarung wie auch die Reden der anderen Koalitionsredner sind ein belegtes Beispiel dafür: Sie haben eine zentrierte verkehrspolitische Einstellung auf die Innenstadt Berlins, auf den S-Bahnring. Darum kümmern Sie sich. Dort verkleinern Sie Verkehrsflächen. Dort wollen Sie Straßenbahnen bauen, möglichst, um den individualen, den motorisierten Verkehr zu behindern, und Sie verhindern U-Bahnen, Sie vergrößern Fahrradverkehrsflächen. Das ist Ihre Richtung. Den Außenraum haben Sie völlig aufgegeben. Dazu sagen Sie in keiner Weise etwas.