Protocol of the Session on March 22, 2018

[Danny Freymark (CDU): Ihr Beitrag ist peinlich, einfach nur peinlich!]

zumindest merkt man es Ihrem Antrag nicht an. Ihr Antrag lässt eine angemessene Würdigung und ein Eingehen auf die Vorstellungen der Opferverbände und Aufarbeitungsinitiativen vermissen. Das finde ich schwach. Ich verstehe, ehrlich gesagt, auch nicht, warum jetzt dieser Antrag sofort abgestimmt werden soll. Geben wir doch den Verbänden die Möglichkeit, in einem transparenten Anhörungsverfahren im Ausschuss Stellung zu beziehen, statt das Verfahren jetzt unnötig zu forcieren!

[Beifall bei der AfD]

Lassen Sie uns das Gelände gemeinsam mit den Initiativen behutsam weiterentwickeln, ohne Zeitdruck, aber mit klarem Kompass! Dann werden wir auch den Ort der Aufklärung, der Erinnerung, des Gedenkens und der politischen Bildung bekommen, den wir uns erhoffen. Um das zu erreichen, bitte ich Sie um Zustimmung zum Antrag der AfD-Fraktion. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für eine Zwischenbemerkung hat die Kollegin Dr. West jetzt das Wort.

Herr Trefzer! Da Sie gerade quasi behauptet haben, in dem Antrag würden die dort ansässigen Initiativen nicht mit eingebunden werden, darf ich mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, kurz zitieren. Ich zitiere aus einem der beiden Anträge. Sie können ja mal raten, welcher das ist.

Der Senat wird aufgefordert, zu diesem Zweck ein Standortmanagement einzurichten, das die Interessen der verschiedenen ansässigen Institutionen und der Eigentümer auf dem Campus bündelt, ein gemeinsames Konzept erarbeitet und die Umsetzung vorbereitet.

(Martin Trefzer)

Ich gebe Ihnen einen kleinen Tipp: Es ist nicht aus Ihrem Antrag.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]

Zur Erwiderung hat der Abgeordnete Trefzer das Wort.

Vielen Dank, Frau Dr. West, dass Sie mir noch mal Gelegenheit geben, genau auf diesen Unterschied Ihres Antrags mit unserem Antrag hinzuweisen! Sie reden von allen möglichen Initiativen, aber Sie nennen eben nicht die Aufarbeitungsinitiativen, wie das der AfD-Antrag sowohl in seinem zweiten – –

[Dr. Clara West (SPD): In der Begründung weiter unten!]

Schauen Sie mal! Das ist der Unterschied. Im AfDAntrag heißt es, dass der maßgebliche Träger eben die Aufarbeitungsinitiativen sein sollen. In der Begründung führen wir dies ausführlich aus. Das vermisse ich einfach in Ihrem Antrag. Sie reden über Standortmanagement. Sie sagen, dass da was passieren soll, dass der Senat beteiligt sein soll, aber Sie erwähnen die herausragende Rolle, die die Aufarbeitungsinitiativen bislang bei der positiven Entwicklung dieses Areals gespielt haben, eben ausdrücklich nicht. Und das ist der Unterschied. Wir wollen ganz explizit, dass die Aufarbeitungsinitiativen auch in Zukunft an führender Stelle bei der Entwicklung dieses Areals beteiligt sind, und deswegen schreiben wir das so rein. Das vermisse ich bei Ihnen.

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Otto das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist sinnvoll, jetzt wieder zum Anliegen zurückzukommen,

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU, der LINKEN und der FDP]

dazu, dass wir uns in dieser Legislaturperiode – ich finde, das war in aller Regel mit großer Einmütigkeit und einem sehr breiten Engagement aus allen Fraktionen – mit vielen Themen der Auseinandersetzung mit der Diktatur schon beschäftigt haben. Wir haben hier Beschlüsse gefasst zur Rehabilitierung von Opfern, zur Evaluierung des Standes der Aufarbeitung in Berlin, zur Novelle des Gesetzes über den Landesbeauftragten u. v. m. Wir haben Mittel im Haushalt aufgestockt, weil Aufarbeitung wich

tig ist. Das ist nicht nur für diese Koalition gültig, sondern eben auch für andere Fraktionen, bei denen ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken möchte.

Heute geht es um einen Ort, die ehemalige Stasi-Zentrale in Lichtenberg. Wo Erich Mielke wütete, lebt heute die Demokratie, und das finde ich sehr gut.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU, der LINKEN und der FDP]

In der Magdalenen Straße wurden Menschenrechte systematisch gebrochen. Wir hier im Abgeordnetenhaus setzen uns dafür ein, dass Menschenrechte gelten, nicht nur in Berlin, sondern weltweit. Das ist unser Auftrag hier. Für diesen Anspruch steht auch genau dieser Ort in Lichtenberg. Ein Ort der Erinnerung, des Gedenkens, aber auch des Lernens und des Lebens soll da entstehen, nicht zuletzt auch des Tourismus. Es kommen viele Menschen nach Berlin, die genau nach solchen Orten suchen, mit Archiven, Bildungseinrichtungen, Kultur und Gastronomie. All das wünschen wir uns da.

Der Anfang ist seit vielen Jahren gemacht. Die Demokratie hat in der Magdalenen Straße schon 1990 mit der Erstürmung am 15. Januar angefangen, mit der Ansiedlung von Aufarbeitungsinitiativen, der ASTAK und dem Stasi-Museum, jüngst mit der Ansiedlung der RobertHavemann-Gesellschaft, der Ausstellung über Opposition und Widerstand im Innenhof. Das ist ein Ort der Demokratie. Die lebt da, und das wollen wir weitermachen, ausbauen und verbessern. Das nimmt heute einen neuen Anfang.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU, der LINKEN und der FDP]

Dort sind auch der Sitz und das Archiv des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, eines Archives, wo man erstmalig auf der Welt bei einer Diktatur die Pläne der Geheimpolizei einsehen, nachlesen und sie zu verstehen versuchen konnte. Wer einmal im Archiv war, weiß, dass dort 6 Millionen DDR-Bürger in einer Basiskartei gespeichert waren. Das lässt nur erahnen, welche Dimension von Kontrolle, Überwachung und Zersetzung dort angesiedelt war. Das wollen wir ändern. Es muss aus dem Ort des Schreckens ein Ort des Lebens und der Demokratie werden. Da bin ich sehr optimistisch.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU, der LINKEN und der FDP]

Dieser Ort soll mit den Institutionen entwickelt werden, die schon da sind. Ja, mit wem denn sonst? Gemeinsam mit denen, denen die Grundstücke dort gehören. Ja, mit wem denn sonst? Dafür soll es dieses Standortmanagement geben. Das ist ein sperriger Begriff. Das ist eine Einrichtung, die die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, weil das nicht nur ein Erinnerungs-, sondern auch ein Stadtentwicklungsthema ist, einrichten wird. Weil die Senatsverwaltung nicht unbedingt die höchste Kompetenz für die Aufarbeitung von Diktaturen hat, haben wir den

(Dr. Clara West)

Landesbeauftragten für die Aufarbeitung gebeten, da mitzuwirken, weil er inhaltlich auf der Höhe der Zeit ist und über das Thema Bescheid weiß. Deswegen steht auch das in der Begründung dieses Antrags. Ich glaube, das ist richtig. Dabei unterstützen wir den Senat und den Landesbeauftragten. Ja, was denn sonst?

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU, der LINKEN und der FDP]

Hier wird eine Konzeption für den Campus erwartet. Dafür muss es natürlich Gespräche geben, und dafür muss es Geld geben. Die einzelnen Grundstücke und Gebäude auf dem Gelände haben verschiedene Eigentümer: den Bund, das Land Berlin, mehrere Private. Das erschwert natürlich die Umsetzung einer Idee aus einem Guss. Das ist doch ganz klar. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass fast 30 Jahre nach 1989 eben auch diese Geschichte Spuren hinterlassen hat. Die Zersplitterung der Eigentümerstruktur ist ein Ergebnis. Aber damit müssen wir umgehen, und damit muss man anfangen.

Ich habe mich gefreut, Kollege Freymark ist schon darauf eingegangen, dass sich auch die Koalition auf Bundesebene vorgenommen hat, gerade an solchen Orten etwas zu tun. Ich lese Ihnen mal kurz einen Satz aus der dortigen Koalitionsvereinbarung vor. Da steht:

Wir wollen den Erhalt der authentischen Gedenkorte und Zeugnisse kontinuierlich fördern und Steigerungen der Bundesbeteiligungen bei den Investitionen im Bereich der Erinnerungskultur erreichen.

Das haben die sich vorgenommen, und das nehmen wir an. Da, denke ich, sind wir uns hier alle einig.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU und der LINKEN]

Diese Idee, diese Konzeption muss entstehen. Natürlich werden wir das in den Ausschüssen bereden. Natürlich werden wir dazu Anhörungen machen. Aber ich denke, es ist trotzdem sinnvoll, dass wir diesen Antrag heute beschließen, damit der Senat losarbeiten kann. Wir haben ja begleitend dazu auch im Haushalt schon Mittel für dieses Standortmanagement eingestellt. Das muss jetzt losgehen. Wir haben hier hineingeschrieben: Zum Ende Mai soll der erste Bericht vorgelegt werden.

Herr Kollege! Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin! – Dann werden wir uns weiter damit befassen, und dann werden wir sehen: Wie ist die Gebietsabgrenzung des Ortes? Was soll da alles geschehen? Mit welchen Institutionen ist schon geredet und verhandelt worden? – Ich bin optimistisch. Es ist eine große Aufgabe. Unsere Erwartungen

sind hoch, aber ich setze auf den Senat und auf den Beauftragten für die Aufarbeitung der Diktatur, der da oben sitzt. Herzlich willkommen, Herr Sello! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU, der LINKEN und der FDP]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Förster das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Sello, schön, dass Sie da sind! – Seit 2012 ist die Idee des Campus für Demokratie in der Diskussion. Nun wird sie mit Leben erfüllt. Die bisher als Repressionsinstitution bekannten Gebäudekomplexe sollen positiv besetzt werden. Hierzu soll ein Ort des Verweilens und des Lernens mit Institutionen der Aufklärung und der Gesellschaft etabliert werden. Einer der Gründungsväter ist ganz sicher Roland Jahn, der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen. Ich darf ein kurzes Zitat von ihm, Frau Präsidentin, hier anbringen, wie er den Campus für Demokratie eingeordnet sieht. Ich zitiere:

Die Idee für einen Lernort Stasi-Zentrale ist eine Einladung an staatliche und gesellschaftliche Institutionen, dieses Gelände 28 Jahre nach der friedlichen Revolution weiterzuentwickeln. Neben dem längst fest in der Berliner Aufarbeitungslandschaft verankerten Stasi-Museum und dem Stasi

Unterlagenarchiv sollen weitere Angebote entstehen, die zur Auseinandersetzung über Demokratie und Diktatur anregen.

Ich denke, das ist ein sehr lohnender Ansatz.

[Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN]

Mittlerweile ist eine ganze Generation herangewachsen, die weder DDR noch Mauerfall erlebt hat und die auch künftig z. B. mit der Ausstellung, die den Titel „Einblick ins Geheime“ trägt, auf drei Etagen im teilsanierten Haus 7 mit den damaligen Ereignissen konfrontiert wird. Bisher gab es nur limitierte Führungen durch das Archiv. Nun wird extra ein separater Bereich mit einem eigenen Eingang und einer Ausstellung geschaffen, in der großformatige Fotos, Installationen von Aktenstapeln, Originalkarteischränke, begehbare Akten u. Ä. gezeigt werden und im Übrigen auch die Arbeitsweise des MfS als Teil der SED-Diktatur erkundet werden kann und natürlich auch durch führende DDR-Oppositionelle Führungen angeboten werden. Auch das ist etwas, was bisher an dem Standort, in dieser Form, in dieser Ausführlichkeit noch nicht da war. Auch dafür lohnt es sich, den Campus für Demokratie einzurichten und weiterzuentwickeln.

(Andreas Otto)

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU der LINKEN und den GRÜNEN]