Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute die Gelegenheit haben, über den Campus für Demokratie zu sprechen, eine Idee, die 2012 von Roland Jahn geboren wurde. Der eine oder andere dachte, das sei ein bisschen Quatsch oder vielleicht sogar etwas überzogen, aber es war genau richtig, in einer Stadt wie Berlin, einer Stadt der Freiheit so etwas zu diskutieren und zu ermöglichen. Die letzten sechs Jahre haben gezeigt: Die Debatten waren notwendig. Aber es zeigt sich auch: Die Debatten bringen ein Ergebnis. Das sehen wir heute. Fünf von sechs Fraktionen sagen Ja und geben ein klares Bekenntnis zu diesem Ort ab. Das ist ein wunderbares Zeichen in diese Stadt hinein. – Vielen herzlichen Dank!
Wir haben aus den letzten 28 Jahren gelernt, dass es auf der einen Seite um Aufarbeitung geht. Da haben wir die ASTAK, das Stasi-Museum, die BStU und die RobertHavemann-Gesellschaft, die mittlerweile selber am Standort angesiedelt ist. Ich habe Tom Sello hier gesehen. – Herzliches Willkommen! – Er hat selber jahrzehntelang für die Havemänner gekämpft. Auf der anderen Seite geht es um Aussöhnung, um Zehntausende Opfer, die von diesem Ort aus bestraft, verfolgt, beobachtet, überwacht und unschuldig eingeknastet wurden. Es geht darum,
diesen Menschen heute wieder ein klares Zeichen zu geben, zu sagen: Berlin hat verstanden. Wir haben mit dem Campus für Demokratie in bewegten Zeiten eine Antwort, die nicht nur in Berlin wahrgenommen wird, sondern in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt. Dafür sage ich auch Danke.
Es ist schon einiges passiert. Die Robert-HavemannGesellschaft hat die Ausstellung „Revolution und Mauerfall”, die Millionen Menschen auf dem Alexanderplatz begeistert und angesprochen hat, dort hingeholt. Die Havemänner sind dort angesiedelt. Die BStU hat Räume angekauft und hat dort Bibliotheken etc. Dieser Ort lebt von der Lebendigkeit. Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Orte vergammeln oder die traurige Geschichte, die geschrieben wurde, das einzige Zeichen ist, das wahrgenommen wird. Nein! Dort muss Begegnung geschaffen werden. Es muss Bibliotheken, Cafés, Gewerbe, Wohnen, Ateliers geben. Das ist ein Campus für Demokratie. Das sind die Werte, für die wir stehen. Freiheit, Demokratie, selbstbewusstes Auftreten, Meinungsfreiheit, Generationengerechtigkeit – all das geht von diesem Ort aus. Dafür müssen wir noch einiges tun, aber dieser Antrag ist ein ganz wesentliches Signal in diese Richtung.
Nächstes Jahr feiern wir 30 Jahre friedliche Revolution. Das ist ein wunderbarer Anlass zu sagen, jetzt nehmen wir auch einmal Geld, Zeit und Verantwortung in die Hand und investieren sie genau dort.
Was Parlamentarismus bringt, zeigt dieser Antrag auch. Es gab immer die Überlegung, vielleicht eine Projektgesellschaft zu gründen, denn die Eigentumsverhältnisse vor Ort sind schwierig. Es ist nicht alles in Landesbesitz. Wir können nicht per Fingerschnips heute schon alle Entwicklungen vorausahnen oder gar anweisen. Das wird nicht funktionieren. Aber ein Standortmanager, der vor Ort die Aufgabe hat, zu bündeln, die Kritik von Initiativen aufzunehmen und sinnvoll einzubringen, führt auf den richtigen Weg. Darauf können wir aufbauen. Auch dafür bin ich sehr dankbar.
Viele Kollegen haben sich hier verdient gemacht. Ich will zuerst Frau Staatsministerin Grütters nennen, die schon 2013 mit dem Koalitionsvertrag auf Bundesebene gesagt hat: Wir brauchen einen Leuchtturm. Wir wollen diesen Ort der Demokratie entwickeln. Das hat super funktioniert. Sie war bereit, Geld zu geben. Sie hat sich aktiv eingebracht. Sie hat sich um diese Stadt verdient gemacht. Dafür gebührt ihr Dank.
Es gebührt auch meinen Kollegen hier im Haus Dank: Herrn Andreas Otto, Frau Dr. Clara West und unserem kulturpolitischen Sprecher, Herrn Dr. Juhnke. Sie drei – das sage ich in klarer Offenheit – haben möglich gemacht, dass wir heute darüber diskutieren können. Es ist ein gutes Zeichen für unsere demokratischen Werte und für unseren Parlamentarismus, dass fünf von sechs Fraktionen mitmachen. Ohne Sie alle als Einzelpersonen wäre einiges nicht möglich gewesen. Das ist Aufgabe und Verpflichtung zugleich, nicht aufzuhören, sondern weiterzumachen.
Da nehme ich den Regierenden Bürgermeister mit in die Pflicht. Heute darf er bei dieser Diskussion noch fehlen, beim nächsten Mal wird er selbstverständlich dabei sein, weil er sieht, wie wichtig dieses Thema für diese Stadt ist. Nehmen Sie diesen Apell mit! Nehmen Sie auch die Leidenschaft der weiteren Redner mit! Das wird eine Aufgabe sein, an der wir Sie als Exekutive, als ausführende Gewalt messen werden. Sie müssen möglich machen, was in diesem Antrag steht. Da reicht uns kein Brief oder ein Klopfen an der zweiten Tür hinten links. Das wird nicht reichen. Wir werden Antreiber sein. Wir werden Unterstützer sein. Wir werden dieses Thema weiterhin begleiten. – Vielen Dank!
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der FDP – Beifall von Andreas Otto (GRÜNE)]
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über den Campus der Demokratie sprechen, dann reden wir nicht über irgendein Projekt oder irgendeine Liegenschaft in unserer Stadt, sondern immer auch über einen angemessenen und sensiblen Umgang mit einer Vergangenheit, die niemals in Vergessenheit geraten darf.
[Beifall bei der SPD, der CDU, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP – Beifall von Karsten Woldeit (AfD)]
Es geht um einen respektvollen Umgang mit den Opfern der Diktatur und all denen, die damals die Stasi-Akten vor der vollständigen Vernichtung bewahrt haben. Es geht einmal mehr darum, jenseits von Gedenktagen und schönen Sonntagsreden das Erbe der friedlichen Revolution zu bewahren, ohne das es die deutsche Einheit nicht geben würde.
Das ehemalige Stasi-Gelände ist ein Ort, der gleichermaßen für die Diktatur wie auch ihre Überwindung steht. Am 15. Januar 1990 stürmten Bürgerinnen und Bürger
die Stasi-Zentrale und erkämpften später die Öffnung der Akten. Viele engagieren sich bis heute. Insofern ist die ehemalige Stasi-Zentrale bereits seit vielen Jahren ein Ort der Aufklärung der DDR-Vergangenheit.
Es war klar, dass die Entwicklung eines tragfähigen Gesamtkonzepts für einen angemessenen Umgang mit der ehemaligen Zentrale Zeit brauchen würde. Aber nun wird schon seit geraumer Zeit darüber diskutiert, was mit dem Gelände passieren soll. Nun wird es Zeit, dass etwas passiert. Ich bin froh darüber, dass es erneut gelungen ist, über die Grenzen von Regierungs- und Oppositionsfraktionen hinweg eine Initiative auf den Weg zu bringen, hinter der fünf Fraktionen dieses Hauses stehen. Das zeigt im Übrigen einmal mehr, dass wir grundsätzlich einen Konsens darüber haben, dass die Auseinandersetzung mit der DDR und der Teilung unserer Stadt die gemeinsame Aufgabe aller demokratischen Kräfte in unserem Parlament ist und bleibt.
Es wurde bereits erwähnt, es ist kein dünnes Brett, das hier gebohrt werden soll. Nicht alle Immobilien auf dem Gelände gehören der öffentlichen Hand. Es wurde schon erwähnt, manche sind privat, gehören dem Land Berlin oder dem Bund. Wenn viele zuständig sind, ist es oft so, dass sich niemand wirklich verantwortlich fühlt. Das bedeutet dann, dass manchmal wenig und schlimmstenfalls gar nichts passiert. In dieser wichtigen Frage kann und darf das nicht so laufen. Darauf dürfen wir es nicht ankommen lassen. Ich bin zuversichtlich, denn die Akteure vor Ort, wie das Archiv des Bundesbeauftragten, das Stasi-Museum, mehrere Opferverbände oder auch die Robert-Havemann-Gesellschaft wollen gemeinsam etwas bewegen. Es geht nur noch darum, den Rahmen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Das Gelände macht momentan keinen besonders einladenden Eindruck, das muss man ehrlicherweise sagen. Wer dort hingeht, der tut das, um gezielt eine der Einrichtungen aufzusuchen oder um ins Stasi-Museum zu gehen. Wohl niemand möchte umgekehrt aus dem Gelände so etwas wie einen Wohlfühlort oder ein Disneyland machen. Ich persönlich stelle mir dort einen Ort vor, der einzigartig ist, lebendig, einen modernen Museums-, Lern- und Forschungsort, einen Ort, der zur Auseinandersetzung mit der DDR-Diktatur und der friedlichen Revolution einlädt, die diese Diktatur hinweggefegt hat, einen Ort, der Geschichte erfahrbar macht, gerade für die Jüngeren, die keine eigenen Erinnerungen mehr haben. Wir wünschen uns doch, wir verlangen doch geradezu von ihnen, dass ihre Großväter und Großmütter, ihre Väter und Mütter verstehen lernen, dass sie begreifen, wie hart erkämpft und wie kostbar Freiheit und Demokratie sind, und wie leicht man beides auch verspielen kann, dass sie in letzter Konsequenz die richtigen Lehren aus der Vergangenheit ziehen. Wenn wir das alles – das ist nicht wenig – von ihnen erwarten, müssen wir Orte schaffen,
Es gibt dazu sicherlich auch andere oder weitergehende Vorstellungen oder Ideen, aber so, wie es ist, kann es auf keinen Fall bleiben. Wir müssen einen Arbeitsprozess in Gang setzen, an dessen Ende ein Ergebnis steht. Wir brauchen ein Standortmanagement, unter dessen Dach alle Beteiligten eine gemeinsame Vorstellung über die Zukunft des Geländes nicht nur entwickeln, sondern auch umsetzen können. Mit diesem Antrag wollen wir den Senat dabei unterstützen und ihn ebenso wie den Bund in die Pflicht nehmen. Lassen Sie uns Nägel mit Köpfen machen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht heute um die Frage einer vernünftigen und historisch verantwortungsvollen Weiterentwicklung des ehemaligen Stasi-Geländes in Lichtenberg. Gewiefte Marketingstrategen haben das Projekt schon vor einigen Jahren unter das Label „Campus für Demokratie“ gestellt, so als hätte es den historisch kontaminierten, totalitären Demokratiebegriff der DDR nie gegeben. Wenn Markus Wolf noch lebte, davon bin ich überzeugt, er hätte seine Freude an dieser Bezeichnung.
Jetzt haben sich also fünf Fraktionen zusammengefunden, um einen solchen Campus für Demokratie zu entwickeln. Aber, das versteht sich bei diesen Musterdemokraten von selbst, selbstverständlich ohne die AfD.
Ich weiß nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von den anderen Parteien, ob Sie die durch den „Spiegel“-Artikel „Was für Helden“ von Konstantin von Hammerstein ausgelöste Debatte kennen.
Darin, Herr Förster – Sie kennen sie vielleicht –, geht es um die Frage, warum immer mehr ehemalige DDR-Bürgerrechtler offen mit der AfD sympathisieren. Die Antwort darauf jedenfalls ist in nuce in Ihrem Antrag zu besichtigen. Sie merken nicht einmal mehr, wie sehr Sie mit Ihrem Vorgehen den heutigen Vertretern der sozialistischen Einheitsdemokratie auf den Leim gehen.
Indem Sie die AfD außen vor und Ihren Antrag lieber von ehemaligen SED- und FDJ-Mitgliedern unterschreiben lassen, schaden Sie der freiheitlichen Demokratie, die Sie doch eigentlich gerade befördern wollen.
Da kommen die Bürgerrechtler nachvollziehbarerweise lieber gleich zur AfD als bei dieser Einheitsfront mitzumachen.
Nein, keine Zwischenfragen! – Jetzt zum Antrag selbst: Die AfD-Fraktion hat einen Ersetzungsantrag vorgelegt, und zwar aus dem einfachen, aber entscheidenden Grund, weil wir wollen, dass bei der Entwicklung des Areals die Aufarbeitungsinitiativen die Verantwortung für den Entwicklungsprozess behalten. Denn das ist das große Manko Ihres Antrags: Sie wollen ein Standortmanagement, aber Sie würdigen mit keinem Satz die Tatsache, dass die positive Entwicklung des Areals bislang nicht zuletzt von den Aufarbeitungsinitiativen vor Ort geprägt worden ist.
Es waren Vereine wie der ASTAK, denen das Verdienst zukommt, dass sich der Gebäudekomplex von der zentralen Stelle der Machtsicherung der SED-Diktatur zu einem Ort bürgerschaftlicher Aufarbeitung des DDR-Unrechts gewandelt hat. Dafür und für alles Geleistete möchte ich mich an dieser Stelle einmal im Namen der AfD-Fraktion bei den Aufarbeitungsinitiativen und allen Beteiligten ganz herzlich bedanken!
Damit diese positive Entwicklung nicht abreißt, wollen wir, dass die Aufarbeitungsinitiativen unverändert die Federführung behalten – deshalb unser Ersetzungsantrag. Das Einzige, das im Blockantrag von SPD, Linke, Grüne, CDU und FDP zum Ausdruck kommt, ist, dass irgendetwas auf dem Gelände passieren soll, dass irgendetwas gemanagt werden soll. Darin sind Sie sich einig. Armseliger geht es eigentlich nicht.
Bezeichnend für Ihre Unbedarftheit war doch, dass Sie in einem ersten Entwurf offensichtlich bereit waren, den Namen der U-Bahnstation „Magdalenen Straße“ zu opfern. All dies zeigt, Sie haben kein klares Bild von dem, was passieren soll. Sie eiern rum, wenn es darum geht zu sagen, wohin die Reise erinnerungspolitisch gehen soll. Ihrem Antrag fehlt die politische Richtschnur.
Genau hier schafft der Ersetzungsantrag der AfDFraktion Abhilfe. Unser Antrag hat einen klaren Kompass, wir wollen und schreiben in ihm ausdrücklich fest, dass die Aufarbeitungsinitiativen im Fahrersitz bleiben. Denn nur das kann die Gewähr dafür sein, dass wir eine tragfähige Entwicklung auf dem Stasi-Areal bekommen. Dass der Senat oder irgendein Standortmanagement mitverantwortlich sein sollen, ist am Ende keine Garantie für gar nichts, außer vielleicht für heiße Luft und geschichtspolitische Beliebigkeit. Das darf es gerade dort nicht geben.
Ich habe auch ein bisschen den Eindruck, Herr Freymark, Sie haben gar nicht mit den Aufarbeitungsinitiativen gesprochen,