Ich eröffne die erste Lesung. Auch hier ist eine Beratung nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Auch hier höre ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz vom 15. Februar 2018 Drucksache 18/0849
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz vom 15. Februar 2018 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 28. Februar 2018 Drucksache 18/0888
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Wildschweine und die Schäden, die von ihnen in der Großstadt ausgehen, scheint die Koalitionsfraktionen nicht sonderlich zu interessieren, wenn man sieht, wie kurz dazu die Beratung im Ausschuss gewesen ist. Offensichtlich gibt es keine Berichte von Radfahrern in Mitte, Kreuzberg oder Prenzlauer Berg, die sich durch Wildschweine gefährdet fühlen. Ansonsten wäre das vielleicht anders.
So sind es aber nur die Menschen in den Außenbezirken, die sich Sorgen um ihre Kinder machen, wenn diese in Waldnähe oder einfach nur im Freien spielen wollen. Und es sind die Sorgen derjenigen Menschen, die mit umgewühlten, verwüsteten Gärten und hohen Sachschäden zu tun haben.
Die Population der Wildschweine ist Schwankungen unterworfen und nimmt derzeit vor allem durch die relativ milden Winter immer mehr zu. Wildtiere entziehen sich naturgemäß einer exakten Zählung. Aus der Zahl der verendeten Tiere und den Abschusszahlen in den Revierförstereien können aber Rückschlüsse auf die Gesamtpo
pulation der Wildschweine gezogen werden. Berlinweit sind allein die Abschüsse von 1 245 Tieren im Jagdjahr 2013/2014 auf 1 863 in 2016/2017 angestiegen. Allein im meinem Wahlkreis mit dem wunderschönen Tegeler Forst liegt die Zahl der Schwarzwildstrecke in diesem Jahr mit über 160 Tieren schon in etwa beim Doppelten des Durchschnittswerts, der bei 88 Tieren liegt. Auch die druckfrische Antwort des Senats auf eine entsprechende Anfrage von mir und dem Kollegen Freymark bestätigt diesen Trend. In Tempelhof-Schöneberg und Reinickendorf gab es 2017 Schäden an öffentlichem Eigentum von jeweils 40 000 Euro. Das ist eine sprunghaft gestiegene Summe. Die Schäden an Privateigentum werden nicht erfasst, sind aber nach den Berichten, die ich erhalte, als Dunkelziffer berlinweit viel höher einzustufen.
Die Förster finden auch immer mehr verhungerte Tiere. Der Nahrungsdruck treibt Wildschweine in die Siedlungen der Menschen, zu den Komposthaufen in den Kleingärten, den verlockend duftenden Biotonnen und gelben Säcken. Wenn ein solches hungriges Wildschwein auf Nahrungssuche von spielenden Kindern oder auch einem Hund überrascht wird, kann das sehr schnell gefährlich werden. Darüber sollte sich jeder im Klaren sein.
In den Siedlungsgebieten, in denen die Jagd eigentlich ruht, werden berlinweit 37 ehrenamtlich tätige Stadtjäger, die eine Genehmigung zum Abschuss besitzen, von Polizei und Ordnungsämtern zu Hilfe gerufen, wenn es Vorkommnisse gibt. Die einzige Entlohnung besteht im Wildbret, das sie behalten dürfen. Das ist für die anstrengende und sehr verantwortungsvolle Arbeit der Stadtjäger nicht angemessen.
Man sollte hier zumindest über eine Abschuss- und Einsatzprämie nachdenken. Auch der Einsatz der Stadtjäger ist komplex und zuweilen kompliziert. Bis er überhaupt schießen darf, vergeht viel Zeit. Grundstückseigentümer müssen Einverständniserklärungen vorlegen, in meinem Wahlkreis sammelt man die gegenseitig in nachbarschaftlicher Hilfe. Die Einsätze müssen viel unkomplizierter werden. Die Information der Bevölkerung lässt auch sehr zu wünschen übrig. Es reicht eben nicht, Informationen nur im Internet und in Form von Broschüren in den Forstämtern zur Verfügung zu stellen. Das ist ausbaufähig. Eine Kontrolle des Fütterungsverbots, theoretisch mit 5 000 Euro ahndbar, findet faktisch nicht statt, wenn man bedenkt, dass wir in der Jagdbehörde eine halbe Stelle dafür zur Verfügung haben. Das ist ein Witz.
Auf einer Informationsveranstaltung in meinem Wahlkreis waren über 120 interessierte Bürgerinnen und Bürger. Das zeigt, dass auf der Aufklärungsseite viel mehr getan werden muss. Wir verlangen deshalb eine nachhaltige Kontrolle der Wildschweinpopulation und eine intensivere Aufklärungskampagne durch den Senat. Es reicht eben nicht aus, das Problem des verantwortungslosen
Fütterns zu erfassen, sondern es bedarf eines nachhaltigen Konzepts. Deshalb bitte ich Sie nochmals, unserem Antrag an dieser Stelle heute zuzustimmen, um die Menschen in den Außenbezirken zu schützen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Folgen der im Stadtgebiet lebenden Wildschweine sind der SPDFraktion durchaus bekannt, und die jeweils zuständigen Senatsverwaltungen haben über die Jahre hinweg auch kontinuierlich und zielgerichtet gearbeitet.
Als Kleingärtner in einer Kleingartenanlage, die seit Jahren im Einzugsgebiet einer stetig wachsenden Wildschweinrotte liegt, dürfen Sie mir glauben: Ich weiß auch, wovon wir hier reden. Gleichwohl ist Ihr Antrag abzulehnen. Ich nehme zur Kenntnis, dass – anders als in der Ausschusssitzung – tatsächlich auch ein paar inhaltlich durchaus nachvollziehbare und sinnvolle Vorschläge gekommen sind, denn in der Ausschusssitzung war das anders. Bisher ist Ihr Antrag und das, was ihm zugrunde liegt, mit einer Populationsentwicklung begründet worden, die durch nichts nachgewiesen worden ist. Auch die gestiegenen Abschusszahlen weisen nicht darauf hin. Es geht damit weiter, dass die Gefahren durch Wildschweine im Straßenverkehr, auf die Sie zu Recht hinweisen, keinen Anstieg aufweisen. Also auch hier ist nicht erkennbar, warum sich etwas verändert haben sollte.
Aus diesen fehlenden Gründen fordern Sie ein generelles Fütterungsverbot für Wildschweine. Zumindest Herr Freymark dürfte im Ausschuss gelernt haben, dass das bereits im Landesjagdgesetz kodifiziert ist – es müsste nur umgesetzt werden.
[Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU): Hat er ja gesagt! – Heiko Melzer (CDU): Sie haben nicht zugehört!]
Nicht im Ausschuss! Lesen Sie einmal das Ausschussprotokoll! Deshalb habe ich ja eingangs gesagt, dass es jetzt eine Weiterentwicklung gibt, die im Ausschuss nicht erkennbar gewesen ist, weil Kollegen vorhin gesagt haben, Sie hätten länger darüber im Ausschuss reden wollen. Nur, das hat ja auch Ihre Fraktion nicht getan.
Die Antibabypille für Wildschweine, darauf will ich auch hinweisen, sollte erst einmal auf ihre Folgen für die Wildschweine und die Umwelt geprüft werden, bevor wir
sie tatsächlich einsetzen. Da wir ein Ausschuss sind, der sich mit Umweltfragen beschäftigt, halte ich es für ein krudes Vorgehen, wenn wir Dinge fordern, von denen wir gar nicht wissen, wie sie auf die Natur wirken. Deshalb: Auch das ist nicht wirklich gut.
Ich muss also abschließend feststellen, dass Ihre zumindest im Ausschuss gemachten Vorschläge alle nicht sinnvoll sind für eine Kontrolle der Wildschweinpopulation. Deshalb lassen Sie uns unsere Kräfte bündeln und dafür sorgen, dass die Berlinerinnen und Berliner das bestehende Fütterungsverbot respektieren. Lassen Sie uns unsere Kräfte dafür bündeln und dafür Sorge tragen, dass die Berlinerinnen und Berliner mehr über Wildschweine und andere Wildtiere lernen. Lassen Sie uns unsere Kräfte bündeln und dafür sorgen, dass die Berlinerinnen und Berliner erfahren, welche Informationsangebote, zum Beispiel das Wildtiertelefon des NABU, es schon gibt, denn ich glaube, Respekt, nicht Angst sollte auch den Umgang mit Wildschweinen kennzeichnen. Wie gesagt, glauben Sie einem Kollegen, der Wildschweine regelmäßig in seinem Kleingarten zu Gast hat. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Berlin ist eine wachsende Millionenstadt mit derzeit ca. 7 bis 8 Millionen Einwohnern. Sie haben richtig gehört, in Berlin leben rund 3,6 Millionen Menschen und etwa ebenso viele wilde Säugetiere, allen voran mehrere Millionen Ratten, darüber hinaus eine unbekannte Anzahl von Füchsen, Mardern, Waschbären und auch Wildschweinen. Nur gehören diese nicht hierher. Ihr Lebensraum sind Felder und Wälder, aber sie haben es verstanden, dass es in der Stadt einfach ist zu überleben,
weil es ihnen von uns einfach gemacht wird. Denn aus lauter Nachlässigkeit, Faulheit und auch aus falsch verstandener Tierliebe bieten wir diesen Tieren in der Stadt ideale Lebensbedingungen. An unzähligen Orten finden sich achtlos weggeworfene Essenreste, Hausmüll und Gewerbeabfälle. Die von der AfD-Fraktion ins Leben gerufene Dreckeckenaktion in Berlin, bei der die Bürger über die Internetseite www.dreckecken-weg.berlin illegal abgelegten Müll und Unrat aller Art melden können, bringt es aktuell immer wieder an den Tag.
Mit diesem Müll, aber auch mit bewusst ausgelegtem Futter locken die Berliner und Berlinerinnen wilde Tiere in die Stadt – nein, keine Zwischenfrage! Es gibt Menschen, die stellen gut gemeint Futter hinaus für Kohlmeisen, es wird Futter herausgestellt für Igel, es gibt sogar Menschen, die bewusst Ratten füttern. All dieses Futter und all der Müll locken auch die großen Tiere an und die merken sich, wo es die leckersten Sachen gibt. Es sind keinesfalls nur die Außenbezirke betroffen, denn, man höre und staune, Wildschweine wurden auch schon am Potsdamer Platz gesichtet.
Sie von CDU und FDP fordern nunmehr Stadtjäger und eine stärkere Bejagung von Wildschweinen in der Stadt, die CDU möchte sogar, dass den Schwarzkitteln Medikamente gefüttert werden, die ihre Fruchtbarkeit einschränken – also die Antibabypille für die Wildsau – und gleichzeitig soll ein Fütterungsverbot eingeführt werden.
Was denn nun, Füttern mit Antibabypille drin oder ein Fütterungsverbot? So ganz einig scheinen Sie sich nicht zu sein.