Herr Präsident! Liebe Abgeordnete! Ich hoffe, Sie haben gerade gut zugehört, Herr Gräff! Er hat Ihnen gerade erklärt, er will nicht mehr Wohnraum haben. – Das genau hat er gesagt. Er will bei gleicher Kubatur nicht mehr Quadratmeter. Denn darum geht es ja hier in dieser Debatte, ohne dass Ihnen das klar ist. Er will unter keinen Umständen auch nur einen einzigen Quadratmeter mehr Wohnraum in dieser Stadt schaffen – das hat uns Herr Dr. Nelken gerade erklärt.
Sie können ja für mich reden! – In einer Symbiose aus Herrn Gräff und Frau Spranger ist hier alles gesprochen worden, nur noch nicht von jedem. Aber das gehört halt zur Pflicht dazu; ich tue es jetzt auch. Hier sollte im Ursprung EU-Recht umgesetzt werden. Im Nachhinein hat die Koalition das mit allerlei Inhalten überfrachtet – Sie haben das schön ausgedrückt, Herr Gräff –, mit politischen Inhalten, die darin eigentlich nichts zu suchen haben. Themen wie Zweckentfremdung, umweltpolitische Themen usw. gehören einfach nicht in eine Bauordnung. Und besonders bedauerlich ist, dass Sie bei dieser Einschränkung bei gleicher Kubatur nach Abriss nicht mehr Quadratmeter Grundfläche zulassen wollen.
Wird das jetzt alles etwas ändern, dass wir darüber reden? – Nein, das wird es nicht. Sie werden mit Ihrer Mehrheit das durchsetzen, wie Sie jeden Unsinn in der Stadt mit Ihrer Mehrheit durchsetzen. – Also, das war’s, danke schön!
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Otto das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bauordnung ist ein Gesetz, ist aber ein interessantes Gesetz. Denn darin wird viel geregelt, wie diese Stadt sich in der Zukunft entwickelt, was gebaut wird, womit gebaut wird, wie das alles geht, wer das genehmigt, wie lange das dauert – und viele schöne Fragen.
Das hat natürlich mit Politik zu tun, Herr Gräff! Wenn Sie behaupten, das sei quasi so eine Art DIN, irgendeine Formalie – dann würden wir uns nicht ein halbes Jahr damit beschäftigt haben, sondern dann hätte man das einfach im Verordnungsblatt veröffentlicht. So ist es aber nicht. Es ist ein Gesetz. Es ist ein wichtiges Gesetz, und es hat Auswirkungen auf die Stadt und darauf, wie diese Stadt sich in der Zukunft darstellen wird.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sind an dieser Novelle drei Punkte wichtig. Das sind die Punkte Nachhaltigkeit, Sicherheit und Schnelligkeit. Um die geht es, und zu den drei Punkten will ich kurz etwas sagen.
Grundsatz der Nachhaltigkeit: Berlin baut nachhaltig. Das steht für unsere Fraktion ganz vorne. Und das steht jetzt auch vorne in der Bauordnung, in § 3, bei den Allgemeinen Anforderungen. Da steht jetzt, es sei nachhaltig zu bauen. Und das ist wichtig für die Zukunft, nicht nur für unsere Zukunft, sondern auch für die Zukunft unserer
Kinder und Enkelkinder. Deshalb: Nachhaltigkeit, ein ganz großer Punkt und eine ganz große Neuerung in der Bauordnung!
Zweiter Punkt in diesem Thema Nachhaltigkeit: Holz als Baustoff für Gebäude! Da reden wir nicht über Holzhütten, sondern darüber, dass siebengeschossige Wohnhäuser in Berlin weitgehend aus Holz errichtet werden. Ein nachwachsender Rohstoff aus der Region, einfach zu verarbeiten – was will man mehr? Da müssen wir mehr machen. Das war bisher schwierig, das wird jetzt leichter. Und das ist ein Erfolg dieser Koalition.
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Nachhaltiges Bauen – wunderbar!]
Wir wollen, dass mehr recyclingfähige Materialien verwendet werden. Wir haben heute in der Tagesordnung – ein bisschen später, es wird nicht beredet – das Asbestthema. Wenn die Leute sich damals darüber im Klaren gewesen wären, dass Asbest krebserregend ist, dann hätten sie das Zeug nicht eingebaut. Das ist Nachhaltigkeit. Die haben nicht nachhaltig gebaut, die haben das Zeug da reingelegt. In Berlin gibt es geschätzt 100 000 Haushalte, die heute noch auf Asbestfußboden leben. Das ist ein Punkt, deswegen muss in die Bauordnung der Grundsatz der Nachhaltigkeit rein. Herr Gräff, ich hoffe, dass Sie das wenigstens so sehen.
Da muss also mehr gemacht werden. Wir wollen nicht, wie es in der Vergangenheit passiert ist, auf Kosten der nachfolgenden Generationen bauen, sondern wir wollen nach vorne gucken. Das ist Nachhaltigkeit. Ein ganz wichtiger Punkt, und ich freue mich sehr, dass das gelungen ist.
Zweiter Punkt – Sicherheit: Wir wollen – und das gibt die Seveso-Richtlinie vor –, dass man mit gefährlichen Anlagen – das können Industrieanlagen sei, das können Anlagen aus der Galvanik sein, wo Gifte eine Rolle spielen – ordentlich umgeht, dass man bei Bedarf Umweltverträglichkeitsprüfungen macht, dass man im Umfeld dieser Anlagen besondere Sorgfalt bei der baulichen Entwicklung walten lässt. Ich glaube, das ist ein entscheidender Punkt in dieser Bauordnung. Ich bin auch dafür sehr dankbar, dass das jetzt kommt und dass Berlin hier die europäische Norm erfüllt.
Dritter Punkt – Schnelligkeit: Es ist bei einigen Vorrednerinnen und Vorrednern schon angeklungen: Die Geltungsdauer von Baugenehmigungen wird verkürzt. Wir wollen die Bauherrinnen und Bauherren motivieren, dass sie schneller bauen. Sie sollen auch schneller fertig sein, nicht mehr nach spätestens sieben, sondern nach spätes
tens sechs Jahren. Da kann man sagen, dass das nicht so viel ist, aber man muss natürlich auch gucken, dass sie das auch noch hinkriegen. Sie sollen nicht abgewürgt werden, sondern zur Beschleunigung motiviert werden. Und da ist das, glaube ich, ein gutes Maß. Ähnlich haben wir das für die Bauvorbescheide reingeschrieben. – Ich glaube, auch für die Schnelligkeit haben wir etwas getan.
Und, ein Nebeneffekt – das spielte hier in der Debatte schon eine Rolle –: Wir unternehmen einen kleinen Schritt gegen den spekulativen Grundstückshandel. Auch das ist ein Punkt, der uns immer wieder beschäftigt.
Allerletzter Satz, Herr Präsident! – Die CDU, der Kollege Gräff, hat hier angemerkt, wir hätten irgendjemanden nicht richtig beteiligt. Wir haben im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen eine Anhörung veranstaltet. Wenn Sie hinterher der Meinung sind, da seien die falschen Leute eingeladen worden und die hätten vielleicht auch noch das Falsche gesagt, dann ist das Ihr Problem. Wir haben gemeinschaftlich im Ausschuss Leute eingeladen und sie angehört, und sie haben uns ihre Meinung gesagt. Diese hat auch zur Meinungsbildung der Fraktionen, zumindest der Koalition, beigetragen, das muss man konstatieren. Insofern haben wir da keine Schuldgefühle.
Selbstverständlich kann man immer noch mit mehr Verbänden reden. Man kann das auch länger machen. Man kann das auch früher anfangen. Bei der nächsten Novelle werden wir auch wieder mit allen sprechen. – Insofern bin ich optimistisch, dass wir mit der Bauordnung etwas Gutes erreicht haben. Herzlichen Dank!
Vielen Dank! – Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt Herr Kollege Laatsch von der AfD-Fraktion das Wort.
Herzlichen Dank! – Lieber Herr Otto! Sie haben gerade ein Thema angesprochen, das Sie ansonsten heute vermeiden wollten, das Thema „Asbestfrei wohnen“.
Dazu liegt heute ein Antrag vor, und der wird abgestimmt. Sie wollten ihn heute offensichtlich unter keinen Umständen besprechen. Warum wollten Sie ihn nicht besprechen? – Die Sache ist ganz einfach: Ich habe eine Anfrage an den Senat gestellt, wie es denn mit Asbestose
in Berlin aussieht, wo die Ursachen liegen und inwieweit – das habe ich heute Morgen auch schon mal gefragt – es einen Zusammenhang mit Wohnraum gibt. Darauf habe ich vom Senat die Antwort erhalten, dass im Durchschnitt so 250 Asbestosefälle im Jahr anstehen, die alle im Zusammenhang mit Arbeitsplatz stehen. Kein einziger steht nachweislich im Zusammenhang mit Wohnraum. Darüber stimmen wir nachher ab. Danke, dass Sie mich daran erinnert haben, dass es dazu noch etwas zu sagen gab. – Danke!
[Beifall bei der AfD – Steffen Zillich (LINKE): Wir haben die Besprechung eures Antrags nicht verhindert, das wart ihr selber!]
Herr Laatsch! Es ist gut, dass wir noch mal auf das Asbestthema kommen. Das wird uns auch noch öfter beschäftigen, da können Sie sicher sein. Ich weiß, dass Sie persönlich jemand sind – das haben Sie zu Protokoll gegeben –, der Asbest für eine Supersache und für unschädlich hält. Das sehen wir explizit anders.
Der Antrag, der nachher hoffentlich abgestimmt wird – da werden wir natürlich gucken, wie Sie abstimmen –, beinhaltet wichtige Punkte. Wir wollen Aufklärung darüber – das ist auch für Sie interessant –, welche Gefahren davon ausgehen können, was man als Bewohner, als Bewohnerin, als Eigentümer, als Eigentümerin tun kann. Wir wollen eine Strategie, Berlin von Asbest zu befreien. Wahrscheinlich werden Sie dagegen sein, dann müssen Sie dagegen stimmen. Das werden wir aber auch allen erzählen.
Und wir wollen ein Register anlegen, damit Leute sich informieren können – Stichwort Verbraucherschutz –, wo Gebiete sind, wo Wohnungen sind, wo Bautypen sind, wo Asbest zu erwarten ist. Transparenz ist ein ganz wichtiges Moment in dieser Geschichte. Das stimmen wir nachher ab, und das wird vom Senat abgearbeitet werden. Ich gehe davon aus, dass wir darüber noch öfter sprechen werden. Auch da hoffe ich dann auf Ihre Beiträge. Vielleicht werden sie noch ein bisschen besser. – In diesem Sinne: Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Asbestdebatte will ich jetzt nicht aufmachen, allerdings – da bin ich eher beim Kollegen Otto als beim Kollegen Laatsch – zu behaupten, Asbest sei kein Problem, ist natürlich fern jeder Realität und fern allen Untersuchungen, die vorliegen, das muss man ganz klar sagen.