Protocol of the Session on February 22, 2018

[Torsten Schneider (SPD): Jetzt wird es ja hochdramatisch!]

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Zillich! Ich weiß, dass Ihre Partei im Geschichtsklittern schon immer gut gewesen ist. Aber ich wollte doch noch einmal etwas zum Thema Besoldungsanpassung in den letzten Jahren richtigstellen. In den zehn Jahren Rot-Rot gab es gar nichts, und in den fünf Jahren Rot-Schwarz gab es 12 Prozent. Natürlich waren wir nicht am Ziel. Es gab objektiv zwei Leitplanken. Das eine war: Worauf konnte man sich in der Koalition politisch verständigen? Und das andere waren die finanziellen Spielräume. Die sind ja nun eindeutig da. Sie haben jetzt den finanziellen Spielraum, dafür zu sorgen, dass die Beamtinnen und Beamten in den nächsten Jahren so wettbewerbsfähig besoldet werden, dass – a – die Abwanderung nicht mehr stattfindet und – b – entsprechender Nachwuchs gefunden wird. Und das, was der Bund in den nächsten Jahren in vielen Verwaltungs-, aber auch in den Sicherheitsbereichen plant, wird dann zwangsläufig dazu führen, dass wir hier diese Problematik eher noch verschärft haben, als dass sie sich beruhigt.

Mit Ihrer Verabredung, nur den Durchschnitt der Länderbesoldung erreichen zu wollen, werden Sie weder den Bund noch Brandenburg überholen. Wenn Sie sich gleich noch einmal melden, müssen Sie mir erklären, warum das dann ein Fortschritt für Berlin sein soll. Die strategische Situation, die Problemstellung, in der wir sind, lösen Sie in dieser Wahlperiode mir Ihrer Politik nicht.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Florian Swyter (FDP)]

Vielen Dank! – Dann hat der Kollege Zillich die Möglichkeit zur Erwiderung.

Na ja, Herr Kollege Goiny, richtig ist eins: Die Beamtinnen und Beamten haben einen ganz erheblichen Beitrag durch Gehaltseinbußen zur Sanierung dieses Landes gebracht. In der Zeit von Rot-Rot hatten wir eine extreme Haushaltsnotlage, und das haben die Beamtinnen und Beamten in ihrer Geldbörse gemerkt. Wir haben das mit dem politischen Versprechen verbunden, die Anpassung an den Durchschnitt der Länder wieder hinzubekommen. Dieses politische Versprechen haben Sie in Ihrer Wahlperiode nicht erreicht, nicht einmal im Pfad und nicht in Schritten. Wir nehmen dieses politische Versprechen

wieder auf und werden es erfüllen. Wir werden die Angleichung an den Durchschnitt der Länder schaffen. Dazu stehen wir, und dazu gehen wir die einzelnen Schritte. Genau das ist das Entscheidende, was wir tun.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Dann hat der Abgeordnete Weiß das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben viel zur Landesbeamtenbesoldung gehört. Ich habe mir aus diesem Potpourri aus Gesetzesänderungen den wichtigen Punkt Ganztagsschule herausgegriffen,

[Torsten Schneider (SPD): So etwas liegt Ihnen nicht, Gesetze, was?]

denn laut Koalitionsvereinbarung plant Rot-Rot-Grün, die Bedarfsprüfung für die Ganztagsbetreuung in der Grundschule in dieser Legislaturperiode abzuschaffen, was wir grundsätzlich begrüßen. Der Gesetzentwurf von Ihnen sieht dagegen nur den Wegfall der Bedarfsprüfungen für die 1. und 2. Klasse ab August 2019 vor.

[Steffen Zillich (LINKE): Wir steigen ein!]

Jetzt stellt sich für uns die Frage, ob die Regelungen auf die weiteren Grundschulklassenstufen ausgeweitet werden soll.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist, dass Sie sich offensichtlich über die finanziellen Auswirkungen noch nicht ganz einig sind, denn Staatssekretär Rackles äußerte sich am 10. März 2016 im Bildungsausschuss dahin gehend, dass die zu erwartenden Mehrkosten für die Abschaffung der Bedarfsprüfung – ich zitiere –:

Dass es nichts kostet, will ich nicht sagen, aber es ist kein riesiger Millionenbetrag.

Nun haben Sie als Regierungskoalition offenbar eine andere Meinung vertreten, Sie haben im Zuge eines Änderungsantrags in den Haushaltsberatungen 2018/2019 einen Betrag von immerhin 20 Millionen Euro veranschlagt. Offensichtlich weiß eine der beiden Seiten nicht, was die andere tut.

Nun zum Inhalt: Kinder, deren Eltern Arbeitslosengeld beziehen, haben bislang keinen Anspruch auf einen Ganztagsplatz. Es handelt sich vornehmlich um junge Eltern, die wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden müssen. Wir möchten selbstverständlich auch nicht, dass junge Mütter oder Väter, die eine neue Stelle antreten wollen, Verzögerungen hinnehmen müssen, weil sie auf eine Bedarfsprüfung für einen Ganztagsplatz warten müssen.

[Beifall bei der AfD]

Zum anderen ist es leider so – das zeigt die Statistik –, dass Kinder aus finanzschwachen Familien zu Hause nicht optimal gefördert werden. Gerade diese Kinder aus finanzschwachen Familien können ganz besonders von dieser Ganztagsförderung profitieren.

Wir möchten in diesem Zusammenhang aber auch noch einmal hervorheben, dass sich die AfD massiv dafür einsetzt, die häusliche Erziehung zu stärken. Für uns zählt eine pädagogische Binsenwahrheit, die besagt, Eltern sind die Experten ihrer Kinder. Gelinde gesagt beginnt im Elternhaus die Erziehung, und durch das gestiegene Angebot an Betreuung darf auf jeden Fall nicht die falsche Erwartungshaltung entstehen, Vater Staat werde es schon richten und könne dies sogar besser.

[Beifall bei der AfD]

Es reicht eben auch nicht, das Angebot auszuweiten. Wichtig ist, über die Qualität und das Konzept für die offene Ganztagsschule zu sprechen. Zu diesem Konzept muss es gehören, die Kooperation mit außerschulischen Partnern zu verbessern. Vor allem aber muss die Ausstattung der offenen Ganztagsschule deutlich verbessert werden. Aktuell ist das Problem, dass es an Räumen fehlt, um dies sicherzustellen. Lehrer werden genötigt, ihre Räume mit der Nachmittagsbetreuung zu teilen und müssen damit die Hoheit über ihr Klassenzimmer aufgeben. Gerade mit Blick auf Schulsanierungen und Schulneubau möchte ich deshalb an Sie appellieren, nicht nur die unterrichtlichen, sondern auch die außerunterrichtlichen Bedarfe angemessen zu berücksichtigen.

Neben den räumlichen Voraussetzungen müssen auch die personellen Voraussetzungen geschaffen werden. Zum Thema Personalausstattung im Ganztagsbereich darf ich die Kollegin Kittler zitieren, die im Oktober 2017 gesagt hat:

Wir müssen auch ehrlich zu uns sein und sagen: Wir haben gar nicht das Personal, das wir gern einstellen würden.

Die gleiche Problematik kennen wir von den Kitaplätzen. Die rot-rot-grüne Koalition leistet Garantieversprechen, die sie in der Praxis gar nicht halten kann. Auch beim Ganztag verspricht die Koalition wieder etwas, von dem sie jetzt schon weiß, dass sie es nicht leisten kann. Das ist eine typisch sozialistische Ankündigungs- und Versprechungspolitik. Versprochen wird Kuchen, ausgeblieben ist Brot. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Grüne hat die Kollegin Schillhaneck nun das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! In der Tat, ein Haushaltsumsetzungsgesetz ist vor allem erst einmal eine technische Angelegenheit, denn ganz klar ist: Auch das, was wir mit dem Beschluss dieses Hauses in den Haushaltsplan geschrieben haben, das Zahlenwerk, ist zunächst einmal das Durchbuchstabieren dessen, wo politische Prioritäten gesetzt, wo Geld ausgegeben werden soll. Mit dem, was heute vorliegt, mit dem Gesetz zur Umsetzung des Haushaltes, schaffen wir dort, wo sie noch nicht vorhanden ist, die Rechtsgrundlage, damit das auch passieren kann. Dass es eben nicht bei Ankündigungen bleibt, wo dann Presseerklärungen durch die Gegend geschickt werden, nach dem Motto: Wir haben Folgendes, oder: Die Koalition sagt, sie möchte, nein, das, was wir heute auf dem Tisch des Hauses haben, ist die Umsetzung dessen. Die Berlinerinnen und Berliner können sich darauf verlassen, dass wir nicht nur sagen, wir wollen das, und als zweiten Schritt das Geld dafür zur Verfügung stellen, sondern wir schaffen die Rechtsgrundlage dafür, dass es geschieht. Das ist der Inbegriff von verantwortungsvoller Politik.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Es wurde verschiedentlich angemerkt, es handele sich um einen ganzen Strauß von Themen. Selbstverständlich! Der Haushaltsplan umfasst alle Ressorts und alle Einzelpläne, viele Bereiche, angefangen bei der Beamtenbesoldung über die Frage der Beihilfe mit der Kostendämpfungspauschale bis hin zu einer Handvoll von Einzelfragen insbesondere im Bildungsbereich, der nun einmal auch auf Landesebene zu den am stärksten durchregulierten Bereichen gehört. Deswegen sind wir so stark gefordert, dass wir sagen, wo es lang geht, es durchbuchstabieren und die notwendigen gesetzlichen Grundlagen schaffen. Es ist eine Menge. Nichtsdestotrotz steht es uns gut zu Gesicht, dass wir es in der gebotenen Geschwindigkeit machen. Wir haben jetzt Februar. Der Doppelhaushalt für die beiden Jahre gilt seit dem 1. Januar.

Im Bereich der Kostendämpfungspauschale, denke ich, hätten wir uns auf keinen Fall mehr Zeit lassen dürfen, denn die Beamten und Beamtinnen und auch die bereits im Ruhestand befindlichen warten darauf. Die Kostendämpfungspauschale ist zu einer Zeit eingeführt worden als an vielen Ecken und Enden über eine stärkere Beteiligung im Sinne von Eigenanteilen diskutiert worden ist. Es gibt dazu auch entsprechende Urteile, bis wohin die Kostendämpfungspauschale überhaupt zulässig ist. Ich halte es für den richtigen Schritt, dass wir uns hier als rotrot-grüne Koalition – und nicht, Herr Goiny, als Vorgängerkoalition – darauf verständigt haben, dass wir diesen Schritt auf jeden Fall gehen. Denn wir wissen sehr genau, wen wir damit entlasten, u.a. die, die tatsächlich als Beamtinnen und Beamte regelmäßig ihren Dienst für dieses Land leisten und einfach darauf warten. Das, glaube ich, kann man durchaus positiv zur Kenntnis nehmen. Wir

(Thorsten Weiß)

gehen diesen Schritt, wir sichern ihn ab, wir schaffen die gesetzliche Grundlage und stellen nicht nur das Geld als Zahl irgendwo in ein Druckwerk.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Was den angesprochenen Punkt der Besoldungsangleichung betrifft: Wir hatten schon die Auseinandersetzung darüber, warum wir nicht sagen, das Ziel ist das Bundesniveau. Es ist in der Tat misslich, dass es zwei verschiedene grundsätzliche Niveaus gibt. Aber wenn man ehrlich ist, haben wir 17 verschiedene, und wenn man die EUEbene dazu nimmt, haben wir noch eine weitere. Damit können wir gar nicht konkurrieren, damit kann auch die Bundesebene nicht konkurrieren, wenn man ehrlich ist.

Sie haben uns unterstellt, das sei eine beliebige Setzung mit den zwei Monaten. Dem möchte ich gern widersprechen. Wenn Sie sich anschauen, wie ein entsprechender Anpassungspfad aussehen kann – und wie er übrigens vom Finanzsenator auch durchbuchstabiert worden ist –, ergibt sich daraus relativ logisch, in welchen Schritten das stattfindet.

[Zuruf von Florian Swyter (FDP)]

Zum Zweiten weise ich für alle, die ihren Taschenrechner zücken, darauf hin: Dadurch, dass wir Anpassungsschritte vollziehen, erhöht sich automatisch der Bundesdurchschnitt – rein statistischer Effekt. Also bitte, verrechnen Sie sich nicht. Wir werden dieses Ziel erreichen.

[Zuruf von Christian Goiny (CDU)]

Es ist das Ziel dieser Koalition. Die Mittel sind auch durchaus perspektivisch dafür da. Bis Ende der Legislaturperiode werden wir den Bundesdurchschnitt erreicht haben.

[Christian Goiny (CDU): Das ist zu wenig!]

Diese Zusage steht, diese Zusage gilt, das werden wir umsetzen, unabhängig davon, wie sehr Sie herumunken, Herr Goiny.

[Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Swyter das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe Verständnis dafür, dass sich die Regierung bzw. die Regierungskoalition ein bisschen dafür feiern lassen möchte, dass sie nun das Geld ausgibt, das sie vorher von vielen Steuerzahlern schlichtweg eingesammelt hat. Ich möchte an dieser Stelle loswerden, dass das, was hier an Spielraum möglich ist, von Steuer

zahlern und Steuerzahlerinnen, von Unternehmen, Arbeitsnehmern erst einmal eingesammelt werden muss. Das ist erst einmal eine Würdigung wert.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Und dann gerate ich natürlich auch nicht in Euphorie, wenn Sie das tun, was getan werden muss. Dass Sie das tun, wozu Sie einen Handlungsauftrag haben, das reicht noch nicht aus, um in Euphorie zu verfallen. Insofern kann ich es auch kurz machen. Zu den Maßnahmen, die auch unsere Unterstützung finden, die teilweise, um es klar zu sagen, auch überfällig sind: Natürlich finden wir es richtig, dass die Bezirksverordnetenversammlungen und ihre Mitglieder gestärkt und unterstützt werden. Wir finden es auch richtig, einen Einstieg in die Lernmittelfreiheit vorzunehmen, um Chancengleichheit wie auch eine Vereinfachung der Verwaltungsverfahren zu erreichen. Gleiches gilt, was die Gebührenfreiheit in den Schulhorten angeht. Das ist alles richtig. Wir unterstützen das insoweit. – Herr Schneider! Ich kann Sie beruhigen: Wo etwas Richtiges geschieht, sind wir als FDP nicht dagegen, sondern dafür.

[Beifall bei der FDP]

Ich komme nun zu einem wichtigen Thema, bei dem unsere Meinungen in der Tat auseinandergehen, schon seit einem Jahr. Ich spreche von der Anpassung der Besoldung. Da haben Sie trotz vorhandener Mittel nicht die richtigen Prioritäten gesetzt. Da vermasseln Sie auch einiges, was gerade im Hinblick auf Personalmanagement und Gewinnung von Personal möglich gewesen wäre. Auch Sie, Frau Schillhaneck, als Sie das gerade erläutern wollten: Wie Sie bei dem Erhöhungstermin vom 1. August auf den 1. Juni gekommen sind, erschließt sich mir immer noch nicht. Es ist ein Witz! Ich bin im Arbeitgeberverband tätig. Das sind immer solche Angebote, wo ich mir sage: Mit solchen Witzangeboten organisiert man sich den Streik der Gewerkschaften. Es ist ganz klar: Wenn man eine Angleichung will, muss man auch in die Systematik reingehen, dann muss die Systematik so sein, wie es auch mit den Angestellten und den übrigen Beamten läuft. Und da ist es nun mal der 1. Januar und nicht später. Das hätten Sie tun sollen, das hätten Sie tun müssen. Das haben Sie nicht getan, und damit haben Sie eine Chance vertan. Das ist das Ärgerliche, denn Sie haben auch eine Chance vertan, um Berlin als seriösen Arbeitgeber für die Beamten wie auch für die Angestellten zu präsentieren.