Protocol of the Session on February 22, 2018

Deshalb ist die Schlussfolgerung: gefälschte Pässe gleich Gefahr – eine zu einfache Schlussfolgerung. Trotzdem muss sorgfältig geprüft werden. Niemand darf hier in Berlin mit gefälschten Dokumenten unterwegs sein, jedenfalls nicht ohne dass wir das überprüfen. Vor diesem Hintergrund ist die Einführung der Dokumentenprüfgeräte dringend erforderlich. Ich habe das bloß länger ausgeführt, weil diese einfachen Schlussfolgerungen, die man ziehen könnte, in der Realität oftmals nicht zutreffen.

Danke schön! – Herr Wansner! Sie möchten eine zweite Nachfrage stellen?

Herr Senator! Ich will jetzt Ihre letzten Worte nicht weiter bewerten. Die waren abenteuerlich. Nehmen Sie das einfach mit! – Herr Senator! Haben Sie rechtzeitig auf die Facharbeiter oder die Fachkunde der Mitarbeiter der Bundesdruckerei zurückgegriffen, wodurch Sie möglicherweise die Mitarbeiter in den Bezirksämtern an diesen Geräten schneller und fachlicher hätten ausbilden können?

Und noch mal zum Schluss zu Ihrer Aussage: Wenn Menschen mit gefälschten Pässen in diese Stadt kommen,

Herr Kollege – –

dann ist das kein Kavaliersdelikt, wie Sie es eben dargestellt haben,

[Zurufe von den GRÜNEN: Frage!]

sondern es ist ganz eindeutig

Herr Kollege! Sie wollten eine Nachfrage stellen.

eine kriminelle Absicht.

[Beifall bei der AfD]

Herr Senator Geisel!

Herr Kollege Wansner! Ich glaube, meine Worte waren nicht abenteuerlich. Ich habe Ihnen das nur geschildert,

um darzustellen, dass Bürgerkriegssituationen manchmal schwieriger sind, als wir uns das hier im friedlichen Berlin vorstellen können,

[Marcel Luthe (FDP): Noch!]

und dass einfache Schlussfolgerungen so nicht zu ziehen sind. Trotzdem ist völlig klar: Mit gefälschten Dokumenten darf man in Berlin nicht unterwegs sein. Es ist staatliche Aufgabe, dann entsprechend zu handeln, und das tun wir.

Die Schulung an den Dokumentenprüfgeräten ist eindeutig Aufgabe der Polizei und nicht der Bundesdruckerei, und deswegen wird die Schulung durch die Polizistinnen und Polizisten wahrgenommen.

Danke schön!

Dann kommen wir jetzt zur Frage der Fraktion Die Linke. – Frau Kollegin Helm – bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Welche Vorfälle im Zuge der rechtsradikalen Anschlagsserie in Neukölln sind in den letzten Wochen bekannt geworden, und was ist der aktuelle Ermittlungsstand diesbezüglich?

Herr Senator Geisel!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Frau Abgeordnete Helm! Wir haben in Neukölln und speziell dort im Gebiet der Hufeisensiedlung eine Vielzahl von rechtsextremistisch motivierten Übergriffen – sowohl Gewalttaten als auch Sachbeschädigungen und Propagandadelikte. Im vergangenen Jahr sind nach meiner Kenntnis 125 solcher rechtsextremistischer Delikte allein in diesem engen Bereich in Neukölln gezählt worden. Dazu zählen auch Brandanschläge und wiederholte Anschläge auf bekannte Politikerinnen und Politiker der Linkspartei, der SPD, engagierte Antifaschistinnen und Antifaschisten in Neukölln,

[Gelächter bei der AfD und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Marcel Luthe (FDP): Schämen Sie sich doch!]

die sich dort in entsprechender Weise engagiert haben.

[Marcel Luthe (FDP): Das ist bodenlos! – Weitere Zurufe]

Ja, ist so!

[Marcel Luthe (FDP): Da spricht die SED aus jeder Pore! – Georg Pazderski (AfD): Und mit denen wollen Sie koalieren? – Unruhe]

Selbstverständlich geht die Polizei dort mit Entschiedenheit vor und ermittelt.

[Glocke des Präsidenten]

Ich habe die Einsatzgruppe RESIN gegründet bzw. gründen lassen und eine entsprechende operative Gruppe REX – Rechtsextremismus – eingesetzt, die dort seit einem Jahr intensiv ermittelt. Es hat am 1. Februar 2018 Brandanschläge auf zwei Fahrzeuge gegeben. Im Ergebnis dieser Anschläge hat es am 2. Februar Durchsuchungen in den Wohnungen von zwei bekannten Rechtsextremisten gegeben. Die Polizei hat umfangreiches Beweismaterial festgestellt, das gegenwärtig ausgewertet wird. Ergebnisse dazu liegen mir noch nicht vor.

Die betroffenen Personen werden durch die Polizei entsprechend betreut und beraten. Es ist mir klar, dass nach einem Jahr Untersuchung durch die Einsatzgruppen der Polizei, die noch zu keinen Festnahmen geführt haben, eine gewisse Enttäuschung bei den betroffenen Personen eintritt. Ich gehe davon aus, dass dort aber der Informationsaustausch zwischen Polizei und Opfern intensiv ist. Ich sage mal an der Stelle: Ich kann politisch Ermittlungserfolge nicht erzwingen, aber ich weiß, dass die Polizei dort mit den Ermittlungen weit vorangeschritten ist, und bin überzeugt, dass wir der Täter habhaft werden.

Vielen Dank! – Frau Kollegin! Sie haben die Möglichkeit, eine Nachfrage zu stellen. – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich hätte jetzt natürlich viele Fragen dazu, wie hier mit Gelächter kommentiert wird, dass auf engagierte Bürgerinnen und Bürger Anschläge mit Inkaufnahme von Gefahren für Leib und Leben verübt werden.

[Marcel Luthe (FDP): Frage!]

Diese Frage geht aber nicht an Sie, Herr Senator, sondern ich frage Sie: Wie bewerten Sie die aktuelle Personalsituation in der entsprechenden Einsatzgruppe, und welche Maßnahmen gibt es, um mögliche zukünftige Opfer vor solchen Anschlägen zu behüten?

Bitte schön, Herr Senator!

(Senator Andreas Geisel)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich bewerte das so, dass die Ermittlungsgruppe der Polizei handlungsfähig ist und personell ausgestattet ist, um handlungsfähig zu sein. Aber es handelt sich ja nicht nur um die beiden Ermittlungsgruppen, die dort tätig sind. Auch der örtliche Polizeiabschnitt 56 ist in die Ermittlungen eingebunden. Ich weiß, dass bei einigen Aktionen in der Spitze bis zu 100 Polizistinnen und Polizisten mit solchen Aufgaben befasst waren, um der Täter habhaft zu werden. Insofern halte ich den personellen Ansatz für ausreichend. Ich weiß auch, dass es eine Vielzahl von erfolgversprechenden Ansätzen für Ermittlungen gibt. Da die Kolleginnen und Kollegen der Polizei dort vor Ort auch präventiv und beratend tätig sind, ist es kein Problem des personellen Ansatzes, das ich dort sehe. Also das bewerte ich als ausreichend. Die Polizistinnen und Polizisten sind auch engagiert in der Sache tätig. Ich gehe davon aus, dass wir über kurz oder lang auch Ermittlungserfolge haben werden.

Danke schön! – Die zweite Nachfrage geht an Herrn Kollegen Krestel. – Bitte schön!

Herr Senator! Wie bewerten Sie den Begriff „Antifaschistinnen und Antifaschisten“, den Sie vorhin verwendet haben? Ich habe das in dem vorangegangenen Tagesordnungspunkt ein bisschen erklärt. Es würde mich interessieren, welche Definition Sie da verwenden und wie Sie diesen Begriff in Zukunft gebrauchen wollen.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD – Anne Helm (LINKE): Es gibt Mordanschläge! Das finde ich unglaublich!]

Bitte schön, Herr Senator!

Wir haben in Neukölln wie auch an anderen Stellen Berlins die Situation, dass dort Neonazis offen Propaganda betreiben und dass sie offen gegen Menschen aus der Zivilgesellschaft vorgehen, die sich für einen demokratischen Rechtsstaat in Deutschland und in Berlin engagieren. Diejenigen, die sich wie beispielsweise in der Hufeisensiedlung offen engagieren – gegen einen solchen Rechtsextremismus und gegen solche Neonazis, die dort gegen Menschen mit Worten und Taten vorgehen –, die muss die Polizei in Schutz nehmen. Das tut sie auch, wie alle anderen Bürger auch.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann kommen wir jetzt zur Frage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und Herr Dr. Altug hat das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich frage den Senat: Wie ist die aktuelle Sicherheitslage am Kottbusser Tor? – Danke schön!

Herr Senator Geisel!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Dr. Altug! Die Kriminalsituation am Kottbusser Tor ist nach wie vor angespannt. Wir haben also dort keine normale Situation. Der Platz ist ein Kriminalitätsschwerpunkt in Berlin. Wir haben im Moment neun kriminalitätsbelastete Orte, die aufgrund der Vielzahl und der Schwere der Delikte, die dort begangen werden, als kriminalitätsbelastete Orte definiert werden, und das Kottbusser Tor ist einer dieser Orte. Wir haben aber an verschiedenen Orten schon reagiert – beispielsweise am Alexanderplatz und ebenso am Kottbusser Tor –, und wir haben seit Februar vergangenen Jahres eine Einsatzgruppe des dortigen Polizeiabschnittes abgestellt, speziell die Kriminalität am Kottbusser Tor intensiv zu bearbeiten. Das hat zu Erfolgen, zu einem Zurückdrängen von Kriminalität und zu einer Zustimmung bei den Anwohnerinnen und Anwohnern und vor allem auch bei den Gewerbetreibenden geführt.

Ich war dort auch mit dem Bezirksamt FriedrichshainKreuzberg unterwegs und habe mit den Gewerbetreibenden vor Ort und auch mit den Polizistinnen und Polizisten gesprochen, und weil diese Strategie erfolgreich war, haben wir dann im September vergangenen Jahres noch einmal eine personelle Verstärkung vorgenommen und eine spezielle Einsatzgruppe für das Kottbusser Tor, den Görlitzer Park wie auch für die Revaler Straße und den Alexanderplatz eingerichtet. In der Folge der intensiven Bearbeitung dieser Taten ist es zu einem beachtlichen Rückgang der Kriminalität am Kottbusser Tor gekommen. Ich will jetzt hier die Zahlen noch nicht endgültig vortragen, denn das wird mit der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik geschehen, die wir in wenigen Wochen veröffentlichen. Aber der Rückgang beträgt in einigen Deliktbereichen bis zu 40 Prozent. Es zeigt, dass wir Erfolge bei der Zurückdrängung der Kriminalität durch erhöhten Personaleinsatz, durch intensive Bearbeitung durch die

Polizei, erreichen. In der Vergangenheit war es am Kottbusser Tor oftmals so, dass Einsatzhundertschaften der Polizei gekommen sind, den Platz einmal geräumt haben, und am nächsten Tag war die alte Situation wiederhergestellt. Es zeigt sich, dass intensive Polizeiarbeit, intensive Präsenz vor Ort – es ist das Ziel der Koalition, die Polizeipräsenz im öffentlichen Raum zu stärken – erfolgversprechend ist und auch zu den entsprechenden Ergebnissen führt.

Trotzdem ist es so, dass die Situation am Kottbusser Tor nach wie vor nicht normal ist. Es bedarf weiterer intensiver Polizeiarbeit, um dort die Kriminalität weiter zurückzudrängen.