Protocol of the Session on January 25, 2018

der Berliner Polizei erreichen. Das Institut des finalen Rettungsschusses ist innerhalb des Polizei- und Ordnungsrechts und innerhalb der herrschenden Lehre der juristischen Literatur anerkannt und längst in den meisten Polizeigesetzen der Länder verankert. Schlusslicht sind wieder Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.

Die der Polizei gestellte Aufgabe, Gefahren für die Sicherheit und Ordnung abzuwehren, hat verfassungsrechtlichen Rang. Kommt es jedoch zu Eingriffen in Grundrechte der Bürger, bedarf es aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes stets einer gesetzlichen Eingriffsbefugnis. Dies hat vor allem in den Fällen zu gelten, in denen staatliches Handeln zu Eingriffen in das Leben des Bürgers führt – wie etwa beim Schusswaffeneinsatz, bei Geiselnahmen oder bei Terrorlagen mit Selbstmordattentätern. Der finale Rettungsschuss bedarf daher einer speziellen Ermächtigungsgrundlage.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Ein Rückgriff auf die strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe ist daher allenfalls nur dann möglich, wenn es um die Strafbarkeit des handelnden Polizeibeamten geht, denn dieser darf im Vergleich zu nichthoheitlichem Handeln des Bürgers nicht schlechtergestellt werden.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Dagegen richtet sich die polizeirechtliche Zulässigkeit des finalen Rettungsschusses nach der insoweit abschließenden spezielleren Materie: dem Polizeirecht. Sie können also das hoheitliche Handeln nicht einfach auf das Strafrecht abwälzen, so wie es auch Staatssekretär Akmann noch in der letzten Innenausschusssitzung bezüglich der Frage getan hat, warum für den Taser keine Ermächtigungsgrundlage separat geschaffen werden sollte.

Eine fehlende Regelung sorgt also dafür, dass ein Todesschuss – egal, in welcher Gefahrensituation er passiert – mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig erfolgt. Ein Rückgriff auf Generalklauseln ist mangels der erforderlichen Bestimmtheit nicht zulässig. Dies haben der Innensenator und seine Verwaltung anscheinend auch erkannt. Die „Berliner Morgenpost“ berichtete am 19. August 2017, dass die Innenverwaltung bereits an einer Gesetzesänderung für die Einführung einer derartigen Regelung arbeite. Dem Parlament vorgelegt wurde aber bis heute nichts – und das, obwohl der neue Senat nun seit weit über einem Jahr im Amt ist. Hintergrund dafür dürfte sein, dass die SPD und der Senator erneut ihren links-grünen Narrensaum nicht zu einer derartigen Regelung bewegen können.

[Beifall bei der AfD]

Die Opposition in diesem Parlament kommt ihnen daher gern entgegen. Interessant ist insofern auch, dass bei den Grünen komplette Uneinigkeit über die Einführung dieser Regelung herrscht. 2016 forderte der geschätzte Kollege

(Präsident Ralf Wieland)

Lux sogar noch selbst die Einführung des finalen Rettungsschusses in Berlin.

[Holger Krestel (FDP): Was?]

In einem „Bild“-Artikel vom 17. August 2016 hieß es:

Lux forderte für Berlin, Vorgesetzte müssten in klar definierten Situationen mitentscheiden, wann geschossen wird. Die Verantwortung sollte nicht allein bei dem Polizisten liegen.

Recht hat er. Insofern warte ich in gespannter Erwartung, wie viel Einigkeit die linke Koalition in diesem Haus in dieser Sachfrage walten lässt.

Bedenken Sie auch Folgendes: Die Einführung dieser Regelung ist gerade in Anbetracht der neuen Bedrohungslagen, welche man sich vor 20 und 30 Jahren in der Bundesrepublik noch gar nicht vorstellen konnte, dringend geboten. Selbstmordattentäter mit Bombengürtel oder Lkw, die unkontrolliert in Menschenmengen fahren, waren damals noch keine Realität. Geiselnahmen gab es meistens nur bei einem Bankraub, wo vor allem Täter ein Interesse hatten, lebend davonzukommen. Dies hat sich mittlerweile komplett auf den Kopf gestellt.

[Beifall bei der AfD]

Lassen Sie also die Polizeibeamten in diesen schweren Situationen nicht allein, denn ein falsches Zögern am Abzug im falschen Moment kann vielen unschuldigen Opfern das Leben kosten! Laden Sie die Last der Verantwortung dieser schweren Entscheidung nicht allein auf den einzelnen Polizeibeamten ab, und unterstützen Sie unseren Gesetzesantrag! – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Kohlmeier das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vallendar! Ich finde, dass die Frage des finalen Rettungsschusses und eine Regelung zum finalen Rettungsschuss seriös diskutiert und seriös beantwortet werden muss.

[Gunnar Lindemann (AfD): War das nicht seriös?]

Und das, was Sie hier gerade gemacht haben, war kein seriöser Diskussionsanfang, sondern Sie versuchen, einen Keil in die Koalition zu treiben.

[Marc Vallendar (AfD): Der ist ja schon da!]

Ihr Antrag hat offenbar den einzigen Zweck, hier eine Diskussion zu führen, um irgendeine Uneinigkeit darzustellen. Ich darf an dieser Stelle auch die Behauptung zurückweisen, dass die Linkspartei und die Grünen der Narrensaum der SPD wären. Beide sind geschätzte Koali

tionspartner von uns, und da darf es auch mal unterschiedliche Auffassungen geben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ganz ehrlich: Wenn wir zum Thema Einigkeit kommen, sollten Sie mal in Ihren eigenen Reihen schauen, wie es mit der Einigkeit aussieht. Ich sage jetzt nicht, wie weit rechts sich einige Kollegen von Ihnen bewegen und wie wenig davon Sie manchmal auch zuteilwerden lassen wollen. Insofern finde ich, dass Sie ehrlich bleiben sollten, wenn Sie uns hier vorzuwerfen, dass wir nicht einig sind. In der Politik darf es so sein, dass man unterschiedliche Auffassungen in unterschiedlichen Parteien hat. Ich finde, das ist auch richtig so.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Die Sachlage ist insofern relativ klar. 13 von 16 Bundesländern haben eine Regelung im Gesetz zum finalen Rettungsschuss. Das ist ein Ergebnis der Geiselbefreiung von 1972. Selbstverständlich kann man auch im Land Berlin überlegen, ob man hier eine Regelung zum finalen Rettungsschuss im Gesetz haben möchte oder ob man, wie bisher auch möglich und unproblematisch passiert, einen Rückgriff auf die Notwehr oder Notstandsregelung vornimmt.

Für meine Fraktion und mich ist die Frage relativ klar zu beantworten. Wir können uns eine solche Regelung zum finalen Rettungsschuss vorstellen, weil wir glauben, dass es natürlich ein Maß an Rechtssicherheit gibt und weil auch nicht das Gefühl entstehen darf, dass die Polizistinnen und Polizisten hier an dieser Stelle alleingelassen werden. Aber, auch das kann ich deutlich akzeptieren und habe es gerade gesagt, in dieser Frage kann man rechtlich auch anderer Auffassung sein. Selbstverständlich darf auch unser Koalitionspartner hier rechtlich eine andere Auffassung haben. Wir werden es in diesem Fall so machen, wie wir es immer gemacht haben, wenn unterschiedliche Positionen in der Koalition bestehen. Wir werden diese im Ausschuss miteinander diskutieren. Wir werden diese innerhalb der Koalitionsfraktionen miteinander diskutieren.

[Georg Pazderski (AfD): Können Sie das nicht in Ihrer Koalition besprechen?]

Seien Sie doch einmal ruhig! – Letztlich werden wir ein Ergebnis haben, welches entweder für eine Regelung oder gegen eine Regelung ist. Den Eindruck, den Sie hier erwecken, dass die Beamten ohne eine Regelung zum finalen Rettungsschuss nicht wissen, was sie tun können und der Terror nicht gestoppt werden kann, ist tatsächlich billigste Polemik, die Sie hier abliefern. Da stehe ich deutlich nicht an Ihrer Seite.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir nehmen den Änderungsantrag, den Sie hier eingereicht haben, zum Anlass, darüber im Innenausschuss entsprechend miteinander, hoffentlich dann seriöser als

(Marc Vallendar)

gerade, zu diskutieren. Eine Anmerkung darf ich auch noch tun, auch wenn meine Redezeit gleich zu Ende ist: Selbstverständlich werden wir hier nicht anfangen, einzelne Regelungen jeweils einzeln herauszufummeln und miteinander zu diskutieren. Wenn, dann gibt es eine Gesamtlösung oder eine Gesamtregelung zur Änderung des ASOG. So steht es auch im Koalitionsvertrag. An der Stelle werden wir auch diese Frage miteinander diskutieren. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die CDU-Fraktion Herr Kollege Dregger!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Konzept des finalen Rettungsschusses ist nach dem fürchterlichen Anschlag auf die Olympischen Spiele 1972 entwickelt worden. Es ist richtig, Kollege Kohlmeier hat es ausgeführt, dass die überwiegende Zahl der Bundesländer gesetzliche Regelungen in ihren Landespolizeigesetzen geschaffen hat.

Die Frage ist, ob es notwendig ist. Zunächst einmal gibt es die Frage, wofür diese Regelungen sind und um welche Situationen es geht. Auch das ist kurz angeklungen. Es geht natürlich darum, dass eine unmittelbare Gefahr für Leben oder körperliche Gesundheit von Menschen nicht anders abgewehrt werden kann, als durch einen gezielten Schuss, der mit überwiegender Wahrscheinlichkeit tödlich erfolgen kann. Auch die Beispiele der Attentatssituationen sind genannt worden.

Ist ein solcher finaler Rettungsschuss in Berlin strafbar? – Nein, das ist er nicht. Auch er ist heute bereits durch die Regelungen in § 32 StGB und §34 StGB gerechtfertigt – das wissen Sie –. Notwehr und der rechtfertigende Notstand erlauben auch heute bereits die gezielte Tötung von Angreifern. Es muss also, wenn wir über eine landesrechtliche polizeirechtliche Regelung reden, im Grunde darum gehen, dass wir die Einsatzgrundsätze für einen finalen Rettungsschuss in einer Weise regeln, dass die Entscheidung des Polizeibeamten erleichtert wird, der innerhalb von Sekunden gegebenenfalls über Leben und Tod entscheiden muss.

Kollege Dregger! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Vallendar?

Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Kollege Dregger! – Der Unterschied zwischen Strafbarkeit und Rechtswidrigkeit ist Ihnen doch wohl ein Begriff, oder?

Ja, ich habe durchaus schon mit juristischen Sachverhalten in meinem Leben zu tun. Auch die Definitionen von Rechtswidrigkeit und Strafbarkeit sind mir bekannt. Ich habe mich dazu geäußert, ob ein finaler Rettungsschuss strafbar ist. Er ist gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der §§ 32 StGB oder 34 StGB vorliegen. Deswegen haben wir auch keinen Handlungsdruck. Dennoch halte ich es für richtig, dass wir uns intensiv mit den Fragen beschäftigen. Die CDU-Fraktion arbeitet auch schon seit Sommer letzten Jahres an einem Entwurf. Wenn man sich aber damit beschäftigt, ist es eben mehr, als nur einen einzeiligen Satz aufzuschreiben.

[Beifall bei der CDU und den GRÜNEN]

Es geht wirklich darum zu überlegen, wie man eine Verbesserung für diejenigen schaffen kann, die im Einsatz sind. Den Satz, den Sie vorschlagen, der sich auch in anderen Landespolizeigesetzen befindet, kann man wählen. Wir müssen aber trotzdem prüfen, ob es nicht auch auf andere Weise weitergehende Anhaltspunkte geben kann, die die Entscheidung des Polizeibeamten erleichtert. Das muss nicht unbedingt mehr Text sein, weil auch mehr Text manchmal die Dinge verkomplizieren oder geradezu unklar machen kann.

[Tom Schreiber (SPD): Stimmt!]

Es ist aber eine wichtige Frage. Ich darf Ihnen sagen, aus den Gesprächen mit Polizeibeamten der Spezialeinsatzkommandos weiß ich, dass diese Fragen auch dort bei den Betroffenen eine große Rolle spielen, dass sie sie bewegen und dass sie sich natürlich in einem sehr sicheren Rechtsraum bewegen müssen. Deswegen schlage ich vor, dass wir das im Innenausschuss oder den zuständigen Ausschüssen sehr sorgfältig behandeln. Wir werden als CDU-Fraktion eine Anhörung beantragen, damit wir uns auch mit externem Sachverstand ausstatten, bevor wir einen so weitgehenden Grundrechtseingriff auch im Polizeirecht ermöglichen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege Schrader das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich erst einmal eine Vorbemerkung machen. Man kann über die Frage des finalen Todesschusses juristisch dis