Protocol of the Session on November 30, 2017

Da liegt wohl noch eine ganze Menge im Schlamm verborgen. Mit welcher Konsequenz, das muss hier noch sehr genau geklärt werden. Wir müssen uns schon die Frage stellen, ob dort noch eine Bombe explodieren kann oder ob nach über 70 Jahren Korrosion toxische Stoffe

aus sich auflösendem TNT freigesetzt werden, und wenn ja, in welchem Maß.

[Steffen Zillich (LINKE): Was folgt daraus?]

Der Grund wird sehr genau und sehr kostenaufwendig abgesucht werden müssen, bis die Gewissheit herrscht, dass dort nichts mehr liegt. Frau Gebel! Wenn Sie vorhin erzählt haben, Sie möchten gerne, dass Ihre Kinder dort baden können, dann sollten Sie sich die Frage auch mal stellen. Herr Buchholz! Wenn Sie sagen, Sie möchten dort reinspringen und auch lebendig wieder rauskommen, dann geht das genau in die gleiche Richtung.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Bei aller Sympathie, die ich persönlich und auch die AfD als Partei des gesunden Menschenverstandes

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Lachen bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

für dieses Projekt aufbringen, möchte ich doch gern zu dieser speziellen Thematik die Einschätzung von Fachleuten hören.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Des Weiteren gilt es zu klären, ob es durch dieses Projekt eventuell zu einer Kollision mit dem Status der Museumsinsel als Weltkulturerbe kommen könnte.

[Zuruf von Sabine Bangert (GRÜNE)]

Auch hierzu hätte ich vor einem Beschluss gern die Meinung von Fachleuten gehört. Wir beantragen daher die Überweisung an den zuständigen Fachausschuss, um dort in einer Anhörung Klarheit zu erlangen und daran anschließend einen Beschluss zu fassen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Für die Linksfraktion hat nun die Kollegin Platta das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es war im November 2015, als bei der Anhörung zum Tagesordnungspunkt „Ein gemeinsames Nutzungskonzept für die Spree“ ein Vertreter von Flussbad Berlin e. V. endlich auch über eine besondere Nutzungsvision vor Abgeordneten in diesem Haus sprach. Im Wortprotokoll von vor zwei Jahren findet sich nach der Vorstellung der Projektidee der Satz – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, die Worte von Herrn Edler –:

(Thomas Isenberg)

Ich würde mich deswegen sehr freuen, wenn Sie heute den Ansporn mit nach Hause nehmen würden, dabei zu helfen, aus der konkreten Utopie für Berlin eine konkrete Realität in Berlin werden zu lassen.

Und heute ist es so weit. Wir begrüßen das Projekt Flussbad Berlin gemeinsam – fraktionsübergreifend außer einer kleinen Fraktion am Rand.

[Christian Buchholz (AfD): Vom rechten Rand!]

Wir werden uns auf dem Weg zur Realität zwar noch mächtig anstrengen müssen – nicht umsonst sind fünf Arbeitsaufgaben im Antrag extra ausgeführt –, aber auch wenn die letzten Unwegsamkeiten mit Kompetenz und Können überwunden werden, insbesondere die Schwierigkeiten bei der Berücksichtigung der denkmalpflegerischen und stadtplanerischen Belange, dann haben wir nach fast einem Jahrhundert wieder offizielles Baden in einer dafür ausreichend guten Wasserqualität, in einem Kanal mit sauberem Spreewasser.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und der SPD]

Man kann darüber streiten, ob ein solches Projekt überhaupt sinnvoll ist. Auch in der Linksfraktion haben wir besonders hart darüber gestritten, ob der Ort der richtige ist, und am Ende Antworten gefunden.

Seit vielen Jahren interessiere ich mich für die Verteilung der Umweltgerechtigkeit. Die Bewertung von Luftverschmutzung, Lärmbelastung, bioklimatische Bedingungen und Versorgungsgrad mit Grünflächen sind für alle öffentlich zugänglich, genauso die planungsbezogenen Daten zum Sozialindex. Die Fischerinsel befindet sich am südlichen Ende des Spreekanals, und Stadtmitte ist auch nicht weit. Wir haben hier noch immer hoch belastete, benachteiligte Gebiete. Und wir wollen die Umsetzung dieser Vision vom Baden in der Spree gerade auch nutzen, um Menschen in der Innenstadt bei der Umweltgerechtigkeit wieder etwas Verbesserung anzubieten. Daran haben wir auch ein starkes soziales Interesse.

Mit dem Regenwassermanagement sind wir schon einen Schritt gegangen, der uns in Berlin sauberes Oberflächenwasser bringen soll. Wir gehen mit dem FlussbadProjekt einen Schritt weiter und bieten den Berlinerinnen und Berlinern auch eine Antwort auf die Frage an, was uns noch so bei der schleppenden Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie in Berlin bewegen wird. Denn neben dem guten Zustand des Oberflächenwassers Spree ist auch eine neue Nutzungsmöglichkeit des öffentlich zugänglichen und sauberen Wassers im Spreekanal möglich.

Ich habe mich dafür eingesetzt, dass dieser Antrag heute – auch weil es ein fraktionsübergreifender Antrag ist – direkt abgestimmt werden kann. Nach den langen Dis

kussionen sehe ich keine Notwendigkeit, diesen Antrag weiter zu qualifizieren. Natürlich wird es noch Beachtung finden, was sich dort alles im Untergrund befindet.

Wir werden also gemeinsam zu diesem Flussbad kommen können, wenn auch die Senatsverwaltungen ihren Aufgaben gerecht werden und in bewährter Weise die begonnene Arbeit für die Genehmigungsfähigkeit des Flussbades fortsetzen und ihre zeitlichen und personellen Möglichkeiten nutzen.

Ich sehe in diesem Projekt noch weiter Chancen für unsere Stadt, über die Sommerzeit hinaus Wirkung zu entfalten. Sommerlich baden ist schon schön, aber warum nicht auch an diesem neuen, natürlich wirkenden Wasserfilter eine Kinder- und Jugendakademie Flusswasser ansiedeln, die gemeinsam mit Expertinnen und Experten über die Qualität des Wassers wacht und forscht, um das Wissen im Umgang mit Wasser wachsen zu lassen, an einem Standort zwischen Museumsinsel und Universität? Ich denke, wir können uns über diese Entwicklungsmöglichkeiten für die Innenstadt und das öffentliche Baden auch an anderen Orten im Stadtgebiet mit Wasserlagen freuen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Förster das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie immer, wenn etwas neu in Berlin ist, etwas neu angedacht wird, gehen die Meinungen weit auseinander. So war es auch, als das Flussbad-Projekt zum ersten Mal in die mediale Öffentlichkeit trat. Die einen sahen es als tolle Touristenattraktion, die anderen fragten: Ist das auch etwas für die Normalbevölkerung? Wieder andere fanden es eine grandiose Idee, und andere äußerten, es wäre ein albernes Spektakel der Spaßgesellschaft. So weit können die Meinungen auseinandergehen, aber was wäre Berlin, wenn es nicht Macherinnen und Macher gäbe, die Visionen hätten, die Projekte anschieben und voranbringen wollen, die vielleicht heute undenkbar erscheinen, aber morgen der Stadt Attraktivität und Glanz verleihen? – Ich glaube, das Flussbad wird eines Tages ein solches Projekt sein.

[Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Was es braucht – und das ist die Grundvoraussetzung für das Gelingen einer solchen Idee –, sind Macher und ein Projektteam, die wirklich engagiert und voller Lei

(Marion Platta)

denschaft für ihre Arbeit brennen. Das darf man sagen: Die Gebrüder Edler tun dies, und die Leute, die sie um sich herum versammelt haben, tun das ebenfalls. Damit ist auch ein weiterer Baustein gelegt, dass es klappen kann. Staatlich verordnet wird so etwas nicht funktionieren. Es geht nur, wenn es zivilgesellschaftlich angegangen wird. Der Staat kann und soll unterstützen, aber anpacken müssen in erster Linie diejenigen, die die Idee haben. Aber wir sollten sie dabei nach Kräften unterstützen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN ]

Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben fast alle schon erwähnt, dass Baden in Berlin eine lange Tradition hat, dass wir bereits Anfang des 19. Jahrhunderts die erste Flussbadeanstalt in Berlin hatten – bis zu fünfzehn gab es allein entlang der Spree. Dass sie Anfang des vorigen Jahrhunderts stillgelegt werden mussten, hat mit der Wasserqualität der Spree zu tun. Wir sind sehr froh miteinander, dass wir heute nicht mehr über schlechte Wasserqualität diskutieren müssen, sondern langsam wieder – auch bei der Qualität des Spreewassers – ein Niveau erreicht haben, bei dem man über Baden auch verantwortlich reden kann und bei dem die Kollegin Gebel auch mit ihren Kindern verantwortungsvoll baden gehen kann. Ich glaube, wir sind uns einig, dass das mittlerweile gegeben ist.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ansonsten ist es nicht so – das auch noch einmal in Richtung AfD gesagt –, dass wir von vornherein kritische Stimmen lächerlich gemacht hätten oder uns mit Anwohnerinnen und Anwohnern, die dort Einwände haben könnten, nicht auseinandergesetzt hätten. Diese nehmen wir natürlich ernst. Das sind durchaus berechtigte Hinweise, und es sind auch noch nicht alle Bedenken ausgeräumt. Dass die Bewohnerinnen und Bewohner der Fischerinsel sagen: Wir wollen bei uns keinen Schilfsumpf vor der Tür haben! –, ist klar. Aber wir wollen auch gemeinsam dafür sorgen, dass so etwas nicht passiert. Trotzdem sind es diejenigen, mit denen wir in Gesprächen sind und im Dialog stehen.

Das Gleiche gilt auch für die Fragen, wie technische Herausforderungen gemeistert werden können, die Überläufe der Mischwasserkanalisation bei Starkregen zu regulieren und andere Dinge, die anstehen. Ja, das werden technische Herausforderungen sein, aber auch da muss man in irgendeiner Form darauf vertrauen, dass technische Probleme lösbar sind und dass sie einer guten Lösung zugeführt werden können.

Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Frage des Denkmalschutzes. Ich bin da gar nicht so skeptisch. Bisher liegen noch gar keine konkreten Planungen vor und konnten es auch nicht, die ausgereift sind und genehmigt

werden konnten. Bisher gab es unverbindliche Abstimmungsgespräche. Da hat der Denkmalschutz an der einen oder anderen Stelle auf Probleme hingewiesen. Das ist auch richtig. Wir wollen alle nicht, dass das UNESCOWeltkulturerbe verlorengeht, wie dies in Dresden geschehen ist. Das wollen wir nicht. Insofern werden wir gemeinsam alles dafür tun, dass die Rahmenbedingungen stimmen – und zwar gemeinsam mit dem Denkmalschutz und nicht gegen ihn –, dass wir auch in Berlin eine weitere Attraktion bekommen, ohne die andere zu verlieren. Das ist aber, glaube ich, Konsens bei allen Antragstellern.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir geben damit heute den Startschuss, dass das engagierte Projektteam, diese tollen Visionäre, loslegen kann, und zwar im Detail loslegen kann, dass wir sie dabei konstruktiv begleiten und dass wir gemeinsam der Meinung sind, wir müssen Berlin immer wieder neu denken, damit es spannend bleibt. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Antragsteller haben die sofortige Abstimmung beantragt. Die AfD-Fraktion beantragt dagegen die Überweisung federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen. Gemäß § 68 der Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Überweisungsantrag abstimmen. Wer der Überweisung federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen sämtlicher weiteren Fraktionen und der Gegenstimme eines fraktionslosen Abgeordneten. – Enthaltungen? – und einer Enthaltung des weiteren fraktionslosen Abgeordneten ist der Überweisungsantrag damit abgelehnt.

Wer dem Antrag Drucksache 18/0665 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU-Fraktion und die FDPFraktion sowie ein fraktionsloser Abgeordneter. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei Enthaltungen der AfDFraktion und eines weiteren fraktionslosen Abgeordneten ist damit der Antrag angenommen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Ich rufe auf

(Stefan Förster)