Protocol of the Session on November 30, 2017

lfd. Nr. 3.2:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 19

Unverzügliche Anwendung der Regelungen des Aufenthaltsgesetzes zur Abschiebehaft und zur Abschiebeanordnung sowie Missbilligung der Untätigkeit des Senates

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0613

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Woldeit. – Bitte sehr!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Koalition hält Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam grundsätzlich für unangemessene Maßnahmen und wird sich deshalb auf Bundesebene für deren Abschaffung einsetzen.

[Hakan Taş (LINKE): Genau richtig!]

Das habe ich mir nicht ausgedacht, sondern das steht so auf Seite 114 des Koalitionsvertrages der Koalition aus SPD, Linken und Grünen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Hakan Taş (LINKE): Bravo! – Weitere Zurufe]

Ganz genau! Das zeigt übrigens auch schon in besonderem Maße, inwieweit Sie mit der Gesetzeslage und mit geltenden Paragrafen des Aufenthaltsgesetzes umgehen wollen. Unterstrichen wird das auch noch einmal durch die Aussage des innenpolitischen Sprechers der Linksfraktion an diesem Montag im Innenausschuss, wo er sagte, jede Abschiebung sei eine Abschiebung zu viel.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Anja Schillhaneck (GRÜNE)]

Das ist die Haltung der Koalition heutzutage.

Weiterhin arbeitet der Senat ebenfalls in einer anderen Form zumindest der Ausreisemöglichkeit entgegen, indem er widerrechtlich Sprachkurse anbietet. Senatorin Breitenbach ist ja öffentlich vom Bundesinnenminister dafür gerügt worden.

[Steffen Zillich (LINKE): Aber es ist doch nicht richtig, dass er sie rügt!]

Jetzt schauen wir uns mal die Zahlen und die Umstände hier in Berlin an: Wir haben 11 500 vollziehbar ausreisepflichtige Menschen in Berlin, wir haben 40 000 rechtskräftig abgelehnte Asylanträge, und der Innensenator rechtfertigt sich: Wir befinden uns im Rahmen der Ab

schiebung im Mittelmaß. Wir haben 1 500 Abschiebungen vollzogen. – Aber wenn ich im vierten Untergeschoss bin, dann ist der Keller auch noch verdammt weit oben.

[Beifall bei der AfD]

Das ist also nicht der Maßstab, den man hier ansetzen sollte.

Erstens zeigen diese Zahlen, dass die Menschen, die 2015 durch die widerrechtliche Grenzöffnung zu uns gekommen sind, nicht alle ausschließlich Kriegsflüchtlinge sind, denn sonst wären sie nicht vollziehbar ausreisepflichtig.

Zweitens: Wenn man jungen Menschen aus anderen Kulturkreisen in dieser Stadt keinerlei Perspektive geben kann, was passiert dann mit diesen jungen Menschen? –

[Benedikt Lux (GRÜNE): Sie wollen Ihnen keine Sprachkurse geben!]

Es ist einfach nicht erlaubt, Herr Kollege. Es ist nicht erlaubt. –

[Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN: Quatsch! Unsinn!]

Diese Menschen kommen dann mitunter auf dumme Gedanken. Das ist einfach ein Fakt. Und dann haben wir natürlich auch ein immenses Sicherheitsrisiko.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie nehmen Ihnen doch die Perspektive! – Zuruf von den GRÜNEN: Das ist ein Skandal! – Weitere Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Lux! Sie können gern auf so einen kleinen silbernen Knopf drücken, dann gestatte ich Ihnen gern eine Zwischenfrage. Das Reinbrüllen ist immer suboptimal. Ganz ehrlich!

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Wir stehen hier auch vor einem immensen Sicherheitsrisiko. Wenn junge Menschen ohne Perspektive auf dumme Gedanken kommen, wenn sie gewalttätig werden, wenn sie übergriffig werden, wenn sie – und das ist auch ein Punkt: Terrorgefahr – verleitet werden und durch falsche Propheten in irgendeine Extremismusecke gebracht werden, dann haben wir ein immenses Problem. Wir befinden uns gerade in den Gedenkveranstaltungen, weil sich der Jahrestag des Terroranschlags nähert. Herr Senator Geisel hat zu Beginn der Parlamentsdiskussion, in der Fragestunde, gesagt, § 58a Aufenthaltsgesetz, der ja bereits vorsieht, dass Menschen, bevor sie eine Straftat, einen Terroranschlag, begangen haben, abgeschoben werden können, sei richterlich nicht bestätigt worden. Das ist zumindest in einem Fall schlichtweg falsch, weil nämlich das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 13.7.2017 wie auch mit Beschluss vom 30.8.2017 die Möglichkeit der Anwendung des § 58a Aufenthaltsgesetz eindeutig rechtlich bestätigt hat.

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Lieber Herr Senator Geisel! Da sind Sie auch auf Landesebene in der Pflicht. Ich gebe Ihnen recht: Wenn ein Verfahren bei der Generalbundesanwaltschaft anhängig ist, dann ist dementsprechend auch der Innenminister gefordert. Aber die Anwendung des § 58a Aufenthaltsgesetz kann Ländersache sein. Ihre Kollegen in Bremen und in Niedersachsen haben ihn angewandt. Ich fordere Sie auf: Bringen Sie im Rahmen der Sicherheit und im Rahmen der Terrorismusbekämpfung diesen Paragrafen zur Anwendung!

[Beifall bei der AfD]

Mit dem vorliegenden Antrag machen wir nichts anderes, als die Anwendung geltenden Rechts einzufordern.

[Frank Zimmermann (SPD): Das ist nicht richtig!]

Das ist absolut richtig, Herr Kollege Zimmermann! Aber Sie können nachher in Ihrem Redebeitrag darauf eingehen. – Wir missbilligen übrigens auch die Haltung des Senats, und ich zitiere noch einmal die Aussage des innenpolitischen Sprechers der Linksfraktion, wonach jede einzelne Abschiebung eine zu viel sei. Meine Damen und Herren! Wissen Sie, was zu viel ist? Jede einzelne Straftat, jedes einzelne Körperverletzungsdelikt, jede einzelne Vergewaltigung und jeder einzelne Mord! Jedes einzelne Opfer ist eines zu viel. Arbeiten Sie hier dagegen!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Marcel Luthe (FDP) – Zurufe von der LINKEN]

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Zimmermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist eine Kernaufgabe des Staates, ein Höchstmaß an Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP – Beifall von Burkard Dregger (CDU)]

Diese Aufgabe zu erfüllen und dazu die gebotenen Mittel einzusetzen, ist die Politik des Senats und der ihn tragenden Koalition.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Die Unterstellung, der Senat wende Gesetze nicht an, weisen wir entschieden als frei erfunden zurück.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Lachen bei der AfD]

Ihr Antrag und auch Ihr Vortrag soeben beweisen erneut, dass Sie mit Fehlinformationen über die Regierungspra

xis und über den gesetzlichen Rahmen ein einziges Ziel verfolgen – nur ein einziges Ziel –,

[Karsten Woldeit (AfD): Sicherheit zu schaffen!]

nämlich ein Höchstmaß an Verunsicherung zu schaffen und das Vertrauen in die staatlichen Organe zu beschädigen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]