Protocol of the Session on November 16, 2017

[Stefan Evers (CDU): Zur Sache! – Danny Freymark (CDU): Das war die Frage? – Zuruf von links: Und noch nicht einmal einen Eimer Wasser hinstellen konnten! – Unruhe]

Bitte schön, Herr Czaja!

[Unruhe]

Ansonsten bitte ich darum, dass wieder Ruhe einkehrt, damit Herr Kollege Czaja auch antworten kann.

Ich muss sagen, dass ich den Eindruck habe, dass Ihr Erinnerungsvermögen enorme Lücken aufweist, aber es ist richtig, dass ich dafür die Verantwortung hatte. Das hat auch niemand bestritten. – Hier geht es um den Schulbau, um eine der wichtigsten Fragen in der Stadt, während Sie hier Urban Gardening und das Bestäuben durch Bienen heute als Antrag einreichen. Vielleicht sollten Sie sich einmal mit dieser Frage auseinandersetzen und nicht immer nur nach hinten schauen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Ronald Gläser (AfD)]

Aber lassen Sie mich noch einmal zu den Dingen kommen, sie aus unserer Sicht erforderlich sind: mehr Personal in den Bezirken.

Zweitens: attraktivere Arbeitgeber. Es ist doch ein guter Vorschlag, Bundeswehrsoldaten in die Schulsanierung mit einzubinden. Das ist völlig in Ordnung. Die Frage ist nur, unter welchen Voraussetzungen diese in die Bezirke kommen. Wer dort Mitarbeiter werden will, bekommt eben 750 Euro weniger als bei den Berliner Wasserbetrieben. Einheitliche Entgeltstufen haben wir in Berlin derzeit nicht. Das wäre eine zweite wichtige Aufgabe.

Drittens benötigen wir einheitliche Baustandards. Dafür ist Frau Lompscher zuständig. Man hört aus allen Bezirken, dass mit unterschiedlichen Kriterien an die Schulsanierungen herangegangen wird – von den Denkmalschutzämtern, der Feuerwehr, bei Brandschutz und Lüftungskonzepten. Einheitliche Baustandards zu erarbeiten, wäre jetzt die Aufgabe.

Viertens: Wir brauchen kürzere Ausschreibungszeiten. Die Auftragsbücher der Handwerker sind voll. Wir bräuchten ähnliche Verfahren wie damals beim Konjunkturpaket II. Warum 87 Tage europaweite Ausschreibung, wenn auch 30 Tage, so wie damals, möglich sind? Warum nicht beschränkte Ausschreibungen bis zu einem Betrag von 1 Million Euro oder von mir aus auch bis 2 Millionen Euro – bei den gestiegenen Baupreisen? Haben Sie doch endlich Mut und Haltung, um diese wichtige Herausforderung, vor der diese Stadt steht, anzugehen!

[Beifall bei der CDU]

Herr Kollege! Sie müssten jetzt zum Schluss kommen! Sie haben schon überzogen.

Wir brauchen natürlich auch eine Übertragbarkeit der Mittel und wir brauchen die Einbindung der privaten Wirtschaft, wie in anderen Bundesländern üblich. All das verhindern Sie derzeit und lösen eines der herausragendsten Probleme der Stadt nicht, nämlich die Bildungsmisere aufzulösen. Das wäre die Aufgabe! Wenn Sie diese Aufgabe angehen wollen, haben Sie uns als konstruktive Opposition an Ihrer Seite,

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Sie haben nichts gemacht, und auf einmal sind Sie auf unserer Seite? Das ist doch lächerlich!]

aber nicht für den Firlefanz, den Sie in dem ersten Drittel Ihrer Amtszeit hier vollzogen haben. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Starker Beifall bei der CDU und der FDP]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Kittler das Wort.

[Steffen Zillich (LINKE): Wenn wir Ihre Rechenkünste nehmen, werden die Schulen nur zu zwei Dritteln fertig! – Torsten Schneider (SPD): Jetzt kommen wir mal wieder zur Sache! – Weitere Zurufe]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Ruhe! – Frau Kittler, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Berlin wächst und erfreulicherweise auch die Anzahl von Kindern. Das ist großartig, stellt uns aber vor enorme Aufgaben beim Schulneubau und natürlich auch bei der Sanierung der vielfach maroden, alten Schulgebäude. Die Linksfraktion hat im Frühjahr 2016 Vorschläge dafür vorgelegt, den Sanierungsstau an den Berliner Schulen mit einem Zehnjahresprogramm zu beheben und gleichzeitig ausreichend neue Schulplätze für die steigende Anzahl von Schülerinnen und Schülern zu schaffen. Dafür haben wir nun auch die richtige Koalition in unserer Stadt, für die das prioritäres Ziel ist – nachzulesen im Koalitionsvertrag, ebenso wie in den Richtlinien der Regierungspolitik.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Mario Czaja (CDU):Welche meinen Sie?]

Dass auch die FDP hier Zeitdruck erkennt und Vorschläge macht, dazu kann ich nur sagen: Donnerwetter!

[Holger Krestel (FDP): Wie lange haben Sie für den Satz überlegt?]

Nehmen Sie eigentlich zur Kenntnis, was schon vorliegt,

[Sebastian Czaja (FDP): Ja: nichts!]

und dass wir schon viel weiter sind, als Sie hier vorschlagen?

[Sebastian Czaja (FDP): Die Schulen bröckeln weiter um die Wette!]

Herr Czaja! Es tut mir leid, ich kann mich nicht erinnern, dass Sie hier in den letzten fünf Jahren als Senator oder Ihre Fraktion richtungsweisende Vorschläge für das Beheben der Missstände in den Schulen in unserer Stadt gemacht haben.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gräff von der CDU-Fraktion?

Gleich! – Ins Regierungswasser zu springen, Herr Czaja, und sich nicht nass machen zu wollen, das funktioniert ja wohl nicht. – Bitte, jetzt.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

(Mario Czaja)

Jetzt ja. – Herr Kollege Gräff – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau geschätzte Kollegin Kittler! Wie beurteilen Sie den Umstand, dass die Bildungssenatorin und ihr Staatssekretär einen von uns gemeinsam mit dem Bildungsstadtrat von Marzahn-Hellersdorf geschriebenen Brandbrief zur Schulsituation in Biesdorf-Süd – für 200 Schülerinnen und Schüler, die im nächsten Jahr nicht eingeschult werden können – auch auf Nachfrage in der letzten Woche bis heute nicht einmal schriftlich vier Abgeordneten des Hauses beantwortet haben? – Vielen Dank!

[Torsten Schneider (SPD): Was hat denn das mit einer Fachdebatte zu tun?]

Frau Kollegin – bitte schön!

Das beurteile ich so, dass ich meine, dass wir hier eine Antwort bekommen müssen, dass die Antwort nicht so leicht sein wird, wie Sie das jetzt hier darstellen wollen. Ich gehe aber sehr stark davon aus und versichere Ihnen, dass alle Kinder dort einen Schulplatz bekommen werden.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Es gibt mit unserer Berliner Schulbauoffensive das ehrgeizige Ziel, in zehn Jahren den Sanierungsstau abzubauen und nach neuesten Berechnungen 59 Schulneubauten zu errichten. Dafür will die Koalition bisher 5,5 Milliarden Euro bereitstellen. Es ist in diesem Jahr bereits gelungen, 830 Millionen Euro an den Start zu bringen. Es gibt die ersten zwei Senatsbeschlüsse zur Umsetzung, erarbeitet in Kooperation der drei Senatshäuser für Bildung, Finanzen und Stadtentwicklung. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ist schon kräftig bei der Umsetzung selbiger, auch wenn Sie es nicht wissen. Die notwendigen Mittel werden im nächsten Doppelhaushalt bereitgestellt, und die Bezirksämter von Berlin bündeln ihre Kräfte und haben ein Zehn-PunkteProgramm vorgelegt. So werden zur Deckung des akuten Bedarfs an Schulplätzen modulare Ergänzungsbauten, sogenannte MEBs, realisiert, für eine begrenzte Anzahl von Schulneubauten auch als erster Bauabschnitt. Und in Verantwortung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen werden innerhalb von eineinhalb Jahren 73 solcher MEBs geplant und gebaut. 33 sind schon schlüsselfertig übergeben worden. Das ist Turbobau eins.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN]

Ebenso notwendig ist der Bau von Sporthallen, für die ein Wettbewerbsverfahren für die Entwicklung von Typenbauten nun entschieden ist, sodass jetzt die Vorbereitungen für den Bau von neuen Sporthallen in Holz-BetonBauweise laufen. Das ist Turbobau zwei.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN]

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen realisiert in einem laufenden Modellvorhaben zur Beschleunigung von Schulneubauten, MoBS genannt, im Zuge der Amtshilfe zehn Schulneubauten für die Bezirke Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow, Spandau, Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg. Dafür wurden für sieben dieser Standorte Planungswettbewerbe durchgeführt, und an drei Standorten in Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg werden Schulen eines Generalplaners in Holzmodulbauweise gebaut, Baubeginn 2018. Das ist Turbobau drei. Die gemeinsamen Vorschläge der Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Wohnen und für Finanzen zur Straffung der Verfahren liegen dem Hauptausschuss seit März 2017 zur Kenntnisnahme vor. Offensichtlich ist das Ihrer Kenntnisnahme entgangen.

[Holger Krestel (FDP): Überholen ohne einzuholen!]

Weitere 20 Neubauschulen mit einer zusätzlichen Kapazität von mehr als 140 Zügen wird SenStadtWohn bis zum Schuljahr 2024/25 errichten. Auch das ist ziemlich turbo, werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Und es wird wohl Zeit, dass Sie erkennen, dass hier von Verantwortungspingpong nicht die Rede sein kann. Angebracht ist vielmehr, Katrin Lompscher, Regula Lüscher und den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unsere Anerkennung auszusprechen.

[Beifall bei der LINKEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Die von mir genannten Zahlen machen ja schon deutlich, dass da noch Schulneubauten fehlen, die wir aber in den nächsten zehn Jahren brauchen werden. Wir brauchen diese Investitionen, wohl wissend, dass es auch noch andere Baustellen in dieser Stadt gibt. Es gibt sie in vielen öffentlichen Gebäuden, Straßen, Brücken, Krankenhäusern, Kultureinrichtungen – alles aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren, werden wir nicht schaffen. Da außerdem ab 2020 die Schuldenbremse droht, gibt es unserer Meinung nach nur den Weg, dass ein Landesunternehmen, das einen Eigenfinanzierungsgrad von mehr als 50 Prozent hat und das seine Umsätze nicht überwiegend mit staatlichen Stellen erwirtschaftet, uns bei der Lösung des Problems hilft. Ein solches Landesunternehmen haben wir mit der HOWOGE gefunden. Es soll über eine zu gründende Tochter etwa die Hälfte der Neubauvorhaben und Großsanierungen übernehmen und dabei Kredite in Höhe von etwa 1,2 Milliarden Euro aufnehmen. Die Verhandlungen dafür laufen, und wir werden den Aufbau der Tochtergesellschaft als GmbH im nächsten Jahr sicher auch als Parlament genauso begleiten wie den Baustart durch sie ein Jahr später. Der Linken ist

dabei die Entwicklung eines Partizipationskonzepts, das die Einbeziehung und Zusammenarbeit aller Beteiligter, also der Beschäftigten-, Eltern- und Schülervertretungen, der Schulkollegien, der Vertretungen von Bezirksämtern und BVVen, der Bauträger, der Architektinnen und Architekten usw. ohne Zeitverlust bereits vor der Planungsphase und begleitend über den gesamten Planungs- und Umsetzungsprozess sichert, wichtig.

Beim Abschluss von Erbpachtverträgen sollten diese auf 20 bis 25 Jahre befristet werden sowie Schulen und Grundstücke danach belastungsfrei in unmittelbares Landeseigentum zurückfallen. Die Kreditaufnahmen und Finanzierungen einer landeseigenen Schulbau- und Sanierungsgesellschaft in Form einer Tochtergesellschaft der HOWOGE zum Zweck der Bewältigung großer Baumaßnahmen müssen unserer Meinung nach vollständig von dem Geschäftsfeld der Muttergesellschaft, dem landeseigenen Wohnungsbau, getrennt sein, denn Schulneubaukredite dürfen nicht mit landeseigenen Wohnungen gesichert werden. Eine Finanzierung von Schulbau- und Sanierungsmaßnahmen außerhalb des Kernhaushalts muss also mit Sicherungen belegt sein. Und weil seit dem Senatsbeschluss immer wieder von verschiedenen Seiten das Gespenst der Privatisierung an die Wand gemalt wird, sage ich hier ohne Wenn und Aber: Eine Privatisierung und eine wie auch immer geartete Entmachtung der Bezirke wird es mit einer rot-rot-grünen Koalition nicht geben.

[Beifall bei der LINKEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]