Protocol of the Session on November 16, 2017

[Beifall bei der LINKEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Und wenn es nach uns geht, so sollten wir nicht nur über die Schuldenbremse reden, sondern auch über eine Privatisierungsbremse in der Verfassung.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Der Antrag der FDP ist aus mehreren Gründen abzulehnen. Er ist in großen Teilen nichts Neues, sondern aus Koalitionsvertrag und Senatsbeschluss abgeschrieben und somit überflüssig. Er hat ansonsten ein Problem mit der Schuldenbremse und lässt je nach Mehrheiten in den Bezirken sogar den Weg offen, dass die Instandhaltung an eine Infrastrukturgesellschaft abgegeben wird. Reden Sie doch zur Abwechslung mit Bezirksvertreterinnen und -vertretern und nicht nur mit dem „Tagesspiegel“!

[Beifall von Harald Wolf (LINKE)]

Das genau nämlich wollen die Bezirke mit Sicherheit nicht. Die zwölf Bezirke haben einstimmig in einer bisher beispiellosen Art Verantwortung für die Instandsetzung und Sanierung der Bestandsschulen übernommen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Der in einer gemeinsamen Erklärung festgehaltene ZehnPunkte-Plan zur Kooperation im Rahmen der Schulbauoffensive ist bemerkenswert und geht neue Wege. Dass hier über Bezirks- und Parteigrenzen hinweg zur Unterstüt

zung der Realisierung der rot-rot-grünen Schulbauoffensive eine gemeinsame Geschäftsstelle der Berliner Bezirke und drei Regionalverbünde mit genau beschriebenen Aufgaben geschaffen werden sollen, macht deutlich, dass Berlin sich in einer Aufbruchstimmung befindet. Das, was die Bezirke hier vorschlagen, wird auch die Verfahren beschleunigen, Kosteneinsparungen erbringen, Kräfte bündeln und überregionalen Wissenstransfer ermöglichen. Danke an alle Bezirksämter, die diesen neuen Weg ausgearbeitet haben und mit uns zusammen gehen wollen!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Was die Ausgestaltung der neuen Schulen angeht, darüber werden wir hier sicherlich noch sehr viel zu diskutieren haben. Freuen wir uns darauf, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt. Und auch wenn Sie es nicht glauben, wir werden dieses Problem lösen und packen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Kollege Ubbelohde das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Berlin ist Hauptstadt und gleichzeitig mal wieder leider Schlusslicht – diesmal in Sachen Schulbau. Über Dekaden hinweg wurden Sanierung und Neubau von Schulen sträflich vernachlässigt, aber das kennen wir ja aus der hier auch vor Kurzem geführten Debatte zu anderen Infrastrukturproblemen zur Genüge. Das ist hier ja nichts Neues.

Bereits im Rat der Bürgermeister wurden deshalb verschiedene Lösungsansätze diskutiert und auch schnell wieder verworfen. Verworfen wurde – und das aus gutem Grund – die Option einer GmbH. Die Gründe für die Verwerfung der GmbH-Lösung waren so erdrückend, dass eigentlich niemand mehr auf die Idee kommen konnte, diese Initiative aufs Neue aufzulegen – eigentlich. Nun kommt die FDP mit ihrem Antrag und zeigt, dass sie offensichtlich nicht verstanden hat, was eigentlich unverzüglich auf den Weg gebracht werden muss. An Herrn Fresdorf gerichtet: Turbo geht anders. Sie stehen leider an der Nachthaltestelle und warten auf den Bus. Das muss ich Ihnen sagen.

[Beifall bei der AfD]

Schon die gewählte Überschrift zeigt, dass die antragstellende Fraktion die eierlegende Wollmilchsau plant. Nur so ist zu erklären, dass diesem Haus ein Antrag vorgelegt wird, der in sich teilweise widersprüchlich und inhaltlich keinesfalls bis zu Ende gedacht ist. Zudem überrascht die

(Regina Kittler)

Haltung der FDP, die bisher vermeintlich eher ein Gegner von Schattenhaushalten war. Nun befürwortet sie offenbar aus rein parteitaktischen Überlegungen, dass eine Gesellschaft gegründet wird, die nicht unerheblich dazu beitragen würde, genau so ein Konstrukt zu unterstützen. Die im Antrag der FDP beiläufig beschriebene Fremdfinanzierung öffnet nämlich Tür und Tor für Schattenhaushalte und weitere Finanzierungsfallen.

Ganz beiläufig philosophieren Sie in Ihrem Antrag auch noch über das sogenannte Hamburger Modell, das Sie scheinbar als Leuchtturm identifiziert haben. Fakt ist aber, dass Hamburg schon aufgrund der fehlenden zweistufigen Verwaltung und verwaltungstechnischen Gliederung der sieben Bezirke dort nicht als Schablone für Berlin geeignet ist. Außerdem werden die in Hamburg notwendigen Investitionen über weitere Kredite – nach gegenwärtigem Stand – ab 2020 nicht mehr möglich sein, u. a. auch wegen der Schuldenbremse. Spätestens dann wird sich dort dieselbe Frage stellen wie bei uns hier heute. Abgesehen davon ist das Hamburger Modell ein eigenes, inhaltlich umfangreiches Thema, das in der Zukunft bei der Diskussion einer möglichen Verwaltungsreform gerne wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden kann. Für die dramatische Problematik der Schulsanierung bietet es jetzt keine sachdienliche Hilfestellung.

[Beifall bei der AfD]

Nun zu den einzelnen Punkten: Bereits Ihre Ausführung zur Zeitspanne der Maßnahme zeigt, dass Sie mal wieder auf Biegen und Brechen ein Thema besetzen wollen oder müssen. Anders ist beispielsweise dieser Widerspruch nicht erklärbar: Da soll die Maßnahme auf zehn Jahre begrenzt sein, und danach sollen die Aufgaben wieder an die Bezirke zurückgehen. Allerdings soll nach Ablauf von zehn Jahren erst einmal evaluiert werden, ob das beabsichtigte Konstrukt nicht doch weitergeführt wird. Einige Zeilen weiter unten führen Sie etwas zu Instandhaltungsmaßnahmen aus. Sanierung bedeutet aber auch, dass teilweise nur einzelne Stränge einer Schule saniert werden. Andere Instandsetzungsmaßnahmen greifen wiederum teilweise in die Hauptsanierung ein. Eine Abgrenzung solcher Maßnahmen ist zwar am grünen Tisch möglich, in der Realität ist sie aber – und das ist eine Binsenweisheit – selten möglich. Die Folge dieser Idee wäre Abstimmungschaos zwischen Schulträgern, Hochbauämtern und GmbH. Anstatt dazu beizutragen, dass der Abstimmungsbedarf klein gehalten wird, ist eine Potenzierung des administrativen Aufwandes die logische Konsequenz.

[Sebastian Czaja (FDP): Im Gegenteil!]

Der vierte Punkt bei Ihnen steht dann wieder im Widerspruch zu mindestens einem Teil der oben schon erwähnten Ausführungen. Fast schon absurd, liebe FDP, ist dann im letzten Teil des Antrages Ihr freundliches Angebot an die Bezirke, unter den von Ihnen definierten Voraussetzungen das dann nicht mehr benötigte Personal ggf. wieder zurückzunehmen.

Ganz offen: Wo, glauben Sie denn, wird das Personal vorher nach fast 20 Jahren Kaputtsparen unter rot dominierten Senaten hergekommen sein? So eine Gesellschaft könnte doch nur dann auf den Weg gebracht werden, wenn das Personal vorher aus den Bezirken abgezogen wird. Klar, woher soll es auch sonst kommen? Und nun glauben Sie allen Ernstes, dass das Personal dann wieder in die Bezirke zurückgeht? In der Ihrem Antrag beigefügten Begründung schreiben Sie mal richtigerweise, dass eine schnelle und wirksame Sanierung der Schulgebäude notwendig ist. Ich glaube, diese Erkenntnis hat sich allgemein durchgesetzt. So weit, so schön!

[Beifall bei der AfD]

Aber Sie glauben doch nicht im Ernst, dass der Aufbau einer solchen, für alle Bezirke zuständigen SchulbauGmbH schnell gehen wird. Der Aufbau einer solchen GmbH bräuchte Zeit. So muss allein das notwendige Personal aus bereits jetzt personell nicht wirklich gut aufgestellten Hochbauämtern abgezogen werden. Selbst wenn alle Bezirksämter nach einem solchen Beschluss bereit wären – jetzt mal nur rein theoretisch –, die bisher dort wahrgenommenen Zuständigkeiten abzugeben, was nicht so ist, Sie wissen schon auch, dass es Personal- und Betriebsräte gibt – oder? Wenn Sie tatsächlich eine schnelle und wirksame Sanierung wollten, müssten Sie genau den anderen Weg einfordern. Dann gälte es, flache Strukturen abzubilden, die Hochbauämter personell zu stärken und fehlende bzw. über Jahre drastisch gekürzte Finanzmittel wieder in adäquater Höhe zur Verfügung zu stellen.

Die etwas später folgende Aussage ist dann schon sehr schneidig, werte FDP! Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:

So kann eine solche Gesellschaft fachliche Expertise z. B. im Hinblick auf spezielle Anforderungen bei Schulbaumaßnahmen und -planungen, Ausschreibungsverfahren und Koordination schneller rekrutieren und bündeln, als es viele Bezirke können.

[Henner Schmidt (FDP): Stimmt ja auch!]

Nein! Zum einen fehlt hier jeder Beweis, und zum anderen ist es eine reine Behauptung, die völlig aus der Luft gegriffen ist. Anders ist es richtig. Es ist das bei vielen Bezirken mehrheitsfähige Konzept einer zwischenbezirklichen Kooperation ohne eine zusätzliche Struktur darüber. Egal ob GmbH oder nicht, sehr wahrscheinlich geht es dann in dieser Konstruktion wesentlich besser und vor allem zügiger als in der von Ihnen vorgeschlagenen.

Ein weiterer Widerspruch tut sich einige Sätze später auf. Da reden Sie von der eindeutigen Verlagerung von Sanierungsverantwortlichkeit von den Bezirken auf die neue Infrastrukturgesellschaft. Gleichzeitig fabulieren Sie aber an anderer Stelle von der Beteiligung der Bezirke. Ja, wo

bleibt denn eine echte Beteiligung im Sinne dieses Begriffes für die Bezirke in Ihrem Konzept?

Diese Hinweise ließen sich noch einige Zeit fortführen, im Ergebnis machen sie aber schon jetzt eines besonders deutlich – dass Sie, ohne sich ernsthaft über die Folgen Gedanken gemacht zu haben, genauso wie bereits Teile der übrigen Parteien, an der Bildung künftiger Schattenhaushalte zur Umgehung der verfassungsrechtlich gebotenen Wirtschaftlichkeit mitwirken. Da machen Sie sich mit diesem Vorschlag nicht nur unglaubwürdig, sondern mitschuldig.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Die AfD-Fraktion hingegen stellt die Kinder und deren Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Diese Bedürfnisse sind einfach zu beschreiben: Schulen, in denen sie gerne lernen, und Sanitär- und Sportanlagen, in denen sie sich nicht ekeln müssen. Das ist der Punkt.

[Beifall bei der AfD]

Über Jahrzehnte wurde auf dem Rücken der Schüler eine verfehlte Sparpolitik ausgetragen. Für uns ist es nicht entscheidend, wie, sondern allein, dass die Herausforderungen der jahrelangen Versäumnisse unverzüglich gemeistert und Sanierungsstaus abgebaut werden. Dazu braucht es nur die von uns geforderte Stärkung der fachlich in allen Bezirken geeigneten Hochbauämter. – Ich möchte keine Fragen.

Keine Zwischenfragen – gut!

Wir fordern deshalb, dass die personelle und materielle Ausstattung der bezirklichen Bereiche des Hochbaus gestärkt wird. Ziel muss es sein, Fachwissen, Expertise und Routine der Mitarbeiter zu nutzen, um bereits bestehende Organisationseinheiten konstruktiv einzubinden. Des Weiteren muss unverzüglich dafür Sorge getragen werden, das Ausbluten der bezirklichen Hochbauämter zu stoppen. Dazu gehört insbesondere auch, Anreize zu schaffen, die im Wettbewerb mit den umliegenden Bundesländern wirken. Konkret heißt das: Die Stellenbewertungen müssen mindestens genauso wie in den umliegenden Bundesländern und Kommunen sein und werden. Die Entgeltzahlungen müssen endlich auf das gleiche Niveau angehoben werden. Unattraktive Arbeitsplätze führen nicht nur dazu, dass sich hochqualifizierte Kräfte gar nicht erst bewerben, sie ziehen auch einen stetig voranschreitenden Verlust an Wissen und Erfahrung durch Abwerbung der erfahrenen Mitarbeiter nach sich.

Wir fordern weiter, dass die Schulen möglichst einheitlich gebaut werden. Wir müssen nicht nur aus Kostengründen zu geordneten Klassenraumstrukturen zurück.

Schüler brauchen Unterrichtsräume, keine kombinierten Lernbereiche mit Sofaecken zum Chillen.

[Beifall bei der AfD]

Sie haben heute die Wahl zwischen einem parteitaktischen, in sich widersprüchlichen und in weiten Teilen inhaltsleeren Antrag oder einem Lösungsweg, der auf Bewährtem aufbaut und rasche Abhilfe beim Abbau des Sanierungsstaus verspricht.

[Sebastian Czaja (FDP): Wie viele Anträge haben Sie denn bisher vorgelegt?]

Eine Zerschlagung der Hochbauämter auf Kosten einer zentralen Steuerung in einer privatrechtlichen GmbH ist der falsche Weg. Wenn es dem Land mit der hier gestellten Aufgabe tatsächlich ernst ist, ist es an der Zeit, andere Lernbedingungen zu schaffen, den zeitgemäßen und bautechnisch mangelfreien Schulen für unsere Kinder – jetzt und in Zukunft. Fast hätte ich gesagt „Amen“. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Gebel das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! – Es ist schön, dass Sie auch endlich aufgewacht sind!

[Sebastian Czaja (FDP): Der Präsident ist wach!]

Aber wenn Sie erst so spät aufwachen, dann verstehe ich nicht, warum Sie bei dem Thema so zynisch sind in Richtung Opposition.