Protocol of the Session on November 16, 2017

Auch das berühmte Beispiel, in dem ein älteres Ehepaar die Immobilie verkaufen musste und Sie diese Familie gestoppt haben, indem Sie das Vorkaufsrecht ausgeübt haben, ist eigentlich ein sozialpolitischer Skandal. Unfassbar!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Das ist totaler Quatsch, weil wir Geld dafür bezahlt haben! – Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Aber all diese Fragen zu regeln: Wie gehen wir mit dem Vorkaufsrecht um? – Dieses Vorkaufsrecht, diese Möglichkeit, wurde auch geschaffen, um insbesondere in der Innenstadt, wo wir einen angespannten Immobilienmarkt haben, Grundstücke für die Schaffung von sozialer Infrastruktur, für Kitas und Schulen, zu kaufen.

[Sibylle Meister (FDP): Ja! Ja!]

Ich bin dafür. Das war die Wende in der Liegenschaftspolitik, weil wir gemerkt haben, dass wir in Berlin insbesondere in den Innenstadtbezirken innerhalb des S-BahnRings eine angespannte Situation haben – und nicht um irgendwelche sozialistischen Fantasien vom Wohnungsbau zu verwirklichen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Holger Krestel (FDP): Bravo!]

Deswegen bin ich dafür, dass wir uns über die Frage des Umgangs mit Grund und Boden gerade in einer Großstadt wie Berlin sehr ernsthaft Gedanken machen und darüber diskutieren. Es ist richtig, dazu ist dieser Antrag ein richtiger Ansatz. Vielleicht kommen von Ihnen zum Thema Bodenspekulation in großen Städten auch Anträge und Initiativen – ich würde mich sehr freuen. Im Moment verfolgen Sie, glaube ich, die aufgeschriebene Politik eines Ihrer Berater, und Sie werden daran scheitern.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Der erzählt einen Scheiß!]

Hoffentlich, das habe ich an dieser Stelle schon oft gesagt, scheitert daran nicht Berlin. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Dann hat für eine Zwischenbemerkung der Kollege Heinemann das Wort.

Herr Gräff! Die mit den Beratern, das sind Sie und die Monopoly-Spieler von der FDP, dass das noch einmal klargestellt wird.

[Zurufe von der CDU und der FDP]

Fühlen Sie sich schon wieder getroffen?

Zu Ihrem Wortbeitrag: Herr Gräff! Sie haben ja gerade die Maske fallen lassen und gesagt, dass Sie es kritisieren, dass wir ehemalige Sanierungsgebiete zu Milieuschutzgebieten erklären wollen. Ich erkläre Ihnen das einmal am Beispiel Friedrichshain.

Im Samariterkiez, das ist ein ehemaliges Sanierungsgebiet, sind 20 Prozent der Wohnungen belegungsgebunden. Im Kiez darunter, Travekiez-Ostkreuz, sind es sogar 25 Prozent. Was passiert, wenn dort die Belegungsrechte für die Wohnungen auslaufen? Was passiert, wenn diese Gebiete dann keine Milieuschutzgebiete sind? – Dann passiert genau das, was wir verhindern wollen und, ich habe gedacht, auch Sie verhindern wollen. Wenn diese Kieze aber keine Milieuschutzgebiete werden, kann dort in Eigentum umgewandelt werden. Was für ein Druck entsteht in diesen Gebieten? Dort wird ohnehin schon Monopoly gespielt, dort werden Neumieten von 12 oder 13 Euro kalt aufgerufen. Wer soll das denn bezahlen? Sicher nicht die Menschen, die dort leben.

[Henner Schmidt (FDP): Wer ist verantwortlich?]

Deswegen ist es richtig, und wir werden das weiterverfolgen, dass diese ehemaligen Sanierungsgebiete vor allem im Osten der Stadt, in den Innenstadtbereichen möglichst schnell Milieuschutzgebiete werden und die Menschen geschützt sind.

[Sibylle Meister (FDP): Zehn Jahre ist dort geschützt!]

Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie die Maske haben fallen lassen, denn so wissen die Berlinerinnen und Berliner, woran sie sind. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Zu einer Erwiderung hat der Kollege Gräff das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Sehr geehrter Herr Kollege! Sie haben, wie vorhin schon einmal, nicht zugehört. Lesen Sie es gern noch einmal im Protokoll nach! – Ich habe gesagt, und dazu stehe ich auch, dass wir nicht die gesamte Stadt mit Milieuschutzgebieten überziehen können.

[Sven Heinemann (SPD): Ja, Sie haben das Wort „Sanierungsgebiet“ erwähnt! Erzählen Sie das mal den Menschen im Samariterkiez!]

Ja, weil ich die Sorge habe, dass Sie, nachdem Sie aus der ganzen Stadt Milieuschutzgebiete gemacht haben, aus der ganzen Stadt Sanierungsgebiete machen. Das wäre ja noch viel schlimmer. Weder kann man aus der ganzen Stadt Milieuschutz- noch Sanierungsgebiete machen.

[Sven Heinemann (SPD): Klartext! – Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE) – Weitere Zurufe von der SPD und der FDP – Torsten Schneider (SPD): Hey, hey! – Sven Heinemann (SPD): Unsozial!]

Sind Sie jetzt getroffen, weil Sie so bellen? Ich frage ja nur.

[Zurufe von der SPD]

Zu Ihrer Frage muss ich ganz ehrlich sagen: Es ist wirklich die Spitze des Eisbergs, dass gerade Sie, die eben keine Wohnungen für junge Familien oder für Menschen, die maximal 8, 9 oder 10 Euro bezahlen können, schaffen, sondern ausschließlich für diejenigen, die möglicherweise 5 Euro bezahlen können, und das auf der anderen Seite anprangern. Das ist doch absurd. Genau für diese Menschen schaffen Sie doch keine Wohnungen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Stefan Evers (CDU): So ist es!]

Sie schaffen keine Wohnungen für diese Menschen – nicht mit diesen Maßnahmen und nicht mit dieser Bausenatorin, die der Aufgabe nicht gewachsen ist!

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Das glauben Sie doch selbst nicht. Insofern: Sparen Sie sich doch solche Beiträge! Arbeiten Sie mit uns gemeinsam! Da gibt es auch Überlegungen an Modellen für Menschen mit mittleren Einkommen. Da sind wir ganz nah beieinander, denn das brauchen wir in der Stadt:

preiswerte Mietwohnungen, und zwar im mittleren Segment. Aber die bauen Sie im Moment nicht.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Stefan Evers (CDU): So ist es!]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Kollegin Gennburg das Wort.

Wenn Herr Gräff jetzt von sozialer Bodenpolitik redet, dann haben wir schon einiges erreicht. Da können wir uns mal so richtig freuen.

[Beifall bei der LINKEN]

Wenn selbst die CDU jetzt erzählt, man müsse die bodenpolitische Frage anders behandeln, finde ich das super.

Aber das, was heute hier vorliegt und worüber diskutiert wird, ist eigentlich nicht so witzig. Man muss mal deutlich sagen: Frau Meister und Herr Gräff, jetzt mal nicht zynisch werden! Was Sie hier erklären, ist wirklich grenzwertig. Die FDP erklärt, man könne nicht mehr sanieren, und dann blieben so viele Öfen in den Wohnungen. Wissen Sie, was Sie hier erzählen? Sie haben vorhin den Fall von der Dachetagenwohnung, wo es um das Zweckentfremdungsverbot ging, gebracht. Sie sagen hier, Eigentumswohnungen in Dachgeschossbauten, die mit Pelletöfen ausgestatten sind, seien voll okay, aber die Öfen in den Berliner Wohnungen seien das große Problem. Das ist Ihre Klassenpolitik. Sie machen nur Politik für die Besserverdienenden.

[Paul Fresdorf (FDP): Quatsch!]

Das ist ein Armutszeugnis in einer Stadt, wo die Löhne so sind, wie sie sind, wo die Mieten so rasant steigen. Das musste mal gesagt werden!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Henner Schmidt (FDP): Von Klimaschutz haben Sie noch nie was gehört!]

Ich kann im Übrigen auch die Geschichte vom Neubaumantra nicht mehr hören, die uns die CDU die ganze Zeit erzählt.

[Holger Krestel (FDP): Machen Sie doch mal Urlaub!]

Das ist ein Hohn für die Bestandsmieter, die nicht wissen, wie sie im nächsten Monat ihre steigende Miete bezahlen sollen. Das ist ein Hohn für die ganzen Leute, die in Häusern sitzen, die von dem nächsten Spekulanten schon ins Auge gefasst wurden. Sie haben darauf keine Antwort.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Nein! Sie haben jahrelang nur Scheiße gebaut!]

Stattdessen reden Sie hier jetzt so einem Schwachsinnsantrag das Wort und sagen, man solle diese Möglichkeit der sozialen Erhaltung in den Stadtgebieten streichen. Das ist wirklich abenteuerlich, wenn nicht sogar unterirdisch.

[Stefan Evers (CDU): Ohne Plan und Ziel unterwegs!]

Das Vorkaufsrecht ist ein Instrument des Baugesetzbuchs. Es soll der Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung dienen. In sozialen Erhaltungsgebieten trägt es eben dazu bei, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus städtebaulichen Gründen zu erhalten. Die Ziele des Milieuschutzes werden damit unterstützt.

[Sibylle Meister (FDP): Nein, der Graefekiez verändert sich total!]