Herr Lederer! Sie wirkten wie ein Zauberlehrling, der mit den Geistern, die er gerufen hat, nicht fertiggeworden ist. Sie sind ja sonst wirklich ein ambitionierter Florettfechter des Wortes, insbesondere, wenn es um diese ganzen Themen geht: Kapitalismuskritik, Gentrifizierung usw., da sind Sie in Ihrem Element. Aber Sie haben es nicht vermocht, mit Ihrer schärfsten Waffe, dem Wort, diesen Leuten klarzumachen, dass sie mit ihrer Aktion dem Anliegen eigentlich nur schaden. Obwohl das ja eigentlich Leute sind – ich sage mal, Fleisch von Ihrem Fleische, geistige Blutsgeschwister,
Herr Kollege Dr. Juhnke! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schulze von der Fraktion Die Linke?
Ehrlich gesagt, ich bin darüber enttäuscht, dass Sie es nicht geschafft haben. Ich habe Sie in dieser Frage für stärker gehalten. Wegen dieser Schwäche, wegen Ihrer Schwäche musste es heute zu dieser Räumung kommen. Ich kritisiere im Übrigen überhaupt nicht dieses Mittel, das war notwendig. Ich habe auch als Innenpolitiker kein Problem damit, dass man den richtigen Zeitpunkt abwarten muss, das ist mir schon völlig klar, dass man dort auch taktisch vorgehen muss.
Aber es fällt doch auf, dass zum Zeitpunkt der Plenarsitzung genau diese Räumung durchgeführt wird, wo Sie hier definitiv unabkömmlich sind. Vielleicht hatten Sie auch Sorge, dass es dann Bilder geben könnte, die Sie nicht sehen wollen. Ich kann es nicht beurteilen, aber das lässt zumindest einen schalen Beigeschmack.
Sie haben vorhin auf meine Frage in der Fragestunde nicht geantwortet, weil Sie sich dünnhäutig mit Herrn
Melzer dort gekabbelt haben. Meine Frage war, ob Sie bereit gewesen wären, wenn die Besetzer darauf eingegangen wären, den Grünen Salon und den Pavillon nutzen zu können, alles auf sich hätten beruhen lassen. Das haben Sie indirekt durch einen Twitter-Tweet beantwortet, der von Ihnen oder Ihrem Büro geschickt worden ist und den ich hier zitiere:
Kleine Nachhilfe in Sachen Recht: Eine Nutzung von Räumen, die geduldet wird, ist kein Hausfriedensbruch und auch keine Besetzung.
Völlig richtig, das ist die Rechtslage, macht die Sache aber auch nicht besser, weil es bedeutet, dass Sie den Leuten dort eine Duldung ausgesprochen hätten. Was ist denn das jetzt für ein Signal? Kann jetzt jeder kommen und bekommt Räume vom Senat, wenn er nur die richtigen Mittel in Form einer Besetzung wählt?
Verstecken Sie sich hier bitte nicht hinter dem Haus oder hinter Herrn Dercon, der vielleicht dieses Angebot gemacht hat. Ich glaube nicht, dass das mit Ihnen nicht abgestimmt war, dass dieses Angebot gemacht worden ist. Nun wissen wir auch, der Grüne Salon in dieser Form der Bespielung wäre jetzt noch keine Rote Flora. Das könnte aber alles kommen, wenn man dort klein beigibt, wenn man an dieser Stelle
die Konsequenz vermissen lässt. Die Frage ist, wie reagieren Sie beim nächsten Mal, wenn so etwas wieder passiert? Oder was sagt der Regierende Bürgermeister dazu, der Herrn Dercon berufen hat? Das sind alles Fragen über Fragen.
Von daher stelle ich fest, dass dieser CDU-Antrag nicht gegenstandslos ist, sondern aktueller denn je.
Liebe Frau Kittler! Sie haben sich so echauffiert. Die Überschrift in Anträgen ist übrigens von dem, der sie ursprünglich einmal gestellt hat, gegeben. Wenn man einen Änderungsantrag stellt, dann ändert man den Inhalt. Das einmal nebenbei am Rande.
Ich halte fest: Herr Lederer wäre bereit gewesen, Leuten, die sich gegen alle Spielregeln einen Raum in dieser Stadt
erzwingen wollen, diesen auch zur Verfügung zu stellen. Das kann und darf es nicht geben. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wichtig und richtig, kulturelle Freiräume zu schaffen, zu erhalten und zu sichern. Dies durch die Besetzung eines existierenden kulturellen Freiraums, der Volksbühne, erreichen zu wollen, war nicht akzeptabel. Insofern ist es richtig, dass die Besetzung heute beendet wurde. Gut ist, dass wirklich der Großteil der Besetzerinnen und Besetzer letztendlich friedlich die Volksbühne verlassen hat. Das ist ein Erfolg.
Die Situation war verfahren. Die Besetzerinnen und Besetzer blockierten die künstlerische Arbeit an der Volksbühne. Wie dramatisch derartige Aktionen für Theater sind, hat der Intendant des Deutschen Theaters, Ulrich Khuon gestern in einem Radiointerview eindrücklich geschildert. Ulrich Khuon hat darauf hingewiesen, dass Theater keine leeren Hüllen sind, sondern zerbrechliche, sehr komplex arbeitende Mechanismen und Konstruktionen. Gerade deshalb sei die Arbeit in Theatern extrem störanfällig. Ulrich Khuon hat damit den entscheidenden Punkt angesprochen: Die Volksbühne ist keine leere Hülle, kein leeres Haus, sondern ein Theater mit über 200 Beschäftigten. Deren Arbeit wurde durch die Besetzung behindert und verhindert. Die Besetzung muss insofern eine Katastrophe unter anderem für Susanne Kennedy und Tino Sehgal gewesen sein, die an der Volksbühne ihre Produktionen proben müssen und dies in den letzten Tagen nicht konnten. Jeder verlorene Probentag ist unwiederbringlich verloren. Diese Aktivistinnen und Aktivisten, die ohne Zweifel wichtige stadtpolitische und soziale Themen im Fokus haben, haben mit ihrer Aktion die Freiheit der Kunst verletzt. Sie verletzten die Freiheit der Kunst und nahmen gleichzeitig anmaßend und recht überheblich die Freiheit der Kunst für sich in Anspruch, indem sie die Besetzung als kollektive, transmediale Theaterinszenierung deklarierten und die Besetzung so legitimieren wollen.
Nun ist die Besetzung beendet worden, aber es ist Vertrauen verspielt worden und Schaden entstanden. Der Schaden ist dabei nicht unmittelbar auf die Volksbühne begrenzt, geschadet wurde auch den vielen Initiativen, die sich seit Jahren in Berlin im Rahmen von partizipativen Verfahren und Runden Tischen für die Schaffung, den Erhalt und die Entwicklung von kulturellen Freiräumen einsetzen. Nicht zuletzt haben die Besetzer und Besetzerinnen der lange eingeforderten und gerade erst begon
nenen Debatte um die Volksbühne und damit dem Anliegen von über 40 000 Menschen geschadet, die im Rahmen einer Petition für den Erhalt der Volksbühne mit dauerhaften Ensemblestrukturen, mit vor Ort arbeitenden Produktionen und eigenem Repertoire kämpfen.
Die Gruppe der Besetzer und Besetzerinnen hatte sich den Namen „VB 61-12“ gegeben – in Anlehnung an die derzeit größte Atombombe B 6112. Das klang recht martialisch. Letztendlich bin ich aber froh, dass es nicht die Intention der Gruppe war, maximalen Schaden anzurichten. Insofern war es auch gut und richtig, dass Kultursenator Lederer und der Intendant der Volksbühne, Chris Dercon, zunächst den Dialog mit den Besetzern und Besetzerinnen gesucht und Gespräche geführt haben. Ich habe mich auch gefreut, dass der kulturpolitische Sprecher der CDU, Herr Dr. Juhnke, darauf gesetzt hat – wie er treffend formuliert hat –, die Leute erst mal mit dem Wort herauszubitten, und für ihn eine polizeiliche Räumung nicht der Weisheit erster Schluss war. Denn in derartigen Situationen ist es notwendig, besonnen zu handeln. Populistische Anträge helfen in diesen Situationen nicht weiter. Da brauchen wir auch keine Nachhilfe seitens der AfD, die wahrscheinlich am liebsten mit dem Volkssturm in die Volksbühne eingeritten wäre.
Eines war für uns immer klar: Die Volksbühne ist ein öffentliches Theater und gehört damit allen Menschen in dieser Stadt, nicht nur denjenigen, die das Gebäude in Beschlag genommen hatten. Weder der künstlerische Betrieb der Volksbühne noch ihr Status als öffentliche Bühne dürfen in dieser Situation infrage gestellt werden. Es ist gut, dass die Aktivisten und Aktivistinnen die Volksbühne jetzt verlassen haben. Und wenn sie den Dialog und die Auseinandersetzung mit der Politik suchen: Wir führen den Dialog gern mit ihnen – unter einer Bedingung: Wir führen die Debatte im demokratischen Zusammenhang und nicht in besetzten Räumen.
Apropos demokratischer Zusammenhang: Die Besetzung der Volksbühne und die Debatten der letzten Monate zeigen, dass wir die bisherige Praxis bei der Besetzung von Intendanzen kritisch hinterfragen müssen und zu neuen, transparenteren Verfahren bei der Besetzung von Intendanten- und Intendantinnenstellen kommen müssen. Diese Verfahren wollen wir im Dialog mit den Kulturschaffenden unserer Stadt definieren und umsetzen. – Ich danke Ihnen!
Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 17/0557-1, abstimmen. Wer dem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU, FDP, große Teile der AfD und die beiden fraktionslosen Kollegen. Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Das ist die Mehrheit. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt. Gibt es Enthaltungen? – Bei der AfD gibt es keine Enthaltungen, aber ich halte fest, dass sich einige nicht an der Abstimmung beteiligt haben.
Wer dem Antrag der AfD-Fraktion, Drucksache 17/0557, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die AfD-Fraktion – geschlossen – und die beiden fraktionslosen Kollegen. Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen, CDU und FDP. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Berliner Großmarkt fit für die Zukunft machen – „Interessensgemeinschaft Lebensmittel- und Frischecluster Berlin“ unterstützen
In der Beratung beginnt natürlich die FDP-Fraktion. Herr Kollege Swyter! Bitte schön, Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir nun über Dinge gesprochen haben, die zurückliegen und sich gerade irgendwie erledigen, freue ich mich, jetzt einen Antrag vorzustellen, der sich mit der Zukunft befasst, ganz konkret mit der Zukunft der Großmarkthalle Berlin, des Berliner Großmarktes. – Ich kann jetzt Frau Wirtschaftssenatorin Pop nicht sehen. Vielleicht mag sie noch später dazustoßen, es betrifft das Thema Wirtschaft.
Der Antrag hat im Kern ein Ziel, nämlich eine funktionierende Struktur zu erhalten und vor allem für die Zukunft fit zu machen. Aus diesem Grund haben sich vor ein paar Monaten über 100 Händler des Berliner Großmarktes zusammengetan.
[Marcel Luthe (FDP): Herr Präsident, ich kann nichts verstehen! – Paul Fresdorf (FDP): Geht das auch lauter?]