Das Ansehen von Berlin hat jetzt schon international großen Schaden genommen. Denn wer will als renommierter Kunstschaffender in eine solche Chaotenstadt kommen, wo die Hausbesetzerszene in gemeinsamer Sache mit dem Senat einen Intendanten zu Fall bringen und wegmobben möchte?
Ich erwarte jetzt umso mehr, dass Chris Dercon endlich arbeiten kann, denn wir sind sehr gespannt darauf, was er uns bieten wird. Ob uns das dann am Ende gefällt, das wird eine andere Frage sein. Aber Ihre Aufgabe, Herr Lederer, ist es jetzt, ein noch deutlicheres Zeichen an Ihre Szene zu setzen, dass Chris Dercon bleiben wird und nicht der Mob auf der Straße entscheidet, wer hier in Berlin Kunst betreiben darf und wer nicht. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit Bildung der Koalition setzen wir uns gemeinsam mit vielen Künstlerinnen und Künstlern unserer Stadt dafür ein, Räume für Kultur zu sichern und zu schaffen. Die Volksbühne ist als Theater der Stadt Berlin ein solcher Raum und soll als solcher auch nutzbar sein. Die Besetzung der Volksbühne am Rosa-LuxemburgPlatz sollte eine Aktion sein, die sich laut Aussagen der Besetzerinnen gegen Gentrifizierung, Privatisierung und Kommerzialisierung richten sollte. Es wurde auch davon gesprochen, dass es eine konsequente Weiterführung der Volksbühne Ost sein sollte. Davon konnte ich im Haus nichts entdecken. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich nämlich jeden Tag dagewesen, auch nachts,
und habe mir auch das Recht genommen, mit den Besetzerinnen und Besetzern zu diskutieren, um sie zu bewegen, das Haus zu verlassen.
Und wenn Sie hier über fünf Menschen reden, dann wissen Sie nicht, über was Sie reden. Das möchte ich Ihnen gleich mal dazusagen. Das Haus war voll, auch nachts.
Ich wollte jetzt gerade noch etwas zu der Einschätzung dieser Aktion sagen, die dort stattgefunden hat.
Um Clubkultur leben zu können, musste dort keine Besetzung stattfinden; um Diskussionen zu führen auch nicht. Da gebe ich dem Kollegen Juhnke recht, dafür gibt es andere Orte in unserer Stadt. Es hätte sie auch in den angebotenen Räumen einer unbesetzten Volksbühne gegeben, denn am Dienstag gab es das Angebot der Intendanz und der Belegschaft, unterstützt durch die Senatskulturverwaltung, an die Besetzerinnen und Besetzer der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, zukünftig den Grünen Salon und den Pavillon für die Durchführung ihrer künstlerischen Angebote und zur Diskussion ihrer stadtpolitischen Anliegen nutzen zu können. Ich bedaure außerordentlich, dass die Besetzerinnen und Besetzer dieses Angebot nicht angenommen haben. Hier hätten sie zeigen können, wie wichtig ihnen eine Debatte um die Stadtentwicklung ist und welche umsetzbaren Entwürfe sie erarbeiten können. Es hätte sich zeigen können, welche künstlerischen Angebote sie der Stadt machen. Es hätte sich zeigen können, ob die Stadtgesellschaft ihre Angebote annimmt, es hätte sich zeigen können, ob sie mittut. Diese Chance ist vertan.
Nun wurde durch Intendanz und Verwaltung ein Schlussstrich gezogen. Das war notwendig, denn die für die bevorstehenden Premieren notwendigen Proben konnten unter der Besetzung nicht stattfinden. Die Regisseure, die Schauspielerinnen und Schauspieler, die Mitarbeiterinnen des Hauses waren an ihrer Arbeit gehindert. Was hier stattfand, war eine Privatisierung öffentlichen kulturellen Raumes und ein Eingriff in die künstlerische Freiheit unter dem Deckmantel der Schaffung künstlerischer Freiräume, die ich nicht unterstützen kann.
Nun noch kurz zu den vorliegenden Anträgen. Der Ursprungsantrag hat sich mit dem heutigen Tag erledigt, der Änderungsantrag im Wesentlichen auch. Über den Rest kann im Ausschuss geredet werden. Eigentlich könnte man heute auch sofort abstimmen. Was ich aber unglaublich finde, ist die in der Überschrift der Anträge vorhandene Unterstellung – das ist heute hier noch einmal vorgetragen worden, sowohl von der AfD als auch von der FDP, da sind sie sich ja super einig –, dass der Senat schier Kumpanei mit Hausbesetzern macht, statt geltendes Recht durchzusetzen.
Das wird dann noch ergänzt durch eine gezielte Diffamierung des Senators durch die genannten Parteien, und die
Was ein Stab des Kultursenats und der Kultursenator persönlich seit Freitag Tag und Nacht geleistet haben, um eine Eskalation zu verhindern, um die Sicherheit vieler Menschen zu gewährleisten,
in Wahrnahme ihrer Verantwortung für die Volksbühne und seine Mitarbeiterinnen, verdient im Gegenteil unseren Respekt und unseren Dank.
Ihnen ist es zu verdanken, dass es ein friedliches Ende der Besetzung gab. Ich möchte mich ausdrücklich auch bei der Belegschaft der Volksbühne bedanken, die ebenfalls bis an die Grenze der Kraft
für die Sicherheit und das Funktionieren des Hauses gearbeitet hat, insbesondere auch beim technischen Direktor und beim Bühnenmeister.
Was Sie hier ablassen an Hetze, es fällt Ihnen auch gar nichts Neues mehr ein. Sie sollten vielleicht einmal darüber nachdenken, sich dem Wesentlichen zuzuwenden,
und das ist, den Frieden in der Stadt zu gewährleisten. Das haben der Senator, die Kulturverwaltung und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses wirklich großartig gemacht. Das muss man hier auch einmal benennen.
Vielen Dank! – Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Herr Dr. Juhnke. – Ich will nur zwischendurch mitteilen, dass bei mir die Information angekommen ist, es gebe eine interfraktionelle Vereinbarung: keine Ausschussüberweisung, sondern Sofortabstimmung. Gut, dann hat jetzt Herr Dr. Juhnke das Wort. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Kittler! Bevor Sie vorschnell Orden verteilen, sollten wir uns einmal angucken, was da eigentlich passiert ist, was wir da erlebt haben.
Wir hatten eine Besetzung, eine Besetzung mit Ansage. Am Freitag konnte man vielleicht noch denken: Na ja, das wird ein Happening für all derjenigen, die ihren Enkelkindern erzählen wollen, sie hätten sich gegen den angeblich bösen, bösen neoliberalen Dercon ins Zeug gelegt, um sich danach wieder ihrem mehr oder weniger freizeitorientierten Lebensentwurf widmen zu können.
Aber nein, sie sind gekommen, um zu bleiben, und haben dann gemerkt: Revolution ist anstrengend. Man muss selbst Kartoffeln schälen und all solche Dinge. Trotzdem hat es einen fast einwöchigen Besetzungsklamauk gegeben.
Ich möchte noch einmal in allem Ernst darlegen: Natürlich ist eine Besetzung oder eine Teilbesetzung eines staatlich finanzierten Theaters vollständig inakzeptabel.
Diese Aktivisten haben auch kein inhaltliches Vakuum in der Debatte dieser Stadt gefüllt mit dem, was sie dort vorgebracht haben. Es gibt tausendundein Forum, auf dem genau diese Fragen diskutiert werden. Auch deshalb war diese ganze Geschichte illegitim. Ich glaube, man muss nicht viel dazu sagen: Dass sich niemand im Handstreich zum Ko-, Über-, Mit- oder Was-auch-immerÜbergangs-Intendanten eines Theaters in dieser Stadt erklären kann, das liegt, glaube ich, auf der Hand. Die Besetzer haben es im Gegenteil zu einer Eventbude dort gemacht, was sie immer Chris Dercon vorwerfen.
Jetzt schauen wir uns einmal an, wie es eigentlich dazu kommen konnte. Ich sage ganz klar, dass Klaus Lederer die Mitschuld trägt an diesen Verhältnissen, die sich dort eine Woche lang gezeigt haben.
Herr Lederer! Sie haben öffentlich, als Sie Ihr Amt angetreten haben, Herrn Dercon kritisiert und den Vertrag mit ihm infrage gestellt. Sie haben das bis heute immer wieder mehr oder weniger subtil wiederholt. Die Geschichte mit dem Pressesprecher der Linkspartei, Herrn Bartel, ist bereits genannt worden. Ob es da ggf. die Überlegung strategischer Art gab, die nächstbeste Gelegenheit zu nutzen, um Herrn Dercon loszuwerden, seinen Vertrag zu kündigen, da würde mich einmal interessieren, ob das auch Ihre Meinung ist. In jedem Fall sage ich, dass Sie den Humus dafür gelegt haben, dass diese Entwicklung möglich war, dass sich Leute ermutigt fühlten, in dieser Art und Weise dort vorzugehen. Ich fordere Sie ausdrücklich auf, in der Zukunft diese Infragestellung, diese Infragestellung der Arbeit oder des Vertrages zu unterlassen.
Was sind das für Bilder, wo ein Intendant in Polizeibegleitung in sein Theater gehen muss, damit er es erreichen kann? Was hat das für Wirkungen auf mögliche andere Bewerber, die wir für diese Stadt brauchen? Wie gesagt: Die kulturpolitische Debatte muss man führen, aber wir müssen auch erst einmal Herrn Dercon seine Arbeit machen lassen.
Herr Lederer! Sie wirkten wie ein Zauberlehrling, der mit den Geistern, die er gerufen hat, nicht fertiggeworden ist. Sie sind ja sonst wirklich ein ambitionierter Florettfechter des Wortes, insbesondere, wenn es um diese ganzen Themen geht: Kapitalismuskritik, Gentrifizierung usw., da sind Sie in Ihrem Element. Aber Sie haben es nicht vermocht, mit Ihrer schärfsten Waffe, dem Wort, diesen Leuten klarzumachen, dass sie mit ihrer Aktion dem Anliegen eigentlich nur schaden. Obwohl das ja eigentlich Leute sind – ich sage mal, Fleisch von Ihrem Fleische, geistige Blutsgeschwister,