Protocol of the Session on September 14, 2017

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Immer nur zu unterstellen, Bürgerinnen und Bürger, Vermieterinnen und Vermieter, Eigentümerinnen und Eigentümer würden immer nur gegen Recht und Gesetz handeln und das überhaupt nicht im Blick haben, ist völlig absurd. Es ist genauso ideologisch, wie Sie gerade versuchen, mit den öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften – ach, Entschuldigung, ist ja gerade geschei

tert! – den Wohnungsbau in Berlin anzukurbeln. Deswegen werden wir diesem Gesetzesvorschlag zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat Herr Dr. Nelken das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Priorität der FDP, was Ihnen wichtig ist, liebe Kollegen von der FDP, scheint alle Vorurteile zu erfüllen. Eigentümern und Besitzern von Wohnungen soll die Möglichkeit eingeräumt werden, tage- und wochenweise ihre Wohnungen als Ferienwohnung zu vermieten,

[Holger Krestel (FDP): Es sollen auch ärmere Menschen nach Berlin kommen dürfen!]

also Kurzzeitvermietung mit erheblichen Gewinnen zu ermöglichen, die mit der normalen Wohnvermietung nicht erreichbar wären.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Dass Sie das unter dem Label Homesharing verkaufen, ist ein Etikettenschwindel. Sie segeln einfach unter falscher Flagge.

Da muss ich zu meinem Vorredner sagen: Er hat offensichtlich gar nicht gewusst, worüber er redet, denn wenn jemand längere Zeit Berlin verlässt, ob ins Ausland oder in Deutschland oder auch nur nach Brandenburg in einen Vorort, der kann seine Wohnung vermieten. Das ist nicht Zweckentfremdung.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Es kann sie drei Monate, ein halbes Jahr, ein ganzes Jahr vermieten. Das fällt überhaupt nicht unter die Zweckentfremdung. Worum es hier geht, ist die tageweise und wochenweise Vermietung, also als Ferienwohnung. Insofern geht alles, was Sie gerade genannt haben, weit an der gesetzlichen Realität vorbei, obwohl Sie das Gesetz selber mitgemacht haben. Zweckentfremdung liegt also nur vor, wenn eine Wohnung nicht zu Wohnzwecken vermietet wird. Es gibt eine gefestigte Rechtsauffassung, die sagt, dass diese Frage im Wesentlichen von der Zeitdauer der Vermietung für Übernachtungen abhängt, ob eine Wohnung als Wohnung oder als gewerblicher Beherbergungsbetrieb genutzt wird.

Die Realität ist in Berlin anders als hier dargestellt und suggeriert, dass ganze Gebäudeteile und Wohnhäuser als Ferienwohnungen vermietet werden, kurzzeitig, tageweise, wochenweise. Warum? – Weil die Erträge viel höher

(Christian Gräff)

sind als bei der Wohnungsvermietung! Sie können mit einer derartigen Kurzzeitvermietung innerhalb von drei Monaten eine Jahresmiete erzielen, das heißt, Sie können zwei Wohnungen praktisch leicht aus dieser Vermietung finanzieren. Darum geht es eigentlich, und darum geht es offensichtlich auch Ihnen eigentlich, denn wenn Sie sagen, 180 Tage, dann können Sie daraus zwei Wohnungen ganzjährig finanzieren.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Seit Monaten wird hier eine Debatte um die These gepusht, es gebe auch ein privates – das haben Sie wieder gemacht – Homesharing im Bereich der Kurzzeitvermietung, das fehlerhafterweise mit der massenhaften gewerblichen Zweckentfremdung vermischt wird und damit unter das Zweckentfremdungsgesetz gezogen wird.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Jasper-Winter?

Herr Dr. Nelken! Haben Sie den Antrag gelesen, in dem ausdrücklich von der Hauptwohnung, in der man selber lebt, die Rede ist, und stimmen Sie mir zu, dass damit eine gewerbliche Vermietung von mehreren Wohnungen gar nicht gemeint sein kann?

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Erstens haben Sie Ihren Gesetzentwurf sozusagen nicht so exakt formuliert, wie Sie es jetzt hier sagen. Sie spielen sich jetzt als Fürsprecher für diese angeblich nicht gewerbliche, obwohl eben doch entgeltliche private Kurzzeitvermietung auf.

[Zuruf von Dr. Maren Jasper-Winter (FDP)]

Das sagen Sie jetzt hier, und in Ihrem Gesetzentwurf, ich denke jetzt mal positiv, ich denke jetzt, dass die FDP nunmehr zu der Erkenntnis gekommen ist, dass das Zweckentfremdungsverbot als Regelung für den Wohnungsmarkt eigentlich sinnvoll und auch notwendig ist, und Sie sich jetzt um eine Präzisierung sorgen, weil Sie meinen, an dem Zweckentfremdungsverbot ist etwas falsch, dass nämlich die gemeinschädliche gewerbliche Kurzzeitvermietung von Wohnungen zur Gewinnmaximierung von einer nicht gemeinschädlichen zu trennen ist, also deshalb müsste man das Gesetz nachbessern. Das finde ich als positive Einwendung, Zweckentfremdungsverbot ist okay, nur es trifft jetzt auch eine falsche Grup

pe, wenn ich Sie jetzt beim Wort nehme, würde ich sagen, das ist positiv.

Aber, liebe Kollegen von der FDP, so sieht Ihr Gesetzentwurf leider nicht aus. Er verlangt eigentlich etwas anderes. Deshalb dieser Eingangsvorwurf, Sie segeln unter falscher Flagge! Ein halbes Jahr pauschal ohne Antrag, ohne Anzeige, ohne Genehmigung zu vermieten, tageweise oder wochenweise, das bricht das ganze Gesetz auf und macht es unvollziehbar und unwirksam.

[Dr. Maren Jasper-Winter (FDP): Das habe ich nicht gesagt!]

Wenn ich unterstelle, es war Ihre Absicht, das Gesetz ganz auszuhebeln –, ich bin aber gutmütig und sage: Nein! – Dann müssen wir das aber im Gesetzgebungsverfahren nachbessern, wenn Sie tatsächlich das meinen, was Sie vorgeben, ich lasse mich da im Positiven belehren, wenn wir im Gesetzgebungsverfahren dazu eine Regelung finden, was wir nicht ausschließen, das hat ja Herr Buchholz schon gesagt, dass es tatsächlich um diese Gruppe geht, wie man dazu das Gesetzgebungsverfahren schärfen muss. Vorerst, nachdem was Sie vorhin zu dem Gesetzentwurf insgesamt gesagt haben und durch Ihr Agieren in der Öffentlichkeit in den letzten Monaten, bin ich da skeptisch. Warten wir es ab! Vielleicht überraschen Sie mich ja, und wir kriegen einen besseren Gesetzentwurf hin. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Ich darf diejenigen, die auf der Tribüne sitzen und uns heute zuhören, darauf hinweisen, dass netterweise sowohl Beifalls- als auch Unmutsbekundungen – davon umfasst ist auch das Klatschen – von der Tribüne zu unterlassen sind. – Vielen Dank!

Dann hat Herr Laatsch für die AfD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag betrifft Wohnungen, die dem Markt per se nicht zur Verfügung stehen, weil es sich, wenn auch nur temporär, um selbst genutzten Wohnraum handelt. Mit dem grundsätzlichen Verbot der temporären Vermietung auch in dem Falle, dass der Wohnraum dem Markt nicht zur Verfügung steht, ist im Sinne der Zweckentfremdung niemanden geholfen. Siehe hierzu den Vergleich vom 9. August 2016 vor dem Berliner Verwaltungsgericht.

Und Herr Buchholz, soweit Sie noch im Saal sind: Im letzten Moment, wenn man mit wehenden Fahnen untergeht, die weiße Fahne zu schwenken, das ist nur ein Scheingefecht. Warum das Gericht eine Linie bei maximal 182 Tagen eingezogen hat, ist aus unserer Sicht nicht

(Dr. Michail Nelken)

nachvollziehbar, denn schließlich ist es sinnvoll, eine Wohnung auch dann zu nutzen, wenn der Eigentümer oder der Mieter mehr als 182 Tage im Jahr abwesend ist.

[Zurufe von Daniel Buchholz (SPD) und Steffen Zillich (LINKE)]

Die Nutzung als Ferienwohnung stärkt unter anderem auch den Tourismus als für Berlin wichtigem Gewerbezweig, dem durch das Zweckentfremdungsverbot Ferienwohnungen und damit Gäste entzogen wurden, da jener Zielgruppe, die bei Reisen ausschließlich auf Wohnungen zurückgreift, der Aufenthalt in Berlin erschwert wurde.

Zu bedenken ist auch, dass es sich bei dem Zweitwohnungsnutzer nicht zwangsläufig um den Eigentümer handeln muss. Es kann auch ein Mieter sein, der sich auf diese Weise von einer beruflichen Doppelbelastung zumindest teilweise entlastet, soweit ihm die Untervermietung gestattet ist. Das Verwaltungsgericht Berlin spricht in seinem Vergleich sogar von Verfassungsbedenken, Herr Buchholz: Verfassungsbedenken, und zwar in dem Fall, dass ein Zweckentfremdungsverbot Wohnungen auch dann betrifft, wenn durch die Nutzung als Ferienwohnung das Ziel der Bekämpfung von Wohnraumverlust nicht erreicht wird.

In Anbetracht dieses Vergleichs vollzieht dieser Antrag nur nach, was bereits entschieden ist. Es steht auch nicht zu befürchten, dass andere Instanzen sich anders entscheiden würden, weil der Sachverhalt unverändert bleibt. Insofern spricht alles dafür, dem Antrag zu entsprechen und die Lage für die Zweitwohnungsbesitzer oder Mieter sowie die zuvor genannte touristische Zielgruppe zu entspannen und Rechtssicherheit für den Zweitwohnungsbesitzer zu schaffen. Die AfD-Fraktion wird dem Antrag zustimmen.

Da wir heute von Wohnungen und Flughäfen sprechen, lassen Sie sich sagen: Das Schließen von Flughäfen schafft keinen neuen Wohnraum, nur Bauen schafft Wohnraum.

[Daniel Buchholz (SPD): 9 000 Wohnungen in Tegel! – Steffen Zillich (LINKE): Das ist kurzsichtig!]

Das ist das, was die Koalition endlich zu begreifen hat. – Danke schön!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Dr. Maren Jasper-Winter (FDP)]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Grüne hat die Kollegin Schmidberger das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Homesharing, also das Teilen von Wohnraum,

wenn die Mieter in den Urlaub fahren oder ihre Wohnungen tauschen, ist nicht nur ein nachvollziehbares Bedürfnis, sondern auch Teil einer solidarischen Ökonomie. Deshalb haben wir uns in der Koalition auch verständigt, das Gesetz in diesem Sinne nachzubessern. Steht im Koalitionsvertrag. Aber die Idee des Homesharings ist nur dann solidarisch, wenn es über einen überschaubaren Zeitraum geschieht und Wohnungen so nicht dem Wohnungsmarkt entzieht.

Aber der Vorschlag der FDP ist kein Homesharing. Sie verstecken sich hinter einem hippen Begriff, doch eigentlich wollen Sie noch mehr Wohnraum zum Anlageobjekt machen. Mit Ihrem Vorschlag wollen Sie ein Rollback zum gewerbsmäßigen Entmieten von Menschen,

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

denn Sie wollen, dass eine Wohnung für ein halbes Jahr ohne jede Genehmigung einfach als Ferienwohnung genutzt werden kann: 182 Tage im Jahr! Damit öffnen Sie der Spekulation mit Wohnraum Tür und Tor. Übrigens sind das teils auch illegale Geschäftsmodelle. Das sollte Sie kümmern. Wohnungen werden in Zukunft nicht mehr aufgegeben, weil es sich einfach lohnt, sie gewerbsmäßig als Ferienwohnung anzubieten – man kann übrigens auch mehrere Hauptmietverträge abschließen, liebe FDP –, denn man bekommt viermal mehr Einnahmen durch das Betreiben einer Ferienwohnung, als wenn sie normal vermietet wird. Das steckt doch hinter Ihrer Forderung nach Homesharing, liebe FPD. Damit schafft die FDP aber weder Sharing noch Caring, das schadet den Berlinerinnen und Berlinern und entzieht uns allen Wohnraum.