Protocol of the Session on July 6, 2017

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Schultze-Berndt! Ich habe das Gefühl, wir haben hier unterschiedliche Vorlagen. Vielleicht haben Sie eine andere Version, die schon zehn Jahre alt ist. Das sind jedenfalls nicht die Inhalte, die im BEK des Senats stehen, was Sie hier vorgetragen haben. Entschuldigung! Es war zum größten Teil Unsinn, was Sie gerade hier vorn, am Podium, erzählt haben.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich bin wirklich nicht ganz sicher, ob Sie nicht eine falsche Fassung ausgedruckt oder von irgendwo mitgenommen haben, aus einem anderen Bundesland mit einer CDU-Führung; das kann ja alles sein, das möchte ich nicht ausschließen. Vielleicht haben Sie versucht zu vergleichen und aus Versehen die falsche Version auf dem Tisch gehabt; das möchte ich nicht ausschließen. Deswegen versuche ich, mich sachlich an den Inhalten abzuarbeiten.

[Oliver Friederici (CDU): Ach!]

(Jürn Jakob Schultze-Berndt)

Zunächst einmal: Die ersten drei Sätze von Ihnen, Herr Schultze-Berndt, waren richtig,

[Oliver Friederici (CDU): War alles richtig!]

dass wir uns einig sind: Auch Berlin muss handeln. Wir sind eine der Metropolen und müssen uns klarmachen – Frau Gebel hat es am Anfang völlig zu Recht gesagt –, dass wir auch Teil des Problems sind, indem wir alle Energie verbrauchen. Wir müssen dazu beitragen, diese Welt nicht nur ein Stück gerechter zu machen, sondern auch unseren Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz zu leisten. Das ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Christian Gräff (CDU)]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Efler?

Von Herrn Dr. Efler? – Bitte schön!

Vielen Dank! – Leider wurde meine Zwischenfrage an Herrn Schultze-Berndt nicht mehr drangenommen.

Aber ich muss sie jetzt nicht beantworten?

Herr Buchholz! Wie bewerten Sie die Aussage auf Seite 38 des BEK unter der Überschrift: „Unterstützung positiver Trends und vorhandener Ansätze – Elektromobilität“? Bewerten Sie das als Unterstützung von Elektromobilität oder als Ablehnung von Elektromobilität?

[Heiterkeit bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich bedanke mich für die Frage! Herr Efler! Es ist tatsächlich so, da steht: Unterstützung –, und Herr SchultzeBerndt liest: keine Unterstützung, Ablehnung. – Aber da müssen Sie ihn fragen, was er in der Schule gelernt hat, was Unterstützung heißt. Ich kann es Ihnen nicht erklären, es tut mir leid. Es ist nicht klärbar.

Unsere Verpflichtung habe ich eben schon versucht aufzuzeigen. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir diesmal – da lege ich mich fest –, noch in diesem Jahr, dieses BEK verabschieden werden. Auch da muss man mal mit einer Legende aufräumen. Herr Kollege Freymark! Herr Kollege Schultze-Berndt! In der letzten Legislaturperiode hat

die CDU-Fraktion dieses BEK, das damals schon vom rot-schwarzen Senat erarbeitet war, richtig verhindert, weil Sie schlichtweg aus dem Verkehrsbereich die Hälfte der Maßnahmen herausstreichen wollten. Frau Gebel hat eben zu Recht daran erinnert: Wir hatten mehrere Sondersitzungen des Umweltausschusses, und da waren Sie nicht in der Lage, sich auf ein bisschen verbindlichen Klimaschutz zu einigen, und dann hier heute solche Reden zu halten, ist wirklich eine Peinlichkeit hoch drei.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie müssen sich Ihr konkretes Tun und Handeln in der letzten Legislaturperiode vorwerfen lassen, Herr Schultze-Berndt – Sie können sich hier nicht etwas erträumen –, Ihre tatsächlichen Taten und das, was Sie als Regierungsfraktion verhindert haben. Sie waren nicht bereit, den Senatsentwurf, den auch Ihre CDU-Senatoren hier vorgelegt hatten, zu unterschreiben. Dann sollten Sie nicht versuchen, uns hier zu erklären, wie man Klimaschutz wirklich schreibt. Dafür sind Sie die falsche Person, so viel kann ich dazu nur sagen.

Wir haben in diesem Konzept über 100 konkrete Maßnahmen. Ich würde mir wünschen, dass wir zusammen als Parlament noch daran arbeiten, an den Stellschrauben arbeiten, die wir sehen, aufzuschreiben, nicht nur, was wir an Zielkorridoren brauchen, sondern was wir tatsächlich zur Umsetzung an Finanzmitteln, an konkreten Personalstellen, auch an sehr konkreten Abläufen brauchen, um das in die Praxis umzusetzen. Das sollten wir uns als Parlament mal richtig vornehmen, denn das ist unsere Aufgabe. Wir haben dazu die Macht, denn wir haben in der letzten Legislaturperiode zusammen dafür gesorgt, dass dieses BEK dem Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Darauf bin ich sehr stolz, dass es eben nicht nur heißt: Vogel, friss oder stirb! – Wir haben die Macht. Wir haben die Möglichkeit, das zu verändern. Das werden wir diesmal sehr verantwortlich tun.

Es ist sehr erfreulich, dass auch ein völlig neues Kapitel bzw. dieses endlich ausführlich aufgenommen wurde: die Klimafolgenanpassung – bei allem, was wir schaffen können, damit den Klimawandel, soweit es geht, aufzuhalten. Wir müssen sehen: Der Klimawandel passiert. Wir haben die Starkregenereignisse auch in unserem Bundesland. Wir haben auch viele andere Effekte, was das Klima in der Innenstadt und in den Außenbezirken angeht, dass wir es praktisch erleben: Dieses Klima verändert sich. – Zum Beispiel mit stressresistenteren Wäldern, mit naturnahen Erholungs- und lebenswerten Wäldern können wir das schaffen, durch einen Ausbau von Trinkwasserschutzbrunnen, durch einen Ausbau von vielen anderen Dingen, auch durch eine moderne Verkehrspolitik. Das ist natürlich – das muss man im Rückblick sagen – in der letzten Legislaturperiode von der CDU ausgebremst worden. Sie standen auf der Bremse bei allem, was nicht hieß, nur 100 Prozent Autoverkehr.

[Christian Gräff (CDU): Alte Kamellen!]

Wir sagen jetzt als rot-rote-Koalition eines sehr klar: Wir wollen den Leuten ermöglichen, dass es andere Varianten gibt, als nur mit dem Auto von A nach B zu kommen, und das werden wir sehr kraftvoll und auch mit finanzieller Unterstützung hier in der Stadt machen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Natürlich haben wir gemeinsam die Verantwortung, zum einen im Bereich des privaten Konsums, also bei uns als Privatleuten, aber auch bei der Wirtschaft Impulse zu setzen, genauso im Bereich Gebäude und Stadtentwicklung. Wir müssen es gemeinsam hinbekommen, nicht bloß vorbildhaft mit der öffentlichen Hand zu agieren, sondern auch dahin zu kommen, dass private Gebäude schneller und besser energetisch saniert werden, und da kommt jetzt neben dem ökologischen das Finanzargument. Wir machen uns unabhängig von Energieimporten aus den Krisenregionen dieses Erdballs.

[Christian Gräff (CDU): Pfui!]

Es ist klar, dass wir unsere Energierechnung in Milliardenhöhe bis zum Jahr 2030 halbieren können, wenn wir den Umwelt- und den Klimaschutz ernst nehmen. Das sind die Herausforderungen, die wir erfolgreich meistern sollten, statt über andere Felder zu reden und zu sagen, Klimaschutz kostet nur Geld. – Klimaschutz spart uns langfristig Geld, das sollten wir auch einmal finanzpolitisch zur Kenntnis nehmen.

Wir können also ein großes Bündel von Maßnahmen sehen, öffentlicher Hand und private – übrigens auch im Bereich Verkehr: Wir werden selbstverständlich die Elektromobilität weiterhin fördern und unterstützen. Ich könnte hier einen einstündigen Vortrag darüber halten, was das Land Berlin schon alles vorangebracht hat. Das geht bei den Elektroscootern los und hört beim tatsächlich emissionsarmen elektrischen Lieferverkehr auf. – Herr Schultze-Berndt! Das müssten Sie eigentlich wissen. Sie sitzen doch im Wirtschaftsausschuss. Dort wird das gelegentlich aufgerufen.

[Christian Gräff (CDU): Viel zu selten!]

Offensichtlich ist es aber nicht hängengeblieben. Das ist schade.

Wir sollten uns aber ehrlich machen: Wir schaffen es wirklich nur, die Leute davon abzubringen, immer mit dem Auto fahren zu wollen,

[Zuruf von Stefan Franz Kerker (AfD)]

wenn wir ihnen ein wirklich erstklassiges Angebot machen, was die Busse und Bahnen in dieser Stadt – das ist der öffentliche Personennahverkehr – und was die Alternativen angeht: Benutzt euer Fahrrad, wenn ihr das könnt, wenn ihr dazu in der Lage seid durch ein attraktives Radwegenetz in der Stadt! – Wir alle sollten auch einmal kurz darüber nachdenken: Wenn man sich in ein Flug

zeug setzt – das mag noch auf dem Flughafen Tegel sein, demnächst auf einem Flughafen im nahen Brandenburg –, hat das auch erhebliche Klimaeffekte. Das sollte man sich klarmachen.

[Georg Pazderski (AfD): Auch Atmen hat Klimaeffekte!]

Wir sollten so ehrlich sein, zu fragen: Was heißt das für uns alle? Was heißt das für die Klimarechnung auf diesem Planeten?

Vor uns liegen große Maßnahmen, große Dinge, die wir umsetzen müssen, und eine große Verantwortung.

Herr Kollege! Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum letzten Satz, Frau Präsidentin. – Ich bin sehr zuversichtlich, dass Rot-Rot-Grün in diesem Abgeordnetenhaus das nicht bloß verantwortungsvoll, sondern auch sehr kraftvoll gemeinsam umsetzen wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat Herr Scholtysek das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem Herr Buchholz so viel Wind aufgewirbelt hat, zuerst einmal: Respekt! Ich konnte diese 130 Seiten dicke Vorlage kaum aus der Hand legen.

[Lachen von Bettina Jarasch (GRÜNE) und Silke Gebel (GRÜNE)]

Ich habe interessante Erkenntnisse gewonnen, ich habe mich gewundert, ich habe gestaunt, und ich habe auch laut gelacht. Dieses Energie- und Klimaschutzprogramm beeindruckt den Leser zunächst durch viele Zahlen, auch darüber – das fand ich besonders schön –, was das denn alles kosten soll. Das ist hier bislang überhaupt noch nicht besprochen worden.

Es wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die Darstellung der anzusetzenden Kosten nur bis zu den Jahren 2020/21 sinnvoll und tragfähig ist. So steht es in diesem Werk wortwörtlich – ich zitiere: „Darüber hinausgehende Schätzungen wären... unseriös.“ – Mich erstaunt dann aber sehr der Umstand, dass an späterer Stelle Kosten bis ins Jahr 2030 aufgeschlüsselt werden. Dort geht es zum Beispiel speziell um die Kosten für fossile Energieträger, also Brennstoffe, und darum, wie viel Geld Berlin einsparen könnte durch den Umstieg auf lokal verfügbare

(Daniel Buchholz)

erneuerbare Energien. Wenn die Kalkulation über das Jahr 2021 hinaus in diesem Programm von den Autoren selbst als unseriös bezeichnet wird, wie sind dann die Zahlen für 2030 zu bewerten, vor allen Dingen, wenn sie mit den energetischen Kosten aus dem Jahr 2012 verglichen werden, ausgerechnet dem Jahr, in dem die Energiekosten extrem hoch waren und nach dem sie sich bis zum heutigen Tag teilweise um 50 bis 70 Prozent verbilligt haben?

Noch einmal: Hier werden Preise zugrunde gelegt, die in dieser Höhe seit 2012 nicht wieder erreicht wurden und von denen wir uns heute weit entfernt haben, und zwar ganz weit nach unten. Jetzt frage ich Sie: Wie seriös oder unseriös ist das? Hier werden große Summen aufgezeigt, die jeglicher Grundlage entbehren, weil niemand weiß, ob wir jemals wieder das Preisniveau von 2012 erreichen werden. Das Gleiche gilt bei den beschriebenen Klimaentwicklungen. Hier werden klimatisch bedingte Temperaturanstiege bis ins Jahr 2100 ins Spiel gebracht, und zwar auf die Nachkommastelle genau. Ein Blick vier Jahre in die Zukunft ist also unseriös, beim Blick über 13 oder sogar 83 Jahre in die Zukunft sind Sie aber überzeugt, dass alles passt. Hier kann doch irgendetwas nicht stimmen.

[Dr. Hans-Joachim Berg (AfD): Hört, hört!]

Ähnlich interessantes Zahlenmaterial findet sich im Kapitel H.2. „Handlungsfeld Gebäude- und Stadtentwicklung“, aber auch in anderen Kapiteln. Hier wird dargelegt, dass der Gebäudebestand für rund 49 Prozent der Berliner CO2-Emissionen im Jahr 2012 verantwortlich war. Woher kommt denn diese Zahl? Nachweislich gibt es laut amtlicher bundesweiter Fortschreibung des Gebäude- und Wohnungsbestands nur Daten darüber, wie viele Wohngebäude in Berlin, aber auch bundesweit existieren. Der Bestand von Nicht-Wohngebäuden wird überhaupt nicht erfasst, und über den Zustand und die bauliche Qualität der vorhandenen Gebäude gibt es auch so gut wie keine Statistik. Ebenso wenig existieren verlässliche Daten darüber, wie viele Gebäude überhaupt schon energetisch saniert wurden und in welchem Umfang.