Protocol of the Session on July 6, 2017

Aber es reicht nicht aus, dass unser Katastrophenschutz dafür gewappnet ist. Wir müssen die Stadt fit für den Klimawandel machen. Berlin darf nicht das Praxislabor für Hochwasser an der Spree sein, sondern Berlin muss das Praxislabor der klimaneutralen Stadt sein. Deswegen legen wir heute mit dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm das umfassendste Konzept vor, das unsere Stadt je gesehen hat, um die Energiewende voranzutreiben und den Klimawandel effektiv zu bekämpfen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Es ist allerhöchste Eisenbahn, denn wir haben extrem viel Zeit verloren. Die große Koalition hat es in der letzten Legislatur nicht geschafft, ein Klimaschutzprogramm im Abgeordnetenhaus zu verabschieden. Es wurde immer und immer wieder im Umweltausschuss blockiert und vertagt.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Wie der Kollege Buchholz sagte. – Die CDU hat damals den Weg für mehr Klimaschutz und eine Politik, die an übermorgen denkt, blockiert.

[Heiko Melzer (CDU): Nein!]

Das haben wir jetzt aufgelöst.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ihr von der CDU wolltet nicht. Ich war in zwei Sitzungen des Umweltausschusses, in denen nichts passiert ist. Das lag an den Stimmen der CDU.

Jetzt, wo Donald Trump das Pariser Klimaabkommen aufkündigt, ist aber die Stunde von uns Städten gekommen. Wir zeigen gemeinsam mit New York, Paris und vielen anderen Metropolen dieser Welt, dass wir beim Klimaschutz vorangehen. Der Klimaschutz hat keine Zeit. Das haben wir letzte Woche gesehen. Das sehen wir

(Paul Fresdorf)

weltweit jeden Tag. Wir haben keine Zeit, die fatale Politik von Donald Trump abzuwarten, und wir haben keine Zeit, die Langsamkeit der großen Koalition abzuwarten. Wir müssen den Klimafahrplan endlich abarbeiten, damit die CO2-Emmissionen nicht weiter steigen und wir nicht weiter Klimaschutzschlusslicht sind. Wir werden die Mittel und das Personal bereitstellen, denn unser Ziel ist klar: Berlin wird spätestens im Jahr 2050 klimaneutral.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Wir sind mit der Abschaltung des Kohlekraftwerks Klingenberg vor ein paar Wochen schon einmal einen wichtigen Schritt gegangen. Bis spätestens 2030 werden wir dann auch die restlichen Berliner Kohlekraftwerke vom Netz schaffen.

Aber das reicht noch lange nicht aus, um klimaneutral zu sein. Wir haben enormen Nachholbedarf, um der Leuchtturm, das Praxislabor der Energiewende zu werden, das alle kopieren wollen.

[Gunnar Lindemann (AfD): Wir wollen aber kein Praxislabor der Grünen sein!]

Der Anteil der Erneuerbaren ist immer noch einstellig. Fast zwei Jahrzehnte nach Beginn der deutschen Energiewende ist das einfach nur peinlich. Wenn Sie vom Fernsehturm auf Berlins Dächer schauen, sehen Sie auch ganz deutlich, woran das liegt. Es gibt kaum bis keine Solardächer.

[Ronald Gläser (AfD): Gott sei Dank!]

Aber das wird sich jetzt ändern. Wir machen Berlin zur Mieterstromstadt. Eine der Maßnahmen ist der Masterplan Solarcity.

[Gunnar Lindemann (AfD): Dann wir der Strom jetzt teurer!]

Damit wird sich die Sonnenkraft in Berlin entfalten können. Es muss doch selbstverständlich sein, dass Gebäude Photovoltaik oder Solarthermieanlagen auf ihren Dächern haben, gerade auf öffentlichen Gebäuden. Das wird das neue Klimastadtwerk machen. Dafür haben wir es auf den Weg gebracht.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD –]

Wir müssen Berlin auch an das veränderte Klima anpassen. Überflutete Keller, weggeschwemmte Autos, überlaufende Kanalisation, in Gullys verschwindende Menschen – all das sind nicht die Bilder, die ich mit unserem Berlin verbinden möchte.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Wenn Sie das von der AfD anders sehen, dann ist das Ihr gutes Recht, aber ich möchte nicht, dass das Alltag in Berlin ist. – Wir haben in Berlin ein massives Hochwas

serrisiko, und zwar durch unsere Flächenversiegelung und durch den Klimawandel.

[Holger Krestel (FDP): Ich kann das nicht mehr hören!]

Und das muss sich ändern. Wir brauchen 1 000 grüne Dächer, Fassadenbegrünungen und Grünflächen, die den Regen abpuffern und auch bei hohen Temperaturen das Stadtklima kühlen. Mit diesem Maßnahmenplan machen wir uns auf den Weg, damit Berlin Klimahauptstadt wird. Die Versäumnisse der Vergangenheit werden aufgeholt, und bei innovativen, klimafreundlichen Technologien werden wir zur Weltspitze. Die Stadt wird weder Hitzeinsel noch Swimmingpool.

[Gunnar Lindemann (AfD): Dann geben Sie mal den grünen Dienstwagen ab!]

Falls Sie es noch nicht wissen: Wir haben keinen Dienstwagen.

[Gunnar Lindemann (AfD): Die Senatoren schon!]

Deshalb ist das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm so wichtig. Es ist der Wendepunkt für Berlin. Das ist der klare Anspruch. Wir nehmen Klimaschutz ernst. Das sind mehr als 100 Einzelmaßnahmen aus den Bereichen Energie, Verkehr, Gebäude, Stadtentwicklung, Wirtschaft, private Haushalte und Konsum. Damit werden wir diese Stadt klimaneutral machen. Das ist ein Investitionsprogramm mit 94 Millionen Euro. Damit machen wir Berlin zum Praxislabor im Kampf gegen den Klimawandel.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Zum Labor, das glauben wir!]

Wir retten damit nicht nur das Klima, sondern wir schaffen auch zukunftsfeste Jobs. Damit wird Berlin fit für die Zukunft.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Schultze-Berndt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Rede hat zwei Teile. Klimaschutz ist Zukunftsschutz. Der Fortgang der Erderwärmung kann weltweit dramatische Folgen haben und erfordert deshalb gemeinsames Handeln. Ganze Länder und ihre Bevölkerungen sind davon betroffen, aber auch in unseren gemäßigten Breiten würde der Fortgang des Klimawandels zu irreversiblen Schäden führen, die vor allem unsere Kinder und Enkel treffen würden.

Die große Koalition hat sich in der letzten Legislaturperiode das Ziel gesetzt, viele Ideen zu sammeln und einen detaillierten Klimaschutzplan für die Stadt Berlin zu entwickeln. Viele Ideen der Enquete-Kommission, der Verbände, der Forschung und der im Umwelt- und Energiebereich Engagierten wurden dokumentiert, systematisiert, katalogisiert, priorisiert und bildeten die Grundlage für das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm BEK. Das damals vorgelegte BEK galt als großer Erfolg. Dennoch konnten sich, und das ist richtig dargestellt worden, die Abgeordneten in der letzten großen Koalition in den letzten Monaten der Legislaturperiode nicht auf eine finale Fassung einigen. Eigentlich hieß es damals, das Programm, sei nahezu perfekt und könne sofort in der Form beschlossen werden. Dennoch ließ sich dann – hört, hört – die rot-rot-grüne Koalition erheblich Zeit, überraschend viel Zeit, eine überarbeitete Fassung des Klimaschutzprogramms zu veröffentlichen. Das macht misstrauisch und zu Recht.

Jetzt komme ich zum zweiten Teil der Rede. Nun sind es schlanke 135 Seiten Programmtext geworden, und die sind nicht so ganz entspannt zu vergleichen: Was ist alt, und was ist neu? – Deswegen sage ich es vorneweg: 90 Prozent des heutigen Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms entstammen der Feder von SchwarzRot, sind toll, perfekt und ganz große klasse, von uns vorbehaltlos zu unterstützen.

[Beifall von Danny Freymark (CDU)]

Dann gibt es aber doch eine Dreistigkeit, die ich sehr markant finde: Wenn Senator Jens-Holger Kirchner mit seiner Dauerpraktikantin Günther im BEK die Stadt Berlin umgestalten möchte, dann finde ich das schon relativ frech. Dann werden Leute über den Tisch gezogen in einer Art und Weise, die ich nicht in Ordnung finde. Wer hat Handwerker im Wahlkreis? – Handwerker brauchen ein Fahrzeug. Das Wahlprogramm des Kollegen Schulz aus Würselen heißt: Fahrzeuge unter 7,5 Tonnen bleiben von der Maut befreit. – Im BEK steht, es solle ab 3,5 Tonnen künftig eine Maut in Berlin geben. Sieh einer, schau, was steht im SPD-Wahlprogramm dazu? – In Berlin nichts. Was steht im Koalitionsvertrag dazu? – Nichts. Aber es steht im Grünen-Wahlprogramm für die Bundestagswahlen. Dort steht drin: Ab 3,5 Tonnen ist Mautpflicht angesagt.

Im Grünen-Wahlprogramm steht im Übrigen auch, es solle eine neue Dienstwagenversteuerung geben, und auch die findet sich im BEK. Das steht zwar nicht im Koalitionsvertrag, aber im BEK steht es drin. Und sieh einer, schau: Es steht auch im BEK, dass künftig Elektromobilität nicht mehr gefördert werden soll, weil sie nämlich individuellen Personennahverkehr fördert, und da individueller Personennahverkehr nicht mehr gefördert werden soll, soll sowohl Elektromobilität als auch teilautonomes Fahren in Berlin nicht mehr gefördert werden. Das ist die Verabschiedung vom Wissenschaftsstandort, vom Forschungsstandort, vom Mobilitätscluster Ver-

kehrstechnik in Berlin. Das ist die Verabschiedung von der Stadt der Zukunft, für die wir uns hier jahrelang erheblich engagiert haben. Das finde ich extrem bedauerlich.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von den GRÜNEN]

Nun bin ich ein großer Freund von Mobiltelefonen, und wir wissen, dass im alten BEK steht: Wir wollen eine App, mit der die Parkplatzsuche ermöglicht wird, weil damit angezeigt werden soll, wo freie Parkplätze sind. – Auch diese App wird es künftig nicht mehr geben, weil auch diese dazu führen würde, dass die Leute mit dem Auto fahren und nicht mehr 70 Prozent ihrer Zeit mit Parkplatzsuchverkehr verbringen müssen.

[Zuruf von den GRÜNEN: So ein Quatsch!]

Das ist Zukunftsvernichtung. Das ist wirklich Zerstörung von dem, was für uns wichtig ist: das Miteinander aller Verkehrsteilnehmer für ein gemeinsames, schönes, gutes Berlin. Dafür setzen wir uns als CDU auch die nächsten Jahre ein. Rot-Rot-Grün gilt es zu verhindern, auf Landesebene und erst recht auf Bundesebene. Einen solchen Umbau der Stadt, einen solchen Umbau des Landes Deutschland können wir uns einfach nicht leisten, das haben wir nicht verdient. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Dann hat für die SPD-Fraktion der Kollege Buchholz das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Schultze-Berndt! Ich habe das Gefühl, wir haben hier unterschiedliche Vorlagen. Vielleicht haben Sie eine andere Version, die schon zehn Jahre alt ist. Das sind jedenfalls nicht die Inhalte, die im BEK des Senats stehen, was Sie hier vorgetragen haben. Entschuldigung! Es war zum größten Teil Unsinn, was Sie gerade hier vorn, am Podium, erzählt haben.