Protocol of the Session on July 6, 2017

Mir wären auch 100 Prozent liberale, aufgeklärte Muslime lieber, aber wir müssen doch der Realität ins Auge schauen: Die Menschen, die hier sind, müssen wir auch entsprechend einbinden. Deswegen geht es nur im Dialog und Konsens, sonst haben wir große Probleme, das Institut auf den Weg zu bringen.

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Bentele?

Bitte schön!

Herr Kollege Förster! Weil Sie auf die Anhörung im Wissenschaftsausschuss angespielt haben: Da habe ich die Frage nach dem Zeitplan gestellt, und da wurde sehr klar, dass wir jetzt im Zeitplan schon hinterherhängen und dass die Entscheidungen in den nächsten Wochen und Monaten gefällt werden, dass wir nicht unendlich viel Zeit haben, wie Sie das alle suggerieren. Also ist der Zeitpunkt jetzt genau richtig, die politischen Vorgaben, die zur Errichtung dieses Beirats führen werden, zu diskutieren und sich hier zu positionieren.

Herr Prof. Borgolte hat darauf hingewiesen, dass der Zeitplan ins Wanken geraten ist, insbesondere deshalb, weil im Vorfeld viele Gespräche zu führen waren, die noch nicht zum Abschluss gekommen sind. Insofern ist der Zeitplan ein Stück weit nach hinten gerutscht. Und mit der zweiten Anhörung, die im September stattfinden kann, können wir das entsprechend aufholen. Ich hatte Sie ja nach der Ausschusssitzung gebeten, Kollegin Bentele, diesen Besprechungspunkt zu beantragen – das ist bis heute noch nicht eingegangen –, dann können wir es auch zügig behandeln, aber Sie müssen es als Fraktion beantragen.

Ansonsten sind wir bei dem Tagesordnungspunkt. Frau Czyborra hat darauf hingewiesen, ich hätte mir gar nicht erlaubt, auf die Bandbreite z. B. bei Katholiken hinzuweisen, weil wir ja sagen: Natürlich gibt es die Spannbreite bei der islamischen Theologie, Probleme zwischen Schiiten und Sunniten sind auszubalancieren. Die Alewiten bekommen ihren eigenen Lehrstuhl. Aber man stelle sich mal vor, es ging mir vorhin gerade durch den Kopf, wir hätten jetzt rein hypothetisch die Diskussion über ein Institut für katholische Theologie führen müssen, vielleicht vor 10, 15, 20 Jahren, und hätten dann ausbalancieren müssen, welche katholischen Kräfte es in Deutschland gibt und wie wir sie hätten einbinden müssen.

Wir hätten einerseits, um zwei hessische Beispiele aufzugreifen, den Bischof Dyba in Fulda gehabt, der Homosexuelle damals als degeneriert bezeichnete und behauptete, diese – so nannte er sie – importierten Lustknaben hätten keinen Anspruch auf Fürsorge der Gesellschaft. Das war ein katholischer Bischof, der noch vor 20 Jahren im Amt war. Auf der anderen Seite – auch in Hessen, in Limburg – der liberale Bischof Kamphaus, der sich bei der Schwangerenkonfliktberatung gegen Papst Johannes Paul II. gestellt und gesagt hat: In meinem Bistum bleibt das weiter möglich. – Eine größere Bandbreite gibt es doch innerhalb der katholischen Kirche gar nicht. Insofern muss man da nicht mit zweierlei Maßstäben messen. Diese Bandbreiten gibt es in allen Religionen, und darauf muss man auch entsprechend reagieren.

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Letztendlich ist ein schöner Satz übriggeblieben, den Prof. Borgolte in der Anhörung geäußert hat, der lautet – Zitat –:

Wer aber die Akzeptanz künftiger Absolventen des Instituts bei den Moscheegemeinden im Auge hat, wird die gefundene Lösung nicht leichtfertig verwerfen.

Auf diesem Weg sollten wir weitergehen, aber bitte ohne Schnellschüsse und Populismus. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jetzt die Kollegin Jarasch!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dregger! Ich unterstelle Ihnen keinen Populismus, sondern ich konzediere im Gegenteil, dass der Antrag ein völlig legitimes Anliegen hat,

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

nämlich sicherzustellen, dass die reale Vielfalt der muslimischen Community in Berlin im Beirat des künftigen Instituts angemessen berücksichtigt ist. Gerade weil ich Ihnen abnehme, dass dieser Antrag ein ernst gemeinter Versuch ist, zum Gelingen des Instituts beizutragen, sollten wir an dieser Stelle mal kurz innehalten und uns über die Ziele verständigen, die ja nicht nur die rot-rotgrüne Koalition, sondern eben auch bereits der rotschwarze Vorgängersenat mit dem Institut verfolgt hat. Der Rest ist dann nämlich nur noch die Frage nach dem besten Weg dahin, außer natürlich, man sieht es wie Herr Trefzer und teilt das Ziel nicht, dann kann man von vornherein, bevor der Beirat seine Arbeit aufgenommen hat, schon sein Scheitern konstatieren.

Das islamisch-theologische Institut soll ein Ort werden, wo freier wissenschaftlicher Diskurs und eine wissenschaftlich gestützte Weiterentwicklung der islamischen Theologie stattfinden können, in einem säkularen Raum, der für Diskurs offen ist. Deshalb sind aber übrigens auch vier Plätze im Beirat für Vertreter von islamischer Theologie und Islamwissenschaften aus den Hochschulen vorgesehen. Auch das gewährleistet bereits, dass das Spektrum des Islam breit repräsentiert ist. Absolventinnen und Absolventen dieses Instituts haben beruflich viele Möglichkeiten, aber auf jeden Fall sollen Sie einen modernen, von Muslimen in Deutschland für Muslime in Deutschland entwickelten Islam lehren und vermitteln können, als Religionslehrerinnen und -lehrer, aber auch in den Gemeinden. So weit zu den Zielen, von denen ich glaube, dass wir sie hier weitgehend teilen.

Das bedeutet, ein solches Institut kann und soll den Reformprozess innerhalb der muslimischen Community unterstützen und auch vorantreiben. Das wird aber nur gelingen, wenn die muslimische Community das Ganze auch als ihr eigenes Projekt sehen kann. Herr Dregger! Deswegen sollte es Ihnen auch nicht egal sein, ob die konservativen Verbände abspringen oder nicht, wie Sie das heute im Tagesspiegel gesagt haben, denn wenn die konservativen Verbände abspringen, ist das Projekt tot. Auch das muss man dann ehrlicherweise sagen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Ich sage genau wie mein Vorredner – das ausdrücklich unabhängig davon, welche Position innerhalb des muslimischen Spektrums mir persönlich die liebste ist, denn darum geht es hier nicht – über die Frage – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dregger?

Lieber nicht! Er hat heute schon viele Zwischenreden gehalten, glaube ich.

[Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU]

Über die Frage, wer die muslimische Community ist, kann man natürlich lange streiten, gerade auch im Blick auf die wachsende arabische Gemeinde oder die bosnischen Muslime in Berlin, die natürlich auch nicht repräsentiert sind. Tatsächlich sind außer den Schiiten – Sie sagten es – vier konservative sunnitische Verbände für den Beirat vorgesehen. Wir Grünen begrüßen es ausdrücklich, wenn die HU, der Senat, die Verbände sich im Rahmen der Verhandlungen über eine Kooperationsvereinbarung darauf verständigen, eine ausdrücklich liberale Stimme wie den Liberal-Islamischen Bund aufzunehmen. Aber haben Sie sich jemals gefragt, weshalb die Bindungskraft des Liberal-Islamischen Bundes – das gilt erst recht für die Moscheegemeinde von Seyran Ateş, muss man an dieser Stelle auch mal dazusagen – offenbar relativ gering ist, weshalb die Demo, zu der der LiberalIslamische Bund z. B. in Köln vor wenigen Wochen aufgerufen hat, eben sehr viel weniger Teilnehmer hatte als erhofft? – Das liegt zum einen sicher daran, dass die deutsche Politik lange Zeit die vier großen konservativen Verbände als Repräsentanten des Islam behandelt hat, ohne sich für die Reformbemühungen innerhalb der Community zu interessieren. An der Stelle muss sich die CDU dann leider auch an die eigene Nase fassen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD), Frank-Christian Hansel (AfD) und Stefan Förster (FDP)]

(Stefan Förster)

Das führt dann eben auch dazu, dass der Organisationsgrad dieser neuen liberaleren Strömungen noch relativ niedrig ist.

Entscheidend aber ist eine andere Sache: Die eigentliche Reformdebatte findet eben auch innerhalb der existierenden Moscheegemeinden statt, und das muss sie auch, wenn das Ganze Erfolg haben soll, denn gerade viele junge Muslima und Muslime der zweiten, dritten Generation, die hier aufgewachsen und gut ausgebildet sind, treiben diese Bemühungen voran. Sie suchen nach Wegen, ihren Glauben als moderne Muslime in Deutschland zu leben, und bleiben aber gleichzeitig mit den Gemeinden ihrer Eltern verbunden. Die lösen sich nicht alle heraus und gehen stattdessen zu den kleinen liberalen Moscheegemeinden. Wenn wir diese Kräfte stärken wollen, dann müssen wir sie auch innerhalb der Moscheegemeinden – und das heißt eben auch, innerhalb der Verbände – stärken.

Da die Lampe hier schon leuchtet, sage ich noch kurz eine Sache: Ich habe viel Kritik – ich habe das an dieser Stelle schon wiederholt gesagt – an den großen konservativen Verbänden, insbesondere an der Abhängigkeit von DITIB von Ankara und von der Religionsbehörde, aber wenn wir sie daraus lösen wollen – und das müssen wir –, dann müssen wir gleichzeitig diesen Prozess für ein islamisches Institut so vorantreiben, dass die Verbände dabei bleiben, denn sonst können wir nichts von dem bewirken, was wir uns gemeinsam davon erhoffen. Und da auch wir der Meinung sind, dass eine solche Debatte aller Mühen wert ist und auch Zeit haben muss, beantragen wir die Überweisung in den Wissenschaftsausschuss. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag hat die antragstellende Fraktion die sofortige Abstimmung beantragt. Die Koalitionsfraktionen beantragen dagegen die Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung. Gemäß § 68 der Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Überweisungsantrag abstimmen. Wer der Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion der FDP und die AfDFraktion. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der CDU-Fraktion ist damit die Überweisung in den zuständigen Ausschuss beschlossen, und der Antrag auf sofortige Abstimmung ist damit hinfällig.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.5:

Priorität der Fraktion Die Linke

Tagesordnungspunkt 5

Gesetz zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes und des Lehrkräftebildungsgesetzes

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 15. Juni 2017 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 28. Juni 2017 Drucksache 18/0443

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/0335

Zweite Lesung

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. Ich eröffne die zweite Lesung zur Gesetzesvorlage und schlage vor, die Einzelberatung der drei Artikel miteinander zu verbinden – und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel 1 bis 3 Drucksache 18/0335. – In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke und hier die Kollegin Kittler. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Berlin wird heute eine Entscheidung mit Signalcharakter treffen. Die Vorsitzenden der GEW Bund und GEW Berlin haben es eine Jahrhundertentscheidung genannt, dass die Grundschullehrkräfte gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit bekommen werden. Das sehe ich auch so. Und ich freue mich, dass diese Zielstellung aus der Koalitionsvereinbarung nun verwirklicht wird. Rot-Rot-Grün wird das als erstes Bundesland umsetzen. Darauf können wir gemeinsam mit allen, die dafür kämpften, stolz sein.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ich hoffe, dass uns andere Bundesländer nun schnell folgen werden. Es ist die lang fällige Anerkennung für die engagierte Arbeit, die durch die Grundschullehrkräfte für die Bildung und Erziehung unserer Kinder geleistet wird. Sie vermitteln nicht nur Wissen, sondern sie sichern auch das ganzheitliche und ganztägige Lernen. Sie erfüllen hohe pädagogische Anforderungen – so wie alle anderen Lehrkräfte auch. Jetzt wird diese pädagogische Arbeit endlich gewürdigt. Sie ist nicht die gleiche wie die in der Sekundarstufe I oder II, aber sie ist gleich viel wert.

In Berlin wird wie in sieben weiteren Bundesländern die Ausbildung von Grundschullehrkräften als Zehn-Semester-Studium absolviert. Ein solches macht im öffentlichen Dienst nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz die A-13Besoldung notwendig, und das setzen wir jetzt um. Ge

(Bettina Jarasch)

rade Letzteres ist noch von einem Jahr nicht selbstverständlich gewesen.

Ganz wichtig ist auch, dass mit unserem Änderungsantrag die Konrektorinnen und Konrektoren endlich ebenfalls ihre lange verdiente Anerkennung erhalten und dass die Ungerechtigkeit, die sonst damit verbunden wäre, dass sie über ein Jahr praktisch weniger verdient hätten als eine Berufseinsteigerin oder ein Berufseinsteiger, verhindert wird.

Ich möchte mich ausdrücklich bei der Senatsverwaltung bedanken, dass die damit verbundenen Gesetzesänderungen so schnell auf den Weg gebracht wurden und damit unserer rot-rot-grünen Legislatur ein bildungspolitisch historisches Zeichen gesetzt wird.

[Beifall bei der LINKEN]

Wir zeigen damit auch Verlässlichkeit im Zusammenhang mit den Verhandlungen, die der Finanzsenator im vorigen Jahr mit der GEW führte, was bekanntermaßen in eine Erklärung mündete. Da bleibt nun aber auch noch eine Aufgabe offen, denn in der Erklärung heißt es auch, ich zitiere: