Berlin wird bei der Energiewende endlich vom Hinterbänkler zum Vorreiter. Das macht Mut. Das macht Lust auf Klimaschutz, Lust auf Politik. – Vielen Dank dafür!
Vielen Dank! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Abgeordnete Herr Schultze-Berndt das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Junge, ist das ein schwaches Gesetz! Eine ganz billige PR-Nummer und ein Innovationskiller sondergleichen!
Verkündet wurde das Gesetz als Ausstieg aus der Nutzung von Braunkohle und Steinkohle bis 2030. Da in der nächsten Woche die Braunkohlenutzung sowieso offiziell ausgesetzt bzw. eingestellt wird und wir alle zum feierlichen Ausschalten des Braunkohlekraftwerkes eingeladen sind, ist das eine billige PR-Nummer.
Auch der Steinkohleausstieg ist schon in der letzten Legislaturperiode beschlossen worden, insofern brauchen wir dafür kein Gesetz, aber gut.
Das Interessante aber ist, und jetzt wird es spannend; es ist interessant für all diejenigen, in deren Haus eine eigene Heizung steht: Denen gegenüber will der Senat künftig einen Benutzungszwang für Fernwärme anordnen lassen können. Wir hier in Berlin stehen, wie in ganz Deutschland, im Bereich Energie vor großen Veränderungen. Das gilt für Strom- wie auch Wärmeerzeugung. Wir haben eine Vielzahl von Veränderungen vor uns; viele technische Innovationen haben in den nächsten Jahren und Jahrzehnten stattzufinden, damit wir die gewünschte Reduzierung des CO2-Verbrauchs erreichen können. Gute Energiepolitik setzt auf Informieren der Beteiligten und der Bevölkerung, auf Investieren in moderne Technologien, und, viel wichtiger noch, auf Inspirieren der Erfinder, auf Faszinieren für Neues, in Incentivieren von klimafreundlichem Verhalten und Bauen, in Motivieren von Unternehmen und derjenigen, die Innovationen durch unternehmerische Entscheidungen marktreif und marktfähig machen, in Partizipieren der verschiedensten Gewerke, Forscher und Interessengruppen an der Ideenfindung für die notwendigen Veränderungen.
In der letzten Legislaturperiode war genau dies das Kennzeichen der Energiepolitik in dieser Stadt. Die Berliner Energietage, das mehrere Hundert Punkte umfassende Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm, die Enquete-Kommission des Abgeordnetenhauses von Berlin
gelten doch zu Recht als bundesweiter Vorreiter, als Ideenschmiede, als Brain-Factory für den Klimawandel in Berlin und ganz Deutschland. Wir wollten die Menschen auf breiter Basis auf den Umwandlungsprozess in die klimaneutrale Stadt mitnehmen.
Man kann Energiepolitik natürlich auch anders machen, so wie das Gesetz es zeigt. Statt zu informieren, inspirieren, motivieren und partizipieren kann man natürlich auch so vorgehen wie die Senatsverwaltung der Umwelt- und Verkehrssenatorin, die sich offensichtlich im Dauerinquisitionsmodus befindet, durch Schikanieren, Drangsalieren und Reglementieren.
So kommen wir heute zu einer undifferenziert mittelalterlich anmutenden ordnungspolitischen Maßnahme des Anschluss- und Benutzungszwangs für Fernwärme, also zur platten Vorgabe einer einzigen monopolistischen Form der Wärmeversorgung in der Stadt. Wir haben in Berlin eine Vielzahl von unterschiedlichen Methoden der Wärmeerzeugung für Haushalte. Viele haben aus der Erfahrung der Berlin-Blockade eigene Ölheizungen mit eigenen Öltanks. Andere haben die wirklich attraktiven Contractingangebote der GASAG genutzt. Andere haben eigene Blockheizkraftwerke oder verschiedene Hybrid- und Kombinationsmodelle, Solarthermie, Pellets, Gas, Öl und Strom im Einsatz, und das ist auch gut so für die Innovation, die wir brauchen.
Aber schauen wir mal auf das Timing für die heutige Zwangsmaßnahme! Noch nicht einmal mit der Umsetzung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms oder der Ideen aus der Enquete-Kommission ist begonnen worden, und schon legt der rot-rot-grüne Senat eine Idee aus dem ordnungspolitischen Folterkeller vor.
Dieser im Gesetz vorgesehene Anschlusszwang ist nicht einmal differenziert etwa im Hinblick auf Neubauten oder Neubaugebiete, sondern ein Blankoscheck. Im Sinne einer innovativen, vielfältigen, bürgernahen und mittelständischen Energiebereitstellung sollte aber der Zwang, sich Großstrukturen unbedingt und auf Dauer ausliefern zu müssen und damit seine energiepolitische Konsumentensouveränität zu verlieren, nur als Ausnahmeregelung gehandhabt werden. Die Energiewende soll Bürger energiewirtschaftlich mündiger und eigenständiger machen, nicht abhängiger und alternativlos.
Wo die Chancen bestehen würden, die Impulse des Wettbewerbs zu nutzen und die Dynamik und das Innovationspotenzial vieler kleiner, dezentraler Akteure zur Entfaltung zu bringen, hat Rot-Rot-Grün nur eine Antwort: Verbote und Vorschriften, die im Zweifel höhere Preise, monopolistische Strukturen, weniger Vielfalt, weniger Dezentralität und damit weniger Akzeptanz für die Energiewende erzeugen werden. Herr Geisel! Herr Gaebler! Was waren das in der letzten Legislaturperiode für interessante Diskussionen mit Ihnen und Ihrer Verwaltung um den besten Weg zur Energiewende, immer innovativ, und den Wettbewerb um die besten Ideen. Herr Müller! Herr Saleh! Ich kann die SPD hier nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie führen die Regierung. Sie haben Ver
antwortung für die Stadt. Stoppen Sie diesen massiven Eingriff in die Energiewende der Stadt für die Nutzer eigener Heizungen! Stoppen Sie diesen geplanten monopolistischen Anschlusszwang an die Fernwärme! – Vielen herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Verehrter Kollege Schultze-Berndt! Man kann sich dem Thema Energiepolitik und Klimawandel sehr unterschiedlich zuwenden, aber wie Sie es hier machen, und zwar zum einen vergessen, was auch mal die CDU in Berlin vertreten hat,
aber vor allem auch, dass eigentlich ein Stück weit der Klimawandel und die notwendige Umstrukturierung der Energiewirtschaft komplett ignoriert und abgelehnt werden, das ist absolut nicht zukunftsfähig, so wie sich die CDU hier im Berliner Abgeordnetenhaus präsentiert.
Ich will kurz auf den Antrag zum Energiewendegesetz kommen. Natürlich kann man sehr unterschiedlich herangehen.
Würden wir uns eine Broschüre von Vattenfall anschauen, dann steht da: Fit für die Energiewende, unsere flexiblen Braunkohlekraftwerke. – Nehme ich aber z. B. ein Heft von Greenpeace: Braunkohle, ein schmutziges Geschäft. – Ein Stück weit haben vielleicht beide recht. Eines steht aber fest – und die Senatorin hat zu Recht und dankenswerterweise am Anfang darauf hingewiesen –: Auch wir als Stadt Berlin haben einen Anteil daran, wie die Erdatmosphäre durch klimaschädliche Gase belastet wird. Auch wir haben einen Anspruch, wir müssen etwas dazu beitragen, dass diese Energieemissionen zurückgefahren werden angesichts des weltweiten Klimawandels, denn wir merken auch in Berlin Starkregenereignisse, neue Klimaphänomene und die Vorsteppe, die Sie schon teilweise in Brandenburg angucken können. Das dürfen wir nicht ausblenden und müssen handeln.
Deshalb bin ich sehr stolz, dass wir als erstes Bundesland von 16 Bundesländern sagen: Der Ausstieg aus der Braunkohle erhält bei uns Gesetzesrang. Das ist tatsächlich ein Vorbild für alle Bundesländer.
Immer die Argumente: Natürlich können und werden wir das nicht alleine gestalten. Wir verfeuern größtenteils Kohle, die insbesondere in Brandenburg bei der Braunkohle gefördert wird. Aber darauf darf ich noch mal hinweisen, gerade die in der rechten Ecke, die immer sagen: Ist denn das wirtschaftlich und technisch machbar? – Die klare Antwort ist: Ja! – Schauen Sie sich das Monatsheft Februar 2017 des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung an! Dort gibt es klare Aussagen: Kohleausstieg, vorhandene ostdeutsche Braunkohletagebaue reichen bis zum Ausstieg aus. Man soll ihn sozialverträglich gestalten. – Da fordern wir als SPD immer wieder: Lasst uns das aktiv zusammen mit Brandenburg angehen! Wir wollen eine vorbildliche Energieumwandlungsregion werden. Wir wollen den Energieumstieg zusammen mit der Lausitz, mit den Energieforschungsunternehmen in Berlin, mit den Universitäten, mit allen gestalten, die viel Know-how, viel Wissen haben und viel Kraft mitbringen, damit wir diese Energiewende gemeinsam mit dem Bundesland Brandenburg gestalten. Das sollte unser Anspruch sein.
Wir sollten auch noch mal darauf hinweisen: Es geht auch um Braunkohlealtlasten, die immer noch in Berlin ankommen. Wie kann man denn das komplett ignorieren? Da geht es nicht bloß um die Luftverschmutzung mit Stickoxiden, Feinstaub und vielen anderen Dingen. Da geht es um hochgiftiges Quecksilber, wo immer noch die Hälfte in der Bundesrepublik aus Kohlekraftwerken stammt. Das wird gerne ignoriert. Auch das erleben wir. Wir erleben, dass die Spree und die Zuflüsse nach Berlin verockern, Eisen ausfällt. Wir erleben die Sulfatbelastung, die in den Berliner Wasserwerken ankommt. Blenden Sie das komplett aus? Wir können das nicht. Wir werden das auch nicht tun, denn das ist nicht verantwortlich.
Für uns heißt Energiepolitik, drei Kriterien zu erfüllen: sicher, sauber, bezahlbar. Sichere Energieversorgung heißt, dass natürlich die Leute den Strom zu Hause brauchen. Sicher heißt auch, dass wir nicht unterstützen wollen, dass wir durch Atomkraftwerke und noch gefährlichere Technologien das Leben und die Umwelt gefährden. Deswegen ist es gut, dass das Land Berlin mit dem, was wir an Strom beziehen, schon vor über einem Jahrzehnt gesagt hat: Wir bestreiten hier auch den Umwandlungsprozess. Wir steigen aus und kaufen keinen Atomstrom. – Das ist hier schon ganz viele Jahre Fakt in Berlin für alle öffentlichen Gebäude. Natürlich soll sie sauber sein. Da sind wir mit dem Energiewendegesetz dran. Und natürlich muss sie bezahlbar sein. Wir können und werden niemanden dadurch aus der Wohnung vertreiben. Das werden wir mit allen Gesetzen, die wir in Berlin machen, verhindern.
Und ich sage Ihnen auch eines: Da kommen Sie auf einen Aspekt im Gesetz, den Anschluss- und Benutzungszwang, Herr Schultze-Berndt! Da haben Sie aber was komplett falsch verstanden. Erstens: Die CDU und die SPD haben, glaube ich, im Jahr 1995 genau so einen Passus ins Berliner Energiespargesetz geschrieben. Das waren Ihre Fraktion und damals die SPD-Fraktion. Da zeigt sich schon mal, man sollte auch mal nachlesen, woher bestimmte Formulierungen kommen.
Zweitens: Es ist jetzt sogar noch eingeschränkt worden, hier nur der Anschluss- und Benutzungszwang für bestimmte öffentliche Einrichtungen. Ich will es Ihnen gerne erklären, z. B., wenn wir sagen, TXL-Nachnutzung oder ein neues Entwicklungsgebiet bekommt ein wirklich ganz neues, extrem sauberes, smartes, lokales Energienetz, und dann ist es sinnvoll, und nur dann ist es sinnvoll zu sagen, alle, die sich auf diesem Gebiet ansiedeln, sollen sich auch diesem neuen, innovativen, sauberen Energienetz anschließen. Das ist doch wohl ganz selbstverständlich. Ihre eigene Fraktion sagt das, wenn es um die Nachnutzung von TXL geht, aber hier ignorieren Sie das. Haben Sie übrigens erlebt, dass in den letzten 20 Jahren irgendeine Landesregierung von so einem Passus Gebrauch gemacht hätte? – Es hat nicht stattgefunden, weil wir bisher nicht diese hochinnovativen, neuen Netze hatten. Es geht nicht und niemals darum, den Einzelnen irgendwie eine Heizungsart für sein Einfamilienhaus, Mehrfamilienhaus oder etwas anderes vorzuschreiben. Es geht darum, tatsächlich neue Energiepolitik zu gestalten. Ich bin wirklich bestürzt, dass die CDU-Fraktion das nicht versteht, denn das war auch mal in Ihren Genen.
Sie ignorieren auch, dass wir unter dem Vorsitz von Jörg Stroedter in der Enquete-Kommission dieses Berliner Abgeordnetenhauses gemeinsam festgestellt haben: Wir wollen die Kohleverstromung im Land Berlin beenden. Wir wollen hier auch die Umgestaltung der Energiewirtschaft voranbringen. Es ist hochtraurig, wenn eine so große Fraktion so weit zurückfällt.
Ich hoffe sehr und wünsche mir, dass Sie nicht in der Bundespolitik Energiepolitik weiter gestalten, sondern dass dort endlich neue Kräfte und neue linke Mehrheiten zustande kommen, denn die brauchen wir ganz dringend, um dem Klimawandel ein Stoppzeichen zu setzen und die neue Energiewirtschaft auch in Berlin, auch in der Bundesrepublik Deutschland zu beginnen. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Kollege, der Abgeordnete Buchholz das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Der Senat und die Mitkämpfer und die Tagebaublockierer und die Weltverbesserer möchten eine Änderung des Berliner Energiewendegesetzes beschließen lassen, wohlgemerkt eines Gesetzes, das gerade einmal ein Jahr alt ist. Ein Jahr ist also der Planungshorizont für Investoren. Es ist kein Wunder, dass in dieser Stadt keine echten Investitionen stattfinden, solange Flughäfen unvollendet bleiben, Unternehmern das Geschäftsmodell kopiert und weggenommen wird und Gesetze eine Halbwertzeit von einem Jahr haben.
Kommen wir inhaltlich zum Antrag: Bereits im Vorblatt stehen falsche Dinge. Da wird behauptet, dass die Änderung des Gesetzes keine Kosten für Wirtschaftsunternehmen und Haushalte nach sich zieht. Das ist sachlich und fachlich falsch. Einfachstes Beispiel: Kraftwerksbetreiber haben Investitionskosten und Abschreibungen, die es so vorher nicht gegeben hätte. Für die privaten Haushalte fällt die billige Kohle weg, und die EEG-Umlage steigt. Oder es passiert noch etwas ganz anderes: Wir machen die günstigen Kohlekraftwerke zu und bekommen den Kohlestrom aus Brandenburg.