Protocol of the Session on May 4, 2017

[Antje Kapek (GRÜNE): Bei der SPD-Demo in Hohenschönhausen oder wo?]

Frau Kapek! Ich bitte Sie! Wir bleiben bitte bei der Sachlichkeit. Ich rede von dem nicht angemeldeten, illegalen Demonstrationszug vor Ort.

[Antje Kapek (GRÜNE): Vor Ort? Welchen Ort meinen Sie?]

Da war ein massives Gewalt- und Konfliktpotenzial. Da muss ich sagen: Ich hatte auch ein bisschen Mitleid mit dem Innensenator. Er steht ja ein bisschen zwischen Baum und Borke.

[Oh! von den GRÜNEN]

Ja, es ist einfach so. Er muss natürlich zum einen versuchen, irgendwie deeskalierend zu wirken, er muss relativierend wirken, warum er so eine nicht angemeldete Demonstration zulässt, und gleichzeitig der Polizeiführung die Hand und die Möglichkeit geben, dass es nicht weiter eskalieren wird. Da muss ich ganz deutlich sagen – ich habe mit dem Polizeiführer vor Ort gesprochen, Herr Trapp war mit dabei –: Was die Polizei geleistet hat an diesem Tag, das war sensationell.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Marcel Luthe (FDP)]

Hätten sie nicht dieses hohe Engagement gehabt und die Unterstützung von über 1 500 Kräften anderer Bundesländer, die Polizei Berlin hätte es allein nicht geschafft – so viel zum Thema Personal –, dann wäre es wahrscheinlich mitunter ganz, ganz schlimm gewesen.

Im Übrigen: Ich muss gar nicht mitteilen, ob wir dem Antrag zustimmen oder nicht. Wir haben einen fast inhaltsgleichen Antrag gestellt. Dementsprechend ist die Haltung meiner Fraktion klar. Aber einen Appell gebe ich jetzt in Richtung dieser Idioten, dieser Krawallmacher und dieser Straftäter: Hinter jeder Uniform steht ein Mensch. Hinter jeder Uniform steht ein Vater oder eine Mutter, ein Sohn oder eine Tochter. Und jeder Angriff

von diesen Vollidioten, der hier durch dieses Haus nicht ganz klar, mit deutlichen Worten abgelehnt wird, wäre eine Schande! – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der AfD]

Für die Linksfraktion hat der Kollege Taş das Wort. – Bitte schön!

[Zuruf]

So alt wie Sie sehe ich hier noch nicht aus. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 1. Mai des Jahres 2017 war eine der friedlichsten und ruhigsten Feierlichkeiten der vergangenen Jahrzehnte. Fast alle Innenpolitiker haben das auch noch mal bestätigt. Auch wenn die CDU in ihrem Antragstext eine große Gefahr seitens der linksextremen Szene heraufbeschwört, ist es doch Fakt, dass die gewaltbereite Szene von Jahr zu Jahr schrumpft und in stetige Bedeutungslosigkeit schwindet. Die große Mehrheit der Demonstrationen sind jene Menschen, die friedlich für bessere Arbeitsbedingungen, für faire Löhne und für gleichberechtigte Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt, soziale Gerechtigkeit und auch gegen Rassismus demonstrieren wollen. Selbstverständlich hat es in diesem Jahr auch krawallfreundliche Teilnehmer gegeben. Diese wurden jedoch insbesondere mithilfe der deeskalierenden Instrumente auch innerhalb der Polizeistrategie weitestgehend davon abgehalten, Provokationen zu verursachen.

Ich danke den Polizeibediensteten, die sich an diesem für wertschöpfende Menschen so wichtigen Feiertag in den Dienst der Gesellschaft gestellt haben und einen reibungslosen Ablauf der 1.-Mai-Demonstrationen sichergestellt haben. Des Weiteren danke ich auch allen Sanitätern, Feuerwehrangestellten und Ehrenamtlichen, die am 1. Mai mit ihrer besonderen Hingabe dafür gesorgt haben, dass in Berlin unbeschwert getanzt, gefeiert werden konnte.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der FDP]

Den verletzten Polizeibeamten wünsche ich eine schnelle Genesung. Und das sei an dieser Stelle auch noch mal gesagt: Selbstverständlich ist jeder verletzte Polizeibeamte einer zu viel.

[Beifall bei der LINKEN und der FDP – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Woldeit?

(Karsten Woldeit)

Nein! – Zusätzliche Redezeit möchte ich Ihnen nicht gewähren. – Allerdings ist die Richtung entscheidend. In diesem Jahr kam es zu deutlich weniger Krawallen. Weniger Verletzte waren die logische Folge. Die Experten sind sich darin einig, dass die Polizeistrategie vollkommen aufgegangen ist und wir vor drei Tagen in Berlin eine insgesamt verhältnismäßig ruhige und friedliche Demonstration gemeinsam erlebt haben. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Selbstverständlich wäre es schön, wenn wir irgendwann mal den Zustand erreichen würden, dass die Polizeibeamten aus Berlin und den anderen Bundesländern den 1. Mai vielleicht gemeinsam mit ihrer Familie verbringen können. Ein wichtiger Schritt ist, denke ich, in diesem Jahr gemacht worden. Wir müssen nun zusehen, dass wir die Einsatzstrategie bei Beginn auch noch besser optimieren können, damit wir im nächsten Jahr noch einen Schritt in Richtung friedfertige 1.-Mai-Demonstration machen können.

[Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Was die CDU mit ihrem Antrag versucht, ist durchsichtig und dient nicht der Sache. Sie versucht, eine große Gefahr durch sogenannte Linksextremisten herbeizubeschwören,

[Karsten Woldeit (AfD): Die ist da!]

um von der vorausschauenden und reibungslosen Organisation abzulenken. Wer sich hier die Entwicklung der Straftaten insgesamt anschaut, der sollte wissen, dass wir insbesondere mit den steigenden Zahlen an rechtsextremen Übergriffen ein ernsthaftes Problem haben, das gesellschaftsgefährdende Züge auch in Berlin annimmt. Insofern werden wir uns auf diesen schlecht durchdachten Versuch der Relativierung nicht einlassen. Wie bereits erwähnt, lehnen wir alle gewalttätigen Übergriffe ab und verurteilen derartige Angriffe. Dennoch werden wir uns bestimmt nicht dazu treiben lassen, die gute Einsatzstrategie und den friedfertigen 1. Mai kaputtzureden. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Luthe das Wort.

Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der CDU-Fraktion teilt sich zunächst einmal letztlich in zwei Aspekte. Zum einen bewertet er den 1. Mai. Da können wir sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein, wie der zu bewerten ist. Dazu komme ich noch. Zum anderen spricht er der Berliner Polizei Dank aus, vergisst allerdings da unter

anderem die Feuerwehr, und diesem Dank können wir uns uneingeschränkt anschließen.

[Beifall bei der FDP und von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Was nötig ist, ist allerdings auch da, nicht nur eine bloße Ankündigungspolitik zu verfolgen, wie es dieser Senat in den letzten zehn, fünfzehn Jahren im Bereich der inneren Sicherheit gemacht hat, und den Beamten einen feuchten Händedruck anzubieten und ansonsten Leistungen zu kürzen, Mehrarbeit zu verlangen. Ich erinnere an mehr als 500 000 Überstunden alleine bei der Feuerwehr, die aufgelaufen sind, bei denen sich der Senat in schlichtweg nicht nachvollziehbarer Weise weigert, sämtliche Überstunden zu bezahlen, sondern sich auf Verjährung beruft für die Leute, die für die Sicherheit in dieser Stadt sorgen. Das finde ich unter diesem Aspekt ausgesprochen schändlich.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schlüsselburg?

Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Kollege Luthe! – Dieser Senat ist ja sehr erfolgreich. Sie sagten gerade allerdings, dass dieser Senat seit 15 Jahren amtiert. Wollen Sie sich da nicht vielleicht noch mal kurz korrigieren und diesem Senat wenigstens nicht die komplette Verantwortung, wie Sie sie gerade dargestellt haben, der letzten 15 Jahre zur Last legen, bei den Erfolgen vielleicht aber...?

Lieber Kollege Schlüsselburg, vielen Dank! Ich habe nicht von diesem speziellen Senat gesprochen, sondern von dem Senat als solchem. Dessen Politik, Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienste zu vergessen, immer mehr abzufordern und im Übrigen auch höchst nachteilige Verträge zu schließen, zieht sich durch sämtliche Senate der letzten zehn bzw. 15 Jahre. Ich erinnere nur an den großartigen Hauptstadtfinanzierungsvertrag, bei dem wir jetzt erleben mussten, dass tatsächlich über zehn Jahre je 150 Millionen Euro nötig gewesen wären, um die Leistungen unserer Polizei für den Bund auszugleichen, tatsächlich aber nur je 60 Millionen gezahlt wurden, mit anderen Worten 900 Millionen Euro das Land Berlin dem

Bund geschenkt hat, und zwar Geld, das wir für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger gebraucht hätten. Das können sich sämtliche Senate der letzten Jahre anziehen. Und auch die zukünftigen, die nun genau darüber reden, dass wir zwar nicht mehr 90 Millionen jedes Jahr zuschießen sollen, aber immer noch zwischen 50 und 30 Millionen jedes Jahr. Das kann nicht sein. Da appelliere ich auch an Sie, sich dafür einzusetzen, dass ein solch nachteiliger Vertrag zulasten der Sicherheit der Bürger nicht geschlossen wird, Herr Schlüsselburg.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Kommen wir zurück zu der notwendigen Danksagung. Wir haben dazu – ich hoffe, dass wir zumindest im Ausschuss dazu kommen, uns intensiv damit zu beschäftigen – einen Vorschlag vorgelegt, wie wir nicht nur mit einem feuchten Händedruck, einer hübschen Medaille oder irgendetwas anderem unseren Dank ausdrücken, sondern wie wir den engagierten Kräften bei Polizei, Feuerwehr und Justizvollzug deutlich machen, dass wir zu ihnen stehen. Der erste Teil – dem schließe ich mich hier noch mal ausdrücklich an – ist die Danksagung. Der zweite Teil ist, zumindest auch finanziell mit einer kleinen Geste anzuerkennen, was diese Leute seit vielen Jahren für uns alle leisten. Das geschieht bisher nicht, und da müssen wir hin.

[Beifall bei der FDP– Beifall von Karsten Woldeit (AfD)]

Kommen wir zum 1. Mai. Der Antrag der CDU unterscheidet, zumindest die Begründung von Ihnen, lieber Herr Kollege Dregger, zwischen Gewalttätern und Straftätern. Ich finde diese Unterscheidung nicht nur falsch, ich finde sie höchst gefährlich.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Wir haben ein Strafrecht und eben auch die strafrechtlichen Bestimmungen im Versammlungsgesetz. Und da ist es nicht nur der § 26 Abs. 2, der den unangemeldeten Aufzug verbietet, sondern ebenfalls § 27 Abs. 2 Nr. 2, der die Vermummung verbietet. Und wenn ich in der Presse sehen musste und live vor Ort sehen konnte, dass ganz offensichtlich auf Weisung des Senats Polizeibeamte gezwungen sind, vermummte Straftäter zu eskortieren, statt die angekündigten Straftaten direkt zu unterbinden, und unter den Augen der Polizei in Berlin Straftaten geschehen, dann ist das nicht meine Auffassung davon, wie Recht in dieser Stadt zu funktionieren hat.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Auf der anderen Seite verfolgt die Polizei – und zwar auf Weisung des Polizeipräsidenten, nicht freiwillig – mit knapp 4 Millionen Bußgeldbescheiden ganz eifrig die Falschparker in dieser Stadt wegen Ordnungswidrigkeiten. Gegen den gewaltbereiten Linksextremisten,

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

der angekündigt Straftaten begeht, unternimmt dieser Senat nichts, und das kann nicht sein.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Wo Recht nicht gelebt wird, stirbt es. Das ist genau das, was wir im Moment an vielen Stellen und in den letzten Jahren immer stärker sehen müssen.