Protocol of the Session on May 4, 2017

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD und der FDP]

Ebenso lobenswert war die gute Zusammenarbeit der Veranstalter des Myfestes mit unserer Polizei und die gute Laune der Zigtausend friedlichen Teilnehmer, die schlicht kein Verständnis für gewaltbereite Linksextremisten hatten und deren Gewalt abgelehnt haben. Sehr geehrter Herr Innensenator! Wir unterstützen es, dass die Polizei den von unserem Innensenator Frank Henkel eingeschlagenen Weg unter Ihrer Verantwortung fortgesetzt hat:

[Torsten Schneider (SPD: Ha, ha!]

die größtmögliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit, aber konsequente Strafverfolgung gegenüber Gewalttätern.

[Beifall bei der CDU]

Die größte Herausforderung war der nicht angemeldete 18-Uhr-Aufzug diverser linksextremistischer Organisationen am Montagabend. Die Nichtanmeldung dieses gefahrvollen Aufzuges durch das friedliche Myfest war ein Rechtsbruch und eine ernsthafte Gefahr für Unbeteiligte. Es war eine schwierige Entscheidung, die die Polizeiführung zu treffen hatte, und es wäre auch eine andere Entscheidung denkbar gewesen angesichts der Gefahren, die von diesem Aufzug ausgingen. Dennoch unterstützen wir weiterhin die gefällte Entscheidung. Es war richtig, ihn zuzulassen und ihn zu kontrollieren, denn wenn man sich die Situation auf dem Oranienplatz bei Beginn dieses Aufzuges angesehen hat: Der Platz war erheblich gefüllt, der Aufzug hat sich dort formiert, und wenn er dort unterbunden worden wäre, hätte das zu erheblichen Konsequenzen für die Sicherheit Unbeteiligter geführt. Es ist in der Abwägung der Entscheidung richtig gewesen, diesen Aufzug nicht an diesem Ort zu unterbinden.

Die gesetzliche Anmeldepflicht solcher Aufzüge dient der Gewährleistung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Wer seine Anmeldepflicht verletzt, entzieht sich dem grundgesetzlichen Schutz der Versammlungsfreiheit. Dieser Rechtsbruch darf nicht folgenlos bleiben. Daher erwarten wir vom Senat und von den Strafverfolgungsbehörden, dass nicht nur die festgenommenen Gewalttäter konsequent strafrechtlich verfolgt werden, sondern ebenso die Initiatoren dieses nichtangemeldeten Aufzuges, die sich nach § 26 Versammlungsgesetz strafbar gemacht haben. Wir werden Sie, sehr geehrter Herr Innensenator, hier an Ihren Worten aus der heutigen Fragestunde messen.

32 verletzte Polizeibeamte sind genau 32 verletzte Polizeibeamte zu viel. Wir haben Angriffe mit Fahnenstangen, Flaschen und anderen gefährlichen Werkzeugen gesehen, und Aufrufe wie: Ganz Berlin hasst die Polizei. Das alles ist abstoßend, widerwärtig und von uns allen eindeutig zu verurteilen. Das gilt auch für Angriffe auf Abgeordnete wie unseren Kollegen Tom Schreiber. Sie können und dürfen nicht unbeantwortet bleiben. Daher möchten wir Ihnen eine Entschließung des Abgeordnetenhauses vorschlagen, indem wir unserer Polizei für ihre großartigen Leistungen danken und eine klare Haltung gegen linksextremistische Gewalt einnehmen. Wir erwarten von der rot-rot-grünen Koalition, die Augen vor dieser linksextremistischen Gewalt nicht zu verschließen, sondern unsere Entschließung zu unterstützen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD und der FDP]

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Zimmermann das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, es stimmt, Herr Dregger! Sie haben gerade behutsamer vorgetragen, als es Ihr Antrag nahelegt. Deswegen stimmt es uns natürlich auch ein bisschen versöhnlicher. Trotzdem muss ich Ihnen etwas entgegenhalten, was Ihren Antrag betrifft. Wir haben gemeinsam über Jahre linksextreme Gewalt bekämpft, und auch in der neuen Koalition – das kann ich Ihnen versichern – wird politisch motivierte Gewalt von links konsequent bekämpft. Es spricht viel dafür, Herr Dregger, dass wir damit erfolgreicher sein werden, als Sie es in der Verantwortung von Herrn Henkel waren.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Buchholz?

Vielen Dank! – Nein, ich fange wieder einmal erst an, und deswegen ist es mehr eine Eingangsfrage als eine Zwischenfrage.

[Heiko Melzer (CDU): Bisher haben Sie noch nichts gesagt!]

Ich will hier die Gründe vortragen. Es gibt mehrere Gründe dafür, dass wir es vielleicht besser machen werden als Sie vorher.

Im ersten Halbjahr 2016 haben Sie durch ungeschicktes und rechtlich nicht gesichertes Vorgehen in der Rigaer Straße, um es vorsichtig zu sagen, nicht geholfen, sondern Sie haben, im Gegenteil, eine Verschärfung der Lage bewirkt, die wir in den Jahren zuvor mit der Befriedung eigentlich schon entschärft hatten, wo wir mit der Befriedung schon viel weiter gewesen waren als im Jahr 2016. Also da haben Sie eher nicht geholfen.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Zweitens: Wir haben gezeigt, dass wir in der Lage sind, die Gewalt am 1. Mai gegenüber dem Vorjahr weiter einzudämmen. Leider sind 32 Polizisten verletzt worden. Das sind selbstverständlich 32 zu viel. Auch von hier aus wünsche ich allen eine schnelle Genesung. Aber: Es sind deutlich weniger als zuletzt in Ihrer Verantwortung, zum

Beispiel im Jahr 2016. Da waren es mehr als doppelt so viele. Zudem waren dort leider auch Schwerverletzte zu beklagen. Herr Dregger! Woher nehmen Sie eigentlich den Glauben, dass Sie das besser können als wir?

Drittens: Sie fordern null Toleranz gegenüber gewaltbereiten Demonstranten. Wie hätte das ausgesehen im Fall der nicht angemeldeten Demo am 1. Mai? Hätten Sie die untersagt? – Vermutlich, wenn Sie es ernst nehmen. Hätten Sie die Polizei reingeschickt, um die Demonstranten aus dem Myfest herauszuholen? – Vermutlich, wenn man Ihre Null-Toleranz-These ernst nehmen soll. Jetzt sagen Sie hier – ganz anders –: Es war richtig, die Demo zu tolerieren. Was denn nun, null Toleranz oder Tolerierung einer nicht angemeldeten Demo? Was ist Ihre Linie?

[Torsten Schneider (SPD): Keine! Zickzack!]

Wir haben mit der richtigen Entscheidung am 1. Mai die potenziellen Konflikte so gut es ging eingehegt. Wir haben mit einer erstklassigen, professionellen Arbeit der Polizei – das muss ich von hier aus auch sagen – die Sache bewältigt. Deshalb hier und von uns aus: ein ausdrückliches Lob für die Arbeit der Polizei!

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Wir haben die Situation, dass wir einen insgesamt rechtmäßigen, weil verhältnismäßigen, weil angemessenen Einsatz haben – und andererseits eine nicht angemeldete Demo, die ein Regelverstoß ist. Der Senator hat erklärt, dass geprüft wird, welche Sanktionen da erforderlich sind. Das sind die beiden Seiten, die betrachtet werden müssen. Aber das macht den gesamten Einsatz doch nicht rechtswidrig. Der Einsatz war rechtmäßig und richtig, und stellen Sie das bitte nicht in Abrede.

Kurz zusammengefasst: Wir werden auf diesem Weg weitergehen. Es ist auch nicht so, Herr Dregger, dass Herr Henkel die Deeskalationsstrategie erfunden hätte. Das ist leider nicht ganz richtig, die ist vorher entwickelt worden. Wir konnten durchsetzen, dass in den vergangenen fünf Jahren diese Linie nicht verlassen worden ist. Jetzt in den nächsten fünf Jahren werden wir es besser machen, das kann ich Ihnen versichern. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Der Kollege Dregger hat das Wort zu einer Zwischenbemerkung.

[Torsten Schneider (SPD): Jetzt erklärt er die Widersprüchlichkeit der CDU!]

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrter Herr Kollege Zimmermann! Es ist immer das Problem, wenn man eine Rede vorbereitet hat, bevor man dem Redner zugehört hat.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Dann trägt man Dinge vor, die auf die Rede nicht mehr passen.

Wir haben das Konzept der Deeskalation und des gezielten Zugriffs auf Straftäter weiterentwickelt. Das ist in den letzten fünf Jahren konsequent eingesetzt worden. Ich verstehe gar nicht diese kleingeistigen Rechthabereien auf dieser Ebene. Uns geht es doch gar nicht darum, sondern uns geht es darum, dass wir als Abgeordnetenhaus von Berlin eine Haltung einnehmen, eine Haltung gegenüber Feinden des Landes, die unter Inkaufnahme von Verletzungen von Polizeibeamten und Unbeteiligten meinen, ihre extremistische Parolen durchsetzen zu müssen. Lassen Sie doch das kleingeistige Wir-haben-recht! Das ist doch Unfug, was Sie erzählt haben. Lassen Sie uns doch mal eine Haltung einnehmen! Bei solchen Ereignissen und der Erleichterung über die reduzierte Gewalt ist das Thema noch nicht durch, und wir dürfen nicht zur Tagesordnung übergehen. Wir könnten uns doch auch einmal entschließen, hier eine gemeinsame Haltung einzunehmen. Ich kann überhaupt nicht erkennen, dass das für Sie in irgendeiner Weise einen Nachteil hätte. Ich finde, das erfordert der notwendige Respekt gegenüber den Polizeibeamten, die ihre Köpfe hingehalten haben, und genauso auch der notwendige Respekt gegenüber Ihrem Kollegen, der selbst angegriffen worden ist. Deswegen bitte ich, jenseits der kleingeistigen Grabenkämpfe darüber nachzudenken, ob wir hier eine gemeinsame Haltung entwickeln können. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Zur Erwiderung hat der Kollege Zimmermann das Wort.

Nur eine kurze Erwiderung, Frau Präsidentin! – Herr Dregger! Ich stelle fest, dass Sie Ihren Begriff der NullToleranz auch nach Aufforderung nicht mit Substanz füllen und nicht erklären konnten, wie Sie mit diesem Begriff in dieser Situation hätten vorgehen wollen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann hat für die AfD-Fraktion Herr Woldeit das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Manchmal erkennt man das Dilemma in einem kleinen Zwischensatz, Herr Zimmermann. Sie sagten, eine nicht angemeldete Demonstration sei ein Regelverstoß, so haben Sie es gerade genannt. Eine nicht angemeldete Demonstration ist kein Regelverstoß, sondern das, was wir hier gesehen haben, war eine Straftat. Und das hat sich durch nichts relativiert.

[Starker Beifall bei der AfD – Beifall von Marcel Luthe (FDP) – Zuruf von Canan Bayram (GRÜNE)]

Als ich am Montagabend relativ spät aus Kreuzberg nach Hause kam, habe ich mir die Frage gestellt: In welcher Stadt lebe ich, in welcher Stadt leben wir eigentlich?

[Torsten Schneider (SPD): Tja, das fragen wir uns auch!]

Es gab nicht nur die nicht angemeldete Demonstration am 1. Mai am Oranienplatz, es gab auch noch andere sogenannte Hotspots. Als ich vormittags losging zum Kiezfest „Bunte Platte“, wurde ich empfangen von – nennen wir sie einmal – Linksextremisten, mutmaßlich, die mich umfangreich dokumentierten und fotografierten, ich konnte am Stand der Linkspartei Flyer der Antifa entnehmen, in denen diverse Dossiers über Kollegen und mich mit diskreditierenden, beleidigenden Inhalten ausgelegt worden sind. Von dort aus fuhr ich zum Bürgerfest nach Pankow, ein Familienfest, mit Hüpfburg, mit Kindern. Ich hatte den Kollegen noch am Freitag nach Rücksprache mit der Einsatzleitzentrale – ich hatte mich informiert, wie die Sicherheitslage ist – mitteilen können: Wir rechnen mit 20 bis 30 Störern. Wir brauchen ein bis zwei MTWs. Als ich dort ankam, sah ich nicht ein bis zwei MTWs, ich sah zwei Hundertschaften. Ich rede davon, dass zwei Hundertschaften notwendig sind, ein Familienfest der AfD in Pankow zu sichern, auf dem sich Kinder und Familien amüsieren wollen und irgendwelche Spinner – das sage ich ganz deutlich – und Straftäter dieses friedliche Familienfest stören wollten.

[Beifall und Bravo! bei der AfD]

In der Einsatzleitzentrale am Platz der Luftbrücke wurden wir sehr angenehm von der Polizeiführung aufgenommen. Sie informierte uns umfassend, und wir sind von dort aus in die Nähe des Oranienplatzes verlegt worden. Viele Kollegen des Hauses, gerade Innenpolitiker, waren zugegen.

Jetzt komme ich zu dem Punkt Friedlichkeit. Sicherlich gab es im Rahmen des Myfestes friedliche, feiernde Menschen. Aber das, was ich dort gesehen habe, dieser Aufzug am Oranienplatz, und im Übrigen, ganz vorn – Herr

Zimmermann sprach vorhin davon, alle Kräfte der Koalition setzten sich massiv gegen den Linksextremismus ein –, wie erklären Sie mir dann und gerade die extreme Linke hier im Haus, dass die Jugendorganisation einer Regierungspartei, Linksjugend Solid, ganz vorn bei dem nicht angemeldeten Demonstrationszug, kurz hinter DKP- und Antifa-Flaggen mitmarschiert ist? Ich halte das für sehr schwierig in der Relativierung. Das ist für mich auch ein ganz klares Zeichen, wo Sie stehen, meine Damen und Herren. Das ist gerade in dem Punkt nicht auf dem Boden des freiheitlich-demokratischen Gedankens des Grundgesetzes.

[Starker Beifall und Bravo! bei der AfD – Zuruf von Anne Helm (LINKE)]

Als sich der Zug formierte, und das war ein massives Gewaltpotenzial – Herr Dregger, ich gebe Ihnen voll und ganz recht – –

[Antje Kapek (GRÜNE): Bei der SPD-Demo in Hohenschönhausen oder wo?]