zigkeit und perspektivisch auch eine Anerkennung der Förderungswürdigkeit nach dem Sportfördergesetz. Die derzeitige Rechtslage ist klar: E-Sport wird als Sport im rechtlichen Sinn offenbar nicht anerkannt. Aber rechtstechnisch betrachtet wäre eine Änderung auf Bundesebene unproblematisch. Sportfachlich ist es allerdings aus meiner Sicht klar abzulehnen. Es gibt klare Kriterien nach dem Sportfördergesetz bei uns. Es gibt eine klare Beschreibung des DOSB in seiner Aufnahmeordnung, und dementsprechend erkennt der DOSB E-Sport nicht als Sport an.
Abschließend: Ich bin froh darüber, dass wir in Berlin die Sportförderung auf viele Schultern der Gesellschaft verteilen können, sodass Berlin auch weiterhin Deutschlands Hauptstadt des Sports und eine international anerkannte Sportmetropole bleiben wird. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Senator! – In der zweiten Runde beginnen wir mit Frau Schillhaneck von den Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Senator! Das war durchaus eine interessante Rede. Ganz zum Schluss habe ich mich übrigens gefragt, was eigentlich herkömmliche Sportarten sind.
Meinen Sie Speerwerfen? Das hat eine gewisse Tradition. Meinen Sie Ringen? Meinen Sie Fahrradfahren? Meinen Sie BMX? Meinen Sie Beachvolleyball? Das ist eine große Spanne.
Sie irren sich übrigens in einem Punkt: Der Antrag bezieht sich überhaupt nicht auf den DOSB, sondern auf die Einstufung als gemeinnützig, die das Bundesministerium für Finanzen vornehmen muss. Aber der Kollege Morlang wird Ihnen das sicherlich noch auseinanderdröseln.
Sie haben sich sehr lobend über die große Solidarität geäußert – auch wenn das Wort Solidarität bei Ihnen leider nicht fiel –, die der Berliner Sport gegenüber den Geflüchteten ausgedrückt hat. Ich finde, diese Solidarität muss man an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich herausheben – nicht nur beim Zusammenrücken, sondern auch beim Einfach-nur-die-Tore-Aufmachen und Sagen: „Hey, ihr seid da. Kommt! Spielt mit uns! Sport braucht keine Sprache. Dafür braucht ihr kein Deutschdiplom. Kommt! Macht was mit uns!“
Diese Menschen sind nicht hier, weil sie sich gerne auf weite Reisen begeben, sondern weil sie mussten, weil sie geflüchtet sind. Vom Sport haben sie mehr Solidarität erfahren als von vielen andern in dieser Stadt. Diese Solidarität ist eine sehr schöne Sache. Dafür kann man noch einmal explizit danke sagen.
Es freut mich auch, vom Kollegen Buchner zu hören, dass die in den Haushaltsberatungen von uns präsentierte Idee einer vertraglichen Regelung und endlich einer Entkoppelung von der Frage der Lottomittel, einer mehrjährigen Finanzierungs- und Planungssicherheit für den Berliner Sport tatsächlich auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Darüber sollten wir weiterreden. Für uns Grüne ist das der Weg, den Berliner Sport gut zu unterstützen, und zwar zum einen im Vereinsbereich, zum anderen müssen wir aber auch darüber reden, was wir mit dem vereinsungebundenen Sport tun. Für uns ist das ein ganz großer Bereich. Wir haben immer mehr Leute, die sagen: Ich will mich nicht nur im Sportverein betätigen. Der klassische Verein ist nicht die Form, in der ich meinen Sport treibe. Ich gehe laufen. Ich kicke mit anderen Leuten im Park. – Das alles ist sportliches Treiben. In der Tat: Die Konkurrenz bei der Zugänglichkeit öffentlicher Räume steigt, und zwar auch, weil durch die schleichende Privatisierung des öffentlichen Raums in den letzten 25 Jahren die Flächen dafür knapp geworden sind. Finden Sie doch mal eine Stelle, die geeignet dafür ist, draußen zu skaten oder BMX zu fahren! Meistens werden Sie verscheucht, weil es längst privater Grund ist. Das ist eine Fehlentwicklung. Wir müssen uns fragen, wo die öffentlichen Räume dafür vorhanden sind. Das ist Sportförderung im Land Berlin. Dafür stehen wir als Grüne: öffentlicher Raum für öffentliches Sporttreiben.
Sie haben von vielen Dingen gesprochen, Herr Senator, die man jetzt tun müsste: ein Entwicklungskonzept für den Leistungs- und Breitensport und ein Konzept für die Akquise von internationalen Sportveranstaltungen erstellen. Als alle Oppositionsfraktionen das in den Haushaltsberatungen vehement eingefordert haben, taten Sie noch so, als wäre das ein völlig irrelevantes Thema. – Nein, Sie nicht! Sie waren ja nicht da, sondern der jeweilige Staatssekretär. – Natürlich brauchen wir so etwas, aber Sie hatten fünf Jahre Zeit. Was haben Sie eigentlich in diesen fast fünf Jahren getan? – Sie haben festgestellt, was wir Ihnen vor fünf Jahren schon gesagt haben, nämlich wo die Handlungsbedarfe in dieser Stadt im Bereich der Sportförderung sind. Ganz ehrlich: Ich glaube, Sie haben dieser Stadt damit einen absoluten Bärendienst erwiesen.
Sie sind vor allem im Sportausschuss aufgetaucht, wenn wir kollektiv als Ausschuss – den ich in seiner Gesamtheit positiv für seine Diskussionskultur hervorheben möchte – gesagt haben: Wir erwarten, weil wir über die
Bäder-Betriebe reden, dass der Aufsichtsratsvorsitzende anwesend ist. – Sie waren im Regelfall nicht als Senator da, sondern als Aufsichtsratsvorsitzender der BäderBetriebe. Ansonsten wären Sie auch nicht gekommen. Ehrlich gesagt: Das ist ein absolutes Armutszeugnis.
Auch im Aufsichtsrat haben Sie mehr geraten, als Aufsicht geführt, sonst säßen wir in Berlin nicht mit einem Bäderkonzeptchen da, das uns vor allem mit zwei Dingen in Erinnerung bleiben wird: Erstens haben wir immer noch keine verlässlichen Öffnungszeiten, und zweitens ist der Besuch teurer geworden. – Das kann nicht sein. Den Sanierungsstau haben Sie auch nicht relevant angepackt. Ein Konzept für die Akquise gibt es nicht. Ein Konzept zur Förderung des Leistungs- und Breitensports ebenfalls nicht. Der Schulsport liegt darnieder. Was haben Sie in den letzten fünf Jahren eigentlich getan?
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]
Verehrte Damen und Herren! Liebes Präsidium! Liebe Zuschauer, auch im Stream! Frei nach Olli Dittrich: Nun zum „Spocht“! Ich habe wenig Zeit, aber ich nehme es sportlich. – Wir reden über die Anerkennung von E-Sport, und zwar als gemeinnützig, so wie alle anderen Sportarten. Wir haben dazu ein Gutachten. Dieses Gutachten sagt heruntergebrochen: Wir brauchen eine Verbandsstruktur. Die gibt es in der Form gerade nicht, und wir brauchen den politischen Willen. Verbandsstruktur ist eine Aufgabe der E-Sport-Community. Dafür müssen wir nichts machen. Beim politischen Willen kommen wir ins Spiel.
Wo ist E-Sport anzusiedeln? – E-Sport findet im Spannungsfeld zwischen Schach und Formel 1 statt. Schach war olympische Sportart. Darüber wird gar nicht diskutiert. Formel 1 ist Sport – müssen wir, glaube ich, auch nicht diskutieren.
Was ist der Unterschied zwischen Formel 1 und E-Sport? – E-Sport ist – so wie Fahrzeugsport – eigentlich ein Oberbegriff. Formel 1 ist ein Bereich vom Fahrzeugsport. Es gibt da mehr Denken, mehr Gehirn als bei der Formel 1, mehr Team, ansonsten geht es um Gerät und Physik. So groß ist der Unterschied nicht. Es gibt meiner Meinung nach überhaupt keinen Unterschied, außer dass man ein bisschen Querbeschleunigung hat.
Großer Fehler, hier in der Debatte haben viele Leute nicht verstanden: Turnen ist nicht Sport, turnen ist eine Volksertüchtigungsmaßnahme, bei der man sich bewegt. Das macht man auch mal gemeinsam. Das hat aber mit Sport nur gemeinsam, dass man sich bewegt. Sport hingegen ist etwas ganz anderes. Und wenn wir uns die Definition des modernen Sports nach Allen Güttmann von 1978 – mit Erlaubnis des Präsidenten zitiert – anschauen: Es geht um „Weltlichkeit, Chancengleichheit, Rollenspezialisierung, Rationalisierung, Bürokratisierung, Quantifizierung, Suche nach Rekorden“. – Nennen Sie mir eines davon, was Sie nicht im E-Sport finden.
Wir haben die Definition komplett, vollständig und umfassend erfüllt. Maßgeblich dafür – das sagt auch der Senator –: Da gibt es irgendwie Leute, die die Definition haben, da gibt es die Sporthochschule Köln, die auch maßgeblich für den Landessportbund ist, und die sagt: E-Sport ist Sport, natürlich! – Eigentlich haben wir es schon.
E-Sport ist ja auch etwas „völlig Neues, völlig neu“. – Das ist älter als ich! 1972 hatten wir die Intergalactic spacewar olympics, 1980 den Space-Invaders-Wettkampf mit über 10 000 Teilnehmern, 1982 die Twin Galaxies National Scoreboard, 1990 die Nintendo-Weltmeisterschaft, 1997 die Deutsche Clan-Liga, 2000 die World Cyber Games. Und was war letztes Jahr? – Genau! League-of-Legends-Finale in Berlin, 20 000 Plätze in der O2Arena in einer Minute ausverkauft!
Wir reden hier also von Gaming im Sinne von E-Sport. Das existiert so seit 30 bis 40 Jahren. Der moderne Sportbegriff, wie wir ihn kennen und verwenden, ist hundert bis hundertfünfzig Jahre alt. Das heißt, so ungefähr ein Drittel der Existenzzeit des modernen Sports haben wir schon E-Sport – aber das ist was „Neuartiges“. Nun gut!
Zum Praktischen: Fragen wir nicht, was die Gesellschaft für E-Sport tun kann, sondern fragen wir, was anerkannter E-Sport für die Gesellschaft tun kann, denn das ist eigentlich viel wichtiger. Der klassische Sport hat Probleme. Seit den Neunzigern haben wir eine massive Kommerzialisierung. Die lebenslange Vereinsmitgliedschaft wird immer weniger, seltener, können Sie dem 16Jährigen heute nicht mehr verklickern. Sie haben Vereinshopper und unorganisierte Sportler. Auf der anderen Seite könnte ein anerkannter und organisierter E-Sport Jugendlichen einen betreuten Rahmen geben, Struktur, Internationalität, Inklusion. Ja, Sie können im Rolli durchaus E-Sport betreiben. Bei anderen Sportarten können Sie das nicht. Sie können mit einer Verbandsstruktur
die Macht von den Unternehmen, die in allen Sportarten und natürlich auch im E-Sport präsent sind, zurückdrängen und hin zu den Vereinen, den Verbänden und den Spielern geben.
Aber was machen Sie? – Sie ignorieren eine komplette Generation. Sie überlassen sie der Industrie. Das kann nicht wahr sein! Ohne Steuerung, ohne Struktur – diese Leute zocken, und wir könnten ihnen die Struktur geben. Alles, was moderner Sport heute hat, könnten wir da haben, aber Sie wollen das nicht.
Danke schön! – Herr Kollege! Wie viele Vereine können Sie denn nennen, die im E-Sportbereich den Status einer Vereinsgründung haben und die die Gemeinnützigkeit, die eine Grundlage wäre, die sportliche Förderungswürdigkeit eines Tages zu erlangen, bereits beantragt haben?
Exakte Zahlen der Vereinsgründungen: Ich glaube, in den letzten vier Wochen zweistellig; die sind im Gründungsprozess. Dieses Gutachten hat da richtig etwas losgetreten. Die bauen gerade die Landesverbände auf, die bauen die Strukturen. Wir müssen ihnen das Signal senden, dass sie die Gemeinnützigkeit beantragen. Dazu gibt es auch noch ein BGH-Urteil. Aber das ist etwas, das so komplex ist, dass es sich nicht in dem Zeitlimit einer kurzen Zwischenfrage beantworten lässt. Aber danke für die Frage.
Jetzt kurz zum Schluss: Wir überlassen diese Generation nicht der Industrie! Unsere Aufgabe ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen an die sich verändernde Gesellschaft und Realität anzupassen. Das wäre der erste Schritt. Andere sind diesen Schritt schon gegangen. Das sind Frankreich, die USA und China und seit gestern sogar Russland. Jetzt ist es an uns, sportlich aufzuholen, die anderen zu überholen, uns an die Spitze zu setzen und zu führen, und das können wir an dieser Stelle beginnen. Das wäre mal sportlich! – Danke!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.
Zu dem Antrag Drucksache 17/2910 haben Sie der Überweisung an den Ausschuss für Sport bereits eingangs zugestimmt.
Die Wortmeldungen beginnen wie immer in zwei Runden nach Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung an den Senat. Das Verfahren ist Ihnen bekannt. Die erste Frage steht der Fraktion der SPD zu. – Frau Kollegin Radziwill! Bitte schön, Sie haben das Wort!