Protocol of the Session on February 9, 2012

Dann muss man es aber auch ordentlich aufschreiben und muss auch die Verfahren auseinanderhalten, weil ich glaube, dass in diesem Parlament die Möglichkeit vorhanden ist, das Petitionsrecht tatsächlich, so wie Sie es für richtig empfinden, weiterzuentwickeln. Das muss man miteinander diskutieren, aber im Wege der Volksabstimmung halten wir als SPD-Fraktion das für falsch, deswegen lehnen wir Ihre Anträge ab. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Weiß. – Bitte sehr!

Herr Kugler! Da Sie mir eine Frage gestellt haben, möchte ich die kurz beantworten.

[Andreas Kugler (SPD): Ich habe eine Frage gestellt? – Weitere Zurufe von der SPD]

Was?

[Fabio Reinhardt (PIRATEN): Die hören sich gerne reden!]

Es ging darum, warum im Titel „Onlinepetitionen“ steht, wenn es gar nicht um Petitionsrecht geht, sondern um die Volksinitiative. Das ist richtig. Der Grund, warum das da steht, ist einmal der, dass ich, als ich an dem Antrag gearbeitet habe, zuerst vom Thema Onlinepetitionen ausging und mir überlegt habe, wie man das sinnvoll macht. Ich bin darauf gestoßen, dass es in der letzten Wahlperiode einen Antrag zum Thema Onlinepetitionen von der CDU- und der FDP-Fraktion gab, der abgelehnt wurde. Ich habe mir die Ausschussberatung in den Protokollen durchgelesen und habe festgestellt, dass die SPDFraktion und auch die Fraktion der Linken diesen Antrag abgelehnt haben, habe die Begründungen dafür gelesen und habe diese Begründungen nachvollziehen können und mich überzeugen lassen.

[Beifall bei den PIRATEN – Ülker Radziwill (SPD): Ah!]

Schönen Dank! – Herr Kugler! Möchten Sie antworten?

Ich freue mich, Herr Weiß, dass Sie sich von unseren Argumenten haben überzeugen lassen. Man muss bei dieser Sache berücksichtigen, dass das alles Geld kostet. Wir haben nicht genug davon. Man muss immer gucken, wo man das Geld sinnvoll ausgibt.

[Unruhe]

Sekunde! Nicht beunruhigt werden! – Von daher muss man das mit berücksichtigen. Wollten wir das jetzt einführen, müsste man auch die Mittel bereitstellen. Ich denke, das wird ein bisschen dauern.

Aber zu Ihrer Aussage, dass Sie sich von unseren Argumenten überzeugen lassen: Ich komme gern mal bei Ihnen vorbei, wenn Sie Lust haben. Ich glaube, dass es Sinn machen würde, über die Frage dieser öffentlichen Onlinepetitionen zu diskutieren, und in Klammern: auch vor dem Hintergrund, was es kostet. Wir geben öffentliche Gelder aus, damit müssen wir transparent umgehen. Das sollten Sie verstehen. Ansonsten würde mich dafür interessieren, was Sie denn an unseren Argumenten am schlagendsten fanden, damit wir darüber noch einmal reden können. Aber das können wir einmal unter vier Augen machen. Ich würde mich jedenfalls sehr darüber freuen, weil ich glaube, die Sache als solche ist richtig. Aber die verquere Form Ihres Antrags hat mich tatsächlich etwas verwirrt.

Vielen Dank! – Für die Grünen hat Frau Kofbinger das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Weiß! Dass Sie sich von Herrn Kugler überzeugen lassen, ist eigentlich sehr bedauerlich. Aber gut, das müssen Sie selber wissen, denn Sie sind eigentlich unserer Meinung nach auf dem richtigen Weg. Wir werden – das sage ich Ihnen gleich vorab – Ihren Anträgen auch zustimmen, weil wir die im Kern für richtig halten. Natürlich kann man sich sehr schön über Mitbestimmungsquoren unterhalten. Das sollte man aber vielleicht parteiübergreifend machen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, denn es geht hier um Transparenz, es geht um Beteiligung, es geht um Partizipation. Und eine Onlinepetition, so wie wir sie verstehen, ist sicherlich der richtige Weg dorthin.

Wir wollen eine Onlinepetition möglichst schnell einführen, und wir möchten übrigens auch öffentliche Sitzungen des Petitionsausschusses einführen. Darüber habe ich mich mit Herrn Kugler auch schon lang und breit unterhalten in den letzten Jahren. Mit den Instrumenten der direkten Demokratie haben wir in Berlin viel Erfahrung, auch gute Erfahrung gesammelt. Aber wir müssen sie verbessern und laufend evaluieren. Das ist unsere

Aufgabe, gerade als Parlamentarier/-innen. Wir wollen mit den positiven Erfahrungen der Onlinepetition auf Bundesebene und den Erfahrungen der Umsetzung auf Landesebene – Sie haben es schon gesagt, wie z. B. in Bremen – zeitnah die Möglichkeit für Onlinepetitionen in Berlin schaffen. Wir sehen darin eine gute Möglichkeit, Regierende und Regierte wieder näher zusammenzubringen.

Der Petitionsausschuss ist der einzige Ausschuss, in dem alle Parteien um die beste Lösung im Sinne der Bürgerin oder des Bürgers ringen, meist auch, ohne Parteiinteressen in den Vordergrund zu stellen. Hier sind über die Parteigrenzen hinweg auch unübliche Bündnisse möglich. Hiervon sollte der regierte Teil der Bevölkerung meines Erachtens aber auch stärker in Kenntnis gesetzt werden. Hieran sollte er auch stärker partizipieren.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Das Verfahren, wie wir es kennen, ist im Prinzip gut. Es ist erfolgreich. In jeder Legislaturperiode werden ungefähr 30 Prozent der Petitionen, der Eingaben und Beschwerden, für den Petenten/die Petentin positiv beschieden.

Das Manko dieses Verfahrens ist meiner Meinung nach aber eben die nichtöffentliche Sitzung als ein Beispiel. Hier muss man auch im eigenen Interesse gegensteuern. Im Bayerischen Landtag wird der Petitionsausschuss in der Regel öffentlich abgehalten. Und das ist schon seit seiner Konstituierung 1946 so. Nach langem Hin und Her hat sich auch der Bundestag 2008 dazu entschlossen, alle sechs bis acht Wochen eine Sitzung mit ausgesuchten Petitionen öffentlich stattfinden zu lassen. Also auch das sollten wir unbedingt ins Auge fassen. Die Petentinnen und Petenten werden eingeladen und können über ihre Beschwerden berichten. Genauso eingeladen werden die Staatsekretäre und -sekretärinnen und Abteilungsleiter/innen, die dazu Stellung nehmen müssen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Von wem denn?

Von Herrn Kugler!

Gerne, Herr Kugler! Mit Ihnen unterhalte ich mich doch am liebsten.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Das ist ja charmant! Vielleicht lassen Sie sich ja auch von mir überzeugen.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Nein, das glaube ich nicht!]

Ich hätte gern von Ihnen gewusst: Sie haben eingangs gesagt, Sie finden das Anliegen der Piratenpartei gut. Sie äußern sich aber nur zur Onlinepetition. Wollen Sie denn jetzt das Abstimmungsgesetz oder das Petitionsgesetz ändern? Und wenn ja, wie würden Sie es konkret machen wollen?

Eine sehr gute Frage! Ich werde am Ende meiner Rede darauf noch mal Bezug nehmen.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Nach übereinstimmender Auskunft unserer Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundestag stößt dieses Verfahren auf großes Interesse und große Zustimmung der Bevölkerung.

Die öffentlichen Sitzungen des Petitionsausschusses sind heute nicht Gegenstand der Debatte, das weiß ich. Ich kündige aber hiermit schon mal an, dass wir sehr zeitnah einen Antrag dazu stellen werden. Ich würde ihn gern als Allparteienantrag stellen. Das ist das Angebot an Herrn Weiß und seine Partei.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Damit komme ich jetzt zum nächsten und wichtigsten Partizipationsinstrument, nämlich der Onlinepetition, wie ich sie verstehe. Die Onlinepetition wurde ebenfalls durch den Petitionsausschuss des Bundestages populär gemacht. Nach schleppendem Beginn stieß die Onlinepetition im Laufe der wenigen Jahre, die sie existiert, auf sehr große Gegenliebe bei den sogenannten normalen Bürgerinnen und Bürgern, die dieses Instrument als eine gute Möglichkeit sahen, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Auch wenn sich die Experten und Expertinnen teilweise streiten, ob das ein Erfolg ist oder nicht, in der Gesellschaft ist die Onlinepetition angekommen. Alle können sich wahrscheinlich auch daran erinnern, dass sie schon einmal eine Onlinepetition per E-Mail bekommen haben. Deshalb ist die Onlinepetition auch ein Muss für Berlin. Sie ist ein wichtiger Teil von Partizipation.

Schon während der letzten Legislaturperiode, Herr Kugler, haben wir versucht, den nichtöffentlich tagenden Petitionsausschuss davon zu überzeugen, sich der sowohl internetaffinen als auch teilweise politikverdrossenen Klientel der 15- bis 29-Jährigen zu öffnen. – Die sind jetzt alle dahin gegangen. – Aber nach Auskunft der jeweiligen Vorsitzenden – am Ende waren Sie das – scheiterte dies immer an den nicht vorhandenen Geldmitteln. Dabei besteht die Möglichkeit, sich in das System des

Bundestages einzuklinken, wie wir beide wissen, und so den pekuniären Aufwand möglichst gering zu halten.

Eins möchte ich dazu noch sagen: Wenn sich unser Stadtfürst nicht nur ein Stadtschloss, sondern auch eine zentrale Landesbibliothek auf dem Tempelhofer Feld für schlappe 270 Millionen Euro gönnt, dann bin ich sicher, dass wir 300 000 bis 500 000 Euro für Onlinepetitionen in Berlin lockermachen können.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ich bin gern bereit, mit unseren Haushälterinnen und Haushältern darüber zu reden. Ich sehe da eine Möglichkeit, dass das nicht die Hürde sein wird.

Onlinepetitionen und öffentliche Sitzungen des Petitionsausschusses sind wichtige Eckpfeiler des von uns angestrebten neues transparenten Regierungsstils. Wir nennen ihn Green Government. Deshalb werden wir diesen beiden Anträgen zustimmen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die CDU hat die Abgeordnete Seibeld das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin, ehrlich gesagt, verwirrt. Die Piraten, sagen sie, haben zu einem Antrag geschrieben, zu einer Überschrift, wo sie dann im Antrag festgestellt haben, die Überschrift passt nicht; sie haben die Überschrift aber stehenlassen. Die Kollegin Kofbinger redet zu einem Thema, das mit dem Inhalt des Antrags nichts mehr zu tun hat. Und das alles soll dann in einem Allfraktionenantrag passieren. Vielleicht sollten wir doch erst mal klären, wovon wir eigentlich reden und was wir eigentlich alle wollen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Der Kollege Weiß hat des Weiteren gesagt: Auf Bundesebene brauchen wir die Onlinepetition, denn da gibt es keine direkte Demokratie. Dann müsste man im Umkehrschluss vermuten: In Berlin haben wir die direkte Demokratie, dann können wir den Petitionsausschuss abschaffen. Ich glaube, das war aber nicht das, was gemeint war. Und ich glaube, das will hier auch keiner.

Um dann zum Antrag zurückzukommen: Inhaltlich, wenn man von der Überschrift absieht, befasst sich der Antrag mit drei unterschiedlichen Aspekten, nämlich einmal der Herabsetzung des Quorums für Volksinitiativen und Volksbegehren; übrigens für Volksbegehren nur auf der ersten Stufe originellerweise; die Möglichkeit, sich elekt

ronisch an Volksinitiativen und Volksbegehren beteiligen zu können, und der Frage, ob man das Alter beim Wahlrecht bzw. beim Abstimmungsrecht herabsetzen kann, und zwar wie üblich bei den Piraten auf null. Da wir uns in der letzten Plenarsitzung mit der Frage Wahlalter ausführlich befasst haben, würde ich das hier mal hintanstellen und mich mit den anderen beiden Aspekten beschäftigen.

Die Herabsetzung des Quorums auf 2500 Stimmen: Wenn man von einem Wahlalter null ausgeht, heißt das, dass 0,07 Prozent der Berlinerinnen und Berliner in der Lage sind, das Parlament mit Initiativen zu beschäftigen. Nur zum Vergleich: Man braucht 5 Prozent, um als Partei in dieses Parlament einzurücken und um entsprechende Anträge als Fraktion einbringen zu können. Ob das im richtigen Verhältnis steht, das sei mal dahingestellt. Ich befürchte im Übrigen, dass es zu inflationären Volksinitiativen und Volksbegehren führt. Letztlich wird jeder umgestürzte Mülleimer, jede beschmierte Parkbank dazu führen, dass es Volksinitiativen und Volksbegehren gibt.