Protocol of the Session on November 26, 2015

Erste Lesung

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die erste Lesung. In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schlede. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Änderung des Landesbesoldungsgesetzes ist uns ein besonderes Anliegen, damit wir das, was im Haushalt bereits über den Hauptausschuss für die Jahre 2016 und 2017 eingestellt worden ist, nämlich die höhere Besoldung der Grundschulleiter, tatsächlich durchführen können.

Ich habe mir sagen lassen, wenn wir uns auf eine Beschlussvorlage des Senats hätten einlassen müssen, dass es Monate gedauert hätte, ehe wir zum erklärten Ziel gekommen wären, um das Geld, das bereits eingestellt worden ist, auch tatsächlich anwenden zu können. Deswegen sind wir dafür, dass das Gesetz von uns aus eingebracht wird. Ich rechne sogar mit einer allgemeinen Zustimmung in diesem Zusammenhang.

Notwendig ist es aus unserer Sicht schon lange gewesen, und zwar spätestens, als wir immer wieder durch Nachfragen erfahren haben, dass im Grundschulleiterbereich hohe Vakanzen bestehen, die Stellen nicht ausgefüllt und nicht nachgefragt werden und wir letztlich feststellen mussten, dass es eine deutliche Diskrepanz zwischen den Leitungsdotierungen der anderen Schulzweige und denen der Grundschule gibt und von daher die Bewerberlage extrem schlecht war. Als wir beispielsweise im März 2015 festgestellt haben, dass sich die Zahl der fehlenden Grundschulleiter auf 19 belief und die der fehlenden stellvertretenden Grundschulleiter auf 70, ist das für alle eine so alarmierende Zahl gewesen, dass wir nicht nur auf unserem Parteitag beschlossen haben, eine Anhebung der Dotierung für die Grundschulleiter vorzunehmen. Wir waren auch der Auffassung, dass dieses eventuell hilft, die Nachfrage zu verstärken, und gleichzeitig einen Anreiz für die Stellvertreter bietet, diese Position anzustreben.

Wir waren ursprünglich der Auffassung, man sollte auch die Stellvertreter gleich mit einbeziehen. Das wäre sicherlich besser gewesen, denn Leitungsfunktionen an Grundschulen sind auch heute mit so viel bürokratischer Last verbunden, dass man auch die Stellvertreter hätte mit einbeziehen können. Aber selbst dieser Schritt, den wir jetzt hoffentlich gemeinsam gehen können, wird helfen, die Grundschulen in der Zukunft besser leiten zu können.

[Beifall bei der CDU]

„Besser ausgestattet“ heißt also auch: in Zukunft besser nachgefragt. Und das ist die Hoffnung, die uns bei der Verabschiedung dieses Gesetzes bewegt. – Schönen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Schlede! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Remlinger. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! werter Herr Schlede! Selbstverständlich wissen Sie, dass wir es nicht ablehnen werden, die Rektorinnen und Rektoren besser zu bezahlen. Dass Sie das jetzt mit dem Gesetzentwurf untersetzen, was haushälterisch schon mehr oder weniger abgebildet ist und sein wird, ist nur würdig und recht. Dennoch haben Sie die Kritikpunkte, die man hier nun mal nennen muss, selbst angesprochen.

Sie haben kurz erwähnt, dass wir auch das Thema Grundschullehrkräfte insgesamt mal auf die Tagesordnung nehmen könnten. Sie sagen: Wir haben begriffen, dass Schulleiter für Schulen wichtig sind. Das gilt für alle Schultypen. Hier haben wir einen besonderen Mangel.

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

Dann zahlen wir da mehr. – Ich sage Ihnen: Ich kenne Ampelsysteme der Warnung zur Frage, wo wir Fachkräftemangel haben. Eines hat sogar vier Farben – nicht nur Grün, Orange und Rot, sondern auch noch Dunkelrot –, und das bezieht sich auf die mittelfristige Lehrkräftebedarfsplanung. Sie wissen es genau: Bis auf einzelne Fächer ist dort die Warnlampe auf Dunkelrot – bei der Grundschule in allen Fächern. – Das heißt, es ist eigentlich unverzeihlich, hier isoliert nur die Rektoren und Rektorinnen zu betrachten.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Gerade deshalb, weil Sie meine Kleine Anfrage und die Zahlen aus meiner Kleinen Anfrage zitiert haben, dass wir rein numerisch einen wesentlich größeren Mangel bei den Konrektoren und Konrektorinnen haben – Stand letztes Jahr: da fehlten dort 70, hingegen nur 19 bei den Schulleitern –, verstehe ich nicht, warum sie die Konrektoren und Konrektorinnen nicht einbeziehen.

Ein Detail finde ich besonders nicklig. Der Senat – oder Sie als Koalition, wenn Sie das nicht ändern – steht sogar auf dem Standpunkt, dass Konrektoren und Konrektorinnen, die kommissarisch die Leitung der Schule übernehmen, im Unterschied zu allen anderen Beamtinnen und Beamten im Land Berlin selbst nach einer mehr als 18monatigen Ausübung dieser Funktion die betreffende Zulage zu verwehren ist – mit der Begründung, dass die Vertretung der Schulleitung in der Stellenbeschreibung der Konrektoren und Konrektorinnen enthalten sei. Auch wenn Sie nicht mit uns den Weg gehen, sich die Grundschule einmal insgesamt anzuschauen und sich insgesamt um den Fachkräftemangel in einer längerfristigen Perspektive zu kümmern, werden wir bei Ihrem Gesetzentwurf noch im Detail streiten müssen, ob Sie vor dem Hintergrund, dass Sie nicht mehr sagen können, das Geld sei nicht da – Sie haben in der Restelesung des Hauptausschusses Millionen auch im Bildungsbereich ausgeschüttet –, nicht in dem Punkt eine Nachbesserung vornehmen wollen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Frau Remlinger! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Oberg. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Vor 30 Jahren, als ich in die Grundschule ging, stellte ich mir meine Schulleiterin als sehr glücklichen Menschen vor. Sie war die Chefin der Personen, die sich bei uns im Klassenzimmer als Chefs vorgestellt hatten – also der Lehrerinnen und Lehrer. Um 12.55 Uhr war Feierabend, und dann ging es mit dem 190er-Mercedes ins traute Eigenheim. Das sprach für ein gutes Einkommen, jedenfalls für ein höheres, als ich es von zu Hause kannte. Jetzt

sind 30 Jahre vergangen, und es haben sich ein paar Dinge verändert. Erstens bin ich älter geworden, zweitens habe ich dazugelernt und weiß, dass Schulleiterinnen und Schulleiter natürlich nicht um 12.55 Uhr Feierabend haben und dass sie auch nicht die angenehme Position des Chefs oder der Chefin der Chefs haben und den ganzen Tag eigentlich nichts tun,

[Heidi Kosche (GRÜNE): Aber den Mercedes haben sie noch!]

sondern dass sie einen enorm bedeutsamen Job mit einer großen Verantwortung haben und dass es keine zentralere Person für eine erfolgreiche Schule gibt als einen Schulleiter oder eine Schulleiterin.

Das hat sich in den letzten Jahren eher noch verstärkt, weil wir über die Jahre immer mehr Aufgaben an die Schulleitungen gegeben haben. Unsere Erwartungen sind stets gestiegen. Damit konnte die Bezahlung aber nie Schritt halten. Das heißt, im Vergleich zu dem, was Schulleiterinnen und Schulleiter insbesondere im Grundschulbereich heute zu leisten haben, ist die Bezahlung nicht angemessen. Deshalb ist es gut, dass der Senat mit dem Entwurf des Haushaltsplanes den Vorschlag gemacht hat, die Besoldung zu erhöhen, und zwar, bei kleinen Grundschulen auf A 14 und bei großen Grundschulen auf A 15 zu gehen.

Richtig ist aber auch, dass der Beschluss des Haushaltes in zwei Wochen nicht ausreicht, um das wirksam zu machen, und wir deshalb eine entsprechende Gesetzesänderung brauchen. Es ist zwar recht einfach, eine Gruppe von A 13 auf A 14 und die andere von A 14 auf A 15 zu heben. In der Sache ist es allerdings etwas komplizierter, und deshalb haben wir uns gedacht, dass es ein netter Zug von uns ist, wenn wir dem Senat ein bisschen unter die Arme greifen und helfen, den Prozess zu beschleunigen, indem wir heute ein Gesetz einbringen, das sich auch auf Verordnungen, Fußnoten und alles mögliche andere bezieht.

Die Schulleiterinnen und Schulleiter warten zu Recht darauf, dass das, was wir angekündigt haben, auch Wirklichkeit wird, und deshalb setzen wir uns sehr dafür ein, dass dieses Gesetz noch in diesem Jahr beschlossen und dann zum 1. Januar die Bezahlung entsprechend angepasst wird.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu den stellvertretenden Schulleitern und Schulleiterinnen sagen. Es ist ein durchaus zutreffendes Argument, dass man sich hätte überlegen können, beides in einem Zug zu machen. Es gibt immer viele Gründe dafür, warum man Dinge nicht macht. Es gibt vielleicht eine Sache, die man als kleinen Trost nehmen kann. Warum haben wir denn so viele unbesetzte Positionen für stellvertretende Schulleiter und Schulleiterinnen? – Das hängt damit zusammen, dass es in keiner Weise attraktiv ist, sich für eine Stellvertreterstelle zu bewerben, wenn die eigentliche Stelle, auf die

(Stefanie Remlinger)

man dann vielleicht umso leichter rücken könnte, überhaupt nicht lohnend ist. In dem Augenblick, wo wir die Attraktivität der Schulleiter- und Schulleiterinnenstelle erhöhen, erzeugen wir natürlich auch einen Kamineffekt, weil jeder Stellvertreter und jede Stellvertreterin prima Karten hat, irgendwann Schulleiter bzw. Schulleiterin in der höheren Bezahlung zu werden. Wir lösen das Problem nicht, aber wir haben zumindest einen positiven Effekt. Über die anderen Aspekte reden wir dann im Ausschuss. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Oberg! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Kittler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Besoldungsänderung ist überfällig und richtig, und sie wird von der Linksfraktion selbstverständlich unterstützt. Aber reicht das als Antwort auf eine dramatische Personalentwicklung? Nach den letzten mir bekannten Zahlen aus dem Jahr 2015 – es wurde schon mehrfach darauf abgehoben – hat in Berlin etwa jede siebte Schule keine vollständige Schulleitung. An Berliner Schulen fehlten nach Angaben des Senats im März 2015 über 120 Schulleiter und Schulleiterinnen bzw. stellvertretende Schulleiter und Schulleiterinnen. Zwei Drittel davon sind den Grundschulen zuzuordnen.

Da frage ich, was dafür die Ursache gerade in den Grundschulen ist. Ja, auch die Bezahlung! Das gilt nicht nur für die Schulleiter und Schulleiterinnen – es ist hier schon mehrfach Thema gewesen –, sondern natürlich auch für die Stellvertreterinnen und Stellvertreter. Das hätten Sie in diesem Zuge gleich mit verändern müssen. Da ist eine Anhebung der Bezüge auch für die erste und zweite Konrektorinnen- und Konrektorenstelle fällig.

[Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Wenn wir schon bei der Bezahlung sind: Bevor neu berufene Schulleiter und Schulleiterinnen überhaupt zu dieser Besoldungsgruppe, die mit der Stelle verbunden ist, kommen, müssen sie eine Bewährungszeit von eineinhalb Jahren bestehen. Und dann kommt das noch zu dem hinzu, was die Kollegin Remlinger vorhin gesagt hat: Sie machen die gleiche Arbeit wie ihre Amtskolleginnen und Amtskollegen, bekommen aber weniger Geld. Auch hier ist eine Veränderung angebracht, entsprechend der Forderung: gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Spannend bleibt außerdem, wann das Dienstrecht endlich an die Tatsache angepasst wird, dass bereits knapp die Hälfte aller Lehrkräfte angestellt sind. Ich habe hier hohe

Erwartungen an den Senat, was die kommenden Tarifverhandlungen um eine Entgeltordnung im Bund angeht.

[Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Es sei wenigstens erwähnt: Geld ist nicht alles. Viele Lehrkräfte, die gerne bereit wären, eine Funktionsstelle anzustreben, die diese auch ausfüllen könnten, scheuen davor zurück, weil sie schlicht befürchten, für die vielen Aufgaben trotz Überstunden nicht genug Zeit zu haben. Die Zumessungsrichtlinien für Ermäßigungstatbestände und die Höhe der Unterrichtsverpflichtung für die Pädagoginnen und Pädagogen mit Leitungsfunktion, besonders für die erste und zweite Konrektorin bzw. den ersten und zweiten Konrektor, gehören ebenfalls auf den Prüfstand. Letzteren wird in Abhängigkeit von der Beschäftigtenzahl eine Unterrichtsstundenabminderung zwischen drei und elf Stunden gewährt. Sollen die Schulleitungsmitglieder an den Grundschulen nicht nur das Schulmanagement führen, sondern die Qualitätsentwicklung vorantreiben und engagiert für neue Wege in der Bildung sein, brauchen sie dafür mehr Zeit und mehr Unterstützung.

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Sie sollten sich nicht tagelang auf Castings herumtreiben und mit ihren Kolleginnen und Kollegen auf Jagd nach fehlenden Lehrkräften gehen müssen. Sie sollten sich auch nicht um die Verwaltung der Mittel aus dem 7000Euro-Programm – oder zukünftig Flexi-Programm – kümmern müssen,

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

sondern dafür Personal haben, wie z. B. Verwaltungsleiterinnen und Verwaltungsleiter. Da reichen die 24 Stellen für alle öffentlichen Berliner Schulen wohl nicht aus; noch dazu wird nicht eine Grundschule daraus bedient.

Die zwei bis drei Schulleitungsmitglieder an Grundschulen sind neben den eben genannten Programmen auch noch für das Bonusprogramm und sämtliche anderen Programme, die Ganztagskoordinierung, die Organisation von Fortbildungen, Personalführung, Entwicklung von Schulprofilen etc. pp. zuständig. Nicht zuletzt sollte sich die Schulleitung auch um die vielen neuen Kolleginnen und Kollegen kümmern, von denen viele nicht auf Grundschullehramt studiert haben – einschließlich vieler Quereinsteiger/-innen –, und das, ohne dass es weitere Funktionsstellen gibt. Es gibt keine Fachleitung, keine Koordinationsstellen, egal, wie viele Schülerinnen und Schüler die Grundschule hat.

Wir werden dem Antrag also zustimmen, sehen aber dringenden weiteren Handlungsbedarf, und der besteht vor allem auch in der Angleichung der Bezahlung der Grundschullehrkräfte – ein dringendes Gebot spätestens zum Schuljahr 2017/2018, wenn die ersten Absolventinnen und Absolventen nach dem neuen Lehrkräftebildungsgesetz in die Berliner Schulen kommen.

(Lars Oberg)

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kittler! – Nun hat das Wort zu einer Zwischenbemerkung Herr Abgeordneter Oberg. – Bitte!

Herzlichen Dank! – Liebe Frau Kollegin Kittler! Ich würde gerne auf drei Punkte eingehen, die Sie hier en passant gestreift haben, die aber doch deutliche Implikationen haben. Zunächst einmal: Sie haben vollkommen recht, Bezahlung ist nicht alles. Es gibt zwei wesentliche Dinge, die Schulleiterinnen und Schulleiter in Berlin brauchen. Als Erstes brauchen sie Anerkennung für ihre enorme Arbeit, die sie leisten, und für die großen Herausforderungen. Das haben wir aktuell nicht in allen Teilen. Wir wissen, dass wir gemeinsam etwas dafür tun können, unseren Lehrerinnen und Lehrern mehr Anerkennung zu zollen, weil sie oft, das geben viele Gespräche her, das Gefühl haben, dass sie zwar viel tun, aber nicht immer so gewürdigt werden, wie sie es verdienten.

[Zuruf von Wolfgang Brauer (LINKE)]