Und ich möchte noch einen Aspekt hervorheben: Es gibt ein Gesetz auf Bundesebene: diskriminierungsfreie Vergabe. Da wird ein ganz komplexes Verfahren vorgegeben. Da wird vorgegeben, welche Kriterien das Land anlegen darf bei der Vergabe der Energienetzkonzession. Selbst wie die Unterkriterien bewertet werden müssen, wird von den Gerichten vorgegeben. Da liegen juristische Fallstricke noch und nöcher. Und dann stellt sich ein Senat hin, nach einer Senatskonferenz, und sagt: Beim Stromnetz wollen wir das Ergebnis 50/50 mit Vattenfall. – Glauben Sie, dass das diskriminierungsfreie Vergabe ist? – Ich wette, der Finanzsenator hatte, als er das bekanntgemacht hat, ein Hemd der Marke „Banana Republic“ an.
[Senator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen: Auch das ist falsch! Ein Hemd der Marke „Esprit“! Das ist der gute Geist!]
Herr Regierender Bürgermeister! Diese Enquete-Kommission hat ihren Bericht einstimmig, wie ganz wenige Enquete-Kommissionen das hinbekommen, zu 98 Prozent einstimmig gefasst. Die Empfehlungen sind extrem weitreichend, Kohleausstieg bis 2030, kein Ministerpräsident in Deutschland hat einen so weit reichenden Konsens in einer Enquete-Kommission, fraktionenübergreifend. Dieser Enquetebericht ist ein Geschenk des Parlaments an Sie und Ihren Senat. Ein solches Geschenk einfach ins Regal zu stellen und immer rauszuholen, wenn mal einer von der Enquete-Kommission vorbeikommt, der mal mitgemacht hat, das wäre sehr unhöflich. Und es wäre auch eine vertane Chance für Berlin, denn Berlin braucht Investitionen. Berlin braucht neue, regionale Wertschöpfung. Wir müssen für die Menschen, die hier zu uns kommen, langfristig auch Arbeitsplätze haben. Ich bin der festen Überzeugung, eine konsequente Klimapolitik kann ein wichtiges Standbein für eine solche Politik sein. Ich appelliere ganz dringlich an Sie: Stellen Sie diesen Enquetebericht nicht einfach ins Regal, sondern stellen Sie ihn in den Mittelpunkt einer Investitionsstrategie für Berlin. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Schäfer! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat der Herr Abgeordnete Harald Wolf. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schäfer! Sie haben in Ihrem Beitrag viel Richtiges gesagt. Aber Sie haben einiges vergessen. Deshalb will ich das gern ergänzen. – Herr Senator Geisel! Sie haben in Ihrem Beitrag gesagt, mit dem, was der Senat beschlossen hat, würde man die unternehmerische Führung in Sachen Gasnetz anstreben, wenn man 51 Prozent des Gasnetzes hat. Ich darf Sie korrigieren: Der Senatsbeschluss sagt: 25,1 Prozent in der Betreibergesellschaft. Und ich frage Sie: Wo ist die unternehmerische Führung? Bei den Assets oder in der Betreibergesellschaft? – Selbstverständlich, wenn ich antworten darf, in der Betreibergesellschaft. Sie haben keine unternehmerische Führung mit dieser Konzeption beim Gasnetz.
Zweiter Punkt: Sie machen die Rechnung ohne den Wirt. Wer kommt denn auf die Idee, dass Vattenfall, die gerade mit Engie einen Konsortialvertrag geschlossen haben, der zwei Ziele verfolgt, nämlich erstens die Verhandlungsposition gegenüber dem Land Berlin zu stärken, und zweitens den Wettbewerber Eon aus dem Berliner Markt zu drängen, wie kommen Sie auf die Idee, dass es eine Bereitschaft von Vattenfall gäbe, Ihnen eine industrielle Partnerschaft mit Eon zu ermöglichen und damit einem Wettbewerber eine Eintrittskarte zu besorgen? Ich sage Ihnen, das Gegenteil wird passieren. Die werden alles
tun, um den Markteintritt von Eon über die GASAG zu blockieren. Auch an dieser Stelle machen Sie wieder eine Rechnung ohne den Wirt, und das wird nicht funktionieren.
Und dann haben Sie die vage Hoffnung formuliert für das obskure Jahr 2023, von dem mir bisher keiner hat erklären können, wie das zustande gekommen ist,
auf jeden Fall ein mystisches Werk, vermute ich. Jedenfalls hat mir niemand erklären können, wie dieses Jahr zustande kommt,
Ich bin absolut sicher, Vattenfall wird Ihnen keine CallOption auf einseitiges Verlangen einräumen, das ist doch absolut klar. Damit ist das alles Makulatur. Es ist noch nicht einmal ein Zwischenschritt zur Rekommunalisierung, sondern das sichert Vattenfall hier für die nächste Zeit in der Partnerschaft mit dem Land Berlin den Netzbetrieb, damit sie das Netz auch weiterhin bekommen. Dann werden sie irgendwann aussteigen, aber das entscheidet Vattenfall und nicht das Land Berlin. Das ist der Fehler in dieser gesamten Konstruktion.
Vielen Dank! – Herr Schäfer! Möchten Sie erwidern? – Sie verzichten, ich verstehe. Dann hat nun für die Piratenfraktion Herr Mayer das Wort. – Bitte!
Schade, Herr Geisel, dass Sie leider keine Antwort auf viele der wichtigen Fragen, die ich gestellt habe, geben konnten.
Aber noch einmal zu den Verhandlungen: Sie gehören zu den absurdesten Verhandlungen, die ich je erlebt habe. Normalerweise geht man in Verhandlungen mit einem Verhandlungsziel, das ein Maximalziel ist. Jetzt scheint es hier weder ein Mindestziel noch ein Maximalziel zu sein, sondern es ist das genaue Ziel. Da frage ich mich, warum überhaupt verhandelt werden soll, wenn es sowohl ein Minimal- als auch ein Maximalziel an dieser Stelle ist.
Und die Verhandlungen werden von der SPD interpretiert als Einstieg in den Ausstieg der Privaten, während ich keine Ahnung habe, wie sie die CDU interpretiert, außer dass sie irgendwie gewonnen hat, wovon wir uns aber leider auch nicht allzu viel kaufen können. Ich appelliere jetzt einfach an Sie: Führen Sie jetzt einfach dieses Lizenzverfahren zu Ende, wie auch immer! Sorgen Sie für Investitionssicherheit, für wen auch immer! Und insbesondere: Vergessen Sie nicht, dass es noch einen Akteur namens Bürger-Energie in dieser ganzen Gemengelage gibt, mit dem Sie mit Sicherheit, wenn sie ihn nicht einbeziehen, nicht den Zustand erreichen, den Sie hier an dieser Stelle anstreben! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Mayer! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.
Der Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin – Zukunft der energiewirtschaftlichen Strukturen“ wurde vorgelegt, zur Kenntnis genommen und besprochen. An dieser Stelle sei allen am Zustandekommen des Berichts Beteiligten noch einmal im Namen des gesamten Hauses mein Dank ausgesprochen.
Zu dem Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2535 wird die Überweisung federführend an den Hauptausschuss und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Die Wortmeldungen beginnen wie immer in zwei Runden nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung an den Senat. Das Verfahren ist Ihnen bekannt. Die erste Frage steht der Fraktion der SPD zu. Das Wort hat Frau Dr. West. – Bitte!
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage den Senat: Seit wann hat der Senat Kenntnis von dem Portal www.buergeramt-termine.de, über das man kostenpflichtige Termine für die Berliner Bürgerämter buchen kann? Und wie steht er zu diesem Angebot?
[Steffen Zillich (LINKE): Der Staatssekretär, wenn ich den Vorschlag machen darf, die Sportler sind ja nicht da!]
Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete West! Ja, der Senat hat Kenntnis von diesem Portal. Wir bewerten das bekanntermaßen sehr kritisch und werden das einer sehr genauen Prüfung unterziehen.
[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Wann denn? – Uwe Doering (LINKE): Passiert noch mal was nach ein paar Jahren? Nächste Wahlperiode?]
Ich finde es gut, dass der Senat das kritisch sieht, allerdings möchte ich dann noch etwas fragen. Es ist ja so, dass es nach einem Algorithmus funktioniert, sprich ein Computerprogramm organisiert, dass dort Menschen Termine bekommen. Warum ist es nicht möglich, ein solches Computerprogramm mit einem solchen Algorithmus auch öffentlich zur Verfügung zu stellen?
[Beifall bei der SPD und den PIRATEN – Uwe Doering (LINKE): Schafft mal Termine, das wäre die Frage!]
Möglich ist so etwas natürlich. Der Kollege Statzkowski hat gestern angekündigt, dass die Fragestellung des Terminhandels und aller weiterer Dinge in diesem Zusammenhang jetzt zeitnah bearbeitet werden und dann eine hoffentlich zufriedenstellende Lösung gefunden wird.