Protocol of the Session on September 24, 2015

[Martin Delius (PIRATEN): Der ist gerade nicht da!]

Gut! Dann lasse ich das mal so zu. Weil Sie es sind, Herr Kollege Delius!

Vielen Dank! – Da ich die Zwischenfrage leider nicht stellen konnte: Bei dem Vergleich, Herr Gelbhaar – Herr Kreins,

[Heiterkeit bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

mit dem Platz 30 von 38 ging es auch um größere Städte, die durchaus mit Berlin vergleichbar sind. Darauf abzustellen, dass sich das nur auf kleine Städte bezieht, wo die Radverkehrsinfrastruktur nicht mit Berlin zu vergleichen ist, ist Quatsch.

Zweitens haben Sie den Antrag nicht gelesen – so kam es mir vor. Es geht da nicht nur um einen Radverkehrsbeauftragten, sondern es geht noch um mehr. So ist der Titel „Radverkehrsförderung neu organisieren“, und genau darum wird es gehen müssen; denn das, was Sie beschrieben haben und was wünschenswert wäre, dass es eine integrative Aufgabe ist, die von allen Verkehrsplanern ausreichend berücksichtigt werden sollte, funktioniert ganz offensichtlich nicht so. Oder wie kann es sein, dass man im Hauptausschuss zu bestimmten Kreuzungen die Aussage bekommt, dass in einem Notprogramm oder ganz zum Ende hin noch die Hälfte an Radverkehrsanlagen eingerichtet und gebaut wurde, die andere Hälfte aber nicht, weil es dann hieß, das Geld sei zu Ende gewesen, und das sei auch zu spät geplant worden – wie können dann solche Unfälle passieren? Genau so etwas soll eben dann nicht mehr passieren, wenn es die entsprechenden Maßnahmen gibt, die wir in unserem Antrag fordern. Insofern würde ich bitten, ihn auch komplett zu lesen. Ich freue mich dann aber durchaus auch noch mal auf Ihre konstruktiven Vorschläge im Ausschuss, wie die gerade beschriebenen Missstände behoben werden können. – Danke!

[Beifall bei den PIRATEN – Zuruf von Martin Delius (PIRATEN)]

So, Kollege Kreins, Sie haben die Gelegenheit zu replizieren!

Vielen Dank! – Das waren zwei Punkte. Erstens: Sie haben Berlin mit kleineren Städten verglichen.

[Martin Delius (PIRATEN) und Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Wien?]

Ja, Wien! Entschuldigen Sie mal! Berlin und Wien, das sind Verhältnisse – – Der Großteil der Städte, die dort verglichen worden sind, sind kleinere bundesdeutsche Städte. Tun Sie doch nicht so, als hätte man Berlin mit größeren Städten wie Paris, New York, London oder Wien verglichen, wenn Wien die einzige Ausnahme ist.

[Andreas Baum (PIRATEN): Sind Sie mit Platz 30 zufrieden?]

Natürlich sind wir nicht zufrieden. Wir haben ja auch eine sehr vernünftige Verkehrsstrategie.

Das Zweite, das ist ein sehr famoser Hinweis. Halten wir es doch mal fest! In Ihrem Antrag steht oben als Thema: „Fahrradbeauftragte/-r“. Der zweite Punkt Ihres Antrags und der vierte Punkte beschäftigen sich mit den Radverkehrsbeauftragten. Redet man über Radverkehrsbeauftragte, halten Sie dagegen: Sie haben den Antrag wohl nicht gelesen! – Herr Kollege! Vielleicht haben Sie Ihren eigenen Antrag nicht gelesen.

[Andreas Baum (PIRATEN): Sie haben alles weggelassen!]

Danke schön! – Aber jetzt erteile ich dem Kollegen Gelbhaar das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Täglich steigen die Berliner und Berlinerinnen 1,5 Millionen Mal auf das Fahrrad. In manchen Stadtteilen liegt der Anteil bei über 25 Prozent.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): So schön ist das hier! – Zuruf von Andreas Baum (PIRATEN)]

Deswegen sagt Herr Kreins: Ist doch alles super. – Ich habe da eine andere Wahrnehmung: kaputte Radwege; Unfälle; verpassen, das Leihfahrradsystem ordentlich auszuschreiben; und, und, und. Ich sage es mal so: Dem Radverkehr müsste sich ein Senat, wenn er auf der Höhe der Zeit wäre, mit Herzblut widmen.

[Zurufe von der SPD]

Wir wollen, dass Berlin sich endlich aufmacht, um eine fahrradgerechte Stadt zu werden, in der man zügig und sicher ans Ziel kommt.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Bislang hat Radverkehrsinfrastruktur in der Berliner Politik aber keine Priorität. Und wenn Sie das nicht glauben, Herr Kreins, dann frage ich Sie: Warum äußert sich der Justizsenator nunmehr zum Thema Radverkehr und will Verkehrsinfrastruktur künftig aus Werbung finanzieren? Das könnte man für einen Witz halten, ist aber nur ein Irrwitz.

[Zurufe von den PIRATEN]

Um auf das Beispiel noch eins draufzugeben: Auch der Innensenator äußert sich jetzt zum Thema Radverkehr, und zwar zum Thema Ampelführung für Fahrradfahrer. Er nennt die Idaho-Regelung, die in anderen Ländern aus guten Gründen geübte Praxis ist, abwegig und zynisch. Jedenfalls scheint nicht nur in Sachen Tierschutz die Zuständigkeit im Senat ziemlich unklar.

Eins wird jedenfalls deutlich: Das Thema liegt im Senat brach. Keiner kümmert sich ernsthaft. Ganz ehrlich: Das geht gar nicht, das muss sich unbedingt ändern.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Aber woran liegt das? Die Zuständigkeit ist klar, das ist Verkehrssenator Geisel, und das ist sein Staatssekretär Gaebler. Der Letztgenannte hat sich in einem Interview

vor über einem Jahr selbst zum Fahrradbeauftragten gekrönt. Passiert ist seitdem wenig bis nichts.

Auch das glauben Sie nicht? Dann frage ich Sie wiederum: Was folgte denn z. B. aus der Umfrage zur Verkehrssicherheit? Da hat der Kollege Baum nachgefragt: nichts, es war eine sinnlose Veranstaltung, die Geld gekostet hat. Oder: Was folgte aus dem für gutes Geld erstellten Leitfaden für Sicherheit an Kreuzungen? Das ist ein super Leitfaden gewesen, aber was folgte daraus? – Ebenfalls nichts. Und Herr Senator Geisel hat auf eine Anfrage von mir geantwortet: Das bleibt auch so.

Wir sehen, dass da zu wenig passiert, dass wir keinen Fahrradbeauftragten haben. – Ja, Sie wedeln mit Papier. Ich will nicht Papier sehen, ich will Ihre Taten sehen, ich will es auf der Straße nachvollziehen können, und da passiert nichts.

[Andreas Otto (GRÜNE): Papierbeauftragter!]

Wir hatten mal einen unabhängigen Fahrradbeauftragten, und den haben Sie – nicht Sie, Herr Geisel, sondern Ihr Vorgänger – abgeschafft, der fiel weg. Der hat immer mal wieder den Finger in die Wunde gelegt, und das war gut.

[Alexander Spies (PIRATEN): Deshalb fiel er auch weg!]

Deswegen haben wir vor Jahren schon gesagt: So was muss man haben, einen unabhängigen Fahrradbeauftragten.

Deswegen macht der heute zu beratende Antrag auch durchaus einen Punkt. Die Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer haben immer noch keine Vertretung in der Senatsverkehrsverwaltung. Es fehlt an Personal, das sich ernsthaft um die Interessen der ständig wachsenden Gruppe der Radfahrerinnen und Radfahrer kümmert. Auch das muss sich dringend ändern.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Nun könnte man sagen: Sollen die doch einfach ein bisschen mehr Geld bekommen, dann wird das schon! – Nein, das stimmt nicht, wir brauchen in den Senats- wie auch in den Bezirksverwaltungen endlich Personal, das das Thema Radverkehr voranbringt und die Infrastruktur in die Hand nimmt.

Was ist zu tun? – Wir haben 1 500 km Hauptverkehrsstraßen in Berlin, und nur ca. 600 km sind mit Radverkehrsanlagen ausgestattet. Für dieses Jahr hat uns der Senator noch 20 km weitere Radverkehrsanlagen versprochen. – Herr Senator Geisel! Das sind 10 km Straße, wenn man das richtig rechnet, die dann zusätzlich ausgestattet werden. Ich rechne Ihnen das immer gerne vor. Bei dem Tempo haben wir noch viele Jahrzehnte zu bauen, und dann – im Jahr 2093 nach meiner Rechnung – haben wir in allen Hauptverkehrsstraßen in Berlin Radverkehrsanlagen. Respekt!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Martin Delius (PIRATEN): Wow! – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Das 22. Jahrhundert kann kommen!]

Mit Verlaub, Herr Senator, ich finde das ziemlich schmählich.

Deswegen muss hier wirklich etwas passieren. Wir brauchen mehr Personal, dann passiert es vielleicht auch nicht, dass Sie die Ausschreibung des Leihfahrradsystems vergessen. Wir müssen auch endlich die Unfallschwerpunkte an Kreuzungen angehen, Abstellanlagen bauen, Förderprogramme des Bundes und der EU nutzen, Radverkehrszählungen durchführen und die Verkehrslenkung ordentlich aufstellen, für eine grüne Welle für den Radverkehr etwa.

Das passiert alles nicht. Alles ist viel zu wenig. Gerade bei der VLB sage ich Ihnen auch: Es reicht nicht, dort den Chef auszutauschen. Dort müssen Sie eine Prioritätensetzung vornehmen. Die müssen Sie leisten, die Prioritätensetzung für einen besseren Radverkehr.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wir werden in den Haushaltsberatungen – da gehört es hin – unsere Vorstellungen noch mal klar darlegen. Wir fordern jedenfalls auch, in der Senatsverkehrsverwaltung wie auch in den Bezirksverwaltungen mehr Personal für den Radverkehr zur Verfügung zu stellen. Und wir sind da nicht allein. Auch der ADFC hat da ein gutes Konzept vorgelegt, das man zu beachten hat, und deswegen möchte ich die SPD wie auch die CDU auffordern, mit eigenen Vorschlägen zur Verbesserung der personellen Ausstattung wie auch der Investitionsmittel beizutragen, denn der Senat hat dieses bislang versäumt. Wenn Sie das aber nicht tun, dann sollten Sie zumindest die Vorschläge der Opposition offen und ernsthaft prüfen und nicht nur, wie es viel zu häufig passiert, ablehnen, weil sie halt von der Opposition kommen. Das, glaube ich, wäre der falsche Weg. Ich möchte noch einmal Herrn Geisel zitieren:

Weitere 900 000 Wege können ohne Weiteres noch vom Auto auf das Rad verlagert werden.

So sagten Sie im Mai hier an diesem Ort. Das passiert aber eben nicht von allein. Die Worte sind gesprochen. Jetzt müssen die Taten folgen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Kollege Gelbhaar! – Die CDU-Fraktion hat als Redner den Kollegen Friederici benannt, und ihm erteile ich jetzt das Wort. – Bitte schön!

[Benedikt Lux (GRÜNE): Der Fahrradexperte!]

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Aufregung scheint doch irgendwie etwas mit parteiinternen Nominierungen zu tun zu haben – bei diesen Oppositionsparteien hier –, gerade, was wir eben hören mussten.