Dass die Eigenkapitalerhöhung bei den Wohnungsbaugesellschaften für mehr Sozialwohnungen ist, sehen wir genauso wie die Initiative. Oder dass wir das Programm 400 000 kommunale Wohnungen bis 2025 nicht haben wollen, das ist völlig richtige Politik! – Das kritisieren Sie. Oder mehr Neubauförderung oder die effektiven Mieterbeiräte oder den Mieterschutz durch weitere bundesrechtliche Verbesserungen ausbauen:
Insofern: Wir nutzen alles, was Berlin machen kann, und da behaupten Sie hier, wir würden nichts machen. Insofern, Frau Schmidberger, ist das alles nur Show, was Sie hier machen und nichts anderes!
Deshalb noch einmal: Gespräche werden geführt, und das finden wir sehr gut, weil wir viele Punkte aus dem Volksentscheid völlig richtig finden. – Herzlichen Dank!
Schlagabtausch jetzt muss man die Hoffnung wohl etwas herunterschrauben, dass wir uns hier in breiter politischer Koalition auf Ziele einigen können, die dieser Volksentscheid hat.
Im Übrigen ist mir auch kein Zehn-Punkte-Programm von Senator Geisel bekannt. Ich habe mal einen Zettel mit zehn Spiegelstrichen aus dem SPD-Landesvorstand gesehen. Mehr weiß ich darüber nicht.
Der rasante Erfolg der ersten Stufe des Mietenvolksbegehrens sorgt für Unruhe im Senat und vor allem bei der SPD. Das war heute deutlich zu hören. Nicht nur der Denkzettel von Tempelhof, auch die scharfe Kritik an der Wohnungspolitik wirkt nach, und sie tun auch weh. Dabei ist unübersehbar: Die Wohnungsfrage in Berlin spitzt sich zu. Gegenmaßnahmen haben Senat und Koalition zwar ergriffen, aber nur zögerlich, zu spät und wichtige gar nicht. Und was entscheidend ist: Weder die überdurchschnittlichen Mietsteigerungen sind dadurch verhindert worden noch ist ausreichend bezahlbarer Wohnraum in Sicht. Das können selbst Sie; Frau Spranger, nicht bestreiten. Deshalb kommt das Mietenvolksbegehren zur richtigen Zeit.
Die Wohnraumversorgung in Berlin ist an einem sehr kritischen Punkt angelangt. Die letzten Leerstandsreserven sind de facto aufgebraucht, Bestandsmieten und noch stärker Wiedervermietung zu Neuvertragsmieten steigen, und die viel gepriesene Mietpreisbremse wird in Berlin so wenig Wirkung entfalten wie andernorts. Wirkungsvoller als jede Bremse wäre dagegen – Zitat – ein Tempolimit der Immobilienverwertung – Zitatende –, wie es der Stadtforscher André Holm auf den Punkt gebracht hat.
Auch bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften steigen die Mieten, teils durch zweifelhafte Modernisierungsmaßnahmen, gegen die sich Mieterprotest formiert. Echte Teilhabe und Mitsprache von Mieterinnen und Mietern sind auch bei den Städtischen Illusionen – und ich erinnere Sie daran, die SPD hat seit Jahren verhindert, dass Mieterbeiräte eine tragfähigere Grundlage bekommen.
Etliche Mieterbeiräte fristen ein Schattendasein, Mitentscheidung bei den Städtischen: Fehlanzeige. Der soziale Wohnungsbau wird seiner Aufgabe schon seit Langem nicht mehr gerecht und er reicht bei Weitem nicht für den Bedarf in Berlin. Zudem steigen dort die Mieten besonders stark.
Alles in allem sind die Aussichten für eine sozial ausgewogene Stadtentwicklung desaströs. Absehbar kommt es zu noch mehr Verdrängung, müssen Menschen auf zu engem Raum wohnen, sind Mieterinnen und Mieter leichter der Willkür von Vermietern und Eigentümern ausgesetzt, steigt die Wohnungslosigkeit, müssen zu hohe Mieten aus dem Regelsatz von Hartz IV und aus kleinen Einkommen bezahlt werden, bleibt immer weniger Geld zum Leben und für Teilhabe übrig. Und in dieser Lage trifft das Mietenvolksbegehren den Nerv der Zeit und ist Ausdruck realer Ängste vieler Berlinerinnen und Berliner.
Deshalb ist den Initiatorinnen und Initiatoren für ihr Engagement zu danken. Es ist gut, dass Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt die direkte Demokratie nutzen, um etabliertes politisches Handeln zu korrigieren. Das ist gut für Berlin und gut für die Demokratie.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]
Das Mietenvolksbegehren unterbreitet konkrete Vorschläge für mehr bezahlbaren Wohnraum, und zwar für den Bereich des alten sozialen Wohnungsbaus, bei den Städtischen und mittels einer verstärkten und neu ausgerichteten Wohnraumförderung. Das ist alles gut und richtig, auch wenn im Detail Klarstellungen und flankierende Maßnahmen erforderlich sind. Es ist auch unbestritten, dass damit nicht alle Wohnungsprobleme gelöst werden können. Es muss aber ein Anfang gemacht werden, und zwar dort, wo Berlin etwas bewegen kann. Und das hat der Senat bisher versäumt.
Das Mietenvolksbegehren erteilt der bisherigen wohnungspolitischen Strategie des Senats eine klare Absage, und das zu Recht. Wozu sollen denn Vereinbarungen mit den eigenen Wohnungsbaugesellschaften gut sein, wenn sie nicht zu tragbaren Miethöhen im Bestand und Neubau und zu mehr bezahlbaren Wohnungen führen? Die neu aufgelegte Förderung, die Sie jetzt erhöhen wollen, reicht aktuell gerade mal für 1 000 Wohnungen, und schon die Anfangsmieten sind zu hoch für die meisten Berlinerinnen und Berliner. Für den alten sozialen Wohnungsbau gibt es immer noch kein Konzept. Dabei liegt das Gutachten zur Evaluierung seit mittlerweile zwei Jahren vor. Und in der denkwürdigen Expertenrunde im letzten Frühjahr hat der Senat noch mal klargestellt, dass er das Gesetz nicht anzufassen gedenkt. Er will stattdessen Sozialmieten erst ab 6 Euro nettokalt individuell subventio
nieren. Passiert ist aber noch nichts. Und schließlich gibt es eine AV Wohnen, bei der bereits jetzt klar ist, dass die leicht angehobenen Richtwerte auch nicht ausreichen werden. Das ist keine gute Zwischenbilanz für einen Senat, der sich die Wohnungspolitik ganz oben auf die Agenda geschrieben hat.
Und wie reagiert er in dieser heiklen Lage? – Er wehrt das Mietenvolksbegehren ab, er macht es klein, er redet es schlecht, er droht mit horrenden Kosten, und er schürt Angst. Er macht eine eigene, nicht nachvollziehbare Kostenschätzung und droht mit allen möglichen Einsparungen als mögliche Konsequenz. Die SPD, wohlgemerkt ehrenamtlich, schreibt einen Zehn-Punkte-Plan, der außer Stichworten, Gemeinplätzen und bereits beschlossenen Vorhaben nichts enthält. Von der CDU ist wie immer nichts zu hören. Unzuständige Senatoren machen sich über die Vereinbarkeit des Volksbegehrens mit der Verfassung Gedanken. Dabei wurde die Frage, ob ein Volksbegehren die Haushaltshoheit des Parlaments berühren darf, bereits 2009 vom Landesverfassungsgericht geklärt. Deshalb verlangen wir vom Senat einen anderen Umgang mit dieser Initiative.
Er soll sich zu den Vorschlägen konkret und seriös äußern. Er soll schnell entscheiden, ob er die aktuellen Änderungen für zulässig hält. Hier ist konkret Innensenator Henkel gefragt. Tricksen und Zeitschinden wie bei Oeynhausen werden wir ihm nicht durchgehen lassen. Hier und heute soll der Senat sagen, ob, warum und wann er das Landesverfassungsgericht anrufen wird.
Im Übrigen wird niemand den Senat davon abhalten, schon jetzt Schritte in die richtige Richtung zu gehen und damit auf die Initiative zuzugehen. Wir brauchen, darüber besteht doch Einigkeit, Weichenstellungen für Mietsenkungen im alten sozialen Wohnungsbau. Diese 130 000 verbliebenen Sozialwohnungen sind ein wichtiges Segment. Es muss der Grundsatz gelten: nicht mehr als 30 Prozent des verfügbaren Einkommens, und zwar für die Bruttowarmmiete. Da müssen wir an die systembedingt überhöhten Kostenmieten und Betriebskosten und vor allem an die Phantasierenditen der Eigentümer ran. Das erwähnte Gutachten von Freshfields bietet hier rechtssichere Ansätze, die der Senat endlich aufgreifen muss.
Daneben sind die städtischen Wohnungsunternehmen ein wichtiges Element des Mietenvolksbegehrens. Bislang
agieren sie vielfach und notgedrungen ausschließlich marktkonform. Sie sind weiterhin auf Rendite verpflichtet und erhalten keine finanzielle Unterstützung vom Land für eine soziale Wohnraumversorgung, auch wenn Frau Spranger heute erfreulicherweise etwas anderes angekündigt hat, aber für die Zukunft, aktuell ist es nicht so. Wir schlagen schon seit Langem eine kontinuierliche Stärkung des Eigenkapitals vor, die wir eben an eine soziale Ausrichtung und die Ausweitung der städtischen Bestände koppeln wollen.
Und hier sind wir sehr nah bei den Vorschlägen des Mietenvolksbegehrens. Gerade auch in der Demokratisierung der städtischen Unternehmen liegt aus unserer Sicht eine Stärke des Mietenvolksbegehrens. Die Beteiligung der Mieterschaft muss endlich modernen Ansprüchen an eine demokratische Partizipationskultur genügen, und das tut sie eben heute nicht. Wir können uns auch die Beibehaltung der bisherigen Rechtsform vorstellen, keine Frage. Wir halten aber die Privatisierungsbremse und die Demokratisierung für einen wichtigen Bestandteil dieser Initiative.
Die Förderung von Neubau und Modernisierung ist ein weiterer wesentlicher Baustein des Konzepts. Die Linksfraktion hat auch dazu bereits einen Antrag eingebracht, und wir haben den Senat aufgefordert, nicht nur den Neubau, sondern auch den Bestand zu fördern. Dadurch könnten mit gleichem Geld mehr bezahlbare Wohnungen garantiert und geschaffen werden als durch eine reine Neubauförderung.
Fazit: Wir erwarten vom Senat und von der Koalition, dass sie keine weiteren taktischen Tricks anwenden. Gefragt ist stattdessen eine Kultur des ernsthaften Dialogs und vor allem entschlossenes Handeln. Wir warnen den Senat ausdrücklich vor einer zeitlichen Verschleppung, um sich über den Wahltermin im Herbst 2016 eventuell retten zu wollen. Wir fordern Senat und Koalition auf, zügig den Weg für die zweite Stufe des Volksbegehrens freizumachen und eine politische Lösung mit der Initiative zu suchen. Genau das erwarten auch die Stadtgesellschaft und die über 40 000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner. Und das braucht die Mieterstadt Berlin. – Vielen Dank!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! In der Tat zielt das Thema Mietenvolksbegehren auf einen Bereich ab, günstige Mieten, den wir, glaube ich, alle hier im Abgeordnetenhaus erreichen wollen und wozu die Koalition in den letzten drei Jahren einiges beigetragen hat. Wir waren es als Koalition, die das Thema Mieterschutz ganz nach vorne gestellt haben. Wir waren es als Koalition, die ganz deutlich gemacht haben: Wir brauchen wieder eine Neubauförderung. Und wir waren es als Koalition, die deutlich gemacht haben: Wir müssen Neubau ermöglichen, denn jedes Jahr kommen 40 000 Menschen neu in diese Stadt. Das haben wir getan. Wir haben gehandelt und nicht einfach nur gelabert.