Protocol of the Session on June 25, 2015

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Werte Frau Lompscher! Ich finde es ja ganz toll, dass Sie jetzt hier alles Mögliche erzählen. Sie hatten zehn Jahre Zeit, daran mitzuarbeiten. Was haben Sie getan? Sie haben mehrere Zehntausend Wohnungen privatisiert. Sie haben die Förderung aufgekündigt. Sie haben dafür gesorgt, dass die Mieten in einigen Bereichen steigen. Sie haben das alles getan und haben jetzt nichts anderes vor, als uns das vorzuhalten. Das ist erbärmlich!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Iris Spranger (SPD)]

Sie haben auch noch auf den letzten Metern der letzten Legislaturperiode ein Wohnraumgesetz durchgepaukt. Ich frage mich: Was haben Sie denn da getan, dass auf einmal drei Jahre später das alles Makulatur ist? Das ist schon sehr verwunderlich. Ihre Position ist, glaube ich, eher opportunistisch und getrieben von dem Jahr 2016 als an der Sache orientiert. Das ist der Unterschied. Wir haben drei Jahre lang für die Mieterinnen und Mieter in dieser Stadt gearbeitet – mit respektablem Ergebnis, wie Frau Spranger vorhin sehr deutlich gesagt hat.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

In unserer Zeit haben wir den Mieterschutz auf das maximal Mögliche ausgeweitet, was in Deutschland geht. Wir haben vom ersten Tag der Mietpreisbremse an diese umgesetzt. Wir haben den weitestmöglichen Kündigungsschutz in umgewandelten Wohnungen. Wir haben wieder eine Wohnraumförderung mit viel Aufwand gemeinsam im Haushalt installiert. Und wir haben städtebauliche Verträge realisiert, wo wir die Privaten bei der Schaffung von sozialem Wohnraum mit beteiligen. Und die wichtigste Botschaft: In Berlin wird wieder gebaut. Das ist für die Menschen wichtig. Denn ohne neue Wohnungen kriegen wir keine effektive Entlastung am Markt. Jede neue Wohnung ist eine gute neue Wohnung, denn die nächsten Jahre werden mehr Berlinerinnen und Berliner herkommen. Und das bedeutet, wir müssen dort entlasten.

[Zuruf von den GRÜNEN: Bezahlbar!]

Ja, auch bezahlbaren Wohnraum. 6,50 Euro nenne ich bezahlbaren Wohnraum. Wenn Sie die Betriebskosten bei neuen Wohnungen betrachten, kommen Sie auf Warmmieten, die durchaus bezahlbar sind und die sogar fast noch mit der KdU erreichbar sind. Ich glaube, das ist sehr ordentlich und das ist eine sehr vernünftige Politik im Bereich der Neubauermöglichung.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Kommen wir nun zu der Initiative. Wir hatten ja gestern eine interessante Erörterung im Abgeordnetenhaus, im Hauptausschuss. Natürlich stand im Mittelpunkt das Thema Kostenschätzung. Herr Geisel hat eine sehr valide Kostenschätzung in Höhe von 3,3 Milliarden Euro vorgelegt. Die Diskussion, die wir gestern im Hauptausschuss hatten, führte am Ende dazu, dass die Initiative sich wieder mal sagen musste, nach dem ersten Verrechnen, wo sich die Kosten verdoppelt haben: Ach, wir haben uns wieder verrechnet, sie haben sich wieder verdoppelt. Und dann kam der Satz des Tages: Die eine oder andere Milliarde mehr, das interessiert den Bürger doch nicht wirklich. – Ich glaube, alle hier im Haus wissen ganz genau: die eine oder andere Milliarde mehr im Haushalt, da würden viele Haushälter lange im Hauptausschuss noch mehr Stunden sitzen, wenn sie die bewegen könnten. Das sind relevante Größenordnungen für die Berlinerinnen und Berliner.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Der Finanzsenator hat es sehr plastisch dargestellt:

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

700 Millionen Euro sind das im Jahr – für Kitas, für Schulen. Oder anders ausgedrückt: Das ist der Kulturetat!

[Christopher Lauer (PIRATEN): Nee, das ist nicht der Kulturetat!]

Das muss man natürlich auch einmal abwägen.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Das ist falsch!]

Wir im Parlament sind dafür da, diese Abwägung vorzunehmen und das Geld nicht nur einem Politikfeld zuzusprechen, sondern es vernünftig über die gesamten Bereiche der Stadt zu verteilen.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Christopher Lauer (PIRATEN): Sie können nicht rechnen! – Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Sehr geehrte Grüne! Sehr geehrte Frau Schmidberger! Sie haben das Thema angemeldet und viele nette Sätze dazu gesagt. Am Ende habe ich mich aber gefragt: Haben Sie da nun unterschrieben, oder haben Sie nicht unterschrieben?

[Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE)]

Wie ist denn Ihre Position? Wie stehen Sie denn zu den 3,3 Milliarden Euro?

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Wie lautet denn Ihr Vorschlag zur Gegenfinanzierung? Ich habe nichts dazu gehört. Sie können doch hier nicht rausgehen, ohne Farbe zu bekennen!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zillich?

Nein, keine Zwischenfragen! – Zum Gesetz: Wir haben gestern bei der Anhörung sehr deutlich gemerkt, das Gesetz ist komplex.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Ach! – Zurufe von Ramona Pop (GRÜNE) und Benedikt Lux (GRÜNE) Es ist sogar so komplex, dass Herr Kuhnert und Herr Taheri, die das ja gemeinsam geschrieben haben, sich permanent darin verlaufen, weil sie den Unterschied zwischen ihren Gesetzesbuchstaben, der Begründung und ihren Presseerklärungen nicht kennen. So etwas kann man doch nicht einfach hinnehmen und akzeptieren. Und dann kam auf einmal noch der Ausspruch: Huch, eine Milliarde mehr oder weniger! – In dem Bereich muss, glaube ich, schon noch deutlich nachgearbeitet werden. Das ist relativ schwierig und relativ unseriös. [Martin Delius (PIRATEN): Warum schreien Sie denn so, Herr Brauner? – Christopher Lauer (PIRATEN): Weil ihm sonst keiner zuhören würde!]

Deswegen haben wir deutliche Bedenken, was das Thema Verfassungskonformität im Bereich der Schuldenbremse angeht. Wir haben hier ein Volumen in Milliardengrößenordnung – allein für die ersten fünf Jahre jedes Jahr 700 Millionen Euro. Wir fragen uns auch: Ist das Gesetz in seiner Komplexität im Bereich des Kopplungsverbots überhaupt kompatibel? Wir fragen uns natürlich auch: Passt das überhaupt zum Budgetrecht, wenn man mal so nebenbei den Kulturetat oder die kostenlose Kita ausradiert?

[Christopher Lauer (PIRATEN): Ach, das ist doch Quatsch!]

Das sind alles Fragen, die wir uns stellen und die in der Tat zu bedenken sind.

Und dann kommen wir zu der wohnungspolitischen Komponente. Dazu haben ich und vorhin auch die Kollegin Spranger gesagt, dass wir alles schon erreicht haben. Vieles davon wäre danach gar nicht mehr möglich. Es wäre nicht mehr möglich, städtebauliche Verträge abzuschließen, weil das Geld nicht mehr da ist. Es wäre nicht mehr möglich, Private am Bau von Sozialwohnungen zu

beteiligen, wie es jetzt vorgesehen ist und von uns eingeführt wurde.

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Das halte ich für sehr schwierig, und am Ende ist es der Stadt nicht dienlich.

Das Nächste ist das Thema mietpreisdämpfende Funktion der städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Auch hier besteht Konsens im Hause. Wir haben gesagt, wir wollen den Bestand sukzessive erhöhen. Wir sind jetzt bei 300 000, die Zielmarke wird deutlich darüber liegen. Die Wirkung der Mietpreisdämpfung wird sich mit Umsetzung dieses Volksbegehrens erübrigt haben, weil diese Wohnungen leider aus dem Mietspiegel fallen. Ich kann Ihnen sagen, was der Mietspiegel bei der nächsten Veröffentlichung machen wird: Der wird aussehen wie die Eiger Nordwand – steil nach oben gehen. Das ist nicht das, was wir wollen, und das ist auch nicht das, was Sie wollen. Wir wollen berechenbare Mieten für die Berlinerinnen und Berliner. Es kann nicht sein, dass für 120 000 Wohnungen die anderen 1,5 Millionen Wohnungen am Ende deutlich mehr Miete kosten als jetzt. Das ist nicht sozial, das ist keine soziale Gerechtigkeit, und das ist auch keine soziale Wohnungspolitik für Berlin.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Und dann kommt noch ein Punkt hinzu, da ist die Volksinitiative gestern jeglichen Kommentar, jegliche Stellungnahme schuldig geblieben, da war sogar, würde ich sagen, Nichtwissen erkennbar. Wir führen damit die unbegrenzte Haftung des Landes Berlin für die Wohnungsunternehmen ein. Vielleicht sollten Sie mal einen Blick in die Bilanzen werfen, da stehen nicht 1 Milliarde Euro, nicht 3 Milliarden Euro, da steht vielmehr eine nette zweistellige Milliardenzahl als Schulden. Ich frage mich, wie das Land Berlin diese unbegrenzte Haftung in Zeiten der Schuldenbremse meistern soll. Ich frage mich, was da noch alles gestrichen werden muss. Ich frage mich: Wie funktioniert es dann mit dem Aufbau der städtischen Wohnungsbestände?

[Zuruf von Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN)]

Jeder, der das mitfinanziert, wird natürlich sagen: Ich hätte gern die Bürgschaft des Landes Berlin. – Dann wird unsere Politik hier sehr schwierig.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Dazu hat die Volksinitiative keinen Satz gesagt. Man musste sogar den Eindruck gewinnen, sie würden ihren eigenen Gesetzesvorschlag nicht kennen,

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

und das bei einem ganz großen und wichtigen Punkt für die Zukunft Berlins. Das war schon sehr, sehr schwierig.

[Martin Delius (PIRATEN): Ist alles sehr schwer, Herr Brauner!]

Da bleibt dann noch der nächste Irrtum, der zwar nicht eine Milliarde, aber immerhin 520 Millionen Euro schwer ist, nämlich das Thema: Wir kaufen den Investoren die Wohnungen ab.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Da hatte die Initiative nichts anderes zu tun als zu sagen: Ja, da haben wir uns geirrt. Haben wir vielleicht schlecht geschrieben, da passt unsere Aussage hier nicht zu dieser. Aber im Gesetz steht es nun mal so. Das können wir ändern. Wir ändern das aber nur, wenn es vielleicht nicht wesentlich ist.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

520 Millionen Euro sind wesentlich für die Berlinerinnen und Berliner. Die sind wesentlich für uns, und wir werden darauf achten, dass die nicht einfach irgendjemandem in den Rachen geworfen werden.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE) – Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]