Ich frage den Senat: Ist es zutreffend, dass Flüchtlingsfamilien aufgrund der mangelnden Unterbringungsplätze momentan bis zu drei Monaten in Hostels untergebracht werden, wo keine Mindeststandards gelten, sie keine Möglichkeit haben, sich selbst zu verpflegen, und im
Anschluss dann häufig in eine Notunterkunft kommen, in der wiederum keine Mindeststandards gelten und in der sie sich neuerdings auch einen Raum mit 30 weiteren Personen teilen müssen und sich wieder nicht selbst verpflegen können?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Reinhardt! Es ist richtig, dass Flüchtlinge auch in Hostels untergebracht werden. Sie verpflegen sich dann selbst, weil sie dafür auch die Geldleistungen beim Landesamt für Gesundheit und Soziales erhalten, insofern ist Ihre zweite Annahme nicht richtig.
Ich weiß jetzt nicht, ob das eine Antwort war, aber ich versuche es noch einmal anders. Da wir über den Hostelbereich in nächster Zeit sicherlich noch intensiv diskutieren werden, würde ich noch ganz speziell wissen wollen, warum eigentlich die vor einigen Monaten aktualisierten Mindeststandards für Unterbringungsplätze die Mindestanforderung an den Betrieb von Flüchtlingseinrichtungen so geändert wurden, dass der Passus, dass nur eine Familie in einem Raum untergebracht werden darf, nicht mehr vorhanden ist.
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Reinhardt! Diese Frage hat mit der Unterbringung in Hostels jetzt gar nichts zu tun. – Die Standardsetzung haben wir im Ausschuss hinreichend diskutiert. Es ist manchmal so, dass auch Familien zu zweit in einem Zimmer in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind. Das lässt sich nicht immer ganz ausschließen. Aber Sie wissen, dass wir bei den modularen Ergänzungsbauten, die wir für das Land Berlin vorhaben, und auch bei den Wohncontainerdörfern die Familien separat in einzelnen Zimmern unterbringen, womit klar ist, welche Linie und welches Ziel das Land bei der Flüchtlingsunterbringung verfolgt.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Mich interessiert, ob es – jedenfalls habe ich die Information bekommen – im Gebäude in der Colditzstraße tatsächlich so gewesen ist, dass in einer PeWoBe-Unterkunft 20 Personen in einem Zimmer untergebracht wurden. Haben Sie Kenntnis davon? Und wie kann so etwas Menschenunwürdiges passieren?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Bayram! Dieser Vorgang ist mir so nicht bekannt. Die Unterkunft Colditzstraße ist auch keine Gemeinschaftsunterkunft, sondern derzeitig, soweit ich es weiß, noch eine Notunterkunft. Dem Sachverhalt müssten wir einzeln nachgehen. Ich kenne ihn in dem speziellen Beispiel nicht. Wir hatten jüngst, in dieser Woche, eine Veranstaltung zur Unterkunft Colditzstraße, wo ich gewesen bin, da wurde dieser Sachverhalt nicht vorgetragen. Insofern gehe ich davon aus, dass es vielleicht dort gesagt worden wäre. Das war aber nicht der Fall. Wir werden dem nachgehen.
Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat die bisherige Entwicklung des öffentlichen Dialogverfahrens zur städtebaulichen Entwicklung des Bereichs zwischen Fernsehturm und Spree unter dem, wie ich finde, sehr gelungenen Motto Alte Liebe – –
[Ellen Haußdörfer (SPD): So ist das, wenn man immer Liebe im Kopf hat! – Heiterkeit – Ramona Pop (GRÜNE): Das mit der alten Liebe müssen Sie erklären!]
„Alte Liebe – neue Mitte“? Jetzt haben wir es. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Haußdörfer! Wir hatten seit Start des Verfahrens am 18. April 2015 jetzt die Onlinebeteiligung. Die Onlinebeteiligung war recht umfangreich. Es gab 3 200 Beteiligungen an diesem Onlineverfahren, über 700 inhaltliche Vorschläge und Beiträge, über 2 000 Kommentare und fast 4 000 Bewertungen. Also online hat diese Diskussion intensiv stattgefunden. Wir arbeiten bzw. Zebralog, das beauftragte Institut, arbeitet gerade die Ergebnisse dieser Onlinebeteiligung auf. Wir gehen davon aus, dass wir sie Anfang Juli diesen Jahres online stellen werden, also die Auswertung dann entsprechend veröffentlichen.
In der Diskussion sind die unterschiedlichen Positionen und die inhaltlichen Schwerpunkte der Diskussion sehr deutlich geworden. Es geht um den öffentlichen Raum in der Mitte der Stadt auf dem Rathausforum, um die Aufenthaltsqualität und um den Umgang mit der Geschichte dieses Ortes.
Wir sind im Moment in einer Phase, in der die unterschiedlichen Interessengruppen merken, dass es auch andere Interessengruppen gibt und auch deren Positionen in dem Verfahren deutlich werden und dass man sich mit einer einzelnen Interessengruppe nicht hundertprozentig durchsetzen kann. Eine Erkenntnis, die es in der Demokratie manchmal gibt! Demokratie ist ja nicht immer einfach. Dazu gehört dann auch, an der einen oder anderen Stelle mal einen Kompromiss zu schließen. Ich nehme gerade wahr, dass es heute eine Pressemitteilung des Architekten- und Ingenieurvereins gegeben hat, der sagt, das ist aber keine Diskussion von Fachleuten, die dort stattfindet. Und sie stellen infrage, dass das ein Fachergebnis ist.
Wenn wir zu einem Bürgerdialog aufrufen und sagen, Anwohnerinnen und Anwohner, Berlinerinnen und Berliner sollen sich beteiligen, dann ist es eben nicht nur eine Diskussion unter Fachleuten. Damit müssen Fachleute aber auch umgehen. Das gehört zur Bürgerbeteiligung dazu. Wir haben ja gesagt, dass wir beim Rathausforum mit einem weißen Blatt Papier beginnen und ein Experiment mit der Bürgerbeteiligung durchführen, dass wir eben nicht mit einem Entwurf reingehen, sondern sagen, die unterschiedlichen Standpunkte fachlicher oder nicht fachlicher Art oder historisch geprägt oder mit welchen Gründen auch immer sollen miteinander ringen und sollen um die beste Lösung ringen. Ich gehe auch davon aus, dass sich jetzt andere Interessengruppen im Zuge des AIV äußern werden und sagen werden, das Verfahren sei
aber schwierig und sie setzten sich nicht durch – und das Verfahren infrage stellen. Ich glaube, in der Tat ist Demokratie manchmal schwierig, aber wir lernen an diesem Verfahren, dass es wichtig ist, auch aufeinander zuzugehen. Das versuchen wir jetzt gerade an dieser Stelle. Deswegen kann ich alle Beteiligten, die das Verfahren im Moment kritisieren, nur dazu ermuntern, sich weiter daran zu beteiligen, weiter ihre Positionen einzubringen, damit wir das bestmögliche Ergebnis erreichen.
Am 15. Juni findet das nächste Fachcolloquium statt und am 22. Juni abermals ein Fachkollegium mit schönen Grüßen an den AIV. Ich hoffe, dass sie sich dort beteiligen. Wir werden dann am 3. und 4. Juli die ersten Bürgerwerkstätten haben. Ich glaube, am 5. September ist dann das erste Halbzeitforum. Ich gehe davon aus, dass die Debatte so lebendig weitergeführt wird, wie sie im Moment ist, und dass wir zu guten Ergebnissen kommen, die ins Abgeordnetenhaus kommen.
Danke sehr, Herr Senator, für Ihre Ausführungen! – Ich entnehmen ihnen, dass Sie mir durchaus zustimmen würden, dass diese Form der Beteiligung, das heißt, verschiedene Formate, Instrumente, und man befragt vor allem alle Bürgerinnen und Bürger, dem Parlamentsauftrag, u. a. dem Haushaltsgesetz entspricht?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Haußdörfer! Ja, das denke ich ganz ausdrücklich. Wir haben ja gesagt, wir nehmen uns dieses Jahr Zeit. Ob sich im Ergebnis dieses Prozesses eine Meinung herauskristallisiert oder es mehrere Meinungen sein werden, sei noch mal dahingestellt.
Es ist in jedem Fall im Moment eine lebendige Debatte mit unterschiedlichen Standpunkten. Ich sage noch mal, wichtig ist jetzt, dass die Protagonisten der unterschiedlichen Standpunkte aufeinander zugehen, nicht einfach sagen, Demokratie ist aber schwierig, wir ziehen uns zurück, sondern das Gespräch mit den anderen suchen, einander zuhören, vielleicht auch voneinander lernen. Das ist ja gerade das, was hier im Abgeordnetenhaus immer passiert. Das wird jetzt in einer Bürgerbeteiligung durchdekliniert. Da nehmen eben auch Menschen teil, die solche demokratischen Debatten aus ihrem Alltag nicht
so gewohnt sind und nun plötzlich Menschen begegnen, die da andere Auffassungen haben, aber gerade die Reibung in diesem Prozess, die dort entsteht, ist das, was wir wollten, damit wir hören, was die Berlinerinnen und Berliner, die Menschen in aller Welt, die sich daran beteiligen, denken.
Das wird Ende des Jahres abgeschlossen und dem Abgeordnetenhaus zur Entscheidung vorgelegt, damit auf Basis dieser Ergebnisse der Bürgerbeteiligung ein internationaler Wettbewerb ausgeschrieben wird, damit wir auch hören, was die Fachleute dieser Welt über die Berliner Mitte zu sagen haben. Also ich bin guten Mutes, was diesen Prozess betrifft.
Danke! – Die zweite Nachfrage geht dann an die Kollegin Frau Bluhm von der Fraktion Die Linke. – Bitte schön!
Herr Senator! Ich habe Ihren Wunsch, sich zu beteiligen, antizipiert und habe das getan, u. a. auch mit einer Kritik an den mangelnden Partizipationsmöglichkeiten beispielsweise für Menschen, die nicht so netzaffin sind, beispielsweise weil sie ein höheres Alter haben oder einfach diese Form ablehnen, und den Vorschlag unterbreitet, warum es bis heute in dem gesamten Areal keinen realen Hinweis auf das vorliegende Diskussionsforum und diese Möglichkeit, sich zu beteiligen, gibt, obwohl doch so viele Tausend Menschen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Bluhm! Ich danke Ihnen ganz ausdrücklich für diese Frage,
weil sie mir die Möglichkeit eröffnet zu sagen, dass am 3. Juli die öffentliche Ausstellung am Standort des Rathausforums eröffnet wird, um die Menschen, die Besucherinnen und Besucher des Rathausforums dort zu informieren. Richtig ist, der Onlinedialog hat sich jetzt vor allem an netzaffine Menschen gewandt, aber gerade deswegen wird ja ab Juli eine Veranstaltungsreihe beginnen, um auch Menschen, die nicht im Netz unterwegs sind, die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen. Es ist auch jeder herzlich aufgerufen, sich schriftlich zu beteiligen.
Wir haben uns ja gerade in dem Verfahren bemüht, verschiedene Zielgruppen zu erreichen. Wir hatten hier die Debatte zu den Theaterwerkstätten und sind gespannt, wie auf diese Art und Weise Ergebnisse in den Prozess
einfließen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten. Ich rufe noch mal dazu auf, sich zu beteiligen. Sagen Sie es einfach weiter!