Protocol of the Session on June 11, 2015

Und insofern ist das ein Aspekt, den man durchaus – –

[Zurufe]

Was haben Sie denn? Entschuldigung, das ist ein Parlament. Ich will es Ihnen gar nicht erklären.

Würden Sie den Kollegen einfach weiterreden lassen? Oder vielleicht – –

[Zurufe]

Wir können nichts hören. Das ist sozusagen das Problem an Ihrer Dogmatik, dass Sie schon ein Bild von der Welt haben und dass Sie das nach außen tragen und dass Sie deswegen keinen anderen Argumenten zuhören wollen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Mir ist das schon klar. Die wirtschaftliche Dynamik muss mal angesprochen werden, die wir nicht ausschließlich mit Fahrradverkehr und über die S-Bahn organisieren können.

[Harald Moritz (GRÜNE): Wir haben ja auch keine Straßen!]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Lederer?

Nein. Ich habe noch nicht mal zwei Sätze zu Ende geführt. Das ist wirklich eine Art und Weise, liebe Kollegen! Keine Zwischenfragen, die ganze Rede nicht!

[Uwe Doering (LINKE): Konzentrieren Sie sich doch ein bisschen!]

Wir wollen die Mobilität der Berlinerinnen und Berliner fördern, aber eben auch die Dynamik, die Wirtschaftsverkehre, die wir haben, die wir brauchen, über die Luft, über die Wasserstraße, über die Schiene, aber eben auch über die Straße, nicht abwürgen. Und die Abwehrhaltung, die Sie entwickeln, ist arbeitsplatzgefährdend und kann eigentlich nicht Teil einer Gesamtstrategie sein. Und die Gesamtstrategie ist: Wenn wir den Radverkehr und den ÖPNV in der Innenstadt fördern wollen, müssen wir den Innenstadtautoverkehr frei gestalten. Und dazu dient die die A 100. Sie ist ein Teil einer Maßnahme eines Gesamtkonzepts, Verkehre um den Innenstadtbereich herumzulenken. Zu diesem Gesamtkonzept gehören natürlich auch die Radverkehrsstrategie, die Lärm- und Luftreinhalteplanung, die Parkraumbewirtschaftung usw. Aber ich sage Ihnen gleich, wir werden das nicht mit Verboten und Drangsalierungen hinbekommen, sondern nur mit attraktiven Angeboten. Deswegen müssen wir den Verkehr um die Innenstadt herumlenken.

Ich will Ihnen dazu sagen, dass wir eine ganze Menge machen in den Bereichen. Wir haben es letztes Mal zum Radverkehr schon diskutiert. Zum Thema S-Bahn organisieren wir einen S-Bahn-Vertrag, der Mehrleistungen und Zuverlässigkeit bietet. Den ÖPNV bei der BVG haben wir deutlich erhöht. Es geht hier nicht nur um eine einmalige oder einseitige Finanzierung des Straßenverkehrs, da muss ich Ihnen entgegenhalten.

Und wenn wir über die Finanzierung reden, dann müssen wir darüber reden, dass es in der Tat Bundesgeld ist und dass es im Bundesverkehrswegeplan angemeldet ist. Zu dieser Anmeldung müssen wir irgendwann Planungsrecht schaffen. Und wenn wir Planungsrecht haben wollen, müssen wir das ausgewogen diskutieren, wir im Parlament, aber auch auf planungsrechtlicher Ebene, und dafür braucht man Fakten. Das, was Sie vorhin über die Michelangelostraße gesagt haben – es wundert mich, wo Sie es her haben. Denn die verkehrlichen Untersuchungen über die Folgen einer Verlängerung der A 100, 17. Bauabschnitt, gibt es noch nicht. Und das ist Kern dieses Antrags, uns Informationen zur Verfügung zu stellen, damit wir das politisch abwägen. Das kann eigentlich nicht gegen die Sinne der Grünen sein, Argumente zu sammeln. Das Letzte, dass wir dann über Fakten entscheiden und nicht über Bauchgefühle, sondern über tatsächliche Realitäten in dieser Stadt zu entscheiden haben, das ist, glaube ich, notwendig.

[Harald Moritz (GRÜNE): Da haben wir nichts mehr zu entscheiden, wenn es so weit ist!]

Und wenn wir auf einen Punkt kommen, der diese Debatte so hochleben lässt, wie sie derzeit hochlebt, das ist der Zeithorizont. Da gebe ich meinem Vorredner recht: nicht in dieser und nicht in nächster Legislatur wird über den 17. Bauabschnitt entschieden werden. Deswegen kann man sich bis dahin bewaffnen mit Argumenten, aber auch nicht Zeit ins Land verstreichen lassen, die uns untätig sein lässt. – Insofern vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Kreins! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat der Abgeordnete Baum. – Bitte!

Herr Kreins! Sie haben ja leider keine Zwischenfragen zugelassen. Deshalb muss ich Sie an dieser Stelle fragen: Wie haben Sie das eigentlich das letzte Mal gemeint, als Sie sagten, Sie möchten die Fehler der autogerechten Stadt nicht wiederholen? Was sind für Sie die Fehler der autogerechten Stadt, die Sie nicht wiederholen möchten? Ich kann gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte tatsächlich nicht verstehen, wie Sie sagen, genau die Zuleitung und Einführung von mehr Autoverkehr auf einer Autobahn durch Berlin hindurch löst die verkehrlichen Probleme des Wirtschaftsverkehrs, des Zubringerverkehrs und anderes in Berlin. Sie werden in dem Moment, wo Sie eine weitere Autobahn in Berlin bauen, mehr Verkehr ernten als vorher. Das belegen alle bisherigen Erfahrungen und Untersuchungen.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Insofern würde mich da doch interessieren: Welche Fehler der autogerechten Stadt möchten Sie nicht wiederholen?

Vielen Dank, Herr Baum! – Herr Kreins! Sie haben die Gelegenheit zu antworten. Bitte!

Es ist ja eine große Wertschätzung, dass man „man“ und „ich“ verwechselt, sozusagen die handelnden Akteure und den Senat. Aber die Frage ist doch ganz einfach zu beantworten: Die autogerechte Stadt war die Struktur, die Straßenvorrang organisiert hat, den motorisierten Straßenverkehr. Und alle Wege, die da kreuzen könnten – Fahrradverkehr, Fußgängerverkehr –, drüber und drunter geleitet hat, und sozusagen vom Schlafzimmer bis zum Arbeitsplatz eine autogerechte Stadt gebaut hat. Der Hintergrund der A 100 ist nicht die Organisation von mehr Pkws in der Stadt, sondern die Bündelung von Verkehr um den Innenstadtbereich herum, um die innerstädtischen

Quartiere attraktiv zu machen. Das ist das Entgegengesetzte von der autogerechten Stadt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Philipp Magalski (PIRATEN): Prenzlauer Berg ist doch Innenstadt!]

Vielen Dank, Herr Kreins! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Harald Wolf. – Bitte!

[Udo Wolf (LINKE): Wenn die Autobahn gar nicht für die Autos ist, dann sind wir dafür!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bündelung von Verkehren auf Autobahnen war schon immer ein Argument für die autogerechte Stadt, lieber Kollege Kreins.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Aber wir haben ja schon häufig die Diskussion über die A 100 geführt, und ich habe mir im Vorfeld dieser Rederunde überlegt, kannst du denn dazu irgendwas Neues sagen, was noch nicht hier schon zigmal gesagt wurde. Und dann dachte ich mir, guck mal in Dokumente, die der Senat so veröffentlicht hat, z. B. in die Machbarkeitsstudie „Klimaneutrales Berlin“. Da ist ja ein ganzes Verkehrskapitel drin. Und in diesem Verkehrskapitel findet man im Zielszenario dieser Machbarkeitsstudie auch ein Szenario für die Entwicklung des Modal Split, das heißt die Aufteilung der Verkehrsleistungen auf die verschiedenen Verkehrsträger. Und da lese ich – Studie, die im Auftrag des Senats erstellt und veröffentlicht wurde und auf die er sich immer wieder bezieht –, dass wir, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen – und das ist ja der fest erklärte Wille dieser Koalition,

[Udo Wolf (LINKE): Bis es zu einer Entscheidung kommt!]

das nehmen wir mal so hin, lieber Fraktionsvorsitzen- der –, der Anteil des motorisierten Individualverkehrs an der Verkehrsleistung von gegenwärtig ca. 45 Prozent auf 11 Prozent sinkt.

[Uwe Doering (LINKE): Ach Gott! Was ist denn nun los?]

Und jetzt sagen Sie mir, dass das zukunftsgerichtete Politik ist, wenn Sie den motorisierten Individualverkehr bis zum Jahr 2050 um 75 Prozent reduzieren wollen, Sie aber gleichzeitig die Infrastruktur für diesen motorisierten Individualverkehr durch Autobahnbau dramatisch erweitern und erhöhen. Diese Infrastruktur brauchen Sie gar nicht mehr, wenn Sie Ihre Ziele ernst nehmen.

(Ole Kreins)

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und wenn Sie Ihre Ziele ernst nehmen, dann müssten Sie arbeiten am grundlegenden Umbau des Verkehrssystems mit einem klaren und eindeutigen Vorrang für den Umweltverbund, denn sonst werden Sie dieses Ziel des Zurückdrängens des motorisierten Individualverkehrs auf einen 11-Prozent-Anteil nicht erreichen. Aber Sie machen das Gegenteil, und zwar aus einem einzigen, absurden Grund: Weil der Quatsch vom Bund bezahlt wird. Das ist der einzige Grund für die A 100.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Das war auch das einzige Argument von Klaus Wowereit damals in dieser Diskussion: Warum sollen wir das Geld des Bunds verfallen lassen, lass es uns doch verbauen, gibt doch Aufträge für die Bauwirtschaft! – Da sage ich aber: Diese subventionsgetriebene Haltung, politische Entscheidungen danach zu fällen, wo kriege ich die größte Subvention, das hatten wir in der Vergangenheit, und das hat der Stadt wirklich nicht gutgetan.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Zweitens – da ich beim Thema Senatsdokumente bin: Ich kann mich erinnern, dass Kollege Kreins in der letzten Diskussion zur A 100 sagte, wir müssen den 17. Bauabschnitt bauen, weil der 16. sonst keinen Sinn macht. Das war auch vom Kollegen Geisel zu hören. Ich habe mir mal die Mühe gemacht und auf der Seite der Stadtentwicklungsverwaltung nachgeschaut. Unter den FAQs gibt es die Frage: Ist der 16. Bauabschnitt nur sinnvoll, wenn auch der 17. gebaut wird? – In dem offiziellen Dokument der Stadtentwicklungsverwaltung steht: Nein, das ist nicht so, denn der 16. Bauabschnitt hätte im Bundesverkehrswegeplan gar nicht genehmigt werden dürfen, wenn er keinen eigenständigen verkehrlichen Nutzen gehabt hätte. – Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder hat der Senat im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens und gegenüber dem Bund falsche Angaben über den verkehrlichen Nutzen gemacht, oder man kann das Ganze mit dem 16. Bauabschnitt, weil dieser einen eigenständigen Nutzen hat, beenden. Hier müssen sich Senat und Koalition mal entscheiden.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Da ich nur noch 60 Sekunden Redezeit habe, hier noch meine zwei Anmerkungen, die ich zu dieser Debatte machen wollte: Unsere Position ist klar – wir brauchen den 17. Bauabschnitt nicht. Der Quatsch sollte mit dem 16. Bauabschnitt, der leider nicht mehr zu verhindern ist, beendet werden. Von da an muss endlich eine konsequente Verkehrswende in der Stadt eingeleitet werden, hin zum Umweltverbund, damit das vom Senat selbst proklamierte Ziel, den motorisierten Individualverkehr bis

2050 auf 11 Prozent Anteil an der Verkehrsleistung zurückzudrängen, erreicht wird. Das soll übrigens auch noch CO2-neutral sein, weil das dann alles Elektromobilität ist. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Wolf! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Magalski. – Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Es gab und gibt zu Recht nach wie vor großen Protest von Berlinerinnen und Berlinern gegen den Weiterbau der A 100. Das breite Aktionsbündnis A 100 stoppen! und die Bürgerinitiative Stadtring Süd seien hier nur beispielhaft genannt. Auch wir Piraten wenden uns strikt gegen dieses reaktionäre Projekt, bei dem für eine vermeintlich autogerechte Stadt Unsummen an Steuergeldern verbetoniert werden. Es geht um die grundsätzliche Frage der Zukunftsgestaltung von Mobilität, Lebensqualität, sozialem und ökologischem Gefüge in unserer Stadt. Es ist klar: Je attraktiver Sie das Autofahren machen, desto mehr Menschen machen davon Gebrauch. Je näher Sie den Verkehr in oder durch die Innenstadt leiten, desto mehr Verkehr wird es hier auch geben. Kurzum: Wer Straßen baut, wird Autoverkehr ernten.

Selbstverständlich wollen auch wir nicht, dass viel Verkehr durch innerstädtische Wohngebiete führt und so die Lebensqualität in vielfältiger Weise beeinträchtigt wird. Doch der Ausbau der A 100 kann hierfür nicht der richtige Lösungsweg sein. Wir setzen uns daher für einen gesteigerten leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr und den Ausbau der Radverkehrswege ein.

[Oliver Friederici (CDU): Das machen wir auch noch nebenbei!]

Dazu haben wir Ihnen bereits mehrere Angebote unterbreitet. Mehr Autobahnverkehr durch die Stadt zu leiten ist umwelt- und verkehrspolitisch schlicht verantwortungslos,