Protocol of the Session on May 28, 2015

Die erzählen genau das Gegenteil von Ihnen. Die haben unsere Position, sie wollen auch rekommunalisieren. Das ist die Situation. Deshalb: Belasten Sie die Verhandlungen, die der Finanzsenator jetzt führt, nicht von vornherein!

Natürlich gibt es bei drei Anteilseignern zwei, die besonders gerne etwas wollen, möglicherweise erst ein Gespräch mit dem Dritten. Aber das wird sich noch zeigen. Es kann nicht unser Job hier im Parlament sein, das schon von vornherein zu belasten. Wenn Sie die 600 000 Leute ernst nehmen, Herr Schäfer, die bei der Abstimmung Energie eine klare Position eingenommen haben, dann gehört auch dazu, dass Sie sich dafür einsetzen, dass wir rekommunalisieren, und zwar nicht nur bei Strom, sondern auch bei Gas.

Wir reden heute über die Stromnetzvergabe,

[Zuruf von den GRÜNEN]

aber Sie haben weitgehend zu Gas geredet, das war der Tenor Ihrer Rede. Da sage ich Ihnen ganz offen: So, wie Sie das jetzt hier darstellen, ist das reiner Wahlkampf, das ist keine echte, ehrliche und sachliche Position. Uns geht

es darum, dass wir maximalen Einfluss bekommen, dass wir eine Chance für das Land Berlin sowohl im Bereich Gas als auch bei Strom haben. Davon lassen wir uns auch nicht abbringen. Sie haben zum Schluss dann wieder die Möglichkeit, mit Ja zu stimmen, wenn wir möglicherweise ein Ergebnis präsentieren können – ich hoffe es jedenfalls. Bei Wasser haben Sie leider immer mit Nein gestimmt. Solange Sie das hier nicht tun, so lange ist die Glaubwürdigkeit nicht da und kann ich das nicht akzeptieren. Kehren Sie zu der sachlichen Arbeit zurück, die Sie in der Enquete-Kommission machen, das ist eher angebracht. – Danke!

[Beifall bei der SPD – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Vielen Dank, Herr Stroedter! – Herr Schäfer! Möchten Sie antworten? – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stroedter! Wenn es einen Ort in Berlin gibt, von dem aus immer die sachliche Argumentation in der Sache gesucht wird, dann ist das dieser Ort, auf dem ich hier stehe.

[Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Sie haben gerade bewiesen, wie sachlich das manchmal sein kann. – Scherz beiseite!

[Lachen bei der SPD und der CDU]

Ich verstehe, dass Sie die Vorneverteidigung suchen. Wenn man derart gescheitert ist wie die SPD hier, wenn man gesagt hat: Wir wollen ein starkes Stadtwerk –, und stattdessen fünf Windräder präsentieren kann, wenn man immer gesagt hat: Wir wollen eine hundertprozentige Rekommunalisierung –, und jetzt die Partnerschaft mit den großen Konzernen sucht, dann wäre ich auch wütend an Ihrer Stelle.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Wir nennen das bei uns in der Fraktion die BuchholzKurve. Das ist die Korrelation, wie sehr auf die Grünen vonseiten der SPD eingeprügelt wird, wenn man sich in der Koalition mal wieder nicht durchsetzen konnte. Sie sind gerade sehr weit oben auf dieser Buchholz-Kurve.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Wir halten das alles aus, Herr Kollege Stroedter,

[Beifall bei den GRÜNEN]

aber das Problem ist, dass dieser Kurswechsel, den Sie mitmachen, falsche Weichen für Berlin stellt. Wir halten es für grundfalsch, als Land in die fossilen Energien einzusteigen und dann noch mit den Konzernen, die die Energiewende bisher blockiert haben, wo sie konnten.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Wir halten das für eine falsche Politik des Senats. Und ich appelliere sehr an Sie: Lassen Sie uns noch mal an die Gemeinsamkeiten, die wir haben, anknüpfen! Wir wollen Investitionen des Landes, aber wir wollen sie in die Energiewende. Dann lassen Sie uns die Investitionen doch genau da machen, in die Energiewende! Reden Sie doch nicht davon, Vattenfall die Kohlekraftwerke abzukaufen, die fossilen Risiken zu rekommunalisieren! Das ist doch ein Irrweg! Lassen Sie uns doch da investieren, wo wir die Wertschöpfung auch schaffen, von der Herr KollatzAhnen spricht! Sie wird passieren, wenn wir in Energieeffizienzmaßnahmen investieren, in die öffentlichen Gebäude, aber auch anderswo, wenn wir Energieeffizienzangebote machen, wenn wir z. B. die Dächer der BVG mit Solarenergie platzieren. Das machen die Konzerne nicht, weil ihnen die Renditen zu gering sind, aber wir können das leisten, weil wir mit Kommunalzinssatzbedingungen arbeiten können. Wenn Sie es ernst meinen mit der Energiewende, dann halten Sie nicht nur solche hanebüchenen Reden, sondern dann setzen Sie sich mit uns zusammen und überlegen Sie, welche Investition Sinn macht. Das können wir doch zusammen stemmen!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Schäfer! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Garmer. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So viel Einigkeit im Plenum war selten. – Lieber Herr Kollege Schäfer! Ich habe den Eindruck, Sie sind mit so viel Schwung in die Buchholz-Kurve hineingefahren, dass Sie aus der Buchholz-Kurve hinausgetragen worden sind.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD) – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Aber Spaß beiseite:

[Steffen Zillich (LINKE): Warum wird denn der Spaß immer beiseitegeschoben?]

Das Urteil des Landgerichts Berlin zur Gasnetzkonzession hat ohne Zweifel die beiden Konzessionsverfahren Strom und Gas nicht einfacher gemacht. Ich möchte nur der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, dass die CDU-Fraktion von Anfang an auf viele Punkte hingewiesen hat, die sich jetzt auch in der schriftlichen Urteilsbegründung des Landgerichts wiederfinden.

[Zurufe von Ajibola Olalowo (GRÜNE) und Lars Oberg (SPD)]

Der Senat hat sich nun entschlossen, das Urteil vom Kammergericht überprüfen zu lassen. Ich bezweifle aber, dass das Kammergericht nach intensiver Prüfung zu einer

gänzlich anderen Auffassung kommen wird als das Landgericht Berlin.

[Beifall von Michael Schäfer (GRÜNE)]

Im Gegenteil: Das Kammergericht könnte auch den Hauptantrag der GASAG – der einzige Punkt, dem das Landgericht nicht gefolgt ist – noch durchwinken, denn auch dieser Hauptantrag der GASAG ist nicht gänzlich unbegründet.

[Torsten Schneider (SPD): Nur bei einer Anschlussberufung!]

Der Senat hat darüber hinaus beschlossen, Verhandlungen mit den Anteilseignern der GASAG aufzunehmen, parallel zum Gerichtsverfahren. Die CDU-Fraktion wird diese Verhandlungen konstruktiv und eng begleiten. Wir würden es sehr begrüßen, wenn uns jahrelange Rechtsstreitigkeiten erspart blieben,

[Lachen von Lars Oberg (SPD) und Daniel Buchholz (SPD)]

denn jahrelange Rechtsstreitigkeiten – ich glaube, da sind wir uns hier fraktionsübergreifend einig – wären weder im Interesse der Beschäftigten der GASAG noch im Interesse der Gaskunden.

Nun ist die verfahrensleitende Stelle beim Finanzsenator aufgefordert zu prüfen, welche Auswirkungen sich nun aus dem Gasurteil für das Stromnetzverfahren ergeben. Hier liegt ein Antrag der Linksfraktion vor, das Stromverfahren auf null zurückzusetzen. Lieber Herr Kollege Wolf! Ich glaube, auch uns beiden Nichtjuristen ist klar, dass wir differenzieren müssen zwischen Fehlern des Verfahrens, des Schiedsrichters des Verfahrens, auf der einen Seite und Fehlern, die ein Mitspieler in diesem Verfahren möglicherweise begangen hat, nämlich BerlinEnergie auf der anderen Seite. Die Fehler, die der Schiedsrichter, also der frühere Finanzsenator, begangen hat, können durchaus zum Abbruch des Verfahrens führen. Ich habe aber den Eindruck, dass die vom Landgericht monierten Punkte im Gasverfahren im Stromverfahren noch dadurch geheilt werden können, dass der zweite Verfahrensbrief, der bislang nur im Entwurf vorlag, überarbeitet wird, bevor er versendet wird, und vor allem dadurch, dass die eigentliche Vergabeentscheidung transparent und fair durchgeführt wird und nicht mit den Fehlern behaftet ist, mit der die Gasvergabe behaftet ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Harald Wolf?

Aber selbstverständlich!

(Michael Schäfer)

Bitte!

Herr Kollege Garmer! Stimmen Sie mit mir überein, dass nach dem Urteil des Landgerichts die Zulassung von Berlin-Energie, das nach Auffassung des Landgerichts nicht bieterfähig ist, ein Fehler des Schiedsrichters ist, der nicht korrigiert werden kann durch ein Zurücksetzen des Verfahrens auf den Stand vor dem zweiten Verfahrensbrief?

Vielen Dank!

Ja, vielen Dank für die Frage, lieber Herr Kollege Wolf! – Das ist ja genau der Punkt, über den ich gerade spreche. Ich rede zum einen von Fehlern des Schiedsrichters, also des früheren Finanzsenators, im Verfahren. Aus diesen Fehlern ergibt sich keine zwingende Notwendigkeit, das Verfahren auf null zurückzusetzen. Und wenn es keine zwingende Notwendigkeit gibt, dann gibt es auch keine Möglichkeit, das Verfahren auf null zu setzen.

[Zuruf von Harald Wolf (LINKE)]

Ich bin zwar kein Jurist, ich bin nicht in der Lage, jetzt endgültige juristische Wahrheiten von dieser Stelle aus zu verkünden, aber das ist doch auch mit gesundem Menschenverstand nachvollziehbar, dass die verfahrensleitende Stelle hier kein freies Ermessen hat bei der Frage, ob sie das Verfahren auf null zurücksetzt oder nicht,

[Torsten Schneider (SPD): Aber selbstverständlich hat sie das! – Uwe Doering (LINKE): Wird da Konkurrenz laut?]

sondern nur dann das machen kann, wenn es Verfahrensfehler gibt, die zwingend dazu führen, dass das Verfahren auf null zurückgesetzt werden kann. Wenn diese Fehler nicht vorliegen, dann geht es eben nicht, dann muss das Verfahren fortgeführt werden. Dann müssen alle die Fehler, die das Landgericht moniert hat, die beim Stromverfahren erst noch vor uns liegen, eben vermieden werden: bei der Gestaltung des zweiten Verfahrensbriefs, bei der Gewichtung der Unterpunkte usw.

Was jetzt die Fehler des Mitspielers Berlin-Energie angeht, lieber Herr Kollege Wolf, das ist wie beim Fußball. Wenn ein Mitspieler einen Regelverstoß begeht, dann bekommt er die Gelbe Karte oder vielleicht auch die Rote Karte, und der Gegner bekommt einen Freistoß oder vielleicht einen Elfmeter, aber es wird doch nicht das Spiel und es werden doch nicht alle Tore auf null zurückgesetzt. Das ist doch Unsinn!

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]