Protocol of the Session on May 28, 2015

Auf der anderen Seite ist es so, dass es sein kann – wenn man es andersherum betrachtet –, es als sinnvoll anzusehen, das Verfahren noch einmal auf null zu setzen. Ich will auch gar nicht abstreiten – Dr. Garmer wird sich auch noch äußern –, dass wir uns in der Koalition in dieser Frage nicht ganz einig sind. Es ist auch nicht ganz einfach, wenn es unterschiedliche Positionen gibt. Es wäre sehr viel einfacher, wenn wir eine Inhouse-Lösung hätten. Eine solche haben wir leider nicht. Das Energiewirtschaftsgesetz ändern wollen übrigens auch viele Kommunen, auch CDU-Kommunen, Herr Dr. Garmer, wenn ich das schon einmal im Vorgriff zu Ihrer Rede sagen darf, weil es sinnvoll ist. Nun hat es diese Senatsklausur gegeben, auf der das auch schon diskutiert worden ist. Ich will noch einmal ganz deutlich für die SPDFraktion feststellen, was dort beschlossen worden ist, weil ich immer den Eindruck habe, dass es anschließend etwas anders interpretiert wird. Es steht in dem

(Harald Wolf)

Beschluss, dass die Koalition einen maximalen Einfluss auf die Energienetze anstrebt. Maximaler Einfluss heißt 100 Prozent. Das ist gar nicht anders zu interpretieren.

[Michael Schäfer (GRÜNE): Und wie geht das mit dem industriellen Partner?]

Insofern begrüßen wir ausdrücklich, dass der Finanzsenator bezogen auf Gas Verhandlungen führt. Man wird dann sehen, was bei den Verhandlungen herauskommt. Für uns ist jedenfalls klar, dass es mindestens eine Mehrheitsbeteiligung sein müsste. Und es muss die Unternehmensführerschaft sein.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schäfer?

Bitte!

Herr Kollege Stroedter! Sie sagen, dass der Senat 100 Prozent anstrebt. Gleichzeitig will der Senat mit einem industriellen Partner zusammen diese Unternehmen führen. Wie viele Prozent bleiben dann für diesen industriellen Partner übrig?

[Harald Wolf (LINKE): Null!]

Vielen Dank!

Bei 100 Prozent bleiben null übrig, da haben Sie völlig recht. Ich habe gesagt, dass wir 100 Prozent wollen.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Wir wollen aber auf jeden Fall eine Mehrheitsbeteiligung. Wir wollen auf jeden Fall die Unternehmensführerschaft. Alles Weitere wird sich aus den Verhandlungen ergeben. Ich spekuliere jetzt nicht über die Gespräche. Dafür ist der Finanzsenator zuständig, der das zu gegebener Zeit tun wird.

Der zweite Punkt, der auch noch einmal in diesem Zusammenhang anzusprechen ist, ist die Frage des Stadtwerks. Auch an der Stelle weise ich immer darauf hin, was in der Senatsklausur beschlossen worden ist. Es ist beschlossen worden, dass zumindest regionaler Stromhandel möglich sein muss. Aus meiner Sicht ist das zu wenig. Aus Sicht der Berliner Wasserbetriebe ist das auch

zu wenig. Es ist aber bei einem Kompromiss so, dass man sich auf einen Minimalkonsens einigt. Die Position der SPD-Fraktion ist unverändert. Wir wollen sowohl im Bereich Gas als auch im Bereich Strom die 100 Prozent haben. Wir haben es beim Wasser bewiesen. Wir haben bewiesen, was für günstige Auswirkungen es auf die Preise hat.

Ich will auch noch einmal deutlich sagen, – viele vergessen das –, dass wir zwei Volksentscheide hatten, einen bei Wasser, zu dem sich die gesamte Opposition anschließend leider mit Nein verhalten hat und wir die 100 Prozent gemeinsam als Koalition bekommen haben, und einen bei Energie. Die Abstimmung erfolgte nicht an einem Wahltag. Und trotzdem haben 600 000 Leute dafür gestimmt. Ich schaue hierbei auch einmal in die Richtung der CDU. Übrigens haben ganz viele Wählerinnen und Wähler in den berühmten bürgerlichen Vorortgebieten dafür gestimmt. Das sollte man bei späterer Positionierung nicht vergessen. Wenn das die Position ist, dann muss man die 600 000 Leute ernst nehmen. Das tun wir als SPD.

Deshalb halten wir an unserem Ziel der Rekommunalisierung fest. Wir unterstützen den Finanzsenator bezogen auf das Gasnetz, was die Verhandlungen betrifft. Wir sind in der Stromnetzvergabe offen. Wir halten beide Positionen für möglich, sowohl nachzubessern als auch in der Frage, das Stromnetz auf null zurückzusetzen. Beides hat etwas für und wider. Im Endergebnis muss zum Schluss dabei herauskommen, dass wir maximalen Einfluss auf die Netze haben. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten es von uns. Es ist für uns als Kommune eine echte Chance. Hier sollten wir eher gemeinsam arbeiten. Ich appelliere an alle, auch an den Koalitionspartner, sich positiv daran zu beteiligen. – Vielen Dank!

Vielen Dank, Herr Stroedter! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Schäfer. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern in der Enquete-Kommission Neue Energie einen Finanzsenator erlebt, der kenntnisreich und engagiert über Klimaschutz gesprochen hat. Das war für uns eine neue Erfahrung. Es war eine erfreuliche Erfahrung, Herr Kollatz-Ahnen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Sie haben ehrgeizige Ziele und die sich daraus für Berlin ergebenden wirtschaftspolitischen Chancen benannt. Gerade bei der regionalen Wertschöpfung sind wir Ihnen für die klaren Worte sehr dankbar.

(Jörg Stroedter)

Leider muss ich Ihnen heute schwere handwerkliche Fehler vorwerfen.

[Oh! bei der SPD]

Ich begründe das. Erstens: Als Finanzsenator müssen Sie garantieren, dass die Konzessionsvergabe nicht politisch entschieden wird, sondern allein auf Basis der rechtlich zulässigen Kriterien. Und dennoch haben Sie eine politische Absage an einen der zwei Bewerber um die Kooperation bei der Stromnetzkonzession formuliert. Indem Sie gesagt haben, dass Sie einen industriellen Partner suchen, haben Sie deutlich gemacht, dass die Bürger-Energie für Sie aus dem Verfahren draußen ist. Das halte ich für einen sehr schweren Fehler in diesem Verfahren.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Zweitens: Um die Vergabe nicht angreifbar zu machen, hat der Senat immer ganz streng darauf geachtet, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zuständig für die Bewerbung des Landes ist und die Senatsverwaltung für Finanzen zuständig für eine vorurteilsfreie Vergabe anhand der Kriterien. Das geht so weit, dass zuständige Staatssekretäre teilweise aus Senatssitzungen rausmussten und im Hauptausschuss der eine rausmusste, während der andere angehört wurde. Sie haben das sehr stark vermischt. Sie haben einen Ad-hocBeraterkreis eingerichtet, der den Titel hat „Energie und Netze für Berlin“, und Sie haben in diesen Beraterkreis Herrn Neldner, den Geschäftsleiter von Berlin-Energie, berufen und noch einen weiteren Berater, der unserer Information nach auch für Berlin-Energie arbeitet. Diese Vermischung gefährdet das Verfahren aus unserer Sicht ganz eindeutig.

Das sind noch mal zwei neue Argumente, die dafür sprechen, dass wir jetzt einen klaren Schnitt machen und Zurück auf null gehen und diesen Antrag der Linksfraktion annehmen.

Ja, Herr Stroedter, Vattenfall wird klagen, das ist klar. Sie werden Schadensersatz an Vattenfall und an BürgerEnergie zahlen müssen, für die Bewerbungskosten, die diese hatten. Das hat Ihr Senat zu verantworten. Der hat das Stromnetzverfahren in die Grütze geritten. Und das wird diesen finanziellen Schaden für das Land haben, den dieser Senat zu verantworten hat.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Aber der Neustart ist nötig, damit der Schaden nicht noch größer wird.

Zur Verhandlungstaktik: In Paris wird der Champagner schon kaltgestellt. Die erinnern sich noch sehr gut daran, wie lecker er geschmeckt hat, als damals die EDF die EnBW an Herrn Mappus verkauft hat. Das war ein sehr leckerer Champagner, der auch sehr teuer gewesen sein dürfte. Denn Herr Mappus hat – so sagt die Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg – 20 Prozent zu viel ge

zahlt. Der Rechnungshof geht davon aus, dass der Schaden noch größer ist. Mappus wollte diesen Rückkauf für den Wahlkampf. Es ist nach hinten losgegangen, sowohl für das Land Baden-Württemberg als auch für seinen Wahlkampf.

Jetzt hat die Berliner SPD sich festgelegt: 51 Prozent müssen es mindestens sein bei der GASAG. Wir wissen alle, das werden Sie nicht schaffen, wenn Sie die GDFAnteile nicht bekommen. Diese GDF-Anteile werden Sie brauchen. Die GDF weiß das, und deshalb stellen sie jedes Mal, wenn Herr Saleh, wenn Herr Geisel, wenn Herr Müller oder Sie sagen: Wir wollen die 51 Prozent –, eine neue Flasche Champagner zusätzlich kühl. Wir haben die Befürchtung, dass Sie am Ende in Paris MappusPreise zahlen müssen. Ich möchte von Ihnen mal hören, welches Argument dagegenspricht und wie Sie das in den Griff bekommen wollen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Die dritte Differenz ist in der Sache. So einig wir uns bei den Zielen Energiewende und lokale Wertschöpfung sind, so einig wir uns sind, dass sich das Land wirtschaftlich engagieren und investieren muss – lassen Sie uns doch bitte auch in die Energiewende investieren und uns nicht fossile Risiken an Bord holen! Lassen Sie uns doch in Energieeffizienz und in erneuerbare Energien investieren, denn sie schaffen doch die regionale Wertschöpfung in Berlin. Und lassen Sie uns Partner suchen, gerne, aber doch Partner, die etwas von Energiewende verstehen und nicht ausgerechnet E.ON und Vattenfall!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ich möchte das noch mal zusammenfassen: Wir erleben hier einen Kurswechsel der SPD, weg von 100 Prozent starkem landeseigenem Stadtwerk, weg von 100 Prozent Stromnetz in Landes- und/oder Bürgerhand, und das ist das, was die 600 000 wollten, Herr Stroedter. Sie dagegen haben jetzt den Strategiewechsel hin zu gemeinsamen Unternehmen des Landes mit den großen Kohlekonzernen gemacht. Das wollten die Leute nicht.

Wir überlegen uns als Grüne natürlich, was wir jetzt machen können.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Aber das ist exekutives Handeln; wir können sehr wenig tun. Aber eins können wir Ihnen garantieren: Diese 51 Prozent, diese Partnerschaften mit den großen Konzernen, das wird kein Wahlkampfschlager. Damit werden Sie im Wahlkampf nicht punkten können. Denn auch Ihre eigenen Anhängerinnen und Anhänger sehen sehr wohl, dass die Konzerne, mit denen Sie gemeinsame Unternehmen gründen wollen, selbst die milden Klimaschutzinitiativen Ihres SPD-Bundesvorsitzenden bis aufs Messer bekämpfen. Und mit denen wollen Sie gemeinsame Unternehmen gründen! Das ist doch absurd!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Schäfer! – Jetzt hat das Wort zu einer Zwischenbemerkung der Abgeordnete Stroedter. – Bitte!

[Torsten Schneider (SPD): Atomstrom Grüne Baden-Württemberg!]

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Kollege Schäfer! Ich bin immer überrascht. Sie leisten in der EnqueteKommission so eine hervorragende, sachliche Arbeit. Was Sie hier machen, ist wieder Wahlkampfklamauk. Klären Sie doch mal Ihre eigene Position! Sagen Sie doch mal, worum es Ihnen wirklich geht! Sie wollen doch gar nicht, dass wir uns überhaupt am Gasnetz beteiligen! Sie glauben doch, Gas existiert bald nicht mehr – 0 Prozent Beteiligung. Dann halten Sie doch uns nicht vor, wenn wir 51 Prozent fordern!

[Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE)]

Wenn Sie sich mal an die Spitze stellen – da ist Die Linke im Gegensatz zu Ihnen glaubwürdig – und sagen, Sie wollen auch 100 Prozent Gas, dann können Sie genau diese Rede halten. Solange sie das aber nicht tun, sind Sie nicht glaubwürdig.

Der zweite Punkt: Gucken Sie sich mal Ihre Fraktion an! Lassen Sie mal Herrn Olalowo oder Frau Kosche reden!

[Oliver Friederici (CDU): Die dürfen nicht reden!]

Die erzählen genau das Gegenteil von Ihnen. Die haben unsere Position, sie wollen auch rekommunalisieren. Das ist die Situation. Deshalb: Belasten Sie die Verhandlungen, die der Finanzsenator jetzt führt, nicht von vornherein!